Der Theologe Nr. 91, aktualisiert am 30.6.2022
Die Vatikankirche spricht bekanntlich Menschen in ihrem Sinne als angeblich "heilig". So auch am 23. September 2015 den spanischen Franziskaner-Mönch Junípero Serra (1713-1784) durch Papst Franziskus in Washington/USA. Der Missionar der Romkirche lebte im 18. Jahrhundert.
In diesem Gebäude wird seit 1964 auch die letzte Papstkrone aufbewahrt, ganz in der Nähe zum Weißen Haus. Welche symbolische Bedeutung das wohl haben mag, kann jeder selbst ermessen. Bei ihrer Verleihung wurden dem jeweiligen Papst die Worte zugesprochen: "Vergiss nie, dass Du Vater der Fürsten und Könige bist, das Haupt der Welt und der Statthalter Jesu Christi". Der letzte dieser drei Titel ist falsch und eine Verhöhnung von Christus. Die ersten beiden stimmen, und man könnte auch den Titel "Fürst dieser Welt" daraus ableiten, der auch im Neuen Testament der Bibel vorkommt. Deswegen beinhaltet das Treffen von Jorge Bergoglio und Barack Obama auch mehr als die vordergründige Folklore vermitteln möchte, und einen Tag später sprach Franziskus zunächst vor dem US-Kongress und einen weiteren Tage später vor der UNO. Der Kult um den neuen Heiligen lenkt dann etwas ab, was hinter den Kulissen alles in die Wege geleitet wird. Doch auch hier ist es aufschlussreich, wer eigentlich "heilig" gesprochen wurde und wofür dieser "Heilige" einsteht. Das Foto des älteren Serra (rechts) zeigt den neuen "Heiligen" mit einem Haaransatz oberhalb der Stirn, den man auch symbolisch deuten könnte, wenn man möchte. |
Angebliches Wunder nach Totenbeschwörung
Indianer von Papst Franziskus negativ überrascht
Der größte Völkermord aller Zeiten als katholisch "glückliche Schuld"
Wer darf die Indianer schlagen? Der Staat oder die Kirche?
Von der Inquisition in die amerikanischen
Missions- = Todeslager
Folter von Leib und Seele nach Fehlgeburt
Selbstzerfleischung als Vorbild im katholischen Glauben
Wofür mag der neue "Heilige" angerufen werden?
Angebliches Wunder nach Totenbeschwörung
Serra wurde bereits im
Jahr 1998 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen. Das für die Kirche
dafür nötige
Wunder soll im Jahr 1960 geschehen sein. Ein US-amerikanischer
Kaplan hatte einigen Nonnen den Rat gegeben, den 1784 verstorbenen
spanischen Franziskaner im Jenseits anzurufen. Der Grund: Ein hartnäckig
fiebriger Hautausschlag einer anderen Nonne konnte bis dahin nicht geheilt
werden. Nach der "Anrufung" von Junípero Serra soll die Nonne jedoch gesund
geworden sein, was dann später dem Wirken
Junípero Serras
aus dem Jenseits zugerechnet wurde.
Der
Franziskaner-Mönch und Priester gilt als Gründer der Städte San Diego, San
Francisco und Los Angeles in den USA, weil er dort katholische
Missionsstationen aufbaute, die später zu Großstädten wurde. Aus diesem
Grund wird er auch von den USA als "Held der amerikanischen Nation" geehrt
–
z. B. durch ein Granit-Monument in der Stadt Montery, durch eine sehr große
Bronze-Statue im Golden Gate Park in San Francisco, durch weitere Statuen
oder sogar durch eine Büste im Kapitol, dem Sitz des US-Kongresses in
Washington.
Indianer von Papst Franziskus negativ überrascht
Die Heiligsprechung
stößt jedoch auf massiven Widerstand der Nachkommen der Indianer. "Wir
wehren uns entschieden dagegen, dass der Mörder unseres Volkes und unserer
Kultur in den Heiligenstand erhoben wird", so der Sprecher eines der
Indianer-Völker. Und: "Es überrascht uns sehr, dass ... Papst
... Franziskus so etwas vorantreibt." (zit. nach t-online,
16.2.2015)
Das
Ziel des auf Mallorca geborenen spanischen Priesters war die Bekehrung der
Indianer im Westen der USA zur römisch-katholischen Kirche, ausgehend von
Mexiko.
Ron Andrade, ein Sprecher der amerikanischen Ureinwohner, sieht "Vater Serra", wie er genannt wird,
dabei als Verantwortlichen für den "Völkermord" im heutigen
Kalifornien, dem 90 %
der indianischen Bevölkerung zum Opfer fiel. Der Leiter eines Museums stellt Serra
auf eine Stufe mit den katholischen spanischen Eroberern, die Südamerika
unterjochten und fragt deshalb: "Warum spricht der Papst nicht Pizarro
oder Cortez heilig?", die brutalen Feldherren im Dienste des
katholischen spanischen Königshauses.
Über den Franziskaner-Pater, der nun "heilig" gesprochen wurde,
heißt es auch in einer Petition von Nachkommen der Indianer gegen die
"Heiligsprechung", er stehe für
"Ausbeutung, Unterdrückung, Versklavung und den Genozid an tausenden
indigenen Kaliforniern" –
petitions.moveon.org
Dies erinnert an
die Worte des französischen Philosophen Claude Adrien Helvetius, der einmal
sagte: "Wenn man ihre Heiligenlegenden liest, findet man die Namen von
tausend heilig gesprochenen Verbrechern."
Die
Indianer starben damals verschiedenen Studien zufolge vor allem an Schlägen,
Vergewaltigungen und durch Seuchen. In der Petition heißt es weiter: "Spanische
Priester taten wenig, um sie als Menschen zu behandeln, und sie taten auch
nichts zu ihrer Rettung, als Soldaten und Siedler Frauen vergewaltigten."
Der größte Völkermord aller Zeiten als katholisch "glückliche Schuld"
Der Theologe Leonardo
Boff spricht im Hinblick auf die Ermordung der amerikanischen Ureinwohner
gar vom "größten Völkermord aller Zeiten". Die Rede ist von ca. 100
Millionen getöteten Ureinwohnern auf dem ganzen Kontinent.
Papst Johannes Paul II. jedoch verharmloste im Jahr 1995 den Völkermord als
eine "glückliche Schuld". Warum "glückliche Schuld"? Da trotz der
unzähligen Opfer diese zuvor den angeblich allein Heil bringenden
katholischen Glauben kennen gelernt hätten. (Spiegel spezial Nr. 3/2005,
S. 91)
Wer darf die Indianer schlagen? Der Staat oder die Kirche?
Katholische Befürworter
der Heiligsprechung von Junípero Serra heben hervor, dass der
Franziskaner-Priester die Indianer oft vor anderen Katholiken, die als
Vertreter der spanischen Kolonialmacht auftraten, geschützt habe.
Über das Verhältnis zwischen dem Missionar, der in Mallorca geboren wurde,
und den Kolonialherren berichtet die Mallorca-Zeitung:
"Serra beanspruchte für die Franziskaner die absolute Kontrolle über die
neuen Untertanen. Damit geriet er in immer schärfere Konflikte mit
Gouverneuren, Verwaltern und Offizieren, welche die Indianer eher als Bürger
oder zumindest als Steuerzahler begriffen denn als bemitleidenswerte und zu
bekehrende Geschöpfe.
Indem er sich über alle Hierarchien hinwegsetzte und sich direkt der
Unterstützung des spanischen Vizekönigs versicherte, behielt Junípero Serra
eine Weile die Überhand. Unter anderem konnte er so verhindern, dass
die Indianer in den Missionen eigene Ratsobere wählen durften. Vor
allem an einer Frage entzündete sich immer wieder Streit: Wer war
dazu berechtigt, die Indianer körperlich zu bestrafen?" Der Staat
oder die Kirche?
Manche Indianer wehrten sich in ihrer Verzweiflung, einige haben offenbar
Missionare getötet. Serra habe ihnen aber vergeben, wie es heißt und einmal
sogar eine Todesstrafe verhindert, da der Täter noch nicht katholisch
getauft und damit noch nicht "gerettet" gewesen sei. Auch sei
er beim Schlagen der Indianer nicht blutrünstig vorgegangen. Aber soll das
heißen, das Schlagen ohne Blutrunst sei etwas Positives?
Der
Indianer-Sprecher Ron Andrade widerspricht auch grundsätzlich der These, Serra
habe Indianer geschützt. Wörtlich: "Serra wusste, was sie – die
Soldaten und Siedler – taten. Sie nahmen das Land [der Indianer] weg, sie
nahmen die Ernte weg, er wusste, dass die Soldaten Frauen vergewaltigen, und
er drehte seinen Kopf weg." (theguardian.com, 25.1.2015)
Von der Inquisition in die amerikanischen Todeslager
Auch von anderer Seite
werden heftige Vorwürfe erhoben, z. B. durch Geschichtsprofessor Steven
Hackel. Er erinnert unter anderem daran, dass der neue Heilige vor seinem
Missionsauftrag an der nordamerikanischen Westküste als Kommissar der
Inquisition in Mexiko unter anderem für Hexenprozesse zuständig war. In
Mexiko hatte er zur Abschreckung zum Beispiel mit Kerzen ausgeleuchtete Totenschädel
umher geschwenkt. Später wurde er von der Kirche Richtung Norden
berufen, eben an die nordamerikanische Westküste.
Im heutigen Kalifornien hatte er dann die Indianer in katholischen
Missionslagern ihrer Freiheit beraubt, "versklavt" und zum Kirchen-Bauen
gezwungen. Sie seien auch "gezwungen worden, eine fremde Sprache zu
lernen, viele seien zwangsverheiratet worden. Viele seien den von den
Europäern eingeschleppten Krankheiten zum Opfer gefallen", so eine
Zusammenfassung der Darlegungen von Geschichtsprofessor Steven Hackel.
"Todeslager" seien die von Serra aufgebauten Missionslager gewesen,
so ein anderer Autor, Elias Castillo. Die Opfer seien "wegen
Misshandlung, Krankheiten oder Unterernährung gestorben".
(t-online, 16.2.2015)
Der
katholische Missions-Priester Tom Elewaut verteidigt hingegen den neuen
Heiligen. Serra habe das Ausbreiten von Seuchen unter den Indianern bedauert
und sich um die Todkranken gesorgt. Außerdem sei er sehr respektvoll mit
Indianern umgegangen, die keine Katholiken werden wollten (theguardian.com, 25.1.2015).
Aber ist das nicht eine Selbstverständlichkeit? Und warum hat er sie nicht
frei gelassen?
Folter von Leib und Seele nach Fehlgeburt
Eine zum Katholizismus
bekehrte Indianerin schildert jedenfalls das Schicksal einer anderen
Indianerin in einem der Missionslager, nachdem sie dort eine Fehlgeburt
erlitten hat. Wörtlich heißt es im Magazin Der Spiegel:
"Die Mönche beschuldigten sie des Kindsmordes.
Sie musste ihr Haupthaar abschneiden, und sie wurde 15 Tage lang
regelmäßig gegeißelt. Drei Monate lang trug sie Fußketten, und
sonntags musste sie vor dem Kirchenaltar auftreten – in ihren Armen ein
schrecklich bemaltes Baby aus Holz."
Im Magazin Der Spiegel heißt es dazu, die meisten Indianer "überlebten
derlei Nächstenliebe der frommen Männer nicht".
(21.11.1983)
Ob der Vorfall in diesem Beispiel zu Lebzeiten Serras und unter seiner
unmittelbaren Verantwortung geschah oder erst unter seinen Nachfolgern, wird
nicht berichtet. Doch es zeigt beispielhaft auf, was die Vatikankirche im
Westen der USA an Grauen anrichtete, wobei sich auch Serra selbst nicht
geschont haben soll.
Selbstzerfleischung als Vorbild im katholischen Glauben
Der weniger als 1,60 m
große und immer "todernste" Kirchenheilige soll bei allem seinen Tun nie
gelacht haben, und sein Missionseifer trieb ihn "bis zum Masochismus"
– so
eine Studie in der Zeitschrift National Geographic.
In dieser Studie heißt es weiter: Er betreibt
"religiöse Bußrituale bis zur Selbstzerfleischung …
Auf der Kanzel ...
reißt Serra sich oft die Kutte auf und hämmert, in der anderen Hand das
Kreuz, mit einem schweren Stein auf die entblößte Brust.
Oder reißt mit einer Geißel seine Haut in Fetzen.
´Ich bin ein Sünder`, schreit er dazu in die schluchzende Menge.
Bei einem dieser Auftritte reißt ihm ein fanatisierter Zuhörer das
Marterinstrument aus der Hand –
und geißelt sich damit selber, bis er zusammenbricht." (nationalgeographic.de)
Da Serra Leid als ein angebliches Geschenk Gottes betrachtete, hatte er
sich laut Mallorca-Zeitung schon in seiner Zeit in Spanien jeden
Abend blutig gegeißelt. (16.1.2015)
So weit einmal einige Aspekte aus dem
Leben des Mannes, den uns Papst Franziskus als verehrungswürdiges neues
Vorbild im Glauben empfiehlt.
Als katholisch Heiliger darf Serra nun auch weltweit im Gebet angerufen
werden. Als katholisch Seliger, einer Vorstufe, durfte er in bestimmten
Regionen schon seit 1988
angerufen werden. Nun aber, wie gesagt, weltweit.
Wofür mag der neue "Heilige" angerufen werden?
Doch wofür
soll dieser zum "Heiligen" erklärte Priester den Gläubigen wohl eine Hilfe
sein? Und wofür ist er wohl ein Experte?
Eine Heiligsprechung in der katholischen Kirche ist ja grundsätzlich nicht nur ein
Hinweis darauf, welche Menschen dort verehrt werden. Es zeigt immer auch
auf, welch Geistes Kind diejenigen sind, die eine solche Heiligsprechung
befürworten und durchführen.
Mit Jesus von Nazareth hat das alles
ohnehin nichts das Geringste zu tun. Er zeigte den Menschen den
unmittelbaren Weg zu Gott, zu innerem Frieden, zu Geborgenheit und Glück,
und zwar durch Vertrauen in einen liebenden Gott und durch das Halten der
Gebote. Jesus lehrte niemals die Einsetzung sündiger Menschen als angeblich
Heilige. Für Ihn gilt: Gott allein ist heilig und Gott allein ist unser
aller Vater. "Ihr sollt niemanden auf Erden Vater" nennen, so sprach Jesus,
der Christus, weiterhin zu den Menschen. Ihr sollt also keinem Menschen den
geistigen Titel "Vater" verleihen, denn Einer ist Euer Vater, der im Himmel
ist. Wer aber ist dann der heilig gesprochene "Vater Serra"? Einiges davon
ist hier in dieser kurzen Studie dargelegt. Und wer ist dann der "Heilige Vater" in Rom, der ihn
heilig sprach?
Sicher ist dabei: Es ist alles römisch-katholisch. Doch mit Jesus, dem
Christus, hat es nichts zu tun.
Siehe auch
Der Theologe Nr. 101 –
Völkermord und Seelenmord an den Indianern Nordamerikas – Sie
wurden überwiegend von Protestanten unter schwerstem Missbrauch des Namens
"Christus" ausgerottet, denn Christus ist der Friedenslehrer
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