Der Theologe Nr. 73, aktualisiert am 3.7.2022
In jedem
Frühjahr kommt die Zeit, wo in lauen Nächten die Frösche quaken oder Igel durch
die Büsche rascheln. Das klingt recht idyllisch, aber gibt es das überhaupt
noch? Nach Untersuchungen der Britischen Gesellschaft für Igelschutz beträgt die dortige Igelpopulation nur mehr 3 % des Nachkriegsbestandes.
Und auch in
Deutschland ist es nicht viel besser, sechs Bundesländer führen den Igel bereits
auf der Roten Liste.
Wir sind es zwar gewohnt, in den Massenmedien regelmäßig Meldungen über die
Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten zu hören oder zu lesen. Doch wer will
sich schon gerne mit diesen negativen Meldungen befassen? Bemerken wir in
Mitteleuropa überhaupt
noch, dass es sich bei den bedrohten Tierarten längst nicht mehr um exotische
Ausnahmen handelt, sondern um vertraute einheimische Arten wie Igel, Sperling,
Lerche oder Laubfrosch?
Mehr dazu zum Beginn dieser Studie. Teil 2 beschäftigt sich der
Bedeutung
der Bienen für das Überleben auch des Menschen und Teil 3 speziell mit dem
Bienensterben.
Die Zahl der Frösche und Kröten geht in der Tat dramatisch zurück. Fast drei
Viertel der heimischen Amphibienarten sind sogar vom Aussterben bedroht. Dafür
ist nach Auskunft von Experten hauptsächlich die industrielle Landwirtschaft
verantwortlich, die den natürlichen Lebensraum dieser Tiere zum Großteil
vernichtet hat. Ungefähr die Hälfte der in Europa vorkommenden Amphibienarten
lebt nicht am Wasser, wie man vielleicht annimmt, sondern auf Äckern und
Feldern. Viele Tiere sterben auch durch die Agrargifte, die auf den Feldern
regelmäßig versprüht werden. Verschwinden aber die Frösche und Kröten, so hat
das wiederum Folgen für andere Arten, da Amphibien eine wichtige Rolle im
Nahrungskreislauf spielen.
In der Natur steht alles mit allem in Verbindung.
Und wir Menschen gehören mit dazu, wir sind ein Teil der Natur. Doch nehmen wir
sie auch wahr? Das dramatische Verschwinden von Fröschen und Kröten praktisch
vor unserer Haustür verlief lange Zeit unbemerkt.
Ähnlich ist es auch bei einem
anderen Beispiel, der Kohlmeise. Mit dem Unterschied: Ihr macht nicht nur die
industrielle Landwirtschaft zu schaffen, sondern auch der Klimawandel. Die vom
Menschen verursachte Klimaerwärmung bewirkt, dass die Pflanzen im Frühjahr
früher austreiben, und auch die Raupen auf diesen Pflanzen entwickeln sich
entsprechend früher. Die Meisen haben dadurch oft Mühe, Futter für ihre Jungen
zu finden.
Wer von uns hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass ein Vogel, der praktisch
in jedem Garten in großer Zahl vorkommt, einmal Gefahr laufen würde,
auszusterben? Doch es betrifft nicht nur die Meisen. Etwa die Hälfte der in
Bayern vorkommenden über 200 Brutvogelarten steht heute bereits auf der Roten
Liste, weitere 34 Arten befinden sich auf einer so genannten Vorwarnliste. Dort
stehen unter anderem Feldlerche, Stieglitz, Star, Rebhuhn, Turteltaube, aber
auch Feldspatz und Mehlschwalbe.
Der stumme Frühling, wie ihn Rachel Carson bereits
1962 in ihrem gleichnamigen Buch beschrieb, ist möglicherweise näher, als
wir glauben. Dieses Buch war vor rund 50 Jahren der Auslöser dafür, dass in
Deutschland immerhin das Agrargift DDT verboten wurde. Und es war ein
Startschuss für die Umweltbewegung. Doch bedeutet die Formulierung "der stumme Frühling" nicht auch: Der Mensch kann
die Sprache der Tiere nicht verstehen, er kann sich so gut wie nicht in die Natur
einfühlen. Dies gilt schon seit sehr langer Zeit, dies galt vor 50 Jahren,
als das Buch Der stumme
Frühling erschien und dies gilt erst recht heute.
Hinzu kommt: Viele fatale Einflüsse des
Menschen auf die Natur machen sich erst nach Jahrzehnten bemerkbar.
Wissenschaftler um Prof. Stefan Dullinger von der Universität Wien haben im
April 2013 dazu eine entsprechende Studie veröffentlicht, und sie stellten fest:
Wenn Tiere oder Pflanzen heute sichtbar gefährdet sind, liegt die Ursache dafür
oft weit zurück, beispielsweise in der Entwicklung der Industrie vor hundert
Jahren. Und was wir heute der Natur in noch viel größerem Umfang antun als vor
hundert Jahren, dessen Folgen kommen erst noch auf uns zu.
Ein Beispiel dazu: Die Arktis erscheint uns fern, doch ist sie das wirklich? Forscher wollten wissen, weshalb die Zahl der Polarfüchse in der Arktis zurückgeht, vor allem an der Küste. Dort ernähren sich die Füchse vorwiegend aus dem Meer, wo derzeit die Quecksilberbelastung zunimmt – und zwar aufgrund der Emissionen, die seit Beginn der Industrialisierung aus den Kraftwerken bis in die Arktis geblasen wurden, auch aus Europa, und sich dort im Boden ablagerten. Aufgrund steigender Temperaturen werden die Gifte nun wieder frei. Das ohnehin dramatische weltweite Artensterben könnte sich also in den nächsten Jahrzehnten noch deutlich zuspitzen. Trotzdem betrachten die meisten Menschen Tiere und Pflanzen noch immer als verfügbare Masse, als seelenlose Materie, wie von den Kirchen den Menschen Jahrhunderte lang indoktriniert, derer sich der Mensch nach Belieben bedienen darf. Über die Folgen dieses Verhaltens machen wir uns kaum Gedanken. Ein fataler Irrtum, wie sich jetzt herausstellt: Die Natur war uns gegenüber bisher zwar erstaunlich tolerant, nicht jede Ursache kam sofort zur Wirkung. Doch nun wird uns mehr und mehr die Rechnung präsentiert.
Doch was haben wir Menschen daraus gelernt? Trotz all dieser Erkenntnisse geht die Ausrottung unserer Übernächsten, der Tiere, auch heute noch unvermindert weiter. Auf welche Widerstände ein Umdenken noch immer trifft, zeigt sich am Beispiel der Bienen. Obwohl Umweltverbände und Wissenschaftler seit vielen Jahren darauf hinweisen, dass der Einsatz von Agrargiften in der Landwirtschaft mit großer Wahrscheinlichkeit ein wesentlicher Faktor dafür ist, dass Jahr für Jahr ungezählte Bienenvölker sterben, hat sich die Europäische Kommission erst im Jahr 2013 dazu aufgerafft, drei der gefährlichsten Pflanzengifte, sogenannte Neonicotinoide, zu verbieten. Die Produzenten dieser Chemikalien bestreiten diese Gefahr bis heute. Dabei sagt uns schon der gesunde Menschenverstand, dass ein Gift nicht erst dann Schaden anrichtet, wenn es Tiere tötet, in diesem Fall Bienen. Alkohol zum Beispiel, im Grunde ein Nervengift, kann schon in geringen Dosen die Orientierungsfähigkeit des Menschen beeinträchtigen. Ebenso können in der Landwirtschaft eingesetzte Nervengifte schon in geringfügiger Menge Bienen die Orientierung erschweren, sodass sie nicht mehr zum Bienenstock zurückfinden.
Dreiviertel unserer Nahrungsmittel hängen direkt oder indirekt von der Bestäubung durch Insekten ab. In China, das zeigte der Film More than Honey, Mehr als Honig, werden bereits Arbeiter eingestellt, die die Blüten der Obstbäume von Hand bestäuben, weil die Bienen durch eine rücksichtslose Agrarpolitik zu Maos Zeiten in ganzen Landstrichen verschwunden sind. Doch ist es in Mitteleuropa besser, wo die Wildtiere bereits in Scharen in die Städte geflüchtet sind, weil sie in der ausgeräumten Monokulturlandschaft keine Lebensräume mehr finden und zudem von der Giftspritze bedroht werden und wie eh und je von den Jägern? Gerade die industrialisierte Landwirtschaft ist nach Aussage von Experten längst zum Artenkiller Nummer eins geworden (mehr zu den Bienen siehe unten die Teile 2 und 3).
Was können wir also tun? Wir könnten uns zum Beispiel darüber informieren, wie
die Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen, angebaut und hergestellt werden. Auf
friedfertige Weise – oder auf Kosten der Natur und der Tiere. Wir könnten auch
unsere Hausgärten von Gift freihalten und dort im Rahmen des Möglichen für
einen gewissen Artenreichtum an Blumen und Sträuchern sorgen, die Insekten und
Vögeln Nahrung bieten. Auch der Mensch freut sich über ein Stück
natürlicher Blumenwiese. Und Vögel sind darüber hinaus dankbar, wenn wir sie das
ganze Jahr über füttern.
Das sind zwar erst einfache Schritte, doch auch die können Kreise ziehen. Es lohnt sich
allemal, etwas für die Tiere tun und der Spirale nach unten mit immer mehr
sterbenden Arten etwas entgegenzusetzen: Die Hoffnung für die Erde mit kleinen
Oasen überall auf der Welt, wo der Artenreichtum zum Wohle aller sich wieder
entfalten kann. Jeder von uns kennt die Goldene Regel der Bergpredigt Jesu. Sie
bedeutet, alles Leben, das uns umgibt, so zu behandeln, wie wir auch selbst
behandelt werden möchten, das gilt auch für die Natur.
Anders lehren es die
Institutionen Kirche. Nach kirchlicher Lehre müssen alle Lebewesen dem
Menschen und seinen Interessen unterworfen werden,
weil sie nur
für das Wohl des Menschen da sein sollen. Im späteren "Himmel"
der Institutionen Kirche soll es keine Tiere mehr geben, denn Tiere kämen
angeblich nicht in den Himmel, nur Menschen. Tiere sind auch nicht
"katholisch" oder "evangelisch" und erfüllen von
daher nicht die Voraussetzungen, welche diese Religionen für den
Himmelseintritt vorschreiben. Welch ein Ort des Jammers mag das dann
sein? Die Kirchenchristenheit betet im "Vaterunser"-Gebet auch
"Wie im Himmel, so auf Erden". Würde man dieses Gebet nicht an
den Schöpfergott, den Freie Geist, richten, sondern an den Gott der Kirche
und versteht man es so, dass die kirchlichen Vorstellungen über den "Himmel"
sich auch auf der Erde ausbreiten sollen, dann bewahrheitet sich das in
unserer Zeit auf erschreckende Art und Weise mehr und mehr im Hinblick auf
die Tiere. Die Tiere weichen, bis es am
Ende womöglich keine Tiere mehr gibt – wie im katholischen und evangelischen
Jenseits gemäß diesen Vorstellungen; vielleicht bis auf
ein paar gegen alle zerstörerischen Einflüsse resistenten Insekten. Wer das
jedoch nicht will, darf dies nicht zulassen und sollte das Gebot der
Nächstenliebe auch auf die Tiere anwenden.
Das Aussterben der Tiere
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Sie sind die exaktesten Baumeister der Welt, sie navigieren nach einer inneren Landkarte, führen detaillierte Sonnenstandsberechnungen durch, unterscheiden Hunderte von Düften und leisten Großartiges für unseren Planeten: "Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben". Dieses Zitat über ein Insekt, das wir oft schlicht nur als Honiglieferant betrachten, wird Albert Einstein zugeschrieben. Die Aufgabe der Bienen auf unserem Planeten ist aber keineswegs, für höher entwickelte Säugetiere Naschereien zu produzieren, sondern sie übernehmen die Bestäubung von Abermillionen von Blüten – an Obstbäumen, in Gemüsegärten, auf Wiesen, Feldern und in Wäldern. "Ohne Bienen keine Bestäubung, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen", lautet ganz schlicht die Einsteinsche Bienenformel. Die Gefahr ist real. Denn derzeit beobachtet man ein Bienensterben.
Sechs Berufe in 30 Tagen
Um diese Aufgabe, die den Fortbestand allen Lebens sichert, zuverlässig durchführen zu können, haben sich die Bienen so perfekt und harmonisch organisiert, wie man es unter Menschen noch nirgends vorgefunden hat:
"Das Faszinierende an den Bienen ist ihr Wesen selbst", erklärt der langjährige Imker Hermann Glas.
"Faszinierend deshalb, weil alles 100%ig funktioniert. Die Biene kommt auf die Welt und sie weiß vom ersten Tag an, was zu tun ist. Die Aufgabe ist in ihr drin." Dabei geht es längst nicht nur um das Bestäuben von Blüten
– im Laufe Ihres kurzen Lebens (30 bis 70 Tage) führt die Biene sechs verschiedene Berufe aus: Nach dem Schlüpfen reinigt sie während ihrer ersten vier Lebenstage als Putzbiene die Wabenzellen und den Stock, denn in ungeputzte Waben legt die Königin keine neuen Eier. Vom 5. bis 11. Tag ist sie Amme und füttert die Larven. Danach ist sie 3 Tage lang als Lagerarbeiterin tätig: Sie verstaut den Nektar in den Zellen und belüftet den Bienenstock, indem sie ganz schnell mit ihren Flügeln schlägt. Am 14. Lebenstag schließlich wird sie zur Baubiene und konstruiert Wabenzellen
– sechseckig, eine wie die andere. Am 18. Tag wechselt die Biene zu den Wehrbienen und hält am Eingang zum Stock Eindringlinge wie Wespen, Hornissen und Schmetterlinge fern. Dann erst, an ihrem 22. Lebenstag wird die Biene zur Sammlerin. Sie fliegt von Blüte zu Blüte, um Nektar, Pollen und Propolis (eine Art Baumharz) zu ernten, Nahrung für den Bienenstock.
Woher weiß die Biene, was zu tun ist? Wer gibt den Impuls, von einem Arbeitsplatz zum nächsten zu wechseln? Wer hat sich den berühmten und lange erforschten Rundtanz und den Schwänzeltanz ausgedacht, mit dem die Biene bei der Rückkehr zum Stock den anderen Bienen den exakten Standort, die Entfernung und Qualität einer Nahrungsquelle übermittelt?
"Bienen sind hochintelligente Wesen. Diese Findigkeit, diese Ordnung – so etwas bekommen wir Menschen nicht zustande", schwärmt der Imker Hermann Glas, der an die 40 Völker betreut. Für ihn sind Bienen keine Einzelwesen, sondern eine Einheit: "Ein Bienenvolk ist wie ein Wesen, es hat so etwas wie eine Kollektivseele." So sprechen auch ganz alte Imker niemals von "den Bienen", sondern immer von "dem Bien". Und der ist dreigeschlechtlich: Da gibt es die Königin, die sich mit dem wertvollen Gelee Royale füttern lässt und während ihres 3-4 jährigen Lebens als Eierlegerin an die zwei Millionen Eier in die Wabenzellen legt – um die Sonnenwende bis zu 2000 Eier täglich; es gibt die weiblichen Arbeitsbienen, die den Stock bauen, ihn in Ordnung halten, Nektar sammeln und die Larven füttern, und die männlichen Drohnen, von denen es im Bienenstock nur einige Hundert gibt. Die Drohnen spielen im Bienenvolk eher die tragische Rolle. Etwas plumper und haariger als die Arbeitsbienen werden sie im Stock nur als mögliche Befruchter der Königin geduldet. Sie können sich nicht allein ernähren und werden von den Arbeitsbienen versorgt. Auch zur Verteidigung können sie nicht beitragen – ihnen fehlt der Stechapparat. Ihre Aufgabe ist schlicht, im Frühjahr/Sommer zum Hochzeitsflug anzutreten und die Königin zu besamen – was nur wenigen gelingt und den sofortigen Tod nach sich zieht.
Ob die Biene als Drohne, Arbeiterin oder Königin ihr Dasein verbringt, entscheidet nicht etwa die genetische Bestimmung, sondern schlicht die Behandlung des Eies: Für die Königinnenlarven etwa werden speziell geformte, größere "Königinnenwiegen" gebaut. Die Larven werden mit einem besonderen Saft, dem Gelee Royale, gefüttert, den die Jungbienen in ihren Drüsen produzieren. Die Larven von zukünftigen Arbeitsbienen hingegen erhalten ab dem 6.-7. Tag eine Mischung aus Pollen, Honig und Wasser als Nahrung. Die Drohnen wiederum erhalten dasselbe Futter, nur stammen sie aus unbefruchteten Eiern. Und wer nun regelt die Aufteilung in Königin, Arbeitsbiene und Drohne? Wohl wiederum "der Bien", die Seele des Bienenvolkes. Diese registriert auch, wenn das Volk zu groß wird. Dann wird die Königin auf Diät gesetzt, so dass sie weniger Eier legt, schlanker wird und somit flugfähig. Nun teilt sich das Volk, es "schwärmt": Die alte Königin verlässt mit einem Teil ihres Hofstaates den Bienenstock und sucht sich eine neue Bleibe. Für königlichen Nachwuchs ist längst gesorgt – eine junge Königin wurde in einer neuen Königinnenwiege herangezogen. Die übernimmt nach ihrem Hochzeitsflug fortan das Eierlegen und sorgt durch ihren Duftstoff für Harmonie im Stock.
Ist es bloßer Instinkt, der das Leben im Bien steuert? Haben Bienen ein Bewusstsein? Denken sie? Diesen Fragen widmen sich derzeit Forscher aller Nationen. Der Biologe James L. Gould von der Princeton-Universität stieß bei seinen Studien auf einen Fall, mit dem niemand, nicht einmal er selbst, gerechnet hatte: Gould richtete für seine Bienen eine mobile Futterstation ein und versetzte sie jeden Tag um das gleiche Stück. Wie zu erwarten, spürten die Sammlerinnen
jedes Mal den neuen Standort auf. Aber was dann geschah, ging über alles hinaus, was man
Sinnvollerweise erwarten durfte: Nach ein paar Tagen "wussten" die Bienen, wo die Futterstation heute stehen würde, und drehten dort bereits ungeduldig ihre Runden, als Gould mit dem Futter eintraf. Hatten die Bienen das Prinzip seines Versuchs durchschaut? Eine vernünftige Erklärung konnte Gould dafür nicht finden.
Aber seine Ratlosigkeit sollte nochmals gesteigert werden, als er den Versuchsablauf drastisch erschwerte. Er versetzte die Futterstation nicht um eine
gleich bleibende Strecke, sondern steigerte die Versetzung von Mal zu Mal um den Faktor 1,25
– alles andere als eine leicht zu durchschauende Gesetzmäßigkeit. Und trotzdem wussten die Bienen damit umzugehen. Als hätten sie die Regel im Laufe des Versuchs begriffen, zogen sie an der richtigen Stelle ihre Warteschleifen und rechneten mit Futter. Sie handelten offenbar nach der Regel: Nimm die letzte Versetzung und addiere
25 % dazu, dann kriegst du was zu essen.
Bis heute hat niemand eine schlüssige Erklärung, wie die Insekten mit ihrem Milligrammgehirn solche schier
"unmöglichen" Leistungen zustande bringen. Die meisten Biologen halten sich bedeckt. Ausgenommen vielleicht Donald F. Griffin, der Vordenker der Erforschung des Kognitiven. Er spricht aus, was seine Kollegen
"beim derzeitigen Forschungsstand für unbegründet" halten: dass nämlich Bienen möglicherweise zu einfachsten Gedanken und Bewusstseinsvorgängen fähig sind. Dabei kehrt Griffin den Argumentationsspieß um. Eben weil die Bienen so wenig Neuronen im Kopf hätten und entsprechend wenig feste Programme speichern könnten, seien sie viel mehr als große Tiere auf die Hilfe des Bewusstseins angewiesen, um sich sinnvoll verhalten zu können. Ist dies tatsächlich ein solches Wunder? Wenn man davon ausgeht, dass alles Leben beseelt ist, dass der Allgeist, Gott, jede Lebensform durchströmt, dann liegt der Gedanke nahe, dass sich das Bewusstsein der einzelnen Bienen im Bienenvolk potenziert. Durch das Leben im Verbund entsteht ein höheres Bewusstsein, das man nicht mehr an der Anzahl der Neuronen des einzelnen Bienengehirns festmachen kann.
Wie auch immer man zu dieser Frage stehen mag, ob man Bienen Instinkt, Bewusstsein oder eine Gemeinschaftsseele zuerkennt: Wer in die Abläufe und Gesetze eines Bienenvolks eintaucht, ist fasziniert, empfindet Achtung, empfindet Ehrfurcht vor diesen Wesen, von denen im Grunde unser Überleben abhängt. Umso unverständlicher ist, wie wenig für Ihren Erhalt und Ihren Schutz getan wird. Egoistisch wie sonst auch hat der Mensch die Biene zum Honigproduzenten degradiert
– nicht ohne Folgen: Der Zuchtehrgeiz der Imker schafft Monsterkreuzungen, die man nur schwer in den Griff bekommt, wie das Beispiel der
"Killerbienen" in Brasilien gelehrt hat. Ehrgeizige Züchter hatten 1956 eine neue Bienenrasse mit besonders hoher Ertragsrate geschaffen. Der Nebeneffekt: Sie entwickelte gleichzeitig aggressives Verhalten. 600 Menschen starben an den Folgen eines Killerbienen-Überfalls.
Die jüngste selbst geschaffene Katastrophe, die Europas Imkerei seit ca. 25 Jahren bedroht, ist die Varroa-Milbe, an der ganze Bienenvölker zugrunde gehen. Ein Wissenschaftler hatte eine asiatische Bienenrasse für Forschungszwecke nach Deutschland geholt
– und dabei eine asiatische Milbenart eingeschleppt, die für die Bienen tödlich ist. Seither gehen jedes Jahr rund 10 % der Bienenvölker an der Milbe zugrunde. Zu Beginn 2001 gab es aufgrund des warmen Winters mehr Milben, wodurch 40 % der heimischen Bienenvölker starben
– unter Imkern Gesprächsthema Nummer eins. Während sich in Spanien bereits die Regierung eingeschaltet hat, um den Hobby-Imkern mit Subventionen bei
ihrem Kampf ums Überleben der Bienen beizustehen, scheint das Bienensterben deutsche Politiker wenig zu beeindrucken.
Doch nicht nur die Zahl der Bienen geht zurück, auch die Zahl der Imker. Der größte Teil der 90.000 Hobby-Imker ist über 60 Jahre, die nächste Generation lässt sich für die Imkerei offenbar nicht erwärmen. Dabei:
"Es macht sehr großen Spaß, Bienen zu betreuen, es wird nie langweilig", sagt Hermann Glas, nach 58 Jahren Imkerei immer noch begeistert.
"Es gibt noch so viele Geheimnisse, Ungeklärtes. Was in einem Jahr funktioniert hat, ist im nächsten Jahr ganz anders. Das Verhalten der Bienen ändert sich ständig. Die Arbeit mit den Bienen erfordert viel Gefühl, man kann nicht nach Schema F vorgehen, sondern muss dem Wesen der Bienen nachspüren, sie
kennen lernen. Das heißt auch, dass man sich selber kennen lernt: Wenn ich unwirsch und unkonzentriert zu den Bienen gehe oder in Gedanken gegen irgendjemanden meine Stacheln ausfahre, kann ich sicher sein, dass die Bienen auch unruhig sind und die Wahrscheinlichkeit, gestochen zu werden, ist größer ..." So kann der Imker am eigenen Leib die Gesetze der Natur erfahren lernen, die Harmonie der Geschöpfe untereinander, die naturgegebene Friedfertigkeit aller Lebensformen, welche letztlich nur durch das Eingreifen des Menschen aus der Bahn gerät.
Wer sich auf eine derartige Expedition einlassen möchte, kann sich zunächst in einem Meer von Literatur einlesen oder gleich einen Imker in der Nähe ausfindig machen. Vielleicht ist auch der allererste Schritt, den kleinen gestreiften Wesen mehr Achtung und Respekt zu schenken, wenn sie uns umschwirren oder wir einmal die Gelegenheit haben, sie beim Nektarsammeln aus der Nähe zu beobachten. Denn wir überleben, weil sie sammeln!
(Silke Dziallas)
Literatur:
• Volker Arzt, Immanuel Birmelin: Haben Tiere ein Bewusstsein? Wenn Affen lügen, wenn Katzen denken und Elefanten traurig sind, München 1993
• Vitus B. Dröscher in
"Tierisch erfolgreich, Überlebensstrategien im Tierreich",
Goldmann-Verlag 1994
Honig
Für ein Glas Honig fliegt die Biene 40.000 mal aus, besucht 1,5 Millionen Blüten und fliegt quasi 1 x um die Erde. Bienen sammeln in ihren Waben mehr Honig, als sie selbst benötigen. Was die Bienen nicht selbst brauchen, kann der Mensch entnehmen und er erhält mit diesem Honig etwas sehr Wertvolles: Honig enthält zum Beispiel natürliches Penicillin und stärkt die Abwehr. Deshalb kann ein Glas Tee mit Honig auch einmal über den Anflug einer Erkältung hinweghelfen. |
Insekten
Warum sind Bienen für die Bestäubung derart wichtig? Schließlich gibt es noch viele andere Insekten ..., mag der Laie denken. Tatsache ist: Von den 80 % der Pflanzen, die sich durch Bestäubung vermehren, können wiederum 80 % nur durch Bienen bestäubt werden. |
Bienenstich
"Früher ging ich in Ritterrüstung zu den Bienen – stichsicher eingemummt",
erzählt Hermann Glas, Hobby-Imker seit 58 Jahren. Doch nach all der Zeit
habe ich gelernt: Wie ich zu den Bienen bin, so sind die Bienen auch zu
mir. Wenn ich zum Kasten gehe – Sie lachen jetzt vielleicht – rede ich
mit den Bienen, ich sage ihnen, was ich tun will. Dann sind auch die
Bienen ganz ruhig. Ich mache heute alle Arbeiten mit bloßen Händen, da
habe ich viel mehr Gefühl. Und wenn ich doch mal einen Bienenstich
abkriege, was selten vorkommt, dann nur, weil ich die Biene
versehentlich eingeklemmt oder beunruhigt habe." |
Die Milbe
Die Varroa-Milbe wurde 1977 von Wissenschaftlern aus Asien eingeschleppt. In einigen Regionen Deutschlands gingen in jenem Jahr 80
% der Bienenvölker zugrunde. Heute sterben jedes Jahr rund 10 % der Bienenvölker durch die Milbe. |
"Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der
Mensch nur noch vier Jahre zu leben". Dieses Zitat wird Albert Einstein
zugeschrieben. Und Tatsache ist: Viele Nahrungspflanzen des Menschen sind auf
die Bestäubung durch Bienen angewiesen. Um so bedrohlicher ist das massenweise
Sterben von Bienenvölkern.
|
Nachrichten:
23.10. /
27.10.2006 –
Planen deutsche
Waldbesitzer die Ausrottung des Rotwilds? – Während der Mensch
weltweit die Lungen des Planeten Erde, den Regenwald, vernichtet und damit
zehntausendfaches Artensterben sowie den ökologischen Zusammenbruch der
Zivilisation und millionenfachen Tod und Siechtum vorantreibt, geht es auch in
deutschen Wäldern immer brutaler zu. Obwohl die Mutter Erde Lebensraum für
Menschen, Tiere und Pflanzen sein soll, maßen sich die Menschen in der
kirchenchristlichen Tradition gemäß 1. Mose 1, 28 ("Macht euch die Erde
untertan") und 1. Mose 9, 2 ("Furcht und Schrecken vor euch sei über
allen Tieren auf Erden") die absolute Herrschaft über die Natur und ihre
gnadenlose Ausbeutung für ihren Profit an. "Der Wald muss Gewinn abwerfen",
so z. B. der Revierleiter der römisch-katholischen Stiftung Juliusspital in
Würzburg (Main-Post, 23.10.2006). Geschmälert wird dieser Gewinn nach
Meinung von ausschließlich profitorientierten "Waldbesitzern" vor allem von
Rotwild (Hirschen) und Rehen, die sich im Wald vor den Jägern verstecken müssen und dort natürlich auch
etwas zum Essen brauchen.
Millimetergenau wird von den "Experten" dabei jeder Baum danach abgesucht, ob
vielleicht ein Hirsch oder Reh daran geknabbert hat. Die Untersuchungen sind die
Vorarbeiten für die Hinrichtungsquoten der Wildtiere, die im Anschluss daran festgelegt
werden. In diesem Zusammenhang wurden zuletzt sogar Forderungen laut, Rotwild nur
noch "in eigens definierten Rotwildgebieten zu dulden" (Main-Post,
23.10.2006). Praktisch heißt das: Hirsche, Hirschkühe und ihre Kälber
würden – wie so viele Wildtierarten vorher – in freier Natur ausgerottet und nur
noch in bestimmten Revieren oder Wildparks ertragen. Nur dann, so die dahinter
stehende Logik, würde das Holz der Bäume den maximalen Profit abwerfen. Die
Logik ist die gleiche wie bei der Vernichtung des Regenwalds in anderen
Erdteilen: "Maximalen Profit für den menschlichen Nutzer, Leiden und Tod der Tiere sind
egal, und ´Nach mir die Sintflut`".
Dabei sind Hirsche und Rehe (Rotwild und Rehwild) von Natur aus
gar keine Waldtiere. Sie lieben die Weite von Feldern und Wiesen und
würden dort auch Nahrung maßvoll zu sich nehmen (nur das Nötigste –
im Gegensatz zur Völlerei des Menschen und seiner maßlosen Überproduktion von
Fleischbergen, bei der auch Trinkwasser in apokalyptischen Mengen
vergeudet wird). Doch auf fast jedem
Quadratmeter lauern den Tieren in Deutschland die Jäger auf – am Tag und in der Nacht
und fast zu jeder Jahreszeit. Und ausschließlich profitorientierte Landwirte
und Waldbesitzer gönnen den Tieren im übertragenen Sinn "kein Körnlein",
weil sie dieses dann nicht mehr verkaufen können. Deshalb wird ständig nach den Jägern
geschrieen, weil ein Tier, das etwas isst, automatisch als "Schädling" gilt. Und
mögliche "Futterwiesen" (wo der Landwirt kein so großes Problem hätte) sind
schon lange zu "Totschießwiesen" geworden, weil die Tiere dort am leichtesten
ermordet werden können. Viele Tiere trauen sich deshalb gar nicht mehr aus dem
Wald heraus. Durch den permanenten Stress der Flucht vor den Jägern brauchen die
Tiere auch viel mehr Nahrung als normalerweise üblich und verbeißen sich auch
deshalb an Bäumen. Außerdem gerät das
sich selbst ökologisch regulierende Fortpflanzungsverhalten der Tiere aus dem Ruder, da der
sich für intelligent haltende Mensch ständig die
gewachsenen Familienstrukturen zerschießt. Hinzu kommt vereinzelt eine
Geburtensteigerung durch massive Mast einzelner Jäger. Dahinter steckt
meist die Überlegung, möglichst viele Tiere umbringen zu wollen, um mit dem Ertrag des Fleisches
wiederum die Jagdpacht bezahlen zu können, für sich
selbst noch einen Profit zu haben und um durch hohe Abschussquoten bei den
Tötungskollegen gut da zu
stehen.
Die Hauptschuld an dieser furchtbaren Entwicklung trägt
die Kirche. Sie hat den Tieren die Gefühle und die unsterbliche Seele
abgesprochen und beschlossen, dass das 5. Gebot ("Du sollst nicht töten") nicht
gegenüber den Tieren gilt (siehe dazu Der Theologe Nr. 7,
Teil 4 – Mensch und Tier – Absturz in die Barbarei durch das kirchliche
Christentum), obwohl es durch den Gottespropheten Mose ohne Ausnahmen
gegeben wurde. "Gott hat die Tiere unter die Herrschaft des Menschen
gestellt", heißt es im Katholischen Katechismus (Nr. 2417). Doch
was wäre das für ein Gott, der eine solche bestialische Herrschaft erlaubt und
absegnet? Die Priesterkaste unserer Zeit jedoch tut es, und in den Reihen von Jägern,
profitorientierten Waldbesitzern
und Landwirten finden sich überdurchschnittlich viele treue Kirchenmitglieder.
Und eine vegetarische Lebensweise ist unter Kirchenmitgliedern nach wie vor
sehr selten. Und umgekehrt: Unter Menschen die sich vegetarisch ernähren und die
nicht mehr die Nachfrage nach Wildfleisch und anderem Fleisch anheizen, sind
überdurchschnittlich viele
Kirchenaussteiger.
Ein zeitnahes Beispiel für die klerikale Scheinheiligkeit
und Naturverachtung erlebten die Besucher
der Hubertusmesse im Wiener Stephansdom am 21.10.2006, wo folgende Bitte an den
Kirchengott gerichtet wurde: "Herr, vergib all jenen, welche die Jagd und das
jagdliche Brauchtum nicht verstehen und nicht akzeptieren!"
Doch mittlerweile ist es weltweit spürbar: Die Erde, die Natur und alle
Lebensformen gehorchen dem egoistischen Tyrannen Mensch und den kirchlichen
Absegnern seines schändlichen Tuns
nicht mehr. Der Mensch hat sich die Mutter Erde, seinen besten Freund, zum Feind
gemacht. Jetzt schlägt die Erde zurück. Und der Mord an den Tieren führt immer
mehr zum Tod der Menschen. Die Apokalypse hat bereits begonnen ...
PS: Der Gottesprophet Jesaja kündigt
jedoch auch den Gegenpol an, der auf der Erde entstehen wird,
ein allmählich sich aufbauendes
Friedensreich.
Anfang des 19. Jahrhunderts
gab es auf dem Gebiet der heutigen USA ca. 60 Millionen Bisons. Im Jahr 1902
gab es nur noch 23 einzelne dieser prachtvollen Büffel. Dazwischen kamen die weißen Siedler, überwiegend
Protestanten, und metzelten alle Tiere nieder – teils für Schuhsohlen,
teils, um den Indianern die Ernährungsgrundlage zu entziehen und um sie
auszuhungern, teils aus Spaß am Morden. Die letzten 10.000 Bisons wurden
durch Scharfschützen an den Wasserstellen abgeknallt. "Allein der Glaube
genüge für das Seelenheil", so die Religion des weißen Mannes.
Foto: Jack Dykinga, Lizenz: Wikimedia
Commons
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TV-Gesprächsrunde "Der Krieg gegen die Tiere und ein Plädoyer für
die All-Einheit des Lebens":
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