Philipp Melanchthon

Forderung, urchristliche Täufer und Propheten zu ermorden
und Gratulation an Calvin für die Hinrichtung des Arztes Servet

Aktualisiert am 20.8.2023


Brief an die Main-Post Würzburg vom 11.1.2005 zum Artikel Ein Baumeister des Hauses Europa über Philipp Melanchthon und die Melanchthon-Akademie in Bretten

In dem Artikel "Ein Baumeister des Hauses Europa" über das geistige Erbe Philipp Melanchthons heißt es über den Mitstreiter Martin Luthers: "Die Religion sei für Melanchthon eine Frage der Gewissensfreiheit gewesen, die zu respektieren sei". Das stimmt so nicht. Für seinen eigenen Glauben wollte Melanchthon den Respekt der katholischen Kirche. Für friedfertige Zeitgenossen aber, die ihre Kinder noch nicht als Säuglinge taufen lassen wollten, forderte er die Todesstrafe. Im Auftrag der Universität Wittenberg schrieb Melanchthon im Jahr 1536 ein Gutachten in dieser Sache, in dem es heißt: "Dieweil man doch sieht und greift, dass grobe falsche Artikel [bei den Andersgläubigen, den so genannten "Täufern"] sind, schließen wir, dass in diesem Fall die Halsstarrigen auch mögen getötet werden" (zit. nach der Tomos-Ausgabe der Lutherschriften, Jena 1558, Band 8; Signatur der Stadtbibliothek Nürnberg: 1163/2°; mehr dazu unten). Martin Luther stimmte dem Gutachten zu. Philipp Melanchthon und Martin Luther waren also keineswegs Vorläufer der modernen europäischen Gewissensfreiheit. Und man kann nur hoffen, dass solche finsteren Ansichten wie in dem Gutachten niemals mehr in Europa Gehör finden.

Dieter Potzel
 

Weitere Fakten zu Philipp Melanchthon:

Foto rechts: Philipp-Melanchthon-Büste am Philipp-Melanchthon-Gymnasium in Herzberg in Brandenburg (GNU-Lizenz für freie Dokumentation; Doris Anthony)

Die Kirche hatte das Jahr 2010 in Gedenken an ihren Reformator Philipp Melanchthon zum Melanchthon-Jahr ausgerufen. Der am 16.2.1497 in Bretten geborene Gelehrte ist am 19.4.1560 im Alter von 63 Jahren in Wittenberg verstorben. Die Kirche gedachte im Jahr 2010 seines 450. Todesjahres. Er galt aufgrund von vielen Schul- und Lehrbüchern, die er geschrieben hat, schon im 16. Jahrhundert als "Praeceptor Germaniae", als Lehrer Deutschlands.

Philipp Melanchthon gratulierte dem Schweizer Reformator Johannes Calvin im Jahr 1553 schriftlich zur Hinrichtung des Arztes und Wissenschaftlers Michael Servet, der nicht an die kirchliche Dreieinigkeit glaubte (Wikipedia: Johannes Calvin, 5.12.2009).

Die Völlerei und Tierverachtung im Protestantismus, die den Weg in unsere heutige Massentierhaltung bahnte, zeigt sich auch an der damaligen Bewirtung von Philipp Melanchthon. Als er einmal in Nürnberg einkehrte, wurde er wie folgt bewirtet: "Schweinekopf und Lendenbraten in saurer Sauce, Forellen und Eschen, Rebhühner mit Kapaun und Hecht in Sülze, Wildschweinbraten mit Pfeffersauce ... so ging´s zu, wenn der Herr Philipp kam ... im Alltag ging es bescheidener zu." (zit. nach Veranstaltungen in Luthers Landen, Kulturmagazin für Sachsen-Anhalt und Thüringen, 1997, S. 12)

"Auch die theologischen Forderungen der reformatorischen Täuferbewegung lehnte Melanchthon ab, obwohl er in seinen früheren Jahren in Wittenberg selbst noch Zweifel an der Kindertaufe hatte. Als sich 1530 der Gothaer Reformator Friedrich Myconius mit seinen Bedenken hinsichtlich der Verfolgung der Täufer brieflich an Melanchthon wandte, rechtfertigte dieser die laufenden Verfolgungen. Im gleichen Jahr verfasste Melanchthon auch die Confessio Augustana, in der die Täufer als Ketzer verdammt wurden. Ein Jahr später formulierte Melanchthon auf Anforderung des sächsischen Kurfürsten ein ausführliches Gutachten über die Anwendung der Todesstrafe gegen die Täufer. Im Winter 1535/36 war er in Jena auch selbst in einem Prozess gegen eine Gruppe Täufer engagiert, unter denen sich auch der Thüringer Täuferführer Hans Peißker befand. Peißker und zwei weitere wurden schließlich gefoltert und am 26. Januar 1536 enthauptet." (Wikipedia – Stand: 13.3.2012)

Hier ein Auszug aus dem Brief von Philipp Melanchthon aus dem Jahr 1530 an Friedrich Mykonius aus Gotha, der bei der Verfolgung, Folterung und Ermordung der urchristlichen Täufer Gewissensbisse bekam. Philipp Melanchthon versuchte, sie ihm zu nehmen. In diesem Zusammenhang verleumdete er auch die Zwickauer Propheten als "Sekte":
"Anfänglich, als ich Storch und dessen Sekte, aus welcher die Wiedertäufer entsprungen sind, zu kennen begann, habe ich einer törichten Milde gehuldigt; dachten doch damals auch andere, dass die Ketzer nicht mit dem Schwert auszurotten seien ... Jetzt aber bereue ich nicht wenig meine frühere Milde ... Ich bin nun der Ansicht, dass auch jene, die keine aufrührerischen, doch aber öffentlich gotteslästerliche Artikel verteidigen, von der Obrigkeit getötet werden sollen. Denn die Obrigkeit muss, wie andere öffentliche Verbrechen, so auch die öffentlichen Gotteslästerungen strafen. Dies lehrt uns das Gesetz Moses." (zit. nach Johann Warns, Die Taufe, Hamburg 1913, S. 81)

Der Gottesprophet Mose wird hier einmal mehr schändlich missbraucht. Der Reformationspriester Melanchthon berief sich auf die von der Priesterkaste Mose unterschobenen Aufrufe zu Völkermord, Tieropfern und anderen Kulten, während Mose als wahrer Gottesprophet für den Einen Gott, den Schöpfer allen Lebens, eintrat, der immer für das Leben war und das Gebot gab "Du sollst nicht töten".
Am 31. Oktober 1531 schrieb Melanchthon schließlich an Mykonius: "Was die Wiedertäufer betrifft, haben wir folgendes Urteil gefällt: Da sie eine teuflische Sekte bilden, so sind sie nicht zu dulden, denn sie zerrütten die Kirchen und haben doch selber keine gewisse Lehre. Es ist daher diese Sekte nichts anderes als eine Verwirrung der Kirchen, besonders weil sie offen das Predigtamt verwirft. Wir haben deshalb beschlossen, dass an einzelnen Orten über die Rädelsführer die Todesstrafe zu verhängen sei."
(zit. nach Johann Warns, Die Taufe, Hamburg 1913, S. 8a)

Die Brutalität Philipp Melanchthons zeigt sich auch an folgendem Bericht: "Auf Melanchthons Rat wurden am 26. Januar 1536 in Jena drei Täufer, Heinrich Kraut, Just Müller und Hans Peissker, die selbst unter der Folter von ihrem Glauben nicht lassen wollten, mit dem Schwert hingerichtet. Peissker aus Kleineutersdorf in Sachsen war mit seiner 6jährigen Tochter und 14 andern Personen am 21. November 1535 verhaftet worden. Der wegen seiner grossen Milde so viel gerühmte Melanchthon begleitete die drei, ´so jämmerlich verirrt sin`, selbst zum Schafott. Ihre Standhaftigkeit erschien ihm als ´eine schreckliche verstockung vom Teufel.`" (zit. nach S.H. Geiser – Die Taufgesinnten Gemeinden im Rahmen der allgemeinen Kirchengeschichte, zit. bei apostasia.de)

Im berühmt gewordenen Gutachten von Philipp Melanchthon aus dem Jahr 1536 (siehe oben) wird der Staat verpflichtet, "öffentliche falsche Lehre und unrechten Gottesdienst und Ketzereien zu wehren und zu strafen, und dies gebietet Gott im zweiten Gebot, da er spricht: Wer Gottes Namen unehrt, der soll nicht ungestraft bleiben. Jedermann ist schuldig nach seinem Stand und Amt, Gotteslästerung zu verhüten und zu wehren, und Kraft dieses Gebotes haben Fürsten und Obrigkeiten Macht und Befehl, unrechten Gottesdienst abzutun und dagegen rechte Lehre und rechten Gottesdienst aufzurichten. Also lehrt sie dies Gebot 3. Mose 24, 16: Wer Gott lästert, der soll getötet werden. Nun sind etliche Artikel der Wiedertäufer, da merklich angelegen ist. Denn welche Zerrüttung sollte folgen, so man die Kinder nicht taufen sollte? Was würde endlich anderes daraus denn ein öffentlich heidnisches Wesen? Über das sondern sich auch die Wiedertäufer von der Kirche, auch an den Orten, wo reine christliche Lehre ist und wo die Missbräuche und Abgötterei abgetan sind und richten ein eigen Ministerium und Versammlung an, welches auch wider Befehl ist".

Urchristen müssen nach dem "Lehrer Deutschlands" also ermordet werden. Die Doppelehe, die Landgraf Philipp von Hessen mit dem Hoffräulein Margaretha von der Sale und seiner Gattin Christine führte, wird von den scheinheiligen Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon jedoch gerechtfertigt. Martin Luther hat hier nach außen sogar die "Lüge" empfohlen, wörtlich, "um Gottes willen eine gute starke Lüge", damit durch Geheimhaltung etwas verheimlicht werde, was die Welt nichts anginge (zit. nach S.H. Geiser – Die Taufgesinnten Gemeinden im Rahmen der allgemeinen Kirchengeschichte, zit. bei apostasia.de).
In diesem Sinne äußerte sich Philipp Melanchthon auch gegenüber dem englischen König Heinrich VIII., nachdem dieser von Papst Clemens VII. keine Ungültigkeitserklärung (Dispens) seiner ersten Ehe von Katharina von Aragon erhielt, um deren Zofe Anna Boleyn kirchlich gültig heiraten zu können. Die Neue Zürcher Zeitung NZZ schreibt: "Als diese Versuche missglückten, bemühte sich Heinrich VIII. um Unterstützung der ´communis opinio doctorum`, darunter Zwingli und Bucer, Luther und Melanchthon. Erstaunlicherweise plädierten die beiden Letzteren nicht für eine Scheidung, sondern für eine Doppelehe nach dem Vorbild der alten biblischen Väter und Könige" (15.2.2006). Eine Mehrfach-Ehe verstoße zwar gegen das weltliche Recht, aber angeblich nicht gegen das "göttliche", welches über dem weltlichen stehe.
Bei Heinrich VIII. hätte man aber gleich eine Fünffach-Ehe kirchlich legitimieren müssen. Bekanntlich ließ er seine zweite Frau Anna Boleyn später hinrichten und am Ende überlebte ihn erst seine sechste Frau.


Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) schreibt am 15.2.2006 weiter, wie Philipp Melanchthon lavierte zwischen radikaler Obrigkeitshörigkeit, wenn er mit denen, die nicht mehr gehorchen wollte, nicht einverstanden war und mit einem begrenzten Widerstandsrecht, wenn er von dem abhängig war, der Widerstand leisten wollte. Die NZZ schreibt:
"Melanchthons Korrespondenz mit dem Münsteraner Reformator Bernhard Rothmann, der bis dahin Lutheraner gewesen war, illustriert die drastische Verschlechterung des Klimas. Während Melanchthons Brief an Rothmann Ende 1531 noch mit freundlichen Grussworten eingeleitet wurde, beginnt der letzte, im Mai 1533 verfasste Brief an den Münsteraner brüsk und kündigt den baldigen Bruch zwischen den beiden an. Der Streit entzündete sich vor allem an der Kindertaufe, die die Täufer strikt ablehnten. Ausserdem war nach Ansicht der Wittenberger der gewaltsame Widerstand gegen die ordnungsgemässe bischöfliche Obrigkeit gnadenlos mit dem Tod zu bestrafen."

Und weiter: "In den ersten Jahren der Reformation hatten sich Luther und Melanchthon immer wieder gegen jegliche Form von Widerstand gegen die Obrigkeit ausgesprochen. Nun wandte sich ihr eigener Herr, Kurfürst Johann Friedrich, gegen Kaiser Karl V. Melanchthon sah sich genötigt, juristische Argumente für ein streng begrenztes Widerstandsrecht der Fürsten gegen den Kaiser zu finden. Dieses Thema war heikel, weil die Wittenberger ihren Kurfürsten einerseits politisch unterstützen sollten. Andererseits wollten sie radikalere Reformatoren wie die Täufer, nach den dramatischen Erfahrungen im Bauernkrieg 1525, daran hindern, die alten Strukturen der Gesellschaftsordnung zu zerstören ..."
So kam es auch hier zum Krieg: "Der Krieg, den er [Melanchthon] immer vermeiden wollte, brach 1546 zwischen Kaiser und Papst einerseits und den evangelischen Verbündeten andererseits aus." Am Ende gab es viele Tausend Tote und Kaiser und Katholizismus haben den Krieg 1547 gewonnen. Doch dieser Krieg, der erste Konfessionskrieg zwischen Evangelisch und Katholisch, konnte den Religionskonflikt nicht beenden. Bald folgte ein noch grässlicher Krieg zwischen den Macht-Imperien Evangelisch und Katholisch, der so genannten Dreißigjährige Krieg (1818-1648), der ca. 40 % der Bevölkerung auslöschte.

Lesen Sie auch Der Theologe Nr. 1 – Martin Luther und der Gott der Unterwelt
 

Der Text  kann wie folgt zitiert werden:
Zeitschrift "Der Theologe", Hrsg. Dieter Potzel, Philipp Melanchthon – Forderung, urchristlichen Täufer und Propheten zu ermorden
, Wertheim 2005, zit. nach theologe.de/melanchthon.htm, Fassung vom 20.8.2023; Copyright © und Impressum siehe hier.

 

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