Aktualisiert am 1.7.2022
Sohn:
Ich möchte dich mal etwas fragen, was ich
nicht verstehe.
Vater:
Frag einfach!
Sohn:
Ich habe da heute einen Mann im Fernsehen
gesehen, der sah ganz anders aus als die anderen Männer sonst.
Er hatte ein langes weißes Kleid an und er bewegte immer wieder seine Hände so
seltsam und er hieß "Der Papst".
Weißt du, aus welchem Land der Papst kommt?
Vater:
Der Papst wohnt in einem eigenen kleinen Staat, in einem
Palast. Dieser Staat liegt mitten in der Stadt Rom, in Italien. Aber er fährt
auch oft in andere Länder zu Besuch.
Sohn:
Und was macht er dann dort? Kennt er denn überall in diesen Ländern so viele Menschen?
Vater:
Nein. Aber es gibt dort Leute, die möchten, dass er sie besucht und dass er bei
ihnen eine Rede hält und mit ihnen Gebete spricht.
Sohn:
Aber wieso brauchen die Menschen zum Beten den Papst?
Vater:
Sie brauchen ihn dazu nicht. Aber vielleicht ist es für ihn einmal eine
Abwechslung, aus seinem Palast heraus zu kommen.
Sohn:
Dann hat er vielleicht in seinem Palast nicht genügend Abwechslung.
Vater:
Das weiß ich nicht. Aber manches ist dort recht merkwürdig. Die meisten Männer
tragen Frauenkleider wie der Papst, und Frauen gibt es nur sehr
wenige.
Sohn:
Tragen die Männer Frauenkleider, weil es im Palast des Papstes so
wenige Frauen gibt?
Vater:
Nein. Die tragen sie sowieso. Das ist so ihre Art, die ihnen gefällt. Damit
fallen sie gleich jedem auf, und die Leute machen eine Verbeugung oder sie sind
freundlicher als sonst, wenn sie diese Männer sehen.
Sohn:
Wieso machen die Leute das?
Vater:
O je. Wenn ich das alles so genau wüsste! Die Leute glauben zum Beispiel, diese Männer
könnten ihnen ihre Sünden vergeben.
Sohn:
Und können die das wirklich?
Vater:
Unsinn!
So etwas gibt es nicht, dass ein Mensch Sünden vergeben kann, mit denen er
selbst gar nichts zu tun hat. Aber diese
Männer behaupten, dass sie das können. Man nennt sie "Priester", und
auch der Papst ist ja ein solcher Priester. Und die Priester behaupten, dass sie die
Menschen zu Gott führen können. Und deswegen glauben eben viele Leute, dass die
Männer in diesen Kleidern Gott näher sind als zum Beispiel du oder ich.
Sohn:
Glaubst du auch, dass diese Männer Gott näher sind?
Vater:
Nein. Wieso sollten sie Gott näher sein? Gott ist in uns und überall. Vor allem dort, wo
man etwas Gutes mit dem Herzen tut.
Sohn:
Aber die Männer tun doch vielleicht etwas Gutes mit dem Herzen. Vielleicht
dürfen sie deshalb Frauenkleider tragen, damit jeder sieht, dass es gute Männer
sind.
Vater:
Nein, nein, nein. Du verwechselst das alles. Die Kleider tragen sie immer in der
Öffentlichkeit, egal, ob sie etwas Gutes tun oder nicht. Es gibt auch viele böse
Priester, die sogar Kindern Angst machen und sie gequält haben.
Sohn:
Werden diese bösen Priester deswegen vom Papst bestraft?
Vater:
Weißt du, für den Papst ist es wichtig, dass seine Kirche bei den Menschen
einen guten Ruf hat. Deshalb hat er angeordnet: Alle die schlimmen
Dinge, die Priester getan haben, das sind "Geheimnisse", über die
niemand etwas wissen soll. Und deshalb redet er
auch nicht gerne darüber.
Sohn:
Worüber redet er denn dann, wenn er in die Länder zu Besuch kommt?
Vater:
Vielleicht über Geld. Seine Kirche braucht nämlich viel Geld für
die vielen Priester und für die Kirchengebäude überall auf der Welt. Und die
Priester möchten, dass
Politiker ihnen das Geld geben. Und jetzt braucht der Papst ja noch mehr, um
auch den Menschen ein kleines Taschengeld zu geben, die als Kinder von bösen
Priestern gequält wurden. Damit sie aufhören
mit ihren Klagen.
Sohn:
Warum arbeiten der Papst und die Priester dann nicht, um sich das Geld zu
verdienen?
Vater:
Weil sie das nicht gelernt haben. Sie haben gelernt, Gebete aufzusagen, niederzuknien, feierlich das Weihrauchfass zu schwenken, Reden zu halten, lateinische
Sätze auswendig zu lernen, mit Politikern zu sprechen usw. Aber sie haben keinen
so richtigen Beruf gelernt, womit man sich das Geld, das man braucht, verdienen
kann. Deshalb leben sie von dem, was die Politiker ihnen
geben und von den Steuern, die andere Menschen für sie bezahlen.
Sohn:
Mein Freund hat gesagt, wenn der Papst zu uns kommt, das kostet immer 50 Millionen Euro.
Vater:
Na, wenn das nur reichen würde! Bei uns würden wahrscheinlich 100 Millionen Euro nicht
reichen. Denk nur,
wie das ist: Überall, wo er Gebete aufsagt und Reden hält, werden riesige Bühnen
gebaut mit Dächern und manchmal sogar einem Fahrstuhl. Und überall
Fernsehkameras und Polizei und Beamte mit Funkgeräten. Jede kleinste
Ecke in der Stadt wird dann überprüft und überwacht, wo immer der Papst auch nur in
die Nähe kommt. Überall, wo er sich bewegt, in jedem Augenblick, muss er
geschützt werden. Dann sind richtige Scharfschützen mit Gewehren auf den Dächern
wie im Krieg – falls jemand den Papst angreifen will, damit sie schneller
schießen können. Autobahnen werden gesperrt, oben am Himmel dürfen keine Flugzeuge
mehr fliegen, und
man hat sogar extra ein Spezial-Auto mit Panzerglas für den Papst gebaut. Und,
und, und ... Und das
kostet natürlich alles eine ganze Menge.
Sohn:
Da bekomme ich aber Angst. Ich dachte, der Papst soll den Menschen Hoffnung machen. Und
ich dachte auch, er wird von Gott geschützt.
Vater:
Das wird nur so gesagt.
Sohn:
Wird er also nicht von Gott beschützt?
Vater:
Wenn er das selber glauben würde, dann bräuchte es keinen solchen Aufwand, wenn
er kommt, und
mit den vielen Millionen Euro könnte man dann den hungernden Menschen in der Welt
helfen, damit alle etwas zum Essen bekommen.
Sohn:
Mein Freund sagt: "Nur wenn der Papst richtig beschützt ist, dann kann er
den Menschen Hoffnung geben. Sonst müsste er ja dauernd Angst haben, dass ihm etwas
zustößt." So
hat er es in seiner Schule gehört. Aber ich verstehe
das nicht. Kann der Papst nicht viel mehr Hoffnung geben, wenn er in seinem Palast
bleibt und mit den Politikern telefoniert, dass sie etwas für arme Menschen tun?
Vater:
Das kannst du ihm ja mal vorschlagen.
Der Papst redet zwar viel darüber,
dass alle Menschen einander
helfen sollen, doch ich habe noch nie gehört, dass er vom Reichtum seiner Kirche
etwas abgegeben hätte. Deshalb
erzählt der Papst den armen Menschen ja auch vom schönen Leben, das nach dem
Tod kommen soll. Auch wer hier auf der Erde verhungert, aber wer geglaubt hat, was der Papst
sagt, der soll später in den Himmel kommen. Und wer es nicht glaubt, der muss
dann leider in die Hölle. So lehrt es der Papst.
Wie soll ich dir das genau erklären? Also: Für dich und für mich und für viele andere
Menschen ist es am wichtigsten, dass niemand verhungert oder furchtbar leiden
muss. Und dass man lernt,
Gutes zu tun. Was jemand glaubt, ist für uns nicht so wichtig. Stimmt´s?
Sohn:
Stimmt.
Vater:
Für den Papst ist
es aber ein wenig anders. Für ihn ist es am wichtigsten, dass man das glaubt, was er sagt. Und
deshalb kommt er ja auch immer wieder zu den Leuten in die vielen Länder zu Besuch. Damit sie glauben, was er sagt.
Und damit sie dann später in den Himmel und nicht in die
Hölle kommen.
Sohn:
Dann musst du aber in die Hölle. Und Opa auch.
Vater:
O je. Was der Papst hier sagt, stimmt doch gar nicht. Es ist Unsinn. Aber der Papst redet immer sehr schlau
und er verwendet so schöne Worte, dass viele Menschen gar nicht merken, dass da
gar nicht
viel
dahinter steckt. Es ist wie eine Show im Fernsehen.
Damit die Menschen mal ein paar Tage lang abgelenkt werden
von ihren wirklichen Sorgen und Problemen.
Sohn:
Aber wenn er von den Menschen so viel Geld braucht und Unsinn erzählt und sie nur ablenkt,
warum wird er dann so verehrt?
Vater:
Ich weiß es nicht.
Da kannst du mal einen Politiker fragen.
Sohn:
Ach so. Dann hilft der Papst vielleicht den Politikern, richtig zu regieren,
damit nicht mehr so viele schlimme Dinge in der Zeitung stehen.
Vater:
Nein. Da kennt sich der Papst auch nicht aus.
Den Papst gibt es ja schon seit vielen Hundert Jahren, und immer wenn einer
gestorben ist, kam der nächste. Und wenn die Könige und Fürsten gemacht haben, was der
Mann, der gerade Papst war, gesagt hat, dann wurde es meist
noch schlimmer. Das lernt man im Geschichtsunterricht.
Aber es werden immer schöne Fotos gemacht, wo man den Papst zusammen mit den
Politikern sieht. Und die Fotos hängen sich die Politiker dann später in ihr
Büro und sie stellen sie auf ihre Internet-Seite. Und den Papst erkennt man auf
den Fotos ja auch immer sofort. Er trägt immer das helle Frauengewand, das du im
Fernsehen gesehen hast. Und er trägt knallrote Schuhe.
Sohn:
Und warum trägt der Papst knallrote Schuhe?
Vater:
Mein Lehrer hat
mir das früher einmal so erklärt: Die Päpste tragen seit dem Mittelalter rote
Schuhe. Und die rote
Farbe bedeutet: "Der Papst ist der Herrscher". Und normalerweise solltet ihr das in der Schule
lernen, dass der Papst deswegen früher sogar Menschen umbringen ließ, wenn sie
nicht glaubten, was er sagte.
Einmal wurde berichtet, standen die Soldaten, die der Papst losgeschickt hatte,
sogar "bis zu den Knöcheln im Blut ihrer Feinde".
Sohn:
Das ist ja schrecklich. Vielleicht sind die Schuhe deshalb rot, weil der Papst
dann durch das Blut laufen musste. Denn sind die Schuhe rot,
dann fällt das gar nicht auf, dass er durch Blut gelaufen ist.
Vater:
Nein, was hast du nur für eine Phantasie? Die Päpste sind ja nicht selbst durch
das Blut gelaufen. Sie haben nur die Befehle gegeben, und andere haben für sie
gemacht, was sie wollten. Außerdem wird der Papst sicher immer seine Schuhe gut
putzen, wenn er vor die Menschen tritt.
Sohn:
Und gibt er heute immer noch Befehle?
Vater:
In seiner Kirche heißt es: Was er anordnet, das müssen die Gläubigen befolgen. Es wird
von seiner Religion verlangt, dass sich jeder Mensch ihm unterwerfen muss, wenn er später in den
Himmel kommen will.
Sohn:
Und machen das die Leute gerne?
Vater:
Ich glaube: Wenn der Papst ganz normale Schuhe
tragen würde und ganz normale Kleidung für Männer und keine so komischen Mützen, dann
würden die Leute bald das Interesse an ihm verlieren. Dann wäre er ein
normaler älterer Mann. So wie dein Opa. Stell dir vor, Opa würde mit knallroten Lack-Schuhen herum laufen.
Sohn:
Ha, ha, ha. Das wäre lustig. Sie verehren den Papst also, weil er so herumläuft,
auch mit dem Kleid und der Mütze.
Vater:
Und sie lassen
sich beeindrucken, wenn sich der Papst dann auf den größten Stuhl setzt und die
anderen Menschen müssen auf kleineren Stühlen sitzen. Oder wenn er sich
sogar auf einen
Thron setzt.
Sohn:
Laufen deshalb auch die anderen Priester so herum, mit den Kleidern und Hüten?
Also, damit sie verehrt werden.
Vater:
Ja. Das macht bei vielen Menschen enorm Eindruck. Und dann noch eine Bauchbinde dazu. Oder eben diese Hüte, die
aussehen wie Fischköpfe, die es ja bei uns auch an Fasching gibt. Das stammt
übrigens alles aus ganz alten Götterkulten, die schon über 3000 Jahre alt sind. Da habe ich im Schrank ein Buch über den Gott
Baal stehen. Das kann ich dir mal zeigen. Die Priester in dem Buch sehen genauso
aus wie die Männer, die immer um dem Papst herum sitzen. Und die
Leute, die dem Papst zuwinken, die glauben, dass er
und die Männer um ihn herum wissen, was richtig ist und was zu tun wäre. Aber
wenn du mich fragst: Ich glaube, sie wissen
in Wirklichkeit nichts. Und auch von Jesus und von Gott wissen sie nichts,
obwohl sie dauernd darüber reden.
Sohn:
Im Fernsehen haben sie aber gesagt, der Papst ist der Stellvertreter von
Christus.
Vater:
Unsinn. Christus war ganz anders als der Papst. Er war ein
ordentlicher Zimmermann, also ein Handwerker, und er hat keine solchen Kostüme
getragen wie die Priester. Er war ein normaler und ehrlicher Mann aus dem Volk und kein
komplizierter Professor. Er hat auch nie einen Stellvertreter eingesetzt.
Sohn:
Dann stimmt das also überhaupt nicht, dass der Papst der
Stellvertreter von Christus ist. Aber wie ist das dann
eigentlich mit Gott? Opa sagt, man
kann nicht einmal wissen, ob es Gott überhaupt gibt.
Vater:
Es stört Opa eben, dass viele Menschen von Gott reden und dabei anderen nur
einreden wollen, was sie sich selber über Gott ausgedacht haben. Zum Beispiel,
dass er angeblich in einem Haus aus Stein wohnt. Oder
dass er dort in einem Kästchen in einigen Oblaten aufbewahrt wird, wie die
Priester sagen.
Ich sehe das ganz anders. Ganz praktisch. Wir atmen, und in unserem Atem ist Gott, das Leben.
Auch in dem Atem der Tiere. Das kann ich dir und Opa nicht beweisen. Aber ich
kann dir verraten, was mir mein Gewissen sagt. Du kennst doch den Satz "Man sieht nur mit dem
Herzen gut".
Sohn:
Ja.
Vater:
Und mein Gewissen sagt mir, dass Gott in unser Herz
schaut; und dass er schaut, ob wir helfen, wenn andere in Not sind oder ob wir
auch den Tieren helfen. Ich frage mich manchmal, ob nicht die Kühe im Stall unseres Nachbarn
sogar näher bei Gott sind als wir. Und natürlich auch näher bei Gott als der
Papst.
Sohn:
Das kann ich mir schon vorstellen. Denn die Kühe tun nichts Böses.
Vater:
Und deshalb sollten auch wir nichts Böses tun und keinem Lebewesen ein Leid zufügen.
Keinem Menschen und keinem Tier.
Sohn:
Ist es dann nicht auch böse, wenn der Papst so viel Geld braucht, um die
Menschen zu besuchen? Wo man das doch an so vielen Orten dringend brauchen
könnte, damit kein solches Leid mehr ist.
Vater:
Was du alles von mir wissen willst! Frag doch einfach dein Gewissen. So
mache ich es auch. Das
wird dir dann schon eine Antwort geben.
Sohn:
Gut, danke. Ich frage erst einmal Opa. Und dann frage ich mein
Gewissen.
FREIGABE – Das kleine Bühnenstück ist für jedermann bei nichtkommerzieller Aufführung oder Lesung frei gegeben, wenn die Quelle schriftlich oder mündlich genannt wird. Auch Kürzungen werden gestattet. Bei Wunsch nach kommerzieller Nutzung oder Veröffentlichung bitte mit uns in Verbindung setzen! Danke. |
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