Der Theologe Nr. 87, aktualisiert am 24.7.2022
Nachfolgende Aussagen im Teil 1 entstammen einem Interview, das die
Redaktion der Zeitschrift Das Friedensreich im Jahr 2004 mit dem
Physiker Dr. Hans-Peter Dürr geführt hat (Ausgabe Nr. 5/2004). Sie wurden
uns freundlicherweise vom Verlag zum Abdruck zur Verfügung gestellt. Sie berühren die Grundfragen des Verhältnisses von Geist
und Materie, der "Einheit allen Lebens" und die Frage nach
Weltbild der modernen Physik bzw. der Quantenphysik.
Im Teil 2 lesen Sie einige Gedanken des "Theologen" zum Nachweis der Unvereinbarkeit von Kirche und
Wissenschaft
Foto:
Ausschnitt aus CollageFisica, Daniele
Pugliesi,
gemeinfrei nach Wikimedia CommonsGFDL or cc-by-3.0
1
Prof. Hans-Peter Dürr ist
ein prominenter Physiker. Er war langjähriger Direktor des
Werner-Heisenberg-Instituts und in jungen Jahren auch Mitarbeiter von Werner
Heisenberg. Er ist zugleich ein weltweit bedeutender Sprecher der Umwelt- und
Friedensbewegung, Träger des alternativen Nobelpreises und Gründer von Global Challenges Network.
Prof.
Hans-Peter Dürr zur "Einheit der Natur": "Ja, es wurde vielleicht wiederentdeckt, aber es ist nicht rezipiert worden, weil es so fremd ist. Wir sind dem Materialismus so eng
verbunden, dass wir uns schwer davon trennen. Und insbesondere seit der
Aufklärung haben wir eigentlich den Eindruck gehabt, dass die materialistische
Betrachtung der Welt ungeheure Vorteile für uns bringt, weil sie uns erlaubt,
gewissermaßen die Zukunft vorauszuberechnen, weil in dieser materialistischen
Anschauung die Materie etwas war, was primär ist, was unveränderlich ist, durch Naturgesetze bestimmt ist, die streng gültig
sind. Und man sagte: Gut, ich kann auf diese Weise voraus berechnen, was in
Zukunft passiert, wenn ich die Gesetze genau kenne, und ich kann zurückgehen.
Nun, das war wunderbar, weil man nun glaubte, man kriegt die Natur in den Griff.
»In den Griff bekommen« heißt, wir haben Kontrolle darüber. Aber die
Schwierigkeit war selbstverständlich: Wenn die Natur eine Maschine ist, dann
kann der Mensch doch nicht in dieser Natur sein, denn wir trauen uns doch zu,
dass wir einen eigenen Willen haben.
Das hat also dazu geführt, den Menschen aus der Natur herauszunehmen und ihn
sozusagen gottähnlicher zu machen, gleichzeitig aber der übrigen Natur
eigentlich ihre Göttlichkeit zu nehmen. Das hat zu dieser Spaltung geführt. Und
die Frage war dann, wo gespalten wird. Es war dann nur der Mann, der mit Geist
begabt ist; die Frau hat man zu den Tieren und den Pflanzen und der übrigen
Natur gerechnet, die gar nicht wie eine Maschine ablaufen. Und wir können uns
schlecht trennen von dieser Vorstellung, obwohl wir selbstverständlich so weit
sind, dass jedenfalls die Frauen auch mit dazugehören, aber die Tiere lassen wir
immer noch voll raus. Und das heißt, wir betrachten die übrige Welt eigentlich
als eine Maschine, die wir für uns nutzen sollen oder der wir Befehle geben.
Obwohl die moderne Physik nun auch unsere Technik beherrscht – nämlich die
Mikroelektronik, die Atombomben und die moderne Chemie brauchen diese neue
Sichtweise –, hat die Vorstellung, die dahinter steckt, nicht Fuß gefasst. Wir
denken noch im 19. Jahrhundert, obwohl wir Technologien haben, die 20.
Jahrhundert sind. Und jetzt wollen wir das 21. Jahrhundert mit einer "Denke" gestalten, mit
einer Technik, die 20. Jahrhundert ist. Das ist unser Problem heute."
Prof.
Hans-Peter Dürr über die Irrealität der Materie: "Die Revolution, die
stattgefunden hat, hat nicht nur gesagt, die Materie ist verschwunden, es ist
auch die Energie verschwunden. Es hat sich herausgestellt: Das ontologische
Weltbild gilt nicht mehr, in dem es heißt, es existieren Dinge, ob das nun
Zeichen sind oder ob das Energie ist, sondern es gibt nur Verbindung, es gibt
nur eine Verbundenheit, ohne dass die Verbundenheit an irgend etwas geknüpft
ist, was wir begreifen können. Und wir haben keine Sprache dafür. Wir haben
schlicht keine Sprache dafür. Etwas, das nur Verbundenheit sagt, ohne dass es
sagt, was womit verbunden ist; das Grundelement der Wirklichkeit ist nicht
Realität in dieser Wirklichkeit, sondern schlicht Verbundenheit.
Die kleinsten Elemente sind nicht materielle und energetische Einheiten,
sondern ich nenne sie manchmal »wirks«, weil sie Teile der Wirklichkeit sind,
die wirken, ohne dass sie materiell sind. Das können wir als eine Art Feld
betrachten, das im Hintergrund ist. Wir sind eben ein Meer, das selbst nicht
materiell ist, und die Wellen auf dem Meer; darauf türmt sich praktisch die
Materie, d. h. die Materie ist wie die Schlacke des Geistes. Der Geist, der
holistisch ist der Natur nach – das ist der Grund, warum wir ihn nicht begreifen
können –, ist das Eigentliche, was uns zusammenhält. Wenn wir miteinander reden,
dann ist es nicht so, dass wir jetzt agieren auf die Licht- und Schallwellen,
die wir austauschen, sondern die Worte sind nur geeignet, uns zu erinnern an
etwas, was wir eigentlich schon wissen und in unserer eigenen Erfahrung
ausgraben. Wir begegnen uns sozusagen im Geistigen, und die Worte sind nur dazu
da, uns zu verständigen, wo wir uns begegnen wollen."
Prof. Hans-Peter Dürr über den Geist: "Der Geist, das Zusammenhängende, ist eigentlich das Primäre. Es ist heute mehr die Frage, wie kommt es denn, dass dieses Zusammenhängende, nicht Auftrennbare, für uns in unserer Vorstellung als aus vielen Teilen bestehend betrachtet wird? Und es ist ja auch nicht richtig, wir beide sind eigentlich ein- und derselbe, aber da ist schon etwas dazwischen, wo wir den Eindruck haben, wir haben schon einen bestimmten Abstand. Und das ist das Geheimnis. Was macht eigentlich der Abstand? Der Geist ist nämlich nicht getrennt, sondern unsere Körperlichkeit, die "Schlacke", ist getrennt, aber nicht das, worauf sie schwingt."
Prof.
Hans-Peter Dürr über die innere Verbindung aller Lebewesen und das Mitgefühl: "Wir wissen nicht, wie gut
die Kommunikation im Geistigen ist. Da gibt es also wahrscheinlich auch etwas,
was näher und entfernter ist, aber nicht im örtlichen Sinne. Der Grad der
Verbundenheit ist irgendetwas anderes, es ist vielleicht mehr wie wir es von
unserem Handy kennen. Wenn die Wellenlänge meines Handys in die Nähe des anderen
kommt, dann habe ich eine Kommunikation. Und wenn ich etwas weg bin davon, dann
habe ich keine Kommunikation. Der Abstand ist gar nicht das Wesentliche. Wir
haben also engere und weniger enge Verbindungen. Aber das Leid in der Welt, wo
immer es stattfindet, das tangiert mich selber auch. Denn mein Leid ist nicht
abgetrennt davon. Deshalb ist eigentlich das Mitgefühl die Compassion – nicht?
Dieses Mit-dem-anderen-Fühlen hat nichts mit Altruismus zu tun. Es ist ein
Schmerz, den ich unmittelbar empfinde, weil ich merke, es ist so, wie ich es
empfinde, wenn meinen großen Zehen was passiert. Dann sage ich nicht, ich habe
altruistisches Mitgefühl mit meinen großen Zehen. Es tut mir selbst weh, obwohl
der große Zeh von meinem Kopf sehr weit entfernt ist. So sind wir praktisch mit
allem verbunden. Und deshalb gilt: Wenn die Welt leidet, wie der Dalai Lama auch
sagt, wenn irgendetwas in der Welt leidet, dann leide ich mit, aber ich weiß
nicht, was der Grund ist. Ich werde deprimiert und ich weiß nicht, warum. Ich
habe alles, was ich brauche, aber irgendetwas ist da, was mich unglücklich
macht. Und das hat mit dem Gefühl zu tun – ein Gefühl, das sehr tief ist – ganz tief angelegt, das uns erinnert an
unsere gemeinsame Wurzel; und wir interpretieren das immer mit einer weltartigen
Größe, die mit uns in Wechselwirkung tritt. Aber es ist keine Wechselwirkung,
weil wir mit uns selbst sprechen. Nur in zwei verschiedenen Personen. Das heißt,
in mir steckt etwas von Ihnen und in Ihnen steckt etwas von mir. Und wir haben
ein Selbstgespräch, das den anderen gewissermaßen mit einbezieht.
Und da ist es vielleicht so, dass wir gegenüber
Menschen, insbesondere gegenüber solchen, die wir besonders gut kennen,
sozusagen einfühliger sind, wo wir hinhören müssen. Also so, wie wenn ich einen
Radioapparat habe und weiß, wo ich den Sender einstellen muss, damit ich meine
Lieblingsmusik hören kann, und wo ich Nachrichten habe – obwohl die Sendung
dauernd läuft; aber ich sensibilisiere mich für eine ganz bestimmte Wellenlänge.
Und dann trete ich in Verbindung. Und die kann ich vermutlich erzeugen, d. h. ich
sage, ich fühle mich verbunden, und dann fange ich an, das Signal irgendwo
aufzufangen bzw. mich dort zu sensibilisieren, wo der andere gerade schwingt.
Aber das Schwingungsfeld ist immer da, wie die Radiowellen um uns herum. Der
Sender stoppt ja nicht, wenn ich den Radioapparat abdrehe."
2
Die Unvereinbarkeit von
Kirche und Wissenschaft / Quantenphysik und Glaube an Gott
Interview mit dem "Theologen"
Die Physiker
unserer Zeit erklären uns, dass die Materie, wie wir sie zu sehen glauben, nur eine
Täuschung ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Quanten. Diese
Quanten sind in der Materie aber gar nicht dingfest zu machen als so
genannte kleinste Teilchen. Denn die kleinsten Teilchen, nach denen man
einige Jahrhunderte lang suchte, gibt es gar nicht. Das ist die
revolutionäre Entdeckung der modernen Quantenphysik. Die Quanten, die
vordergründig wie Teilchen erscheinen, können sich nämlich genauso als
Wellen zeigen. Und mehr noch: Es findet eine Kommunikation zwischen
einzelnen Quanten auch über riesige Entfernungen statt, wie man
herausgefunden hat. Es ist also nachweisbar eine immaterielle, also eine Art geistige Verbindung
vorhanden.
Diese Quanten, so die Schlussfolgerung in einigen Forschungsergebnissen,
sind demnach die Brücken zwischen der geistigen Welt und der materiellen
Welt.
Viele Physiker sind deshalb überzeugt: Es gibt eine geistige Wirklichkeit
hinter bzw. in allem, was wir auf der Erde im Bereich der Materie sehen. Und das bedeutet
dann, dass alles, was wir mit unseren irdischen Augen sehen, von einer
geistigen Wirklichkeit hinter dieser Materie durchdrungen wird, man könnte
auch sagen "beatmet"
wird.
Doch was hat das nun mit Gott zu tun? Einiges. Es spricht nämlich sehr vieles
dafür, dass man aufgrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse
schlussfolgern kann: Über und in allem Lebensformen ist der Freie
Geist, das All-Sein, ist Gott, das Leben. Ein Glaube an den Freien Geist,
den All-Geist oder Schöpfergott, außerhalb jeder Religion, ist also völlig
mit der modernen Wissenschaft vereinbar. Ganz anders der Glaube der Kirche.
Dazu ein Interview mit Dieter Potzel, Herausgeber des "Theologen".
Frage:
Wie steht die Kirche zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen der
Quantenphysik und den Schlussfolgerungen, z. B. einer geistigen Wirklichkeit
in der so genannten Materie?
Der Theologe:
Die Kirche gibt sich insofern aufgeschlossen, da es natürlich
einen guten Eindruck macht, wenn man auf Wissenschaftler in den Reihen der
eigenen Religion verweisen kann. Sie steht aber von vorne herein allem ablehnend gegenüber, was
nicht mit ihren Dogmen übereinstimmt. Und die römisch-katholische Kirche bedroht
Physiker und andere Wissenschaftler sogar mit der ewigen Hölle, wenn sie etwas anderes als Wahrheit
heraus finden als das, was die Kirche zu einem bestimmten Thema
lehrt.
Ich möchte dazu einen Lehrsatz des 1. Vatikanischen Konzils zitieren, der in der
römisch-katholischen Kirche als "unfehlbar" betrachtet wird. Er lautet: "Wer
sagt, die menschlichen Wissenschaften müssten mit solcher Freiheit behandelt
werden, dass ihre Behauptungen als wahr festgehalten werden und von der
Kirche nicht verworfen werden könnten, wenn sie der geoffenbarten Lehre
widersprechen, anathema sit", also "der sei verflucht" (siehe
hier).
Mit anderen Worten: Der Wissenschaft
wird eben ausdrücklich nicht die Freiheit von Forschung und Lehre
zugestanden, sondern ihre Erkenntnisse werden verworfen,
wenn sie der Kirchenlehre widersprechen. Und wenn ein Wissenschaftler diesen
kirchlichen Verwerfungen nicht zustimmt, soll er dafür nach seinem Tod ins ewige Höllenfeuer. Das wurde
unter dem im Jahr 2000 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochenen Papst Pius IX. Ende des 19. Jahrhunderts angeblich "unfehlbar" für
alle Zeiten so festgelegt.
Dies war also nicht nur zu Zeiten von
Galileo Galilei im 17. Jahrhundert so, als es z. B. darum ging, ob die Erde
eine Kugel ist oder eine Scheibe, wie die Kirche felsenfest behauptete, weil man ja
von diesem Planeten herunterfallen würde, wenn er eine Kugel wäre, so unter
anderem die Argumentation der Würdenträger. Sondern es ist
bis heute noch genauso. Die Dogmen der Kirche werden nur mit ein paar moderneren Worten verbrämt
und verschleiert, damit die Menschen nicht merken, welches nach wie vor die gültige
Kirchenlehre ist und damit sie weiter Kirchensteuern bezahlen.
Frage:
Aber hat die Kirche Galileo Galilei nicht rehabilitiert und wenigstens
hier einmal ihren Irrtum eingestanden?
Der Theologe:
Hier ist es notwendig, einmal genauer hin zu sehen. Papst Johannes Paul II. hatte am 10.11.1979 seinen Wunsch
geäußert, dass Theologen, Gelehrte und Historiker – so wörtlich – "die Überprüfung des Falles Galilei vertiefen
und in aufrichtiger Anerkennung
des Unrechts, von welcher Seite es auch immer gekommen sein mag, das
Misstrauen beseitigen, das dieses Ereignis noch immer bei vielen gegen eine
fruchtbare Zusammenarbeit von Glaube und Wissenschaft, von Kirche und Welt
hervorruft", wie er es scheinheilig formulierte
(vatican.va,
31.10.1992).
Allein die Formulierung vom "Unrecht", "von welcher Seite es auch immer
gekommen sein mag", spricht schon Bände. So formuliert niemand, der
eine Schuld ehrlich eingestehen will. Am 31.10.1992 hat der
Papst in einer Ansprache an die Päpstliche Akademie der
Wissenschaften zwar an einer Stelle beiläufig einen "Irrtum der Theologen von
damals" zugegeben – nach fast 400 Jahren –, aber er hat auch in dieser
Ansprache weder von einem Fehlurteil noch von
einer Schuld des Inquisitionstribunals gesprochen. Eine Rehabilitation von
Galilei wäre es gewesen, wenn Papst Wojtyla gesagt hätte: "Wir
hatten Unrecht. Wir bitten Galileo Galilei und alle, die aufgrund unseres Fehlurteils
Leid erdulden mussten, um Vergebung." Stattdessen versuchte der Papst
einmal mehr,
mit mehrdeutigen Formulierungen und diffusen Anschuldigungen ("Unrecht,
von welcher Seite es auch immer gekommen sein mag") den Kopf aus der
Schlinge zu bekommen.
Er fügte 1992 lediglich in allgemeiner Form hinzu: "Es
ist eine Pflicht der Theologen, sich regelmäßig über die wissenschaftlichen
Ergebnisse zu informieren, um eventuell zu prüfen, ob sie diese in ihrer
Reflexion berücksichtigen oder ihre Lehre anders formulieren müssen".
Hier darf man sich aber nicht von der Schönfärberei dieser Worte einlullen lassen. Es geht dem
Papst ausschließlich darum, ein Dogma "eventuell" "anders" zu formulieren
ohne es dabei allerdings im Geringsten anzutasten, denn die Dogmen sind die
unveränderbare Betriebsanleitung der Vatikankirche. Das muss man sich klar
machen.
Und in diesem Sinne wurde eine Änderung des
kirchlichen Denkens gegenüber der Wissenschaft beim 1.
Vatikanischen Konzil für alle Zeiten definitiv auch ausgeschlossen, und ich
zitiere das für den Katholizismus ebenfalls als "unfehlbar" markierte verbindliche
Konzilsdokument wörtlich: "Wer sagt, es sei möglich, dass man den von der
Kirche vorgelegten Glaubenssätzen entsprechend dem Fortschritt der
Wissenschaft gelegentlich einen anderen Sinn beilegen müsse als den, den die
Kirche verstanden hat und versteht, anathema sit, der sei verflucht"
(siehe hier).
Das heißt: So wie die Kirche ihren
Glauben z. B. im 17. Jahrhundert Galileo Galilei gegenüber definiert hat, so
muss er auch heute definiert werden. Man darf lediglich etwas herumeiern, um
"wissenschaftliche Ergebnisse" in der "Reflexion"
"eventuell" zu berücksichtigen. Das ist Augenwischerei und es bedeutet: Die
Kirche braucht sich nach ihrem Verständnis nicht von einem Fortschritt
der Wissenschaften in Frage stellen zu lassen, denn ihre Glaubenssätze seien
heute genauso zu verstehen wie z. B. vor tausend Jahren. Sie müssen also
niemals der Wissenschaft angepasst werden, nur "eventuell" ein wenig anders
verpackt werden. Und deshalb sind Berichte etwa über Nahtoderfahrungen, die
der kirchlichen Lehre widersprechen,
für den Katholizismus auch unwichtig und können ignoriert werden. Die
Wissenschaft hat für die Kirche nur die Aufgabe, das katholische Dogma zu bestätigen bzw.
zu "vertiefen". Wenn sie das aber nicht tut, wird Wissenschaftlern heute
zwar nicht mehr mit dem Scheiterhaufen gedroht wie früher, dafür aber nach
wie vor mit einer Verfluchung, die sie ohne Widerruf in eine angeblich ewige Hölle
führen soll.
Das alles sagt man in der
Öffentlichkeit natürlich nicht so deutlich, weil man nicht noch mehr
Kirchenaustritte provozieren will. Aber so ist es weiterhin, auch im 21.
Jahrhundert. Die Kirche wird sich also immer gegen die Wissenschaft sträuben
und sie bekämpfen, wenn diese z. B. eine kirchliche Lehraussage beweisbar
widerlegt.
Frage:
Gilt diese Ablehnung eines wissenschaftlichen Fortschritts auch
für die evangelische Kirche, wenn die Wissenschaft der Kirche widersprechen
sollte?
Der Theologe:
Die evangelische Kirche hat sich zum Thema "Wissenschaft" nicht so
deutlich geäußert wie die katholische. Doch die Ergebnisse der modernen
Quantenphysik von einer geistigen Realität in allen Lebensformen widersprechen klar der evangelischen
Lehre, und deshalb schweigt man hier auch lieber. Die Quantenphysik beweist
ja eine geistige Realität hinter bzw. in der Materie, wenn sie erklärt, dass
Materie nicht als Ansammlung von kleinsten Teilen dingfest zu machen ist.
Oder wenn sie eine Kommunikation von Quanten über große
Entfernungen hinweg feststellt.
Fakt ist nämlich:
Die evangelische Kirche lehnt überwiegend sogar die Unsterblichkeit der
Seele ab. Ja, man leugnet sogar die Existenz einer Seele überhaupt. Dies gilt vor allem
für das überhebliche Luthertum. Die lutherischen Theologen vertreten seit dem 16.
Jahrhundert überwiegend eine so genannte "Ganztod-Theorie", das heißt eine
komplette Vernichtung des Menschen durch den Tod. In einem lutherischen
Dogmatik-Lehrbuch heißt es dazu über die evangelische Theologie des 20.
Jahrhunderts: "Der
Tod betrifft nicht nur den Leib, sondern auch die Seele, die nicht ein Teil
am Menschen ist, sondern er selbst."
Dies alles würde aber am "Jüngsten Tag" sozusagen völlig auf den Kopf
gestellt. Die Menschen würden dann plötzlich von Jesus Christus wieder auferweckt und dann entweder in einen
ewigen Himmel oder eine ewige Hölle geschickt. Die evangelische Dozentin Dr.
Kirsten Huxel von der Universität Tübingen sagt sogar,
dass die Lehre von der
Unsterblichkeit der Seele mit der "biblischen Auferstehungshoffnung"
unvereinbar sei
(deepdyve.com).
Und das ist auch die gängige evangelische Lehre.
Und hier zitiere ich einmal einige
weitere Aussagen der renommiertesten und
hoch geehrten protestantischen Theologen aus dem 20. Jahrhundert.
Etwa Karl Barth: "Es bleibt kein Seelchen übrig".
Oder Eberhard Jüngel: Der Tod ist eine "total abbrechende
Verhältnislosigkeit".
Oder Paul Althaus: "Wenn der Seele ihr Leib genommen wird, wird sie auch
sich selber genommen." oder Roland de Pury: Wenn die Seele unsterblich wäre, wäre die
Auferweckung nur ein "halbes Werk". Usw. usf. (Quellenangaben
hier)
Zusammenfassend kann man sagen: Die moderne Quantenphysik zeigt mehr und
mehr auf, dass die Materie nur etwas Vordergründiges ist. Man könnte sagen:
Alles ist beseelt. Beide Großkirchen verteufeln diese Haltung jedoch seit je her als
ketzerischen "Pantheismus". Und sie bedroht die Menschen mit der ewigen Hölle,
auch wenn man das nicht so lautstark tut, um – wie gesagt – nicht noch mehr
Mitglieder zu verlieren.
Hier zum Beweis ein Dogma dazu: "Wer
sagt oder daran festhält, der Himmel, die Sonne, der Mond, die Sterne und
die Gewässer, die oberhalb der Himmel sind, seien irgendwelche beseelten
oder vernunftbegabten Kräfte, anathema esto", also "der sei verflucht",
nachzulesen in der bekannten Dogmensammlung von Denzinger und Hünermann,
Lehrsatz Nr. 408.
Frage:
Aber könnten die Theologen nicht wenigstens einmal demütig
zugeben: "Wir haben uns geirrt. Es war falsch, Unwahrheiten als ´unfehlbare
Wahrheiten` auszugeben oder die Beseeltheit aller Lebensformen abzulehnen"?
Der Theologe:
Dazu ist der Leidensdruck für die Führer dieser Institutionen noch
lange nicht groß
genug. Sie werden ja nach wie vor von den Staaten, vor allem von
Deutschland, mit Milliarden an Euro exzessiv subventioniert und
unermesslich
privilegiert und
dadurch überhaupt erst in dieser Form am Leben gehalten. Außerdem
befürchtet man zurecht, dass die Gläubigen dann fragen: "Wenn also das
falsch war, was ist dann noch alles falsch? Stimmt überhaupt irgendetwas an
der Lehre der Kirche?"
Und vor dieser Frage haben die Kirchenverantwortlichen große Angst, denn das
meiste stimmt tatsächlich nicht, so dass ich sogar sagen würde: "Eine Lüge
nach der anderen" (vgl. den Nachruf). Doch
auf diesen Unwahrheiten baut die Macht und der Einfluss der Kirche auf. Und
darauf baut dann wiederum die Reputation der
Kirchenführer auf.
Doch wenn immer mehr Menschen ihren gesunden Menschenverstand gebrauchen,
dann wird aus den regelmäßigen Kirchenaustrittswellen ein Kirchenaustritts-Dammbruch,
weswegen ja der Papst
logischerweise vor dem gesunden Menschenverstand warnt.
Frage:
Eine letzte Frage dazu: Die Kirche unterhält ja auch Akademien,
wo man sich mit den neuesten Forschungsergebnissen auseinander setzt. Und es
gibt sogar, worauf Sie vorhin schon hingewiesen haben, eine Päpstliche Akademie der Wissenschaften. Hier wird nicht der
Eindruck erweckt, als würde man sich aktuellen Forschungsergebnissen
verschließen.
Der Theologe:
Man versucht natürlich wie immer, auf allen Hochzeiten zu tanzen
und so zu tun, als wäre man allem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Doch
zunächst werden dort solche Akzente gesetzt, welche die Position der Kirche
bekräftigen sollen. Und spätestens dann, wenn es darum geht, das kirchliche Bekenntnis
oder Dogma anzutasten oder zu ändern, ist Schluss mit der Aufgeschlossenheit.
Solche Akademien oder dergleichen erweisen sich folglich als nur vordergründige
Fassade. Oder man versucht eben, anerkannte Wissenschaftler in den Sumpf der
Kirche mit hinein zu ziehen, indem man so tut, als bestünden hier
Übereinstimmungen oder zumindest grundsätzliche Offenheiten. Letztlich
versucht man, alle Widersprüche zwischen Kirche und Wissenschaft so lange auszusitzen, bis alle Kritiker
eingeschlafen sind und die Kritiken verstummen.
Für mich besteht bei alldem ein grundsätzlicher Widerspruch zwischen Kirche
und Wissenschaft. Das Geplänkel von einem Miteinander von Kirche und
Wissenschaft halte ich für Augenwischerei. Denn jede
ehrliche Forschung muss offen sein für neue Erkenntnisse, auch wenn
Bisheriges dabei auf den Kopf gestellt werden muss. Kirche jedoch will
immer am Alten, an der Tradition und an ihren angeblichen Geheimnissen festhalten, und wenn
sie dreimal falsch sind. So hat sie es ein für alle Mal dogmatisiert oder in
ihren Bekenntnisschriften fest geschrieben. Und wehe, jemand lüftet diese Geheimnisse! So werden
diese Großinstitutionen wie immer die Erkenntnisse bekämpfen, die sie nicht
vereinnahmen und in ihren Sumpf hinunter ziehen können. So ist es seit vielen
Hundert Jahren, und so wird es bleiben, so lange man diesen Sumpf nicht
trocken legt, indem man die Kirche einfach mal sich selbst überlässt statt
sie dauernd staatlich zu finanzieren, zu subventionieren und unterwürfig
zu hofieren.
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