"Die Angst geht um im Vatikan" –
Waffen schützen den Papst


Gendarmerie, Schweizergarde und die geistige Kapitulation

Der Theologe Nr. 39, aktualisiert am 30.6.2022


Spätestens seit die Kriegs-Organisation Islamischer Staat (IS) 2014 ankündigte, ihr Ziel sei der Angriff auf den Vatikan, und seit deren Anhänger eine Bildmontage von einer schwarzen Fahne des "Kalifats" auf dem Petersplatz zeigten, ist man dort in allerhöchster Alarmbereitschaft; erst recht, seitdem Menschen aus dem Nahen Osten verstärkt als Flüchtlinge oder Migranten in Europa ankommen. Hintergrund sind unter anderem die Kreuzzüge, womit die Papstkirche ab dem 11. Jahrhundert grausame Kriege in den Nahen Osten trug, was bis heute nicht gesühnt ist.

Der Vatikan hatte bereits im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends erste Vorkehrungen getroffen. Zur Erinnerung: "Seit Monaten mehren sich die Drohungen gegen den Vatikan", so die deutsche Zeitung Bild am 6.12.2008. Und Andreas Englisch, der damalige Korrespondent der Zeitung im Vatikanstaat, schrieb: "Der Papst musste handeln. Die Gendarmerie erhielt eine moderne, neue Uniform und dazu Waffen. Jetzt müssen die Gendarmen des Papstes wieder Schießtraining absolvieren ... Keiner spricht gern darüber, aber nach dem Bombenanschlag in Bombay ist es noch deutlicher zu spüren: Die Angst geht um im Vatikan." So weit der Korrespondentenbericht aus dem Vatikan aus dem Jahr 2008. In Bombay (= Mumbai) wurden bei mehreren Terroranschlägen radikaler Islamisten am 26.11.2008 insgesamt 174 Menschen ermordet.

Eine Handfeuerwaffe, wie sie schon vor 2008 im Vatikan im Einsatz war. Foto: Atirator, CC BY-SA 3.0 Lizenz

Waffen und Schießtraining – davon bekommt die Gläubigen, die im Vatikan die räumliche Nähe des Papstes erleben wollen, normalerweise nichts mit. Wir haben jedoch die Meldung von der "Angst im Vatikan" einmal zum Anlass genommen, genauer hin zu sehen. In der Meldung heißt es, die Gendarmerie des Vatikan erhielt Waffen. Was heißt das genau? Und wie war es denn bis dahin gewesen?

Weitere Brisanz gewann das Thema in Deutschland 2009 anlässlich des Kinofilms Illuminati nach einem Roman von Dan Brown: Ein Papst wird in der Filmhandlung von seinem eigenen Kammerdiener ermordet, und auch die Chefs von Gendarmerie und Schweizergarde werden im Laufe des Films erschossen. Tatsächlich wurde Kommandeur Alois Estermann im Jahr 1998 nur 10 Stunden (!) nach seiner Ernennung zusammen mit seiner Frau im Vatikan erschossen, angeblich von einem unzufriedenen Schweizergardisten, der anschließend Selbstmord begangen haben soll, was bis heute als wenig glaubwürdig gilt. Es wird stattdessen ein Kampf um die Macht im Vatikan hinter den Kulissen vermutet.
 
Am Heiligabend 2009 sprang dann die 25jährige Susanna Maiolo aus der Schweiz über eine Absperrung im Petersdom, um den Papst zu umarmen. Dieser ging dabei zu Boden, was bei den "Sicherheitskräfte" des Vatikan die Frage aufwarf, wie sie ihn noch besser beschützen können.

Im Dezember 2014 schließlich wurde die Entlassung des Schweizergardisten-Kommandanten Oberst Daniel Anrig angekündigt, nachdem er Presseberichten zufolge wegen seines Führungs- und Lebensstils in Ungnade gefallen war. "Papst feuert Kommandeur der Garde", hieß es in Presseberichten (ntv.de, 3.12.2014). Nachfolger wurde im Februar 2015 – kurz nach den Anschlägen auf die französische Zeitung Charlie Hebdo – ein Schweizer Militärs namens Christoph Graf.

Nachfolgende Studie ist in wesentlichen Teilen die Mitschrift eines Gesprächs von Freien Christen aus dem Jahr 2008. Das Thema wurde vor allem durch Drohungen des Islamischen Staates im Jahr 2015 noch aktueller. Zum Abschluss ist noch eine Studie und eine Buchbesprechung zum Mord an Kommandeur Alois Estermann angefügt.

 

Die geistige Kapitulation

Der Papst lässt sich vom schwersten Polizei- und Geheimdienstaufgebot schützen, zum Beispiel während der Osterfeierlichkeiten in Rom. Warum muss sich aber der Papst, der sich "Heiliger Vater" nennen lässt, auf diese Weise beschützen lassen? Hat er nicht den Schutz von geistigen Wesen, von göttlichen Wesen?
Jesus sprach zu Seinem Jünger Petrus, der Ihn mit dem Schwert verteidigen will: "Meinst du, Ich könnte Meinen Vater nicht bitten, dass Er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte?" (Matthäus 26, 53)
Wenn der Papst nun "Stellvertreter Christi" ist, wie er behauptet, warum handhabt er es dann anders? Wenn Christus den schwer bewaffneten Schutz ablehnt, warum muss dann derjenige, der sich "Stellvertreter Christi" nennt, sich so massiv schützen lassen? Ist das nicht die geistige Kapitulation des Papsttums.
In der Bibel der Kirche steht auch: "Irret euch nicht, Gott lässt Seiner nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten." (Galater 6, 7)
Wird der Papst, der ja angeblich das "Gute" repräsentiert, dann nicht auch von dem Gesetz von Saat und Ernte geschützt? Denn wer Gutes sät, würde dann doch auch Gutes ernten.

Jesus von Nazareth sagte allerdings auch: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt" (Johannes 18, 36). Das Reich des Papstes jedoch ist von dieser Welt.
In den Bibeln wird berichtet, wie der Teufel Jesus verführen wollte. Er bot Ihm alle Reiche der Welt an und sprach: "Das alles will ich Dir geben, wenn Du niederfällst und mich anbetest" (Matthäus 4, 9). Jesus lehnte ab.
Einige Jahrhunderte später ist es dann das Papsttum im Vatikan, das auf verschiedene Art über allen Reichen der Welt steht und zu dem sehr viele Anführer der weltlichen Reiche immer wieder pilgern.

 


Zwei Truppen: Gendarmerie und Schweizergarde

Würde Jesus einer "hohen Feuerdichte" im Nahkampf vertrauen?

Karate, Judo und gute Kontakte zur Leibwache des US-Präsidenten

Wurde der geistige Schutzengel des Papstes degradiert?

Für den Papst: Allerhöchste Sicherheitsvorkehrungen, die diese Welt bieten kann

Scharfschützen auf den Dächern bei der Wiederkunft von Christus?

Erfahrungen des Kommandanten der Schweizergarde

Woher kommt die Angst im Vatikan?

Hinter jedem Soldaten im Krieg stand ein Priester, der ihn segnete

Notfalls das Leben zu lassen – welche "totalitäre Sekte" verlangt das?

Die Hilfe des "heiligen" Damasus

"Blutlügen" und verwischte Spuren – Wer ermordete Kommandant Estermann?

"Wir haben deine Lehre verbessert"

Drei Leichen und der vierte Mann

"Jünger der Wahrheit" enthüllen: Morde im Vatikan – Was steckt dahinter?

Mutter widerspricht Vatikan

"Untersuchung" oder Verschleierung?

Die andere Version


Zwei Truppen: Die Gendarmerie und die Schweizergarde

Neue Waffen und neue Uniformen für die Gendarmen im Vatikan – es war 2008 aktuell von professionellen Pistolen vom Typ Glock die Rede (eine zerlegte "Glock 19" siehe Foto: Shotgun, Wikimedia Commons Lizenz), die viele Militärs und Polizeieinheiten weltweit verwenden und die seither auch die Gendarmen im Vatikan an ihrem Gürtel tragen. Zuvor hieß es, sie tragen Pistolen der Marke Beretta automatica vom Kaliber 7,65, so z. B. der katholische Nachrichtendienst zenit.org. Grundsätzlich heißt das: Die Gendarmen sind nicht erst seit kurzem, sondern schon seit vielen Jahren bewaffnet, genauso wie die Schweizergarde, die bekannte Leibwache des Papstes.

Die Gendarmerie ist die langjährige päpstliche Armee des Kirchenstaates, im Negativen bekannt geworden etwa durch die Ermordung des französischen Generals Duphot 1797 oder berüchtigt auch durch das Niederbrennen des Dorfes Sonnino im Jahr 1819. Die Schweizergarde wurde 1506 von Papst Julius II. gegründet. Am 22.1.1506 zogen die ersten 150 Schweizergardisten aus dem Schweizerischen Kanton Uri in den Vatikan ein. Weil der Papst keine Hemmungen hatte, Menschen zu töten bzw. töten zu lassen, nannte ihn Martin Luther in seiner erstmals 1517 publizierten Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation einen "Blutsäufer". Entsprechend groß war deshalb auch das äußere Sicherheitsbedürfnis des damaligen so genannten "Heiligen Vaters".

Die Gendarmerie einerseits und die Schweizergarde andererseits, das sind also zwei unterschiedliche Truppen. Die heute ca. 110 Schweizergardisten haben die Funktion einer Art Armee im Vatikan, die ca. 150 Gendarmen die Funktion der Polizei. Bis nach dem 2. Vatikanischen Konzil im 20. Jahrhundert gab es zudem noch die adlige Palatinergarde und eine 500 Mann starke "Bürgermiliz" im Vatikan, also insgesamt vier bewaffnete Organisationen im Vatikan. Papst Paul VI. hatte nach dem 2. Vatikanischen Konzil dann die beiden letztgenannten Milizen aufgelöst, und die Gendarmen und Schweizergardisten sollten ihre Feuerwaffen abgeben. Ob dies dann wirklich geschah, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall bekannte man sich nach dem Attentat auf Papst Johannes Paul II. im Jahr 1981 wieder zu Waffen. Und spätestens seit dem 11. September 2001 ist eine deutliche weitere Aufrüstung im Vatikan spürbar, die 2008 noch einmal verstärkt wurde.

Dazu eine Frage zum Vergleich: Hatte Jesus von Nazareth damals Seine Anhänger aufrüsten lassen, als sich die Pharisäer und Schriftgelehrten zunehmend gegen Ihn stellten? Jesus hat in der Bergpredigt, wie sie im Matthäusevangelium nachzulesen ist, gesagt: "Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben." Da wäre es ein Widerspruch gewesen, wenn er Seine Jünger bewaffnet hätte.

Und ist nicht eine Bewaffnung auch eine Vorstufe von Gewalt? Also hat das doch mit Jesus nichts zu tun, was wir aus dem Vatikan von "verstärkter Bewaffnung" hören. "Die Angst geht um im Vatikan", so ist zu lesen. Ist dies nicht auch eine Folge der Angst, die der Vatikan durch seine Kreuzfahrerheere oder die Inquisition Jahrhunderte lang selbst verbreiten ließ?
Schauen wir zunächst in der Gegenwart näher hin: Was zeigt sich, wenn wir das Umfeld des Papstes betrachten? Was ist hier vor allem im 21. Jahrhundert genau passiert?

Würde Jesus einer "hohen Feuerdichte im Nahkampf" vertrauen?

Gegenüber den Feuerwaffen im Vatikan sind die altertümlichen Lanzen und bunten Uniformen der Schweizergarde nur die Folklore, die man nach außen zeigt. Die verborgene Seite der Wirklichkeit beschreibt der Redakteur Andreas Englisch so: "Die Schweizergardisten trainieren regelmäßig mit der Schweizer Armee und sind mit Pistolen vom Schweizer Hersteller SIG Sauer und mit Sturmgewehren ausgerüstet" (Bild, 6.12.2008). Und zum Stichwort "Sturmgewehr" kann man im Internet-Lexikon Wikipedia lesen: "Nach taktischen Gesichtspunkten ist das ´Sturmgewehr` eine Handfeuerwaffe, welche die Einsatzbereiche des Gewehrs, gegebenenfalls sogar eines Scharfschützengewehrs, und einer Maschinenpistole gleichermaßen abdecken soll." Ein Sturmgewehr zeichnet sich zudem aus durch "zielgenaues, durchschlagskräftiges Einzelfeuer im Fernkampf" und "hohe Feuerdichte im Nahkampf". (Stand: 18.2.2009)

Stellt man sich hierzu den Kreuzweg des Jesus von Nazareth vor und ahnt, wie Er gelitten hat: Nicht vorstellbar, dass Jesus von Nazareth, wenn dies damals schon möglich gewesen wäre, auf "durchschlagskräftiges Einzelfeuer im Fernkampf" oder auf "hohe Feuerdichte im Nahkampf" gebaut hätte, z. B. bei Seiner Festnahme im Garten Gethsemane.

Jesus und der Papst haben ja auch sonst nicht viel miteinander zu tun, obwohl letzterer zu Unrecht behauptet, Stellvertreter des ersteren zu sein. Jesus wurde von den Obrigkeiten verlacht, dem Papst liegen die Regierungschefs mehr oder weniger zu Füßen.

Karate, Judo und gute Kontakte zur Leibwache des US-Präsidenten

Und entsprechend geht es dort auch zu. Im Osservatore Romano, der Vatikan-Zeitung, heißt es in der Ausgabe Nr. 48/2008: "Dass der Vatikanstaat mit seinem Gendarmeriekorps über eine professionelle internationale Polizei verfügt, bestätigte vor einigen Wochen Robert S. Muller, der Direktor der US-amerikanischen Bundespolizei FBI bei einem Besuch im Vatikan." Und wenn schon die Gendarmen so professionell sind, dann erheben natürlich die Schweizergardisten auch diesen Anspruch. Zwischen diesen beiden Vatikan-Truppen soll es vielfach eine Konkurrenz geben, wer denn den Papst und den Vatikan effektiver schützt.

Im Jahr 2006 feierte diese Schweizergarde ihr 500-jähriges Jubiläum. Hierzu schreibt die Süddeutsche Zeitung vom 21.1.2006: "Die Vatikan-Zugänge, den Apostolischen Palast und den Papst müssen sie schützen; und das tun sie nicht mit ihren Hellebarden, Lanzen und Schwertern, sondern mit modernstem Gerät – und Feuerwaffen. ´Wir sind genauso fit wie andere Sicherheitsdienste`, sagt der Kommandant. Seine Personenschützer werden in der Schweiz trainiert. Zudem pflegt die Garde gute Kontakte zur Leibwache des amerikanischen Präsidenten. In Rom üben die Schutzengel des Heiligen Vaters Karate und Judo, manchmal schießen sie im Keller des Vatikan."

Ähnliches gilt dann natürlich für die Gendarmen. Denn wie gesagt: Keine der beiden Truppen möchte gegenüber der anderen ins Hintertreffen geraten. Und hier konnte man im Jahr 2008 eine enorme Aufrüstung bzw. Aufwertung der Gendarmen beobachten. So ist die vatikanische Gendarmerie seit Oktober 2008 Mitglied von Interpol, der internationalen Polizeieinheit. Und etwa im selben Zeitraum wurde im Vatikan eine Anti-Terroreinheit, die Unita Antisabotaggio, aufgebaut und auch eine schwer bewaffnete "Schnelle Eingreiftruppe", die Intervento Rapido – die Begriffe wurden aus dem Sprachgebrauch der NATO bzw. der US-Armee entlehnt.
Und bereits unmittelbar nach dem Anschlag auf das World Trade Center in New York 2001 wurde die Zentrale der Gendarmerie im Vatikan ja auch zu einer hochmodernen Überwachungszentrale umgebaut. Auf über 50 Monitoren kann die Vatikan-Polizei seither fast jeden Winkel des Kirchenstaates beobachten.

Wurde der geistige Schutzengel des Papstes degradiert?

Antiterroreinheit? Schnelle-Eingreif-Truppe? Und dann die Aussage: Die Schutzengel des so genannten Heiligen Vaters führen im Keller des Vatikan Schießübungen durch. Und sonst trainieren sie mit der Schweizer Armee und sind mit Sturmgewehren ausgerüstet. Heißt das vielleicht: Der Schutzengel, den der Papst wie jeder Mensch aus der geistigen Welt für sein Erdenleben mitbekommen hat, wurde demgegenüber degradiert? Der Papst vertraue womöglich weniger seinem Schutzengel, sondern eher seinen bewaffneten Einheiten?

Es ist bekannt, dass Jesus die Menschen selig gepriesen hat, die keine Gewalt anwenden. Aber wie ist das denn, wenn man angegriffen wird? Hat Jesus nicht vielleicht doch wenigstens eine bewaffnete Verteidigung befürwortet?

Nein, Er trug keinen Dolch im Gewand, um sich z. B. bei Seiner Festnahme zu verteidigen. Was man hierzu aus dem Vatikan hört, ist deshalb etwas völlig anderes als das, was man von Jesus von Nazareth weiß. Einer Seiner Jünger, Petrus, trug zwar auch noch ein Schwert. Und einmal heißt es in den Bibeln, die zwölf Jünger hätten insgesamt zwei Schwerter bei sich. Der Grund: Wohl, um mögliche Straßenräuber fernzuhalten. Doch als Petrus das eine der beiden Schwerter zur Verteidigung einmal tatsächlich einsetzen wollte, hat ihm Jesus deutlich widersprochen. Im Matthäusevangelium in der Bibel, Kapitel 25, heißt es ab Vers 26: "Da sprach Jesus zu ihm: ´Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen. Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, dass er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte?`"
Und es gibt noch mehr Überlieferungen dieser Art. Jesus hat sich also in keiner Weise auf eine Waffe verlassen. Ganz anders Sein selbsternannter Stellvertreter.

Für den Papst: Allerhöchste militärische und polizeiliche
Sicherheitsvorkehrungen, die diese Welt bieten kann

Und passt es nicht dazu, was der Versucher von Jesus wollte? Er versprach Ihm alle Reiche der Welt, wenn Er, Jesus, den Versucher, den Satan anbetet. Und die Reiche der Welt werden nun mal mit Waffen zusammen gehalten, so die jeweilige Politik. Jesus, der Christus, sagte jedoch, und das kann man im Johannesevangelium der Bibel nachlesen: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich nicht ausgeliefert würde." Wie ist es jedoch beim Papst? Bei Papstbesuchen wird der Papst mit den allerhöchsten militärischen und polizeilichen Sicherheitsvorkehrungen bewacht, die überhaupt denkbar sind, vergleichbar dem Präsidenten der USA und noch darüber hinaus.

Im Jahr 2007 war Papst Joseph Ratzinger beispielsweise in Deutschland. Auf den Dächern der Städte waren damals Scharfschützen postiert. Der gesperrte Luftraum wurde von AWACS-Aufklärungsflugzeugen der Bundeswehr überwacht. Sogar Luftabwehrraketen wurden in Stellung gebracht. Der Papst und die Seinen wurden auf dem Flughafen mit militärischen Mitteln und so genannten militärischen "Ehren" empfangen und begrüßt. Jeweils 5000 Polizisten waren in München und Regensburg für die persönliche "Sicherheit" von Joseph Ratzinger im Einsatz und zusätzlich spezielle Bodyguards des Landeskriminalamts Bayern. Allein in München kam es zu einer Viertelmillion Überstunden für die Polizei, die aus der Staatskasse beglichen werden mussten. Hinzu kamen mehrere Tausend Feuerwehrleute. Die Autobahn A 3 bei Regensburg wurde gesperrt, der Güternah- und Fernverkehr eingestellt, der Personenverkehr sowieso. Zudem wurde eine eigene Autobahnabfahrt für Joseph Ratzinger gebaut. Und der Staat hatte allerschärfste Sicherheitsvorkehrungen nicht nur in der Luft, sondern auch am Boden angeordnet. Das bedeutete: Jeder einzelne Meter der Fahrt- und Flugrouten mit Hubschraubern und Autokonvois stand unter besonderer Überwachung. Entlang der Routen des Papstes waren alle Gullys versiegelt. Alle Pflanzentröge und Vitrinen wurden abmontiert, alle Mülleimer entfernt. Polizei mit Hundestaffeln durchkämmten zuvor die einzelnen Häuser. Jedes Fahrrad stellte in München in der Stadtmitte ein Sicherheitsrisiko für den Papst dar und musste für den Schutz von Joseph Ratzinger entfernt werden, auch Kinderfahrräder. Und während der Papst am Marienplatz ein Gebet an Gott ablas, wurde jedes einzelne Fenster der umliegenden Häuser von bewaffneten Sicherheitskräften bewacht. Auch Hotel- und Pensionsgäste wurden in ihren Zimmern von der Polizei beobachtet. Der Einzelhandel vor Ort brach zusammen, die Schulen waren geschlossen, und fast alle Betriebe mussten dicht machen. In Regensburg wurden sogar die Hochspannungsmasten abgebaut und die Starkstromleitungen unterirdisch verlegt, ein gigantisches Unterfangen – doch für die optimale Sicht der Katholiken auf den Altar des Papstes hatte der deutsche Staat dies gratis durchgeführt.

Scharfschützen auf den Dächern bei Wiederkunft von Christus?

Was im Vatikan und beim Papst üblich ist und zuletzt weiter verschärft wurde, gibt es ja im Ansatz bei allen Reichen und Mächtigen dieser Welt: Strenge oder gar strengste Sicherheitsmaßnahmen bis zu Scharfschützen. Doch bei den Papstbesuchen wurde vieles noch einmal auf die Spitze getrieben. Und der Vatikan nennt sich "christlich". Und so müsste er sich schon die Frage gefallen lassen: Würde Jesus, der Christus, befürworten, dass bei öffentlichen Terminen Seiner Nachfolger Luftabwehrraketen oder Scharfschützen in Position gebracht werden?

Man stelle sich das einmal vor. Christen und auch Kirchenmitglieder glauben ja, das Jesus, der Christus wiederkommt. Wie würde das dann sein? Wohl so, dass für Christus kein einziger Gully versiegelt wird, kein Kinderfahrrad entfernt wird, keine Hundestaffeln die Städte und Dörfer durchkämmen, keine eigene Autobahnabfahrt gebaut wird und keine Schafschützen auf den Dächern postiert sind – bereit zum Schuss, wenn jemand Jesus, dem Christus z. B. gefährlich nahe zu kommen droht. Und Er braucht auch keinen Altar und auch keine Kanzel wie die Päpste und Priester, und es muss wegen ihm kein einziger Hochspannungsmast abgebaut werden, um eine bessere Sicht auf Ihn zu ermöglichen. Und Er trägt auch keine besonderen Gewänder und Mützen wie die Päpste und Bischöfe, um deretwillen man sie schon von Ferne als diejenigen erkennt, die sie sind.

Das ist eben der Widerspruch. Das eine ist katholisch. Das andere ist christlich. Das eine ist der Papst, das andere ist Christus.

Erfahrungen des Kommandanten der Schweizergarde

Es war auch zu lesen, dass die Schweizergarde des Papstes seit 2008 einen neuen Kommandanten hatte. Und auch hier schien der Vatikan die Zügel anzuziehen. Denn der neue Kommandant, Daniel Anrig, genoss zuvor einen zweifelhaften Ruf als Polizeichef des Kantons Glarus. So wurde aufgrund eines Polizeieinsatzes von Amnesty International gegen ihn Strafanzeige gestellt. Hierzu ein Bericht aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 2.12.2008:
"Geführt hat Anrig im Juli 2003 auch eine Spezialeinheit seiner Kantonspolizei. Diese drang auf der Suche nach Drogen in zwei Asylbewerberheime ein. Sie fesselte die Menschen dort an Händen und Füßen, entkleidete und fotografierte sie und zog ihnen einen Stoffsack über den Kopf. Ein 16-jähriger Afrikaner stürzte sich vor Schreck aus einem Fenster des dritten Stocks und trug bleibende Verletzungen davon. Andere wurden sechs Stunden lang gefesselt festgehalten. Einem Asylbewerber wurde der Mund mit Klebeband zugeklebt. So beschreibt es der Zürcher ´Tages-Anzeiger`. Der Richter damals sah die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des Amtsmissbrauchs und der Freiheitsberaubung erfüllt. Weil aber seitens der Polizei kein Vorsatz bestanden habe, den Asylbewerbern einen Nachteil zuzufügen, kam Anrig mit der Bezahlung der Verfahrenskosten davon. Bezüglich der ´entwürdigenden Behandlung` der Asylbewerber, beschied der Richter dem damaligen Chef der Glarner Kriminalpolizei, es bestehe in der Ausbildung der Polizeibeamten ein erheblicher Nachholbedarf."
So weit der Artikel. Und der neue Kommandant der Schweizergarde sagte zu diesem hier beschriebenen Einsatz selbst: Es "war für mich eine bereichernde Erfahrung – gerade auch im Blick auf mein neues Amt in Rom".


Welche weiteren Erfahrungen würde Kommandant Anrig im Vatikan machen? Der Vatikan-Korrespondent Andreas Englisch beschrieb die Stimmung so: "Die Angst geht um im Vatikan". Ist es also die Angst, die den Vatikan dazu bringt, sich immer mehr zu bewaffnen und auch Leute zu holen, die einschlägige praktische Erfahrungen mit dem Einsatz von Gewalt haben? So ist es ja hier geschehen.
Nach über sechs Jahren wurde der Kommandeur dann entlassen bzw. musste zurücktreten. So wurde ihm beispielsweise vorgehalten, "er habe lang gediente Schweizergardisten entlassen, langwierige Arbeiten an einer großen Wohnung vornehmen lassen und Galauniformen für Offiziere eingeführt".
(ntv.de, 3.12.2014)

Woher kommt die Angst im Vatikan?

Doch was ist mit der "Angst im Vatikan"? Und warum verstärkte man die Bewaffnung? Woher kommt die Angst und mit welchem Konzept würde Anrigs Nachfolger Christoph Graf darauf reagieren?
Könnte es nicht sein, dass man Angst hat, dass einen das eigene unbereinigte Schicksal einholt? Jahrhunderte lang hat man zu Kriegen aufgerufen und die Waffen gesegnet, und die Täter von einst gelten heute in der Kirche oft als "Heilige" oder "Selige". Das ist der Gegensatz zu dem Mann aus Nazareth, der lehrte: "Wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkommen." Und die Schwerter und Lanzen von damals sind natürlich heute auch die Pistolen und Sturmgewehre. Und die Angst steht wohl auch damit in Verbindung, dass man z. B. weltweit so genannte Militärseelsorge betreibt, um die Soldaten in ihren Kriegen zu stärken. Irgendwann schlägt der Kriegsgegner zurück. Und was ist, wenn jemand dann auch auf denjenigen trifft, der den gegnerischen Soldaten mit seinen Segnungen immer wieder ein gutes Gewissen verschaffte?

Das erleben wir ja immer wieder, wie die katholischen oder auch evangelischen Militärseelsorger die Soldaten segnen. Aber ist es nicht sogar so, dass die Päpste früher auch selbst Kriege geführt haben?
Wenn man also im Kirchenstaat Angst hat, dass einen vielleicht das eigene unbereinigte Schicksal einholen könnte, so scheint diese Angst berechtigt. Hierzu ist interessant, was der bekannte Historiker Karlheinz Deschner in einem Interview zu diesem Thema sagte:
"Nein, Kriege, Kriege in eigener Regie, führt der Papst inzwischen keine mehr, nicht mehr gegen Heiden und nicht mehr gegen Christen, weil man ihm alles, womit er Jahrhunderte lang Kriege geführt, weggenommen hat – Truppen, Generäle, Schlachtschiffe, Kanonen, Festungen, Waffenfabriken. Doch gibt es Möglichkeiten, die Menschheit auf andere Weise, gleichsam friedlicher, zu bekämpfen. Ideologisch, durch dogmatischen Wahnsinn, der sich ja nie mit dem bloßen Glauben begnügt, der ´missionieren`, ausgreifen will; durch Unterstützung einer desaströsen Gesellschaftsmoral, die die Armen zugunsten der Reichen betrügt; durch eine desaströse Sexualmoral, die im Mutterschoß schützt, was sie preisgibt im Krieg ... im übrigen ist das Papsttum, seine ganze Geschichte beweist es, intolerant durch und durch, ist tolerant nur, wenn es die Opportunität erheischt, wenn es zweckdienlich ist, wenn es einfach nicht mehr anders geht, aber nur dann!"
(Main-Post, 1.10.2008)

Hinter jedem Soldaten im Krieg stand ein Priester, der ihn segnete

Kriege, Aufforderung zu Kriegen: Hier ist auch an die Kreuzzüge zu denken und die Segnungen von Soldaten in nahezu allen Kriegen. Und ist die Verbindung von Kreuzen und Gewehren nicht sogar sprichwörtlich? Jahrhunderte lang hat die Kirche Waffen gesegnet und hinter jedem Soldaten im Krieg stand ein Priester oder Pfarrer, der ihm Kraft und Segen zusprach. Und jetzt ist es so weit, dass man selbst offenbar immer mehr von den einst "gesegneten" Waffen braucht. So wird auch der Widerspruch zu Jesus von Nazareth noch deutlicher.

Denn Jesus hat weder das Tragen von Waffen angeordnet noch hat Er jemals Waffen gesegnet. In Seiner Bergpredigt sagte Er: "Liebt eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch fluchen; bittet für die, die euch beleidigen." Und: "Selig die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden."

Manche behaupten allerdings, die Bewaffnung diene doch nur dem Frieden.

Doch so hat man schon immer geredet. Man könnte auch sagen, über Jahrhunderte waren Kreuz und Schwert beim kirchlichen Tun untrennbar verbunden. Und auch die Vorläufer der heutigen Gendarmerie im Vatikan hatten keinen guten Ruf.
"Schon im Mittelalter gab es in Rom eine eigene schlagkräftige Polizeitruppe," schreibt die katholische Nachrichtendienst zenit.org. Bekannt wurden die so genannten "Sbirri". "Ihr Vorgehen", so heißt es weiter, "zeichnete sich durch Härte und Entschiedenheit aus ... Nach der Französischen Revolution wurden sie verstärkt zur Bekämpfung revolutionärer und anarchischer Bewegungen im päpstlichen Herrschaftsgebiet eingesetzt."
Bekannt wurde die vatikanische Polizei auch durch die Oper "Tosca" von Giacomo Puccini, die im Jahr 1900 erstmals aufgeführt wurde. Puccini besang sie dort als "gewissenlose Büttel einer absoluten Monarchie".

Notfalls das Leben zu lassen für den Religionsführer –
welche "totalitäre Sekte" verlangt das?

Heute wird mitgeteilt, es hätte sich manches gebessert. Doch das Papsttum ist nach wie vor eine Art absolute Monarchie. Denn es heißt ja in den angeblich unfehlbaren Lehrsätzen der Kirche – und wir zitieren dazu die Lehrbuchsammlung von Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche, Lehrsatz Nr. 430: "Dem römischen Papst sich zu unterwerfen, ist für alle Menschen unbedingt zum Heile notwendig. Das erklären, behaupten, bestimmen und verkünden Wir." Und die Angehörigen der Schweizergarde müssen zudem den Eid leisten, notfalls ihr Leben für den Papst zu lassen. Dazu heißt es im Amtseid des Gardisten:
"Ich schwöre, treue, redlich und ehrenhaft zu dienen dem regierenden Papst N.N. und seinen rechtmäßigen Nachfolgern, und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, selbst mein Leben für sie hinzugeben ... Ich verspreche überdies dem Herrn Kommandanten und meinen übrigen Vorgesetzten Achtung, Treue und Gehorsam ... Ich schwöre, alles das, was mir soeben vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten, so wahr mir Gott und seine Heiligen helfen."


Man stelle sich vor, in irgendeiner anderen Glaubensgemeinschaft gäbe es einen Sicherheitsdienst, und man ließe dort die Bediensteten schwören, ihr Leben notfalls für den Hauptverantwortlichen hinzugeben, wie dies im Vatikan üblich ist. Die Kirche wäre die erste, die diese "totalitäre Sekte" brandmarken und vom Staat ihr Verbot fordern würde.
Die Kirche würde also wohl andere kritisieren oder gar verleumden, wenn sie das tun würden, was in der Kirche selbst gang und gäbe ist. 

Die Hilfe des "heiligen" Damasus

Interessant ist auch, wo die Vereidigung der Schweizergardisten erfolgt. Anlässlich des 500jährigen Jubiläums war dies der Petersplatz, doch in der Regel werden die Gardisten auf dem Damasushof vereidigt, der nach Papst Damasus I. benannt ist, einem "Heiligen" der römisch-katholischen Kirche. Die Schweizergardisten leisten dort bekanntlich unter anderem folgenden Eid: "Ich schwöre, alles das, was mir soeben vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten, so wahr mir Gott und seine Heiligen helfen."
Und da ist natürlich die Frage:
Was liegt näher, als im Damasushof natürlich besonders um die Hilfe des "heiligen" Damasus zu bitten.

Und wie soll das gehen? Wie soll Damasus helfen?


Dazu sollte man einiges aus seinem Leben wissen. Damasus, so heißt es, habe sich im 4. Jahrhundert bei der Entstehung der Bibel verdient gemacht (siehe dazu Der Theologe Nr. 14), doch er hatte auch erhebliche militärische Erfahrung. Damasus hatte sich den Papstthron mit Gewalt gegenüber seinem Konkurrenten Ursinus erobert. Doch Ursinus gab nicht so schnell auf. Schließlich führte am 26. Oktober 366 eine von Papst Damasus I. bezahlte Söldnerarmee in der berühmten Papstbasilika Santa Maria Maggiore ein Blutbad durch.
In dem Buch Geschichte der Spätantike von Alexander Demandt heißt es dazu auf Seite 98:
"Die Leute des Papstes Damasus stürmten eine Kirche und brachten 137 Anhänger seines Gegners Ursinus um. Unfähig den Streit [der Kirchenführer] zu beenden, verließ der praefectus urbi [der Bürgermeister Roms] die Stadt. [Der Geschichtsschreiber] Ammian meinte, dass der Kampf um den römischen Bischofsthron lohne angesichts des fürstlichen Luxus, der seinen Inhaber erwarte. Der Kaiser ließ den Fall untersuchen und bestätigte Damasus im Amt."
(Alexander Demandt, Geschichte der Spätantike, S. 89, C.H.Beck-Verlag München 1998)

Hierzu stellt sich also noch einmal die Frage: Wie könnte der "heilige" Damasus mit seiner Erfahrung den Schweizergardisten heute helfen?

Das ist doch alles ein Hohn auf Christus, was hier im Vatikan geschah und geschieht. Und auch ein Hohn auf die Zehn Gebote des Alten Testaments. Eines davon heißt schlicht: "Du sollst nicht töten". Und Jesus sagte dazu in der Bergpredigt: "Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: ´Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, der soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein". Und: "Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe. Schließ ohne Zögern Friede mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist."
So also Jesus von Nazareth. Was jedoch ordnete der Heilige Damasus an, nach dem der Damasushof benannt ist, in dem wiederum die päpstliche Schweizergarde ihren Eid ablegt: "Bringt die Anhänger meines Gegners um, bis sie alle tot sind." Mit welchen Gedanken würde also ein Schweizergardist inspiriert, der schwört, Gott und die Heiligen um Hilfe zu bitten, wenn er die Hilfe des Damasus erhält?

"Blutlügen" und verwischte Spuren –
Wer ermordete Kommandant Alois Estermann?

Es sage niemand, solches sei vielleicht etwas weit hergeholt. Dazu erinnern wir an den Mord an dem Kommandanten der Schweizergarde Alois Estermann, der am 4. Mai 1998 nur zehn Tage nach seiner Ernennung zusammen mit seiner Frau im Vatikan erschossen wurde. Es hieß, der Schweizergardist Cedric Tornay hätte es getan und sich anschließend selbst umgebracht. Doch die Hintergründe der Tat sind bis heute unaufgeklärt, und es sind mittlerweile Bücher erschienen wie z. B. eines mit dem Titel Blutlügen im Vatikan. Dort geht es um verwischte Spuren, und man geht von einem Machtkampf in der Armee des Vatikan aus, der durchaus an frühere Machtkämpfe erinnern könnte wie dem zwischen Damasus und Ursinus im 4. Jahrhundert. (siehe Drei Leichen und der vierte Mann)
Und wiederum kann man fragen: Wie hätte die Kirche wohl reagiert, wenn die Morde nicht in ihrem eigenen Machtzentrum passiert wären, sondern bei einer Gemeinschaft, die ihr ein Dorn im Auge ist? Und bei alledem behauptet man im Vatikan, hier würde der Stellvertreter Christi wohnen und alles, was man dort militärisch und polizeilich tut, diene seinem Schutz und dem Schutz seiner Untergebenen.

Die Kirche sollte wenigstens aufhören, sich auf Christus zu berufen. Denn das ist Täuschung des Volkes. Was dort geschieht, ist sicher katholisch. Und die Mächtigen der Kirche können das ja tun. Dann sollen sie aber auch so ehrlich sein und sagen, dass das nichts mit der Lehre von Christus zu tun hat.

"Wir haben deine Lehre verbessert"

Dazu sei auch an den Großinquisitor in der bekannten Erzählung des russischen Schriftstellers Dostojewski erinnert. Der Großinquisitor sagt zum wieder gekommen Christus: "Wir haben deine Lehre verbessert" – indem die Kirche z. B. das Gebot "Du sollst nicht töten" aufgehoben bzw. relativiert hat und gesagt hat, die Bergpredigt von Jesus sei in Politik und Gesellschaft nicht anwendbar. Doch Jesus selbst sagte einst: "Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich. Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen."
Und ist die Gerechtigkeit des Papstes und des Vatikan wirklich besser als die der damaligen Theologen und Schriftgelehrten?
 



Abschließend noch ein Artikel über den Mord im Vatikan an dem ehemaligen Kommandanten der Schweizergarde Alois Estermann und an seiner Frau und über den behaupteten Selbstmord des als Mörder beschuldigten Schweizergardisten Cedric Tornay sowie eine Buchbesprechung zum Thema:

Drei Leichen und der vierte Mann

Schüsse fallen im Vatikan: Hauptmann Alois Estermann, seine Ehefrau Cladys Meza Romero und der Corporal Cédric Tornay liegen tot am Boden. Erst zehn Stunden vor der Bluttat war Alois Estermann vom Papst zum neuen Kommandanten der Schweizer Garde ernannt worden.

Der Tathergang nach Angabe des Vatikans: Tornay hat in einem Wahnanfall seinen Chef erschossen – und dessen Frau gleich mit –, weil dieser ihn jahrelang nicht ausgezeichnet und befördert habe. In einem Brief hatte sich Tornay beklagt, dass er "drei Jahre, sechs Monate und sechs Tage" keinen Orden erhalten habe. Nach dem Doppelmord habe der so Zurückgesetzte sich selbst getötet.

Die Fragwürdigkeit des angeblichen Motivs, die Eile des Vatikans und Unstimmigkeiten in Bezug auf den Tathergang ließen jedoch ganz andere Gedanken aufkommen. Einen Tag nach den Morden fragt Bild: "War der Korporal wirklich der Killer?" Oder waren es "doch sexuelle Motive?" Ein ehemaliges Mitglied der Schweizergarde sagte gegenüber einer Zeitung, dass unter den Gardisten "die Besessenheit der Homosexualität" herrsche. "Wahrscheinlich, dass das Ehepaar und Tornay sexuelle Beziehungen hatten," zitiert Bild die italienische Zeitung La Repubblica. Andere Blätter schreiben, dass Estermann Mitglied des Opus Dei war und mit seinem Tod der Einfluss dieser mächtigen Organisation im Vatikan zurückgedrängt worden sei. Dass der Mord nur 10 Stunden nach der Ernennung Estermanns durch Papst Johannes Paul II. erfolgt, legt schon den Verdacht nahe, dass hier die Entscheidung des Papstes vatikanintern "korrigiert" wurde.

Wieder eine andere Version brachte der Berliner Kurier: Der Schweizer Garde-Chef sei seit 1980 ein Stasiagent gewesen, ein Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Die Berliner Gauck-Behörde wollte sich dazu nicht äußern. Der Spiegel berichtete hingegen, der seinerzeit zuständige Offizier der Stasi habe bestritten, dass Estermann sein Agent gewesen sei.

Eine italienische Zeitung brachte folgende These: Es muss einen vierten Mann gegeben haben, weil der Tathergang sonst völlig unlogisch wäre. Ihre Vermutung: Der vierte Mann sagt zu Tornay, dass Estermann ein "Verräter" sei, ein ehemaliger Stasispitzel. Daraufhin fasst Tornay den Entschluss, Estermann zu töten, um den Papst zu schützen. Tornay geht hin und erschießt Estermann. Daraufhin kommt der vierte Mann und erschießt Tornay und die Zeugin, Estermanns Frau. In Tornays Brief, der anschließend vom Vatikan präsentiert wurde, sei jedenfalls keine Rede von einem geplanten Selbstmord gewesen.

Zur Erinnerung: Beim Attentat auf Papst Johannes Paul II. am 13. Mai 1981 durch den türkischen Staatsangehörigen Ali Agca hatte sich Alois Estermann schützend über den Verletzten geworfen. Die Hintergründe dieses Attentats liegen bis heute im Dunkeln. Östliche Geheimdienste wurden seinerzeit ins Spiel gebracht, ohne dass man fündig wurde.

Hauptmann Estermann ist auf jeden Fall nun tot, und seine Frau auch. Erschossen im Vatikan, im Zentrum der katholischen Institution. Der Tatort wurde so eilig aufgeräumt, dass manch einer auch von daher misstrauisch wurde. Doch der Vatikan unterliegt nicht weltlicher Gerichtsbarkeit. Er ist sein eigener Richter.

Wie hätten wohl die Berichte gelautet, wenn die Bluttat in einer der zahlreichen kleineren Glaubensgemeinschaften, die von den Großkirchen als "Sekten" diffamiert werden, geschehen wäre? Vielleicht so oder so ähnlich: "Blutige Morde im Machtzentrum einer totalitären Sekte. Was spielte sich hinter den meterdicken Mauern des Sektentempels ab? Entmündigt und gewissenlos folgten sie ihrem unfehlbaren Guru. Jetzt trieb religiöser Wahn drei führende Sektenmitglieder in den Tod."

Eines jedoch ist gewiss: Das Gesetz von Saat und Ernte wird auch kein Vatikan außer Kraft setzen. Es bringt früher oder später alles an den Tag.

 



"Jünger der Wahrheit" sprechen von "Blutlügen"

Morde im Vatikan – Was steckt dahinter?

BUCHBESPRECHUNG – Am 4. Mai 1998 wurden im Vatikan drei Leichen gefunden. Alois Estermann, soeben zum Kommandanten der Schweizer Garde ernannt, war erschossen worden, ebenso seine Frau Gladys. Die dritte Leiche war diejenige des Gardisten Cédric Tornay, der nach offizieller Version des Vatikan das Ehepaar Estermann erschossen und danach Selbstmord begangen haben soll. Diese offizielle Version wurde seinerzeit schon sehr bezweifelt – aber eine schlüssige andere Version konnte sich auch nicht durchsetzen. Fast zwei Jahre später, im Jahr 2000, haben dann die "Jünger der Wahrheit", ein anonymes Autorenkollektiv, diese Lücke zu schließen versucht.

Blutlügen im Vatikan heißt ihr Buch, das bisher nur auf Italienisch erschienen ist und in der deutschen Presse so gut wie totgeschwiegen wurde, anders als das Buch Vom Winde verweht im Vatikan.

Mutter widerspricht Vatikan

Der reißerische Begriff "Blutlügen" (ital. bugíe di sangue) stammt nicht von den Autoren, sondern von der Mutter des toten Schweizer Gardisten Tornay, die von Anfang an erhebliche Zweifel daran äußerte, dass ihr Sohn ein Mörder und Selbstmörder sein solle. Um diese These zu untermauern, malte der Vatikan nach der Bluttat ein äußerst negatives Bild des 23-jährigen Wallisers: drogensüchtig, undiszipliniert, verhaltensauffällig soll er gewesen sein – und rasend vor Wut, weil er eine sonst übliche Auszeichnung nicht erhalten habe. Dies seien falsche Anschuldigungen oder zumindest maßlose Übertreibungen, sagen Mutter und Bekannte. Aus ein paar jugendlichen Dummheiten in einem ansonsten durchaus normalen Schweizer Soldatenleben könne man kein solch düsteres Gesamtergebnis herleiten. Cedric Tornay habe die Garde ohnehin im darauf folgenden Sommer nach Ablauf seiner Dienstzeit verlassen wollen und sich schon einen Arbeitsplatz in der Schweiz gesucht.

"Untersuchung" oder Verschleierung

Dies ist aber bei weitem nicht die einzige Ungereimtheit. Argwöhnisch macht die "Wahrheitsjünger" vor allem, dass keine professionellen kriminalistischen Untersuchungen vorgenommen wurden. Der Tatort wurde stundenlang nicht abgesichert, die römische Polizei wurde nicht angefordert, um die Spuren fachmännisch zu sichern; auch die veröffentlichten Ergebnisse der Obduktion entsprächen bei weitem nicht den Standards der Rechtsmedizin. Eine ein halbes Jahr später – auf Drängen der Mutter Tornays – veröffentlichte "Untersuchung" lasse ebenfalls viele Fragen zum Tathergang einfach offen und sei im Sinne der offiziellen Version tendenziös, so die Autoren, die all diese Dokumente wörtlich abdrucken und dann erst kommentieren.

Die andere Version

Wahrscheinlicher als die "Story" von Vatikansprecher Navarro-Valls scheint den anonymen Wahrheitssuchern eine andere Möglichkeit zu sein: Dass Cédric Tornay zunächst in den Abendstunden mit einer Schalldämpferpistole erschossen wurde. Mit seiner Dienstpistole wurden dann Estermann und seine Frau umgebracht, ebenfalls mit Schalldämpfer (Zeugenaussagen berichten von "dumpfen Geräuschen"), und dann die Leiche Tornays in die Wohnung gebracht.
Doch was ist der Hintergrund? Fast noch spannender als der eigentliche Tathergang mit seinen Rätseln ist die Vorgeschichte. Estermann habe, so die Autoren, in der Schweizer Garde in sehr kurzer Zeit Karriere gemacht, weil er dem katholischen Geheimbund Opus Dei nahe gestanden habe. Das Opus habe demnach angestrebt, die Kontrolle über die Schweizergarde zu erringen und diese zu einer umfangreichen Sicherheitsorganisation für den gesamten Vatikan auszubauen. Dies hätte aber die Kontrolle des Vatikan durch Opus Dei bedeutet. Widerstand gegen diese Pläne habe es einerseits von der vatikanischen Gendarmerie gegeben, die zur Schweizergarde in Konkurrenz stehe – den Gardisten sei es zeitweise sogar verboten worden, mit den Gendarmen zu sprechen. Andererseits habe auch die so genannte "Logenfraktion" des Vatikan um ihren Einfluss gefürchtet. Dieser Machtkampf hinter den Kulissen sei auch der Grund dafür gewesen, dass Estermann – in der Geschichte der Garde völlig unüblich – erst nach einer Vakanz von mehreren Monaten zum neuen Kommandanten ernannt wurde – um dann nur wenige Stunden nach der Ernennung ermordet zu werden. In der Vertuschung der eigentlichen Hintergründe seien sich dann wieder alle Parteien einig gewesen, so sinngemäß die Thesen der "Jünger der Wahrheit".
Schlüssige Beweise darf man hier freilich nicht erwarten – der Vatikan trägt letztlich selbst die Schuld, dass derartige Überlegungen verbreitet werden können, denn die behördlichen Mängel im Umgang mit diesem Verbrechen sind wohl kaum von der Hand zu weisen.  


 


Der Text  kann wie folgt zitiert werden
:
Zeitschrift "Der Theologe", Herausgeber Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 39, Die Angst geht um im Vatikan, Waffen schützen den Papst, zit. nach theologe.de/bewaffnung_vatikan_papst.htm, Fassung vom 30.6.2022,
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