Die Zwickauer Propheten – von Martin Luther verfolgt 

Thomas Müntzer und die Gottesboten von Zwickau, auf den Spuren von Christus

Der Theologe Nr. 10, aktualisiert am 22.8.2022


Viele Menschen erhofften sich eine Besserung durch die so genannte "Reformation". Doch sie bewirkte nur eine Spaltung der herrschenden Priesterkaste, vor allem in Mittel- und Nordeuropa. Gegen Urchristen, urchristliche Propheten und gerechte Männer und Frauen ging der Katholik Luther – der zum Namensgeber der sich bald mit der Romkirche bekriegenden lutherischen Kirche wurde – dabei in einem Ausmaß vor, das seiner inquisitorischen Mutterorganisation in nichts nachstand. Hinrichtungsforderungen gegenüber Andersdenkenden waren bei ihm die Regel.
Nimmt man den Gründervater der Lutherkirchen beim Wort, der die Romkirche, aus der er hervor ging, als "Hure Babylon" bezeichnete, dann kann man angesichts der ebenfalls unzähligen Opfer dieser seiner Reformationskirche folgern: Die "Hure Babylon" hat ein Kind geboren. Die Vertreter der Priesterkaste nennen sich im Protestantismus "Pfarrer" und "Pastoren", und wehe auch den Menschen, die sich diesem "reformierten" System nicht unterwarfen – dort, wo es die Romkirche als gesellschaftliches Herrschaftssystem abgelöst hatte!
Während Martin Luther nach dem Reichstag in Worms von Januar bis Mai 1521 selbst noch in Todesgefahr war, lästerte er bereits gegen die Gottesboten in der sächsischen Stadt Zwickau, von ihm "Zwickauer Propheten" genannt. Dies erscheint im Nachhinein wie ein evangelischer Verfolgungs-Auftakt gegen alle Urchristen. Seit Mai 1521 war Luther dann auf der Wartburg in Eisenach unter dem Schutz des Kurfürsten Friedrich von Sachsen, bekannter unter dem ihm zum Ruhm verliehenen Namen "Friedrich der Weise".
Zu Beginn des Jahres 1522, gut drei Jahre vor dem Bauernkrieg, kehrte Luther dann nach in Wittenberg zurück und es kam dort zu einer Begegnung mit schwerwiegenden Folgen. Markus Stübner, einer der von Luther attackierten Jesus-Nachfolger aus Zwickau, wollte Martin Luther eine prophetische Botschaft überbringen, die er aus der geistigen Welt für Luther empfangen hatte. Doch Luther ließ Stübner kaum zu Wort kommen, beschimpfte und verleumdete ihn von Anfang an. Mit dem Satz "Eurem Geist hau` ich auf die Schnauze" setzte er den Propheten schließlich vor die Tür, ohne ihn näher anzuhören. Danach reiste er selbst nach Zwickau und predigte dort mit staatlicher Unterstützung vom Balkon des Rathauses gegen die dortigen Urchristen und ihre prophetischen Künder, die daraufhin aus der Stadt vertrieben wurden. Über Martin Luther jedoch heißt es nach diesen Ereignissen des Jahres 1522: "Sein Ansehen und seine Macht sind nicht mehr anzutasten" (Michael Meisner, Martin Luther – Heiliger oder Rebell, Lübeck 1981, S. 133). Was aber hatte den Namensgeber und geistigen Vater des evangelischen Glaubens zuvor so aus der Fassung gebracht und zu dem Kampf in Zwickau gegen die dort wirkenden Gottesboten provoziert?

Zwickau war eine Stadt mit vielen armen und hart arbeitenden Menschen: Handwerkern, Bergarbeitern in den nahe gelegenen Erzgruben des Erzgebirges und Lohnarbeitern in den Textilmanufakturen. Einer davon war der schlichte Tuchweber Nikolaus Storch, der ein redliches Leben nach den Geboten von Christus führte und eines Tages das "Innere Wort" empfing, eine innere Verbindung mit der göttlichen Welt mit Hilfen und Ratschlägen für jede Alltagssituation. In der Kirchengeschichtsschreibung heißt es abwertend, er hatte "Visionen". Aus dem Reich Gottes erhielt er über das Innere Wort den Auftrag, die ethischen "Verwilderungen" in der Bevölkerung beim Namen zu nennen und zur Buße und ernsthaften Nachfolge Jesu aufzurufen.
Auch der Tuchmacher Thomas Drechsel empfängt in der Folge eines schlichten Lebens in der Nachfolge Jesu das Innere Wort und vernimmt ebenfalls einen solchen Auftrag.
Und der ehemalige Wittenberger Student Markus Stübner ist der dritte namentlich bekannt gewordene Gottesbote, der prophetische Botschaften empfängt. Er gilt gleichzeitig als der einzige "Gelehrte" der Bewegung.
Die "Zwickauer Propheten", wie sie von Luther mit einem ironischen Unterton genannt wurden, prangerten auch den Reichtum der Kirche und der Klöster an und die Gewalt der Obrigkeiten gegenüber dem Volk.

Das innere Wort und das innere Licht

Durch das von Nikolaus Storch, Thomas Drechsel und Markus Stübner weitergegebene Wort erfuhr die Bevölkerung ab 1520, dass die Sakramente der Kirche nutzlos sind und dass Kindertaufe und Priestertum nicht dem Willen Gottes entsprechen. Jeder Mensch trage ein "inneres Licht" im Herzen, die Gottlosigkeit gehe zu Ende und das Friedensreich, von dem die Propheten aller Zeiten sprachen, würde bald beginnen. Die beiden Weber und der Student lösen Betroffenheit und überwiegend Zustimmung bei der Bevölkerung aus, welche die Mahnungen zu einem echten christlichen Leben zu einem großen Teil befolgten bzw. befolgen wollten. "Allein der Glaube genüge", der Kampfruf von Luther und seinen Anhängern, entspreche nicht der Botschaft von Christus, was auch anhand der biblischen Evangelien leicht nachweisbar ist. (siehe hier)
Über den Aufbruch in Zwickau schreibt der Historiker Gerhard Wehr in der Rowohlt-Monographie über Thomas Müntzer (Reinbek 1991): "Ein euphorisches Glücksgefühl ließ schon die wirtschaftliche Abhängigkeit und Bedrängnis der Weber und Berggesellen nicht aufkommen. Der tiefe Ernst, der sie beseelte, erwuchs ihnen durch bedingungslose Nachfolge Christi. ... Deshalb auch ihre Skepsis gegenüber einer oberflächlich verstandenen Rechtfertigung des Sünders, deshalb auch ihre Ablehnung einer ´billigen Gnade.`"
(S. 27)

Doch der Rat der Stadt Zwickau mit dem Bürgermeister Hermann Mühlpfort an der Spitze fühlte sich provoziert und bedroht. Hermann Mühlpfort war einer der engsten Freunde Martin Luthers. Der Reformationsmönch Luther hatte dem Zwickauer Bürgermeister im selben Jahr 1520 sogar seine Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen gewidmet, in der Martin Luther die zentrale evangelische These aufstellte, "dass ein Christenmensch am Glauben genug hat" und dass er "gewisslich von allen Geboten und Gesetzen entbunden" sei. Zwar seien "gute Werke" wichtig, so Martin Luther, doch für das Heil nicht nötig,
was im Luthertum bis heute geglaubt wird und wodurch die Hemmschwelle, Böses zu tun, immer wieder massiv gesenkt wurde und wird. Von Kritikern wird diese Lehre folglich auch oft mit "billiger Gnade" umschrieben (mehr dazu hier).
 

Der "Scheinglauben" der Lutherischen

Konrad Grebel aus Zürich, ein Zeitgenosse Luthers und Müntzers, schreibt im Blick auf die "Lutherischen" an Thomas Müntzer, es wolle "heute jedermann im Scheinglauben selig werden, ohne die Früchte des Glaubens". (Brief an Thomas Müntzer, zitiert nach Barbara Beuys, Und wenn die Welt voll Teufel wär, Reinbek 1982, S. 248)

Anmerkung:
Konrad Grebel wurde wegen seiner Überzeugungen 1525 im so genannten Hexenturm in Zürich eingekerkert. Der Zürcher Stadtrat gehorchte dem "Reformator" Huldreich Zwingli. Und Konrad Grebels Mitstreiter Felix Manz wurde vom Zürcher Stadtrat 1525 zu einer grausamen Hinrichtung verurteilt. Man warf ihn gefesselt in den Fluss, wo er auf diese furchtbare Weise ertrank. Und sein anderer Mitstreiter, Jörg Blaurock, wurde wegen seines urchristlichen Glaubens 1529 in Südtirol bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Konrad Grebel selbst starb kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 1526 an der Pest, wahrscheinlich auch eine Spätfolge seiner Haft.
Ihr "Haupt-Vergehen": Konrad Grebel, Felix Manz und Jörg Blaurock hatten sich dem Befehl des Stadtrats von Zürich widersetzt, einen Säugling spätestens am 8. Tag nach der Geburt im Sinne der neuen evangelischen Lehre zu taufen. Mehr dazu in Der Theologe Nr. 40 – Die kirchliche Taufe: Angelhaken aus dem Jenseits.
 

Das Vorbild der ersten Urchristen

Dagegen wandten sich die Gottesboten aus Zwickau, die auch im positiven Sinne tatsächlich "Zwickauer Propheten" waren. Denn Jesus von Nazareth sagte klar, dass es auf das Tun Seiner Botschaft ankomme, nicht lediglich auf den Glauben. Nach biblischem Vorbild wurden in Zwickau zwölf "Apostel" und "72 Jünger" gewählt, und, ähnlich wie im frühen Urchristentum, hatten Frauen gleichberechtigte Aufgaben in der neuen urchristlichen Gemeinschaft, und einige von ihnen waren auch Prophetinnen.
Die beiden Zwickauer Pfarrer Nikolaus Hausmann und Thomas Müntzer reagierten sehr unterschiedlich auf die prophetische Volksbewegung. Nikolaus Hausmann, Pfarrer der Marienkirche, stellte sich dagegen. Thomas Müntzer, Pfarrer der Katharinenkirche, war jedoch beeindruckt, reagierte mit Demut gegenüber der Vollmacht der Gottesboten und schloss sich ihnen an.
Aus der Ferne wütete Martin Luther nun gegen die "Rottengeister", die in Zwickau "hausen" und die dort seiner Meinung nach für "Unruhe" sorgen würden. Durch das Aufeinandertreffen von Anhängern und Gegnern der Gemeinschaft wären – so die Kirchengeschichtsschreibung – "Tumulte" in der Stadt entstanden. Der Staat müsse im Sinne der reformatorischen Priesterkaste eingreifen, so Luthers Forderung.

Muentzer

Thomas Müntzer (1490-1525) – nach dem Scheitern der friedfertigen Gottesboten in Zwickau, der "Zwickauer Propheten", schloss er sich den Bauernprotesten an, die in einen kurzen verlorenen Krieg mündeten. Müntzer wurde hingerichtet.

Bibel, Sakramente und Priester sind nicht nötig

Einem Schriftstück aus den Reihen der prophetischen Bewegung zufolge bestand deren "Verbrechen" in Folgendem:
"Wir brauchen keine Bibel, denn Gottes Geist redet unmittelbar mit uns; und braucht man keine Bibel, so braucht man auch keine Predigt; braucht man aber keine Predigt, so braucht man auch keinen geistlichen Stand mehr; Kindertaufe ist wertlos, denn die Erleuchteten selbst sind die sichtbare Gemeinde der Heiligen" (zit. nach Dominique Baumann, Predigt vom 27.8.2017, studylibde.com/doc/17798519)
Keine Pfarrer mehr? Keine Priesterkaste? Keine Wassertaufe und damit keine Vereinnahmung von Säuglingen als Mitglieder mehr? Die Zwickauer Propheten gingen in den Spuren des Jesus von Nazareth. Die so genannte Geistlichkeit mit ihrer von Fälschungen durchsetzten Bibel war damit im Mark getroffen und in ihrem Verrat an der Botschaft Jesu entlarvt. Die Urchristen in Zwickau mussten nun um ihr Leben fürchten.
Über 50 Tuchmacherknappen wurden Ende April 1521 verhaftet, und der Pfarrer der Katharinenkirche, Thomas Müntzer, der in den Zwickauer Propheten wahre Gottespropheten erkannte, wurde aus der Stadt ausgewiesen und musste vor Nachstellungen der Obrigkeit fliehen. Die Verfolgung der Christen hatte begonnen. Thomas Müntzer floh nach Böhmen, doch noch mahnte Martin Luther, den Einsatz von Gewalt gegen die entschiedenen Nachfolger Jesu zu begrenzen. An den Hofkaplan des verantwortlichen Fürsten Friedrichs des Weisen schrieb er: "Trage Sorge dafür, dass unser Fürst nicht seine Hände beflecke mit dem Blut jener neuen Zwickauer Propheten." Wenige Jahre später jedoch fordert Martin Luther die gnadenlose Hinrichtung von Predigern außerhalb der neuen evangelischen Amtskirche, "wenn sie gleich das reine Evangelium wollten lehren, ja wenn sie gleich Engel und ... Gabriel vom Himmel wären". (Quelle: siehe Der Theologe Nr. 3)

Die aus Zwickau vertriebenen Propheten ziehen ins Zentrum der Reformation

Unterdessen zogen die vertriebenen Zwickauer Propheten weiter nach Wittenberg, dem Zentrum der Reformationsbewegung. Dort machte sich an der theologischen Fakultät der Universität nun auch Unruhe breit. Während Martin Luther, selbst noch vor kurzer Zeit von Verfolgung bedroht, auf der Wartburg in Eisenach die Bibel übersetzte, trafen sich die Gottesboten aus Zwickau Ende des Jahres 1521 mit Luthers Professorenkollegen Philipp Melanchthon. Über seine Begegnung mit den Propheten schrieb Philipp Melanchthon zunächst ebenfalls beeindruckt an den Kurfürsten Friedrich den Weisen: "Ich kann kaum sagen, wie stark mich das beeindruckt. Jedenfalls hindern mich gewichtige Gründe daran, sie unbeachtet zu lassen. ... Ich würde Eure Hoheit nicht mit diesem Brief belästigen, wenn die Sache nicht so wichtig wäre, dass sie eine rasche Entscheidung erforderte."
Ähnlich betroffen war der Theologieprofessor Nikolaus von Amsdorf, und der Historiker Gerhard Wehr schreibt: Es war "die geistige Kraft, die von diesen Männern ausgegangen sein muss". (a.a.O., S. 38)
Bald darauf wird jedoch auch Professor Philipp Melanchthon "durchgreifen", die Todesstrafe für die friedfertigen Gottesboten fordern und einige Jahre später mit Zustimmung Martin Luthers vom Staat auch die Todesstrafe für alle Gegner der evangelischen Säuglingstaufe durchsetzen.

Martin Luther bekämpft die Volksbewegung

Einer allerdings war von Anfang an nicht vom Auftreten der Gottesboten aus Zwickau in Wittenberg beeindruckt. Von der Wartburg in Eisenach aus macht Martin Luther im Jahr 1521 seine persönlichen Seelenqualen zum Kriterium, mit denen die Propheten geprüft werden sollen, und er schrieb an Philipp Melanchthon: "Frage, ob sie jene geistlichen Ängste ... erfahren haben, ... Tod und Hölle ... Gott ist ein verzehrendes Feuer" (zit. nach Walter Nigg, Prophetische Denker, Rottweil 1986, S. 86). Doch für welchen "Gott" hatte sich Martin Luther in seinen Seelenkämpfen entschieden?
Im Jahr 1522 kehrte Luther von Eisenach nach Wittenberg zurück und war dort selbst bereit, Markus Stübner zu treffen,
dachte jedoch nicht an einen ernsthaften Dialog. Von vorne herein verleumdete Luther die durch die Zwickauer Propheten gegebenen Offenbarungen als Produkte einer erhitzten Einbildungskraft und als Täuschung böser Geister, und er ging mit den Worten "Die Bibel allein genüge" sofort auf Konfrontationskurs. Markus Stübner antwortete ihm, nicht jeder könne die innere Schau verstehen, doch Luther ließ sich gar nicht auf seine Worte ein und wies Stübner schroff ab: "Gott lässt es bei seinem Wort [der Bibel] bleiben ... Ich will mit dir nichts zu schaffen haben, es sei denn, du tust Zeichen", so der Theologe Luther, um Stübner aber gleich darauf deswegen zu drohen: "Mein Gott wird deinen Gott verhindern, Zeichen zu tun." Ein geistiger Kampf von kosmischem Ausmaß hatte begonnen: der reformatorische Baals-Götze der institutionalisierten Obrigkeits-Religion gegen den prophetischen Gottesgeist in der Nachfolge Jesu, letztlich gegen Christus selbst.
Der bekannte evangelische Theologieprofessor Walter Nigg kommentiert die Begegnung mit folgenden Worten: "Im Gespräch zwischen Luther und dem Zwickauer Propheten stand der Reformator einem ganz konkreten prophetischen Anspruch gegenüber. Er war einen Moment lang von ihm betroffen. Aber wirklich nur einen Augenblick, und dann unterdrückt er sogleich die innere Bestürzung ... und polternd schrie er: ´Eurem Geist haue ich auf die Schnauze`" (Nigg, a.a.O., S. 87). Dann ließ Martin Luther den Propheten wutentbrannt hinauswerfen.

Philipp Melanchthon fordert, die friedfertigen Zwickauer Propheten hinzurichten

Und Luthers Kollege Philipp Melanchthon forderte nun die Ermordung der Propheten und schrieb: "Anfänglich, als ich Storch und dessen Sekte … zu kennen begann, habe ich einer törichten Milde gehuldigt; dachten doch damals auch andere, dass die Ketzer nicht mit dem Schwert auszurotten seien ... Jetzt aber bereue ich nicht wenig meine frühere Milde ... Ich bin nun der Ansicht, dass auch jene, die keine aufrührerischen, doch aber öffentlich gotteslästerliche Artikel verteidigen, von der Obrigkeit getötet werden sollen. Denn die Obrigkeit muss, wie andere öffentliche Verbrechen, so auch die öffentlichen Gotteslästerungen strafen. Dies lehrt uns das Gesetz Moses." (Der Reformator Philipp Melanchthon, zit. nach Johann Warns, Die Taufe, 1913, S. 81)
Der Gottesprophet Moses wird hierbei schändlich missbraucht. Der Reformationspriester Melanchthon berief sich auf die verfälschte Mose-Gestalt der Bibel, der von der damaligen Priesterkaste Völkermord, Tieropfer und andere Kulte in den Mund gelegt wurde, während Mose in Wirklichkeit ein großer Gottesprophet war, der solches niemals befürwortet hatte.

"Ich bin nun der Ansicht, dass auch jene, die keine aufrührerischen, doch aber öffentlich gotteslästerliche Artikel verteidigen, von der Obrigkeit getötet werden sollen." (Philipp Melanchthons Forderung, friedfertige Nachfolger Jesu zu ermorden)

Der Zwickauer Marktplatz –
im Jahr 1522 Schauplatz einer geistigen Auseinandersetzung

Martin Luther reiste nun weiter nach Zwickau, um dort den Resten der urchristlichen Bewegung persönlich den Garaus zu machen. Er hielt dort vier Predigten, die in unserer Zeit anlässlich des Reformationsjubiläums im Jahr 2017 für touristische Zwecke eigens hervorgehoben wurden. Am 8. April 1522 quartierte sich Luther dazu zunächst bei seinem Vertrauten, Bürgermeister Hermann Mühlpfort, ein. Der Staat huldigte der Kirche und gab sich her – wie nahezu immer in der Geschichte – zur Diskriminierung und Verfolgung der kleinen urchristlichen Gemeinschaft der Stadt Am 1. Mai 1522 beorderte die Stadt Zwickau ca. 14.000 Menschen vor das Rathaus, mehr als die Stadt Einwohner hat. Als Zeichen, dass der Staat auf Seiten der Priesterkaste und ihrer "Reformpriester" steht, wurde für Martin Luther ein großes Fenster des Rathauses zur Kanzel umfunktioniert. Die gottlose Allianz von Kirche und Staat brachte sich dort in Kampfstellung und Martin Luther schrie von hier aus seine Lehre in die Volksmenge. Demnach genüge "allein der Glaube" (siehe dazu auch Der Theologe Nr. 35), gemeint ist das von ihm konstruierte intellektuelle Glaubenssystem. Und zur Vermittlung dieses Glaubens seien eine mit der staatlichen Obrigkeit verbündete Amtskirche und derem "Sakramente" Taufe und Abendmahl "heilsnotwendig".

Die Botschaft Martin Luthers war bequemer als die urchristlichen Ideale der Volksbewegung, und sie sicherte vor allem die parasitäre Existenz des Pfarrer- und Priesterstandes auf Kosten der Obrigkeit und damit auf Kosten der Bürger, welche zu Abgaben an die Obrigkeiten verpflichtet sind (PS: Bis heute werden Pfarrer- und Bischofsgehälter in Deutschland zu einem großen Teil vom Staat bezahlt; siehe hier). Denn der angeblich "allein genügende" Glaube könne vom angeblich "Heiligen Geist" ausschließlich durch die Predigt eines staatlich anerkannten Pfarrers und durch die kirchlichen Sakramente vermittelt werden, so die Lehre Martin Luthers.

Der Zwickauer Marktplatz im Jahr 1522 Schauplatz einer geistigen Auseinandersetzung

Die meisten Zuhörer in Zwickau ließen sich schließlich auf die Seite des demagogischen Redners Luther ziehen; viele wohl auch schlicht aus Angst, denn die Verfolgung hatte bereits begonnen und viele Urchristen saßen wegen ihres Glaubens in Haft, und den Sprechern drohte die Todesstrafe. Die aufgewühlten Reste der urchristlichen Bewegung hatten unter dieser Bedrohungssituation in der Folgezeit nicht mehr die Kraft, sich als – im öffentlichen Leben spürbare – Gemeinschaft wieder zu organisieren. Noch nicht vor der totalitären staatskirchlichen Obrigkeit geflohene Menschen trieb es jetzt auseinander, und auch die Propheten fanden äußerlich nicht mehr zusammen. So entschloss sich Nikolaus Storch beispielsweise, mit der prophetischen Botschaft durch die Lande zu ziehen, und er starb später in einem Münchner Hospital.    

Luthers Aufforderung zu Massakern auf Befehl seines Konfessions-Gottes

Doch viele der Menschen, die sich 1522 noch, teils unter massivem öffentlichen Druck, auf Luthers Seite ziehen ließen, wurden drei Jahre später jäh aus ihren Hoffnungen gerissen. Als sich das massive soziale Unrecht von Staat und Kirche gegenüber den einfachen Menschen im Volk im Jahr 1525 in Bauernaufständen Luft machte, nutzten manche Bauernheere militärische Vorteile jedoch nicht für die Ziele ihres Aufstands. Sie ließen sich damit vertrösten, auf ein klärendes Wort Martin Luthers zu warten. Und das sprengte dann alles, was womöglich auch mancher Bauer dunkel geahnt hatte. Martin Luther rief die Fürsten zu gnadenlosen Massakern an ihnen auf, dem auch viele seiner eigenen Anhänger bzw. ehemaligen Anhänger zum Opfer fielen. Obwohl Luther die Anliegen der Bauern anfangs teilweise anerkannt und unterstützt hatte, stellte er sich nun nicht nur zu 100 % auf die Seite der totalitären Staatsmacht, sondern machte sich selbst zum Wortführer einer gnadenlosen militärischen Eskalation gegen viele Menschen, die auf ihn gehofft hatten, letztlich gegen die eigene Bevölkerung.
Luther wörtlich: "Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann, besser denn andere mit Beten ... Steche, schlage, würge hie[r], wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, seliglicheren Tod kannst du nimmermehr überkommen. Denn du stirbst im Gehorsam göttlichen Wortes und Befehls" (Wider die stürmenden Bauern, Weimarer Ausgabe der Lutherschriften (= WA) 18,  S. 357-361).
Einige der Bauernführer wurden von den Lutheranern bzw. Lutheristen nun kopfüber aufgehängt und dann langsam mit der Säge vom Hodensack an bis zum Bauchnabel aufgesägt, bis sie unter allergrausamsten Schmerzen gestorben waren (vgl. Hubertus Mynarek, Die neue Inquisition, Marktheidenfeld 1999, S. 42). Dem Massaker, mit dem die Forderung Luthers von den Fürsten in die Tat umgesetzt wurde, fielen zwischen 70.000 und 100.000 Menschen zum Opfer, darunter zahllose Familienangehörige von Bauern oder ganz Unbeteiligte.

Den Weg in die andere Richtung ging Pfarrer Thomas Müntzer. Gezeichnet von den Bedrängungen und Verfolgungen der vergangenen Jahre gab der ehemalige Zwickauer Seelsorger das urchristliche Prinzip der Gewaltlosigkeit auf und setzte sich an die Spitze des Thüringer Bauernheeres. Er wurde nach dem Scheitern der Aufstände und der militärischen Niederlage der Thüringer Bauern im Mai 1525 bei Frankenhausen im benachbarten Schloss Heldrungen gefoltert und schließlich geköpft. Dies war gleichzeitig der weltliche Triumph Martin Luthers gegenüber seinem zuletzt erbittertsten theologischen und politischen Gegner, dem Theologen Thomas Müntzer.

Einige der weiteren Gegner Luthers wurden von den Lutheranern bzw. Lutheristen kopfüber aufgehängt und dann langsam mit der Säge vom Hodensack an bis zum Bauchnabel aufgesägt, bis sie unter allergrausamsten Schmerzen gestorben waren. Dem Massaker, mit dem die Forderung Luthers von den Fürsten in die Tat umgesetzt wurde, fielen geschätzt zwischen 70.000 und 100.000 Menschen zum Opfer, darunter zahllose Familienangehörige von Bauern oder ganz Unbeteiligte.
Der führende Vertreter der Reformpriesterkaste, Martin Luther, übernahm triumphierend die Verantwortung für das Blutbad und schob es auf seinen "Gott". "Prediger sind die allergrößten Totschläger. Denn sie ermahnen die Obrigkeit, dass sie entschlossen ihres Amtes walte und die Schädlinge bestrafe. Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir befohlen, solches zu reden ..." (Tischreden, Weimarer Ausgabe der Lutherschriften 3, S. 75)
Der Gott, den uns Jesus nahe brachte, hat solches allerdings niemals befohlen. Wer also ist dann aber der "Herrgott" Luthers?

"Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann, besser denn andere mit Beten ... Steche, schlage, würge hier, wer da kann. Bleibst du drüber tot, wohl dir, seliglicheren Tod kannst du nimmermehr überkommen. Denn du stirbst im Gehorsam göttlichen Wortes und Befehls." (Luthers Aufruf zum Massaker an den Bauern)

"Prediger sind die allergrößten Totschläger. Denn sie ermahnen die Obrigkeit, dass sie entschlossen ihres Amtes walte und die Schädlinge bestrafe. Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir befohlen, solches zu reden ..." (Luther schiebt den Mordaufruf auf seinen "Gott", der sich damit als blutrünstiger Baal-Götze entlarvt)

Gemessen an seinen "Früchten" entsprach dies dem Wirken des "Vater von unten", dem "Teufel" uns seinen blutrünstigen Baals-Götzen, von dem Jesus von Nazareth laut Johannesevangelium spricht, dessen Abkömmlinge die Gottespropheten ermorden ließen und die seit je her alles ausmerzen wollen, was der Priesterkaste und ihrem dämonischen Treiben in die Quere kommt.

Die Hoffnung auf das kommende Friedensreich

Doch auch wenn Martin Luther zahllose Menschen umbringen ließ, von denen viele dem Namen nach nicht oder kaum bekannte aufrichtige Gottsucher waren – ihre Hoffnung, ihre Ziele und ihre Sehnsucht nach einem Friedensreich auf Erden konnte Luther damit nicht auslöschen und auch nicht den Geist, der sie berührte. Wenn die Zeit gekommen ist, werden sie wieder auferstehen ...

Literatur: Walter Nigg, Prophetische Denker – Löschet den Geist nicht aus, Rottweil 1986, S. 85-98


Der Text  kann wie folgt zitiert werden
:
Zeitschrift "Der Theologe", Hrsg. Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 10: Die "Zwickauer Propheten", von Martin Luther verfolgt, Wertheim 1998, zit. nach theologe.de/theologe10.htm, Fassung vom 22.8.2022,
Copyright ©, Impressum und mehr zum Autor dieser Studie siehe hier.
 

 

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