Das Beichtgeheimnis – Kirchliche Kontrolle und Vertuschung
Der Theologe Nr. 55, aktualisiert am
11.3.2024
Bereits nach
wenigen Tagen greift die Kirche nach einem neuen Erdenbürger und verlangt von
seinen Eltern die baldige Säuglingstaufe
(siehe dazu Der Theologe Nr. 40)
– unter Androhung der ewigen Verdammnis bei Nichtbefolgung, denn die Eltern
würden ihr Kind nach kirchlicher Lehre dann angeblich daran "hindern", zu
Christus zu kommen
(Katholischer Katechismus Nr. 1261) – eine
Verhöhnung von Jesus, dem Christus, denn Christus hat mit dem kirchlichen
Taufsakrament nichts zu tun.
Das durch
die Taufe in die Institution Kirche hinein gezwungene Kleinkind bleibt nun in der
Folgezeit einige Jahre von weiteren kirchlichen Praktiken verschont. Doch spätestens als etwa
acht- oder neunjähriges Schulkind wird der junge von seinen Eltern ohne seine
Zustimmung zum Katholiken gemachte Erdenbürger mit einer für ein kindliches
Gemüt besonders merkwürdigen und für seine Seele oft verheerend wirkenden Praktik der Kirche
konfrontiert: der Ohrenbeichte. Als Vorbereitung auf die "heilige
Erstkommunion" soll diese zum ersten Mal abgelegt werden, zur Vorbereitung
auf die "Firmung" (die Taufbestätigung) einige Jahre später erneut.
Nach dem kirchlichen Glauben werden die Menschen durch Pfarrer oder Priester von
ihren
Sünden los gesprochen. Das ist aber nicht möglich.
Jesus hat nicht gewollt, dass Seine Nachfolger überhaupt Theologen, Priester oder
Pfarrer werden, geschweige denn, dass diese angeblich Sünden vergeben
können. Doch was geschieht dann bei diesen kirchlichen Handlungen?
Darum geht es in diese Ausgabe des Theologen.
Gemälde oben:
Die katholische Beichte (um 1600) (aus: Die Kirche in der
Karikatur: eine Sammlung antiklerikaler Karikaturen, Volkslieder, Sprichwörter
und Anekdoten. Berlin – Der Freidenker, 1927)
Ein Beispiel, wie Menschen durch ein
Abhängigkeitsverhältnis zu einem "Beichtvater" in ihrer Persönlichkeit schweren
Schaden erleiden können, bis hin zur Entmündigung und einem frühen Tod, lesen Sie auch in der Ausgabe
Elisabeth von Thüringen und ihr
Beichtvater Konrad von Marburg.
Die
Deformierungen des kindlichen Gewissens
Die kirchliche Beichte bei einem Priester stammt aus heidnischen
Kulten
Die Beichte als Mittel der Gesinnungskontrolle
und der Geldeinnahme
Der kirchliche Geheimdienst und das Beichtsakrament als
Mordwaffe
Päpstliche Geheimhaltungspflicht und Beichtgeheimnis
"Ego te absolvo" – Die Beichte eines
Spitzenpolitikers
Was lehrte Jesus? Was hat die Kirche daraus
gemacht?
Was ist der "Schlüssel des Himmelreichs"?
Kirchliche Original-Dokumente zur Beichte
Katholische und evangelische Beichte und der
Ablass
Ein Pfarrer bittet die Beichtenden
nachträglich um Vergebung
Theologen kommen nicht so schnell in den
Himmel
Beichtgeheimnis =
Verbrechensgeheimnis abschaffen
Gesetz gegen Beichtgeheimnis? Ausweisung des
Nuntius?
Die Deformierungen des kindlichen Gewissens
Katholisch erzogene Kinder beichten im
Sinne der Religion also erstmals im Grundschulalter.
Lutherisch
erzogene Kinder kommen mit der Kirchenbeichte erst als Jugendliche, vor der Konfirmation, in
Berührung. Und sie müssen dieses Beichtritual auch nicht
alleine mit einem Priester im Beichtstuhl
durchführen, sondern dürfen es
in der Gruppe sozusagen "pauschal" durchlaufen. Merkwürdig ist es aber für
Kinder allemal, dass sie sich – meist aus einem so genannten "Beichtspiegel" – ihre "Sünden"
quasi heraussuchen müssen, um dann von einem Menschen "Vergebung" zu erhalten, der
mit den heraus gesuchten "Taten" in der Regel gar nichts zu tun hatte.
Hier beginnt bei vielen Kindern eine folgenschwere Verbiegung ihres Gewissens:
Um den Priester nicht zu enttäuschen, um es also möglichst gut zu machen, "erfinden"
katholische Kinder oftmals "Sünden" – der Beichtspiegel gibt genügend Anregung
–, die sie dann im Beichtstuhl (siehe rechts) möglichst zerknirscht vortragen. Anschließend
sprechen sie erleichtert die paar Vaterunser-Gebete, die ihnen dafür als "Buße"
vom Priester auferlegt werden.
Doch was haben sie "gelernt"? Dass man (fast) alles tun kann – Hauptsache, ein
Priester bzw. Pfarrer erfährt es und verleiht dafür die so genannte Absolution,
verstanden als Lossprechung bzw. Befreiung davon. Ob man sich mit seinem Nächsten versöhnt hat, ob man einen
Schaden wieder gutgemacht hat, ist zweitrangig. Und: Man muss sich dafür nicht
unbedingt ändern,
man darf immer wieder sündigen – dafür gibt es ja schließlich immer wieder
das so genannte Beichtsakrament! Der
Philosoph Friedrich Nietzsche spottete über dieses so genannte Sakrament:
"Man lispelt mit dem Mündchen, man knickst und geht hinaus – und mit dem neuen
Sündchen löscht man das alte aus."
In diesem Beichtstuhl sitzt der katholische Priester. Der Gläubige kniet
sich rechts auf die Vorrichtung und spricht dem Priester, den er nicht sieht,
ins Ohr.
Ein ganz
wichtiges Element im Leben eines jeden Menschen, nämlich die Unterscheidung
zwischen Gut und Böse und die Erforschung und Schulung des eigenen Gewissens,
wird auf diese Weise von Kindesbeinen an getrübt.
Bei vielen Kindern führt der Unterricht zur Vorbereitung auf die Erstkommunion
(erster Empfang der Oblate bzw. Hostie) und später das "Kirchensakrament" der Firmung (der
Taufbestätigung) auch zu schweren geistigen
Schäden. Vor allem, wenn sie glauben, was ihnen der Pfarrer von der angeblichen
Hölle und den Verdammten erzählt, zu denen z. B. der "Verräter" Judas gehören
soll. Labile Kinder erblicken in dem Priester mit der angeblich "rettenden Hostie"
dann eine Art "väterlichen Retter", den sie verehren und zu Gefallen sein
möchten, was in Einzelfällen bis hin zu hündischem Gehorsam gehen kann. Dieses
Abhängigkeitsverhältnis wurde bereits von Tausenden von pädophilen Priestern
ausgenützt, um bestimmte Kinder dann zu Sex-Sklaven zu machen bzw. sie zum angeblich
"Gott gefälligen" Sex mit dem Würdenträger zu verführen. Die daraus folgende
Traumatisierung für das Kind oder den Jugendlichen dauert oft das ganze Leben
an, da der Priester dann eben nicht nur ein gewöhnlicher Sex-Verbrecher war oder ist,
sondern dem Opfer auch als Vertreter "Gottes" gilt (siehe dazu die Schrift
Das Priesterjahr),
der über die Verbrechen hinaus mithilfe des bei der Beichte angewandten
seelischen Instrumentariums die Menschen manipulieren kann.
"Die Beichte ist ein Sakrament, das unter der krankhaften
Sexbesessenheit derer,
die sie abnehmen, leidet."
(Dr. Monsignore Krzysztof Charamsa, Kaplan Seiner Heiligkeit und von
2003-2015
in der Glaubenskongregation des Vatikan tätig, zit. nach
Stern Nr. 18/2017) |
Im Vaterunser, das den Kirchgängern so häufig nach einer Beichte als so
genanntes "Bußgebet"
auferlegt wird, klingt noch an, was die ursprünglich christliche Lehre ist:
"Und
vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."
Gott vergibt also den Menschen ihre Schuld, wenn die aneinander schuldig
Gewordenen sich gegenseitig vergeben haben. Ein Priester ist dazu nicht
nötig und hat damit auch überhaupt nichts zu tun. Das heißt im
Umkehrschluss: "Vergebt, und ihr werdet Vergebung erlangen." Und das bedeutet
auch: "Wenn ihr um Vergebung bittet und euch euer Nächster vergibt, so hat euch
auch euer Vater im Himmel vergeben". So einfach und klar ist das Gebot von Jesus.
Damit wären auch die Priester nicht mehr über alles Denken und Tun ihrer
"Schäfchen" informiert und könnten mit einem auf diese Weise erlangten Wissen auch keine Macht
und keine manipulative Kontrolle mehr
ausüben.
Die kirchliche Beichte bei
einem Priester stammt aus antiken Götzen-Kulten
Die kirchliche
Beichte ist wie alle kirchlichen Sakramente und Zeremonien eine Abwandlung von
antiken Götzen-Kulten.
Der Historiker Alexander Hislop (Von Babylon nach Rom, Bielefeld 2002) arbeitete
heraus, wie der Aufruf an die Christen "Bekennt nun einander die Sünden"
(Jakobus 5, 16) von der Kirche dahin
gehend verfälscht wurde, dass die Kirchenmitglieder vor einem Priester beichten
sollten. Jakobus hatte jedoch das gegenseitige Bekennen oder "Beichten" der
Betroffenen untereinander gemeint, ohne Priester. Vorbild für das kirchliche
Beicht-Sakrament sind im Gegensatz dazu unter anderem die babylonischen Mysterienkulte, die vor einer
Einweihung in den betreffenden Kult ebenfalls eine Beichte vor einem Priester forderten
(S. 22 f.). Ein weiteres Vorbild für die Kirche ist die ägyptische Waage des
Gottes Anubis, dessen Priester über einzelne Sünder zu Gericht saßen, um das
Positive und Negative gegeneinander aufzuwiegen, um auf diese Weise das
spätere Gericht bereits ansatzweise vorwegzunehmen. Und da die Macht der
Priesters "und sein Einfluss in großem Maße allein auf dem
Grundsatz sklavischer Angst basierte, sorgte er dafür, dass die Waage sich im
allgemeinen in die falsche Richtung bewegte, damit sie [die Beichtenden]
seinem Willen unterwürfiger wurden, indem sie eine angemessene Menge guter Werke
in die gegenüberliegende Waagschale warfen. Da er [der Priester]
der große Richter über die Art und Weise war, lag es in
seinem Interesse zu bestimmen, was seiner eigenen selbstsüchtigen Erhöhung oder
dem Ruhm seines Standes am zuträglichsten war". (Hislop, S. 136)
Der Historiker Karlheinz
Deschner schreibt in seinem Buch Der gefälschte Glaube (München 1980):
"Eine Beichte gab es auch im Jainismus, im Kult der Anaitis, in den
samokrathischen Kabirenmysterien oder bei Isis, wo die reuigen Sünder unter den
Drohungen der Priester sich auf den Tempelboden warfen, die heilige Tür mit dem
Kopf rammten, die Reinen [Priester] mit Küssen anflehten und Wallfahrten machten
... In einigen Mysterienkulten bekannte man
dem Priester als dem Stellvertreter der Gottheit seine Schuld, um so von den
Folgen wieder frei zu werden."
(S. 114)
Die Beichte als Mittel der Gesinnungskontrolle
und der Geldeinnahme
Im frühen Christentum gab es
zunächst nur die Taufe als Symbol für die innere Umkehr des Menschen. Im Zuge
der Institutionalisierung und Verkirchlichung der Bewegung entwickelte sie sich
bald zu einem starren so genannten "Sakrament", das bald auch eine automatische Sündenvergebung
zur Folge haben sollte. Viele
Menschen, darunter Kaiser Konstantin, verschoben daher die Kirchentaufe auf die letzte Stunde ihres
Lebens. Vielleicht um vorher noch nach Belieben sündigen zu können?
Bald wurde die
Beichte dann in der Kirche als eine weitere Möglichkeit der Buße oder Reinigung neben der
Taufe eingeführt. Bischof Clemens Romanus von Rom, für die Kirche gilt er als
Papst Clemens I., lehrte bereits zu Beginn des 2. Jahrhunderts das Sündenbekenntnis vor
Priestern:
"Unterwerft euch den Priestern!" (zit. nach Walther von Loewenich, Die
Geschichte der Kirche, Witten 1938, S. 45)
Und bereits im zweiten Jahrhundert hatte man
ebenfalls begonnen, zwischen
"lässlichen" Sünden und "Tod"-Sünden zu unterscheiden – auch eine Übernahme aus
antiken Mysterienreligionen. Vorgeschrieben wurde die regelmäßige Beichte von
der Kirche dann erst im Jahre 1215. Und bis zum 17. Jahrhundert legten die
kirchlichen Beicht-Verwalter dazu einen Katalog mit über 17.000 Sünden an, die dem
Priester gebeichtet werden müssen (Catholicus, Um die Kirchen, Nürnberg 1967,
S. 49). Diese Sündenregister dienten als Orientierung, wonach die Priester
den Menschen, auch Kaisern, Königen und höchsten Regierungsvertretern, entsprechende Bußleistungen auferlegen
konnten. Dabei ging es zum einen um die Macht der Kirche über die Menschen und
zum anderen auch um viel Geld.
Der Historiker Karlheinz
Deschner schreibt, man konnte die auferlegte Buße "auch durch Geld begleichen,
wodurch dem Klerus, besonders den Päpsten, eine bedeutende Einnahmequelle
erwuchs" (Der gefälschte Glaube, S. 120). Die aufgrund der
Sündenregister von den Priestern befohlenen Bußleistungen bzw. deren "Ablösung"
waren also eine
Haupt-Einnahmequelle der Kirche.
Der Priester legte also die Höhe der Zahlung fest, aufgrund derer er den Beichtenden
von seinen Sünden "los spricht", und der Gläubige musste bezahlen oder er
riskierte sein Leben.
Und die Beichte ist bis heute ein Instrument des scheinmoralischen Drucks. Wer ohne
Beichte im Stande der "Todsünde" stirbt, komme nach katholischer Lehre
weiterhin in eine angeblich
"ewige Verdammnis". Und wer in der Beichte eine "Todsünde" verschweige, dessen
Beichte wird kirchlich als ungültig erklärt. Ein perfektes Geschäft mit der Angst.
Die
Überwachung dieser totalitären Gesinnungskontrolle durch die Kirche war scharf. Verstöße wurden im Mittelalter mit Auspeitschen bestraft (Henne
by Rhyn, Deutsche Kulturgeschichte, Bd. 1, S. 118). Und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurde in weiten Teilen
Deutschlands die Einhaltung der "Beichtpflicht" von den Ortspfarrern durch die
persönliche Überprüfung der mindestens einmal jährlich abzuholenden
"Beichtzettel" überwacht.
Der kirchliche Geheimdienst und das Beichtsakrament als
Mordwaffe
Die kirchliche Ohrenbeichte, wie das Beichtsakrament vielfach auch genannt wird, in Verbindung mit der Drohung einer angeblich ewigen
Verdammnis einerseits und im Zusammenhang mit Folter und Todesstrafe im Diesseits andererseits ist dabei das Instrument,
mit dem die Kirche Jahrhunderte lang ihre
Macht begründete. Über viele Jahrhunderte war
die Beichte immer ein äußerst wirksames Instrument zur Ausforschung und Beherrschung
der Menschen, das der Kirche auch den Ruf
eintrug, über den besten Geheimdienst der Welt zu verfügen. Sie ist ein Mittel der Gesinnungskontrolle und der
Schuldgefühl-Produktion, das jeden, von den Mächtigen bis zu den Knechten und
Mägden, erfasste. Die Priester waren also auch die geheimen Kundschafter von
Bischöfen, Kardinälen und Päpsten, um das in der Beichte erworbene Wissen zum
optimalen Nutzen der totalitären kirchlichen Macht einzusetzen. Das Sakrament
der Beichte hatte also auch die kirchenpolitische
Funktion, über das Gewissen der Untertanen die Gesinnung und Pläne der Mächtigen
oder Gegner auszuspionieren und sie zu beherrschen.
Und damit diente sie auch
der mörderischen Inquisition und der vielfach mit ihr einher gehenden Denunziation.
Und dies ist auch der Grund, warum die Kirche beim Laterankonzil
in Rom im Jahr 1215
erstmals die regelmäßige Beichte vorgeschrieben hatte. Der Grund war
das aufstrebende Urchristentum der
Waldenser
und der
Katharer
in Südfrankreich,
das Papst Innozenz III.
mit allen Mitteln vernichten wollte. Und um bereits die Keime für nichtkatholisches Denken
auszurotten, legte das Laterankonzil in dem päpstlichen Dekret
Omnis utriusque sexus ("Jeder beiderlei Geschlechts") fest, dass alle
Menschen mindestens einmal im Jahr bei einem katholischen Priester beichten
müssen. Der Papst ordnete dabei an, dass die Priester die Beichtenden
auch nach ihren religiösen Auffassungen ausfragen müssten; und damit im
Verdachtsfall abweichender Vorstellungen sogleich Konsequenzen gezogen
werden konnten, bestimmte der Papst weiter, dass jeder nur bei seinem Ortspriester beichten
durfte. Das Dekret Omnis utriusque sexus gilt bis heute, nur die Anordnung, dass die Beichte
beim Ortspriester erfolgen müsse, wurde im 20. Jahrhundert gelockert.
Die Angst um ihr irdisches Leben und um ihr Seelenheil führte auf diese Weise
dazu, dass viele Katholiken ihre Nächsten, Familienangehörige, Nachbarn,
Bekannte, als "Ketzer" denunzierten. Und
in Verbindung mit dem Kreuzzug gegen die Katharer (= "Albigenser"), der
gleichzeitig mit der Einführung der Regel-Beichte beim Laterankonzil 1215
beschlossen wurde, gelang der Kirche mithilfe der Beichten tatsächlich das
Aufspüren und Ermorden nahezu aller dieser Menschen. Die Beichte war also auf
diese Weise auch zur Mordwaffe, ja zur Massenmordwaffe
im Dienst der Kirche geworden, und sie erfüllte viele Jahrhunderte auch diesen
Zweck, den ihr Papst Innozenz III. einst zugedacht hatte.
Ein weiteres Beispiel:
Auch zahllose Hugenotten in Frankreich wurden aufgrund des katholischen
Beichtsakraments vernichtet. In dem berühmten Schreiben des Jesuiten-Priesters Père La
Chaise, dem Beichtvater von König Ludwig XIV. von Frankreich, schreibt der
Jesuit, wie er den König dazu brachte, das Edikt von Nantes, das seit 1598 den
protestantischen Hugenotten in Frankreich die Tolerierung gewährte, zu widerrufen. Der
Beichtvater wörtlich: "Als ich
ihn zu Beichte hatte, warf ich ihm die Hölle an den Kopf und ließ ihn seufzen,
sich fürchten und zittern, bevor ich ihm die Absolution erteilte." Bei
diesem Vorgehen sagte der Beichtvater, dass es einer "guten Tat" des
Königs bedürfe, um für seine Sünden zu büßen. Der Jesuit wörtlich weiter:
"Daraufhin fragte er mich schließlich, was er tun müsste. Ich sagte ihm, dass er
alle Ketzer aus seinem Königreich ausrotten müsste" (zit. nach Hislop, Von
Babylon nach Rom, S. 136 f.). Und König Ludwig XIV. gehorchte dem
Befehl seines Seelsorgers und hob am 18.10.1685 das Edikt von Nantes
wieder auf. Alle Hugenotten wurden dabei über Nacht aller religiösen und
bürgerlichen Rechte beraubt, und die meisten konnten sich vor ihrer drohenden Ermordung
durch die Flucht in die Niederlande, die Schweiz oder nach Preußen retten.
Auch im Dreißigjährigen Krieg waren es die katholischen Priester, die als
Beichtväter von Königen und Feldherren wirkten und die mithilfe von Beichte und
Buße die Menschen in Krieg und Vernichtung trieben.
Als Beispiel sie hier der Jesuitenpater Wilhelm Lamormaini genannt, der
Beichtvater von Kaiser Ferdinand II., ein brutaler und kompromissloser
Kriegstreiber, der aus dem Beichtstuhl heraus so viel Macht auf den Kaiser
ausübte, dass der Priester Lamormaini als "eigentlicher
Gestalter der Politik galt" (Wikipedia,
Stand: 18.8.2011). Auch die Entlassung des Feldherrn Wallenstein, der sich
im Dreißigjährigen Krieg vielfach um einen Friedensschluss bemühte, wurde dem Kaiser möglicherweise im
Beichtstuhl befohlen.
Die Kirche hatte also in allen den Jahrhunderten auch das
politische und juristische Sagen. Kaiser, Könige und Fürsten waren
oftmals nur die Marionetten ihrer Beichtväter und deren verlängertem Arm in Rom.
Das kirchliche Beichtgeheimnis
untergräbt den Rechtsstaat, denn wer gebeichtet hat, wird nicht der Polizei
gemeldet, auch wenn er Verbrechen begangen hat. Aus diesem Grund wollte der
Staat Irland
eine Zeitlang das so genannte Beichtgeheimnis abschaffen, da es oft genug ein
"Verbrechensgeheimnis"
war und ist und neuen Verbrechen Vorschub leistete
(mehr dazu siehe hier).
Jesus lehrte niemals eine Beichte, sondern die Versöhnung und Vergebung der
Menschen untereinander ohne Priester und ohne Beichtgeheimnis.
Das Beichtsakrament stammt demgegenüber aus antiken heidnischen Kulten. Und
es
dient auch als ein nahezu perfektes "Geheimdienstinstrument",
um bis ins hinterste Schlafzimmer der Beichtenden zu gelangen. Und die Geschichte der Kirche
zeigt, wie vor allem das "Sakrament" der Beichte dazu benutzt wurde, Andersgläubige zu verfolgen und
auszurotten.
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Päpstliche Geheimhaltungspflicht und Beichtgeheimnis
Und dies ist noch lange nicht vorbei. Bis heute existiert eine kirchliche
Parallel-Welt neben den vordergründigen staatlichen Rechtssystemen.
Als Kardinal Joseph Ratzinger im Jahr 2001 die
absolute innerkirchliche
päpstliche Geheimhaltungspflicht bei Kinderschänderverbrechen von
Priestern bei Androhung von Höllenstrafen erneuerte, da unterstrich er einmal
mehr die Existenz dieser eigenen kirchlichen Parallelwelt mit einem eigenen weltweiten
Rechtssystem, das sich bis heute weigert, sich den staatlichen Rechten
und Gesetzen unterzuordnen. Zwar sind die "päpstliche Geheimhaltungspflicht" und
das kirchliche "Beichtgeheimnis" formal zweierlei, doch entstammen sie der
gleichen Quelle, und sie können auch kombiniert werden. Die "päpstliche
Geheimhaltungspflicht" ist ein Schweigegebot bei Verbrechen von Priestern, das
"Beichtgeheimnis" ist das Schweigegebot für jeden Priester gegenüber den
Inhalten, die er bei den Kirchenbeichten von Gläubigen hört.
Beides ist jedoch verknüpft, wenn zum Beispiel ein krimineller Priester sein Verbrechen
nicht in einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten zugibt, sondern wenn er es
diesem bei der Sakramentsdurchführung in der Beichte sozusagen "beichtet". Dann wird dem Vorgesetzten
innerkirchlich sogar doppelt der Mund verschlossen: einmal durch die päpstliche
Geheimhaltungspflicht und dann durch das "Beichtgeheimnis".
In der aktuellen Diskussion argumentieren die Kirchenführer dann auch öfter mit
dem "Beichtgeheimnis" als mit der "Geheimhaltungspflicht". Letztere entwickelt
sich zunehmend zum gesellschaftlichen Skandal, ersteres genießt bei
religionsgeprägten Menschen aber noch den
Hauch von etwas Wichtigem, was gewahrt werden müsse.
So wird das "Beichtgeheimnis" dafür instrumentalisiert, die kirchlichen Gesetze
gegenüber den staatlichen überzuordnen, indem die Kirche behauptet: Was zwischen
Täter, Priester und angeblich "Gott" geschehe, muss vor dem Staat verborgen
gehalten werden. Das heißt: Alles, was nach kirchlicher Ansicht unter das
"Beichtgeheimnis" fällt bzw. was aus kirchlichem Interesse gezielt dort hinein
geheimnist wird, gilt für Polizei, Staatsanwälte und Richter als tabu und ist
allenfalls Bestandteil innerkirchlicher Kommunikationen. Und solange man der
Kirche diese Sonderrechte belässt, sind das Mittelalter und seine unmittelbaren Folgen noch immer nicht vorbei.
"Ego te absolvo
– Die Beichte des Spitzenpolitikers" oder:
"Der Staat ist das Ross, die Kirche der Reiter"
Katholischer Spitzenpolitiker zum (eventuell heimlich pädophilen)
Priester (doch die Neigung des Priesters spielt bei einer Beichte keine
Rolle):
"Ich habe schwer gesündigt". Priester: "Erzähle mir alles!"
Der
Spitzenpolitiker beichtet.
Priester: "Ist das alles? Du weißt.
Ich kann dich nur lossprechen, wenn du alles beichtest und mir, dem
Bevollmächtigten Gottes und Inhaber der Petrus-Vollmacht, nichts
verschweigst."
Der Politiker beichtet jetzt alles.
Priester:
"Das ist aber nicht sehr
erfreulich, was du da sagst".
Politiker: "Ja, ja, ich weiß.
Deshalb tut es mir ja so leid, ich bereue, bereue, bereue. Wie kann ich das
nur wieder gut machen? Ich möchte später nicht in die Hölle kommen, bitte
nicht."
Priester: "Nun. Ich sähe da schon einige Möglichkeiten der Buße. Du
könntest dich dafür einsetzen, dass die Privilegien der Kirche erhalten
bleiben und vor allem die Subventionen nicht
angetastet werden."
Politiker: "O ja. Ich will
alles tun, was Ihr sagt, Hochwürden, wenn Gott mir nur vergibt."
Priester: "Gut. Wenn das so
ist, dann ist Vergebung möglich: Ego te absolvo (= Ich spreche dich los). Sei
losgesprochen von deinen Sünden!"
PS: Ob eine solche oder vergleichbare Beichte tatsächlich stattgefunden haben
könnte oder ob
dies nur eine symbolhafte Erzählung ist, mag jeder selbst beurteilen.
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Was lehrte
Jesus? Was hat die Kirche daraus gemacht?
Jesus
lehrte im Gegensatz zur katholischen Beichtlehre
die Vergebung der Menschen untereinander. Im Vaterunser heißt es
dazu: "Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren
Schuldigern". Und in der Bergpredigt mahnt Jesus eindringlich zur Aussöhnung
mit dem Nächsten, der mit einem auf dem Weg ist,
weil wir sonst für unsere Schuld bezahlen müssen
(Matthäus 5, 23-26).
Priester oder Pfarrer braucht es dafür nicht. Doch im Gegensatz
dazu ist nach kirchlicher Lehre ein Priester oder Pfarrer notwendig, der im
Namen Gottes angeblich vergeben könne. Ob sich die
Menschen untereinander vergeben, ist für den kirchlichen Kult
nicht entscheidend. Vergebung und Um-Vergebung-Bitten ist nicht mehr, wie
bei Jesus, eine Sache zwischen den Menschen, sondern ein kultisches
Geschehen zwischen Menschen, Priestern und der in der Kirche verehrten Gottheit.
Und mit dem
Sakrament der Beichte bzw.
der Ohrenbeichte hat der Priester wie in
früheren Jahrhunderten weiterhin ein
Machtinstrument gegenüber den Gläubigen in seinen Händen, das ihm das
Recht verleiht, sozusagen bis in die "hintersten Schlafzimmerwinkel" der
Gläubigen einzudringen und dieses Wissen gegebenenfalls auch im Interesse
der Kirche nützen zu können.
Bis heute leiden erwachsene Menschen,
die voll im Leben stehen, an der Deformierung ihres Gewissens durch die
kirchlichen Beichtlehren. So berichtete ein
ehemaliger Katholik, er habe sich geschämt, dem Priester die wirklichen
Sünden zu beichten, weil er den Priester ja als Mensch kannte und ihm
niemals solches anvertrauen würde. Gleichzeitig litt er aber daran, dass er
dem Priester wesentliche Sünden verschwieg, denn nun fürchtete er sich,
keine wirkliche Vergebung zu bekommen. An diesem Konflikt und diesem Dilemma
wäre fast sein Leben zerbrochen, bis er der Kirche den Rücken gekehrt hatte
und allmählich frei wurde.
Als Rechtfertigung der Ohrenbeichte dient den Kirchen
vor allem eine Stelle des Neuen
Testaments im Johannesevangelium: "Wessen Sünden ihr nachgelassen habt, denen sind sie
nachgelassen; wessen ihr sie behalten habt, denen sind sie behalten"
(Johannes 20, 21-23). Einige Übersetzer halten sie für dem Sinn nach falsch übersetzt,
denn man könnte es gemäß dem Gesetz von Saat und Ernte auch so verstehen: "Wenn ihr Sünden nachgelassen
habt, dann werden sie auch euch selbst nachgelassen; wenn ihr sie behaltet, dann
werden sie auch euch selbst behalten." Also: Wie ihr mit anderen umgeht, so
wird auch mit euch umgegangen. Diese Deutung ist vergleichbar der Bitte
im Vaterunser, wo es heißt: "Und vergib´ uns unsere Schuld, wie auch wir
vergeben unseren Schuldigern." Das heißt: Wir bitten um Vergebung,
da auch wir unsererseits vergeben.
Doch selbst wenn man voraus setzt, dass die von den Kirchen verwendete Übersetzung den Sinn
besser treffen würde, dann ist auch für diesen Fall nicht von Priestern und einer Kirche die Rede.
Die Worte sollte dann nämlich jeder auf sich beziehen, und die Bedeutung ist dann
folgende: Wenn
ich dem Nächsten, der sich an mir versündigte, die Sünden "nachlasse", das
heißt
vergebe, sind sie nachgelassen. Wenn nicht, bleibt die Schuld weiter an ihm haften.
Bei dieser Deutung gelangt man gut zur ursprünglichen Lehre von Jesus, wonach die
Vergebung der Sünden ein Vorgang zwischen den betroffenen Menschen selbst ist.
Das Ohr eines sündigen Priesters braucht es dafür nicht und schon gar nicht
seine Anmaßung, eine "Absolution" aussprechen zu können. Sondern das
versöhnungsbereite Herz aller Beteiligten ist entscheidend – ohne Priester und Kirche.
Was ist der "Schlüssel des
Himmelreichs"?
Die Kirche jedoch behauptet, Jesus habe ihnen, den Kirchenmännern, "befohlen", den Menschen die
Beichte abzunehmen. Doch es gibt keinen Auftrag oder Befehl
des Jesus von Nazareth an eine Kirche, so zu handeln. Worauf sich die Kirchen beziehen,
ist eine von ihr so genannte "Schlüsselgewalt", die ihr gemäß
ihrer eigenen Lehre
angeblich von Jesus
verliehen worden sei. Als Grundlage für diese Lehre werden die Worte von Jesus an Petrus im
kirchlichen Sinne verbogen. Die Worte lauten: "Ich
will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; alles, was du auf Erden binden wirst, soll
auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im
Himmel los sein" (Matthäus 16, 19).
Was Jesus hier dem Petrus sagte, ist aber eine allgemeine Gesetzmäßigkeit, die jeder
für sein Leben anwenden kann, so eben auch Petrus, und die Jesus jedem anderen auch
hätte sagen können. Und genau das hat Er ja auch getan.
So heißt es im Matthäusevangelium einige Zeilen weiter
in allgemeiner Form: "Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel
gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein" (18, 18).
Hier ist weder von Priestern die Rede noch von einer Kirche, auch von
Petrus nicht mehr, sondern Jesus spricht vom Gesetz von Saat und
Ernte, und mit dem Wort "Himmel" ist in diesem Fall
dem Sinn nach das Jenseits gemeint.
Die Worte von Jesus erklären
den Sinn der Lebensschule Erde und dass sich das
diesseitige Leben im
Jenseits fortsetzt: Die Menschen, die sich auf der Erde von
etwas abhängig machen, sich also an etwas "binden", sich
also Lasten auferlegen, die sie unfrei machen, werden auch als Seelen im Jenseits
abhängig und an die entsprechenden
Lasten gebunden und damit und unfrei sein. Was aber auf der Erde gelöst, also bereinigt wird, davon
wird der Mensch auch als Seele im Jenseits frei sein.
Hier geht es um die innere
Freiheit: Alle Schuld und alle Belastungen, die auf der Erde
durch Reue, Vergebung und Wiedergutmachung gelöst werden, werden die Seele auch
im Jenseits nicht mehr belasten. Es ist gelöst, es ist "vergessen", und die Betroffenen sind
diesbezüglich wieder frei. Das ist die Bedeutung des
Jesuswortes. Das Gesetz von Saat und Ernte erfährt also durch den Tod des Menschen keine
Unterbrechung. Das Leben geht weiter, und eventuell mündet es in eine oder viele neue
Inkarnationen.
In Matthäus 16, 19 spricht Jesus
also davon, dass dieses "Lösen" von Abhängigkeit und Schuld auf der Erde der
"Schlüssel des Himmelreichs"
ist. Nicht der Tod schließt einem Menschen demnach den Himmel auf. Der Tod gibt dem Menschen nichts und er nimmt ihm
nichts. Es geht für die Seele im Jenseits an der Stelle weiter, an dem
das Leben im Diesseits beendet wurde, nur eben ohne materiellen Körper (vgl. Der Theologe Nr. 2 über den urchristlichen Glauben an
Reinkarnation). Die Kirche verbiegt also diese Stelle zum eigenen
Nutzen. Und sie
unterschlägt, dass Jesus mit dem Wort in Matthäus 18 alle
Christen angesprochen hat. Sie greift nur die Parallelstelle in
Matthäus 16, 19 heraus, wo Jesus diese Gesetzmäßigkeit beispielhaft
seinem Jünger Petrus erklärt. Dann konstruiert sich die Kirche selbst
als angebliche "Nachfolgerin" des Petrus und phantasiert
weiter, mit diesem
Satz hätte Jesus der Kirche als der angeblichen Nachfolgerin des Petrus eine "Schlüsselgewalt"
verliehen. Und diese so genannte Schlüsselgewalt dürfen wiederum – wie
in allen heidnischen Kulten – ausschließlich die Priester im "Sakrament
der Beichte" ausüben. Alles das ist eine massive Irreführung der
Menschen, womit sie weiter an ihre Sündenschuld und deren negative Folgen
gebunden werden. Es ist Missbrauch, nichts als Missbrauch des guten
Namens von Christus und eine Verhöhnung Seiner Person.
Noch der kirchenheilig gesprochene Kirchenvater Hieronymus (+ 419) lehnte deshalb das
heutige kirchliche Beichtsakrament mit klaren Worten ab:
"Die Priester maßen sich etwas vom
Hochmut der Pharisäer an, dass sie entweder die Unschuldigen
verdammen oder die Schuldigen freizusprechen meinen. Vor Gott wird
aber nicht nach dem Urteil des Priesters, sondern nach dem Leben des
Schuldigen gefragt."
(Hieronymus zu Mt. 16,19; T VII. 1. p. 124 ed. Valarsi)
Doch die Kirche vertraut darauf, dass die Leute zu dumm
sind, um das kirchliche Lügengebäude zu durchschauen und dass sie aus
Unkenntnis auf die kirchlichen Manipulationen hereinfallen. So ist
nicht einmal sicher, dass Petrus überhaupt in Rom war. Und das angebliche
Petrusgrab unter dem Petersdom ist bereits als Legende entlarvt. In Wirklichkeit
war dort eine Opferstätte des mithräischen Baalskultes, an dem Stiere
geschlachtet wurden. Doch selbst wenn die Petrusknochen dort echt wären, würde
das die Betrügereien kaum mindern.
Und diese Irreführungen hat die Kirche dann in ihren Dogmen und Lehraussagen noch
weiter ausgebaut.
Kirchliche
Original-Dokumente zur Beichte
Nachfolgend eine Auswahl von kirchlichen
Original-Dokumenten zur Beichte aus dem
Lehrwerk Josef Neuner, Heinrich Roos, Der Glaube der Kirche in den
Urkunden der Lehrverkündigung, neubearbeitet von Karl Rahner und Karl-Heinz Weger,
Regensburg 1971, 13. Auflage 1992. Nachfolgende Lehrsätze Nr. 668,
669, 674, 688 und 905 gelten allesamt als "unfehlbar". Der Lehrsatz Nr. 898
gilt zwar nicht als "unfehlbar", muss jedoch aufgrund des wiederum
"unfehlbaren" Lehrsatzes Nr. 85 ("Wer nicht die ganze kirchliche
Überlieferung annimmt, die geschriebene wie die ungeschriebene, der sei
ausgeschlossen") gleichfalls von Katholiken verbindlich geglaubt werden.
Lehrsatz Nr.
668
– Wer sagt, die sakramentale Lossprechung des Priesters sei kein
richterlicher Akt, sondern eine reine Dienstleistung der Verkündigung
und Erklärung, dem Bekennenden seien die Sünden erlassen, falls er
glaubt, dass er freigesprochen sei, ... der sei ausgeschlossen.
[Anmerkung: Das bedeutet auch "später ewig in der Hölle
verdammt"]
Lehrsatz Nr.
669
– Wer sagt, die Priester, die im Stand der Todsünde sind
[Anmerkung: also wenn
– um einmal ein zugespitztes Beispiel zu bringen – ein Priester unmittelbar vor
der sakramentalen Lossprechung
etwa ein Kind in der Sakristei vergewaltigt hat], hätten nicht die Vollmacht, zu
binden und zu lösen, ... der sei ausgeschlossen.
[Anmerkung: Das
bedeutet auch "später ewig in der Hölle verdammt"]
Anmerkung: Die katholische Kirche unterscheidet
grundsätzlich zwischen "lässlichen Sünden" einerseits und "schweren
Sünden" bzw. "Todsünden" andererseits. Demnach ist nicht
erst ein Mord oder ein Sexualverbrechen an einem Kind (die leider zu
Tausenden auch bei Priestern vorgekommen sind und weiter passieren) eine "Todsünde".
Schon die Leugnung
einer katholischen Glaubenswahrheit zählt dazu, weil der
Betroffene dadurch zum "Häretiker" wird. Das hier genannte Beispiel ist
jedoch bewusst drastischer ausgewählt, um den Sachverhalt besser zu
veranschaulichen.
Dazu noch eine weiter gehende Frage: Was ist, wenn der
Priester zuvor ausgerechnet noch das Kind des Beichtenden sexuell missbraucht hat und der
Beichtende deswegen die Lossprechung von seinen Sünden durch den
verbrecherischen Priester nicht akzeptiert? Wird er dann auch
"ausgeschlossen", d. h. ewig in der Hölle verdammt? Nach der hier dargelegten Lehre ist
das so. Der Priester hingegen könnte später den Himmel betreten, wenn er
sich seinerseits durch einen anderen Priester "lossprechen" lässt.
Lehrsatz Nr.
674
– Wer sagt, die Schlüsselgewalt sei der Kirche nur zum Lösen, nicht aber
auch zum Binden übergeben, und also handelten die Priester gegen den
Zweck der Schlüsselgewalt und gegen die Einsetzung Christi, wenn sie den
Beichtenden Strafen auferlegen, und es sei Einbildung, dass die
zeitliche Strafe meist noch abzubüßen bleibe, nachdem die ewige Strafe
kraft der Schlüsselgewalt aufgehoben sei, der sei ausgeschlossen. [Anmerkung]
Anmerkung: Das
bedeutet erstens: Die Priester sind auch die Richter und dürfen die Menschen
bestrafen. Und zweitens: Selbst wenn der katholische Gott schon verziehen
habe, muss die Strafe des Priesters noch abgebüßt werden. Wer dies nicht
glaube, werde von diesem Gott erneut bestraft, und zwar angeblich mit ewiger Hölle.
Lehrsatz Nr.
688
– Da von Christus der Kirche die Vollmacht
gegeben wurde, Ablässe mitzuteilen, ... verurteilt [die Kirche] diejenigen mit
Ausschluss [Anmerkung],
die sie für unnütz erklären oder der Kirche das Recht absprechen, sie zu
verleihen. Doch wünscht die heilige Kirchenversammlung, dass man bei der
Verleihung von Ablässen nach altem bewährten Brauch der Kirche Maß halte, damit
nicht bei zu großer Nachgiebigkeit die kirchliche Zucht entkräftet werden.
Anmerkung: Faktisch
kommt der Ablass einer völligen Entmachtung ihres "Gottes" zugunsten der
Kirche selbst gleich. Die Kirche setzt sich hier selbst gottgleich an die Stelle
ihres "Gottes", indem sie nicht nur über die zeitlichen Strafen bestimmt,
sondern auch behauptet, über die jenseitigen "Sündenstrafen" und ihre Dauer
bestimmen zu können,
selbst für bereits verstorbene Menschen). Damit hat sich
der selbsternannte "Stellvertreter Gottes" in Rom die komplette Macht im Universum
zugesprochen, über die sichtbare und die unsichtbare Welt, während "Gott"
selbst dies alles schweigend im päpstlichen Sinne billige.
Lehrsatz Nr.
898
– Wer aber ohne Buße in der Todsünde
stirbt [Anmerkung: = schwere Sünde im Unterschied zu
"lässlicher" Sünde, wobei es bereits als eine "schwere Sünde" bzw.
"Todsünde" gilt, wenn einer der hier angeführten Glaubenssätze nicht für
wahr gehalten wird], wird ohne Zweifel von der Glut der ewigen
Hölle auf immer gepeinigt.
Lehrsatz Nr.
905
– Ferner bestimmen
Wir: Wie Gott allgemein angeordnet hat, steigen die Seelen derer, die in
einer tatsächlichen schweren Sünde verschieden, sofort in die Hölle
hinab, wo sie von höllischen Qualen gepeinigt werden ...
Katholische und evangelische Beichte und der Ablass
Die Beichte zählt also zu den wesentlichen vermeintlichen "Rettungsangeboten" der Kirchen,
weil sie die Sündenvergebung bewirken soll.
Sie wird als eine angeblich von Jesus eingesetzte kirchliche Handlung
betrachtet, in der Gott wirken soll, ein so genanntes "Sakrament". Die
katholische Kirche lehrt sieben Sakramente. Neben ihrer Beichte noch die
Säuglingstaufe, die Eucharistie (das Abendmahl), die Firmung (die
Taufbestätigung), die letzte Ölung, die Priesterweihe und die Ehe. Die
Lutherischen lehren demgegenüber nur zwei "Sakramente", die Säuglingstaufe
und das Abendmahl.
Beichtstuhl: Dahinter wartet der katholische Priester auf den Gläubigen.
(Bild: Antaya; Creative Commons Lizenz)
In der katholischen Kirche gibt es die Formulierung "Dieser selbe Gott vergebe
durch mich Sünder", gemeint ist der Priester. Das Wort "Sünder"
klingt demütig, doch was steckt hinter der Formulierung? Und welches Bild ergibt
sich, wenn man den Ablass einbezieht? Der Ablass gilt als der
"Erlass einer
zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt
sind" (Katechismus der Katholischen Kirche, München 1993, Nr. 1471). Hinter
diesen Worten verbirgt sich zunächst die kirchliche Theorie, dass eine Schuld bereits durch
das von der Kirche durchgeführte "Bußsakrament" getilgt sei.
Die nächste Frage wäre dann aber, wie mit möglichen Nachwirkungen der Schuld
umgegangen werden soll. Auch hier spricht sich die Kirche die
Verfügungsvollmacht zu, indem sie vorgibt, aus dem "Schatz der Genugtuung
Christi und der Heiligen" über den Erlass oder Teilerlass für
"zeitliche
Sündenstrafen" "autoritativ"
verfügen zu können. Dies geschieht "unter genau bestimmten Bedingungen"
und sei sogar für Verstorbene im Jenseits möglich, deren Läuterungsweg dadurch
verkürzt würde.
Das kirchliche Tun beim "Bußsakrament" bekommt zusätzliches Gewicht dadurch,
dass es heißt, es sei "nach wie vor der einzige
[!] ordentliche Weg der Versöhnung mit Gott und
der Kirche, wenn ein solches Sündenbekenntnis nicht physisch oder moralisch
unmöglich ist". (Ordo poenitentiae 31, Katechismus Nr. 1484)
Bei diesem Thema wie auch bei vielen anderen nennen die Amtskirchen "Gott" und
"Kirche" in einem Atemzug, was eine Vereinnahmung und
ein grober Missbrauch des Namens Gottes ist, letztlich eine Verhöhnung Gottes.
Die Entstehung der evangelischen Kirche begann im 16.
Jahrhundert mit dem Kampf gegen den Ablass der katholischen Kirche.
Was ist aus dieser Auseinandersetzung um die
"Buße" geworden? In der evangelischen Kirche
toleriert man heute den Ablass, was
man z. B. an Reaktionen auf den katholischen Jubiläumsablass im Jahr 2000 sah,
wo ein evangelisch-lutherischer Bischof mit feierlicher Miene daneben stand, als der Papst
diesen Ablass "erteilte". Und auch in der
evangelischen Kirche blieb ja der geistige Vollmachtsanspruch der Pfarrer auf
diesem Gebiet erhalten.
Und hier ein
Originaldokument der evangelisch-lutherischen Kirche zur Beichte aus dem Lehrwerk
Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, herausgegeben
im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, 9. Auflage, Göttingen 1982.
Zwar betrachtet die evangelische Kirche die Beichte nicht wie die Katholiken
als ein angeblich von Jesus eingesetztes "Sakrament", doch hält sie an dem
falschen Anspruch der Pfarrer und Priester, angeblich Sünden vergeben zu
können, fest. Nachfolgender Lehrsatz aus diesem Werk ist für evangelisch-lutherische
Kirchenmitglieder verbindlicher Glaube, und jeder Pfarrer wird darauf
vereidigt.
Confessio Augustana, Artikel 12 –
"Von der Buße wird gelehrt, dass diejenigen, die nach
der Taufe gesündigt haben, jederzeit, wenn sie Buße tun, Vergebung der
Sünden erlangen und ihnen die Absolution von der Kirche nicht verweigert
werden soll ... [Es] werden die verworfen [= ewig verdammt],
die nicht lehren, dass man durch den Glauben Vergebung der Sünden erlangt,
sondern durch unsere Genugtuung."
Anmerkung: Wer also sein Vergehen direkt mit dem
Menschen in Ordnung bringt, an dem er schuldig geworden ist und nicht in
die Kirche oder zum Pfarrer in die Beichte geht, wird nach evangelischer
Lehre ewig verdammt. Um dieser Höchststrafe zu entgehen, bräuchte er
nämlich auch nach dieser Lehre den richtigen Glauben und die "Absolution" durch einen Pfarrer.
Mehrmals im Jahr habe ich als evangelischer Pfarrer zum Beispiel eine
so genannte "Gemeinsamen Beichte" verantwortlich geleitet. Dabei geschieht
folgendes:
Zunächst betet der Pfarrer laut einige vorbereitende Worte, die in die Frage
an die Anwesenden mündeten: "Vor dem heiligen Gott frage ich einen jeden von euch:
Bekennst du, dass du schuldig geworden bist, und bereust du deine Schuld? Begehrst du die
Vergebung deiner Schuld im Namen Jesu Christi? Glaubst du auch, dass die Vergebung, die
ich dir zuspreche, Gottes Vergebung ist, so antworte: Ja."
Die Teilnehmer antworten laut mit "Ja", woraufhin der Pfarrer
fortsetzt: "Wie ihr glaubt, so geschehe euch. In Kraft des Befehls, den der Herr
seiner Kirche gegeben hat, spreche ich euch frei, ledig und los: Euch ist eure Schuld
vergeben. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes."
Die Teilnehmer antworteten "Amen" und der Pfarrer sagt darauf
hin: "Gehet
hin in Frieden!"
Bei den Absolutionsworten nach einer katholische oder evangelischen Beichte
soll es also Gott sein, der durch den Pfarrer vergibt. Und der Beichtende soll der Sünde fortan
"abgestorben" sein, wie es
manchmal heißt. Was natürlich nicht funktioniert, weil die Ursachen
bzw. Wurzeln der "Sünde" weiter wirken und den Menschen bei nächster Gelegenheit wieder
zu entsprechendem oder ähnlichem Handeln veranlassen.
Ein Pfarrer
bittet die Beichtenden nachträglich um Vergebung
Als ehemaliger evangelischer Pfarrer habe ich
also einst selbst den Menschen die "Beichten" abgenommen. Später
habe ich diese Menschen in Gedanken um Verzeihung gebeten, die an den von
mir einst als Pfarrer verantworteten "Beichten" teilgenommen
haben. Ich weiß nicht, wie viele Menschen sich damals in der
falschen Sicherheit wogen, es sei dadurch etwas vergeben worden, was in
Wirklichkeit noch nicht vergeben war.
Dazu ein Beispiel: Nehmen wir an, jemand empfindet Schuldgefühle seinem von ihm geschiedenen Ehepartner
gegenüber. Beide gehen nun getrennte Wege, doch vieles aus der Vergangenheit ist nicht
aufgearbeitet, eventuell überlagern Vorwürfe an den anderen die volle Erkenntnis der
eigenen Schuld. Mit gemischten Gefühlen nimmt der Mensch jetzt an der "Gemeinsamen
Beichte" in der evangelischen Kirche teil. Ihm wurde nicht gelehrt, dass eine Schuld z. B. erst vergeben sein kann,
wenn auch der an dieser Schuld Leidende dem Betreffenden vergibt. Davon ist der ehemalige
Partner aber eventuell noch weit entfernt.
Bei der evangelischen Beichte spricht der Pfarrer im Namen Gottes nun den einen
"frei, ledig und los". Dieser glaubt vielleicht daran und betrachtet die Angelegenheit
damit als bereinigt. Mögliche spätere Gewissensbisse bringt er in sich zum Schweigen, auch
eventuell tiefer gehende Empfindungen über seinen Anteil Schuld. Ihm sei ja
angeblich von Gott
vergeben worden. Möglicherweise wurde ihm vom Pfarrer in einem Einzelgespräch sogar noch
nachdrücklich empfohlen, einfach fester zu glauben, dass ihm vergeben sei, um
seinen Gewissensbissen Herr zu werden.
In der Zwischenzeit gerät
sein ehemaliger Partner immer mehr auf die schiefe Bahn und setzt weitere negative
Ursachen, die in seinem Leben weitere negative Wirkungen nach sich ziehen. Und in seinen Gedanken und Gefühlen macht jener immer heftiger seinen früheren
Partner dafür verantwortlich, dessen Schuld ja scheinbar vergeben worden ist. Kann dieser
nun sagen: "Ich habe mit dem heutigen Leben des ehemaligen Partners nichts mehr zu tun,
denn mir ist vergeben worden, für mich ist die Sache in Ordnung"? In der Bergpredigt
spricht Jesus von einer ähnlichen Situation und sagt: "Darum: Wenn du deine Gabe
auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich
hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit
deinem Bruder und dann komm und opfere deine Gabe" (Matthäus 5, 23 f.).
Sinngemäß heißt das: Wenn du dich Gott zuwenden willst und du spürst, dass es in
der Beziehung zu einem Menschen nicht stimmt, dann gehe zu diesem Menschen und
bringe das Verhältnis in Ordnung.
Die Zusammenhänge bei der Vergebung, wie sie von Jesus in der
Bergpredigt erläutert werden, stehen auch hinter dem Text
des Vaterunser, wie es in den Kirchen gebetet wird: "Vergib uns unsere
Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern". Also: Erst wenn die Menschen
sich untereinander vergeben haben, kann die jeweilige Schuld weggenommen werden. Gott könnte uns nach einer echten
Reue zwar sofort vergeben, und Er ist auch jederzeit dazu bereit. Doch es kommt
hier auf unseren Nächsten an. Denn Gott liebt alle gleich,
und auch in unserem Nächsten ist Gott.
Wie wäre es nämlich, wenn dem einen komplett vergeben ist, der einem anderen zum Beispiel mit Absicht Schaden
zufügte und der hinterher betete ´Gott vergib mir`? Obwohl der Geschädigte in seiner
Not noch nicht vergeben kann und vielleicht deswegen selbst schuldig geworden
ist? Indem er etwas Böses tat, was er vermutlich ohne das Leid, das ihm zuvor
angetan wurde, nicht getan hätte? Wäre das die Gerechtigkeit, wenn diesem wegen
dessen mangelnder Einsicht nicht vergeben ist, dem ursprünglichen Täter jedoch schon?
Das Schicksal wird früher oder später gerecht abwägen. Und die feinen Zusammenhänge von Saat und Ernte können nicht durch eine kirchliche
Zeremonie oder ein religiöses Erleben eines Beteiligten einfach aufgelöst
werden.
Der Pfarrer kann sich zum Beispiel fragen: Was ist, wenn er im Namen Gottes etwas zu
vergeben vorgibt, was noch nicht vergeben ist? Kann jemand wirklich guten
Gewissens glauben, dass die Schuld, die er als Pfarrer vergibt, "Gottes
Vergebung" ist? Woher nimmt er denn diese Behauptung, die völlig
falsch ist? Ist das nicht eine Parallele zur
"Geschichte vom Sündenfall", in welcher der Mensch damit
versucht wird, angeblich sein zu können wie Gott?
Mancher Pfarrer mag sagen, er müsse eben von Amts wegen so handeln.
Doch seine Verantwortung kann er deswegen nicht auf andere abschieben und das Amt kann ihn auch
nicht schützen. Er hat den Beruf ja selbst gewählt. Und jedem Pfarrer wird sein Anteil
zugewogen, für den er als Person verantwortlich ist, wenn Menschen in die Irre
geführt und um große Chancen ihres Lebens gebracht werden.
Eine "Beichtdemonstration"
ungewöhnlicher Art inszenierte die römisch-katholische Kirche dazu beim
Weltjugendtag 2011 in Madrid: Wie auf einer Stange saßen 100 katholische Priester in eigens für diesen
Event gebauten Beichtstühlen in wenigen Metern Abstand nebeneinander, und die Jugendlichen
steuerten jeweils einen der Priester an, um sich von ihm die angebliche
"Lossprechung" zu holen.
Um
noch einmal auf oben genanntes Beispiel von
gegenseitiger Schuld unter ehemaligen Eheleuten zurück zu kommen: Der in der Kirche scheinbar
"Losgesprochene" der beiden Ex-Eheleute könnte sich später, eventuell im Jenseits, auf den Pfarrer
berufen, wenn negative Wirkungen aus der ehemaligen Partnerschaft auf ihn zukommen. Der
Pfarrer habe ihm doch im Namen Gottes vergeben.
Der Pfarrer seinerseits kann sich nicht einmal mehr an diesen Menschen erinnern, denn nur
bei der einen "Gemeinsamen Beichte" sind über 100 Menschen aufgestanden
und haben vom Pfarrer die "Vergebung Gottes" bekommen – jeder
in einer anderen Lebenssituation, die meisten davon dem Pfarrer unbekannt.
Wie ist es nun, wenn sich eines Tages herausstellt, dass die "Beichte"
und die "Absolution" bzw. "Lossprechung"
des einen Partners durch einen Pfarrer mitverantwortlich dafür war, dass
es zu keiner wirklichen Aufarbeitung und Versöhnung der beiden gekommen ist?
Und das ist jetzt nur ein Beispiel. Unter Umständen hat ein Pfarrer, wie es
seine berufliche Pflicht ist, bei Tausenden "die Beichte abgenommen". Dazu
kommen die vielen Predigten, in denen der Pfarrer über dieses Thema
gesprochen hat. Und für jede einzelne Irreführung wird er
gemäß seines Anteils durch das Gesetz von Saat und Ernte zur Rechenschaft
gezogen. Eventuell über mehrere Inkarnationen.
Oder in den jenseitigen Welten. Dort würden die Pfarrer und Priester gemäß ihrem eigenen Glauben nach dem Tod
allerdings in den "Himmel" einziehen. Doch wo sind sie dann wirklich? Wohl
werden sie dort unter sich und ihresgleichen sein, was sich eine Zeitlang gemäß
ihren Vorstellungen wenigstens ein klein wenig "himmlisch" anfühlen könnte. Doch die Wirkungen aus
ihren Verfehlungen werden sie früher oder später einholen.
Theologen kommen
nicht so schnell in den Himmel
Martin
Luther sagte einmal: "Es ist sehr fraglich, ob Juristen selig werden, da es
doch den Theologen schwer ist, obwohl die Theologen bereits gerecht und im
Himmel sind" (Tischreden, Luther Deutsch, Nr. 361).
Doch sind Theologen wirklich im "Himmel"? Irgendwann, wenn sie keine verkopften Theologen mehr sind,
sondern zu Kindern Gottes geworden sind und alles bereut und wieder gutgemacht
haben und ihnen auch von ihren Opfern vergeben wurde. Mögliche Folgeschäden bei
den Gläubigen durch das
Sakrament der Beichte sind ja nur ein Detail einer übergroßen Sündenschuld der
Theologen. Man kann auch an die zahllosen Verbrechen kirchlicher
Würdenträger denken, die noch nicht gesühnt sind, an die
Hinrichtung von Andersgläubigen, an Glaubenskriege, Kreuzzüge,
an so genannte Hexenverbrennungen, an die Judenverfolgungen oder
daran, dass man Tieren heute noch abspricht, eine unsterbliche
Seele zu haben, und dass man Tierversuche und den Mord an Tieren
erlaubt und vieles mehr. In den Seelenreichen ist alles offenbar,
was heute noch verborgen ist.
Und die kirchlichen Anstifter können sich dort nicht mehr in ihren fein
gestickten Gewändern verstecken. Denn alle Verbrechen fallen, so sie nicht rechtzeitig vergeben und wieder gut gemacht sind,
früher oder später auf die Verantwortlichen zurück, und dazu zählt auch das Leid, das wir den Tieren angetan haben.
An dieser Stelle könnte man auch einmal fragen: Warum
wird in den Kirchen das Gesetz von Saat und
Ernte und das Urwissen der Menschheit um die Reinkarnation nicht mehr gelehrt,
obwohl das Gesetz von Saat und Ernte wörtlich in der Bibel steht, bei
Paulus (Galater 6, 7): "Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht
spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten"? Und obwohl das
Urwissen der Reinkarnation in antiken "apokryphen" Schriften des
Urchristentums überliefert wird und seither durch Prophetenmund mehrfach
wiederholt worden ist. Doch würde die Kirche das Gesetz von Saat und
Ernte bejahen, dann müssten die kirchlichen Obrigkeiten ja lehren,
dass sie auch selbst darunter fallen und dass sich die
zahlreichen ungesühnten Verbrechen der Kirchengeschichte noch auswirken, sofern die
Wirkung nicht schon eingetreten wäre.
Allgemein geantwortet: Jemand, der um das Gesetz von Saat und Ernte weiß, wird sich
anders verhalten als jemand, der glaubt, unter dem Deckmantel einer sofort alles
verzeihenden Gnade möglichen Wirkungen entgehen zu können.
Wer der Kirche und ihren Beichtpraktiken also keinen Glauben schenkt,
sondern um das Gesetz von Saat und Ernte weiß, für den hält das Leben viele
Chancen der Selbsterkenntnis und Läuterung bereit. Umgekehrt: Wer sich auf
die Absolutionen von Priestern und Pfarrern verlässt, der wird um die Chancen seines Lebens gebracht.
Beichtgeheimnis = Verbrechensgeheimnis
abschaffen
Von daher
stellt sich auch die Frage nach dem Sinn des "Beichtgeheimnisses",
das die
Kirche als ein wichtiges ethisches Gut anpreist. Natürlich ist es positiv
und manchmal notwendig, wenn sich ein Mensch in einer Notlage einem anderen
verständnisvollen Menschen anvertrauen kann. Aber dazu braucht es doch keinen
Priester. Besser wäre ein verständnisvoller Freund oder vielleicht auch ein gut ausgebildeter
Psychologe. Außerdem schafft die Atmosphäre eines Beichtstuhls eine künstliche
und zwanghafte Situation, die nur wenigen hilft und die mit den kirchlichen
Ritual- und Sakramenten-Vorschriften auch aufs Schwerste belastet ist. Wünscht ein
Ratsuchender die Anonymität, braucht es dazu auch keinen Priester. Und geht es
um Verbrechen, dann sollten die Gesetze und gesetzlichen Bestimmungen für alle
Menschen gleich gelten. Bzw. es sollte eine einheitliche Gesetzeslage für alle
Menschen in beratenden Berufen gelten, ob für Psychotherapeuten, Anwälte oder
Kirchenvertreter. Es ist überhaupt nicht notwendig, dass Priester hier für sich
einmalige Sonderrechte beanspruchen und auf diese Weise das Vertuschungssystem
für Verbrechen in den eigenen Reihen extrem fördern.
Derzeit braucht ein Priester jedoch nur das Zauberwort "Beichtgeheimnis" zu sagen, und er kann auf diese Weise
jede Straftat, von welcher er Kenntnis hat, legal vertuschen, indem er den
Sachverhalt so dreht, dass es sich hier um die sakramentale Beichte gehandelt
habe. Wie oft auf diese Weise vornehmlich Sexualverbrechen von Priestern an Kindern vertuscht
wurden, lässt sich kaum ermessen, solange die Geheimnisse nicht alle eines Tages
gelüftet sind. Blickt man jedoch in die Geschichte der Kirche, dann ist sie voll
von Verbrechen von Priestern.
Der Historiker Alexander Hislop schrieb: "Im päpstlichen Rom gingen im
Zusammenhang mit dem korrupten und korrumpierenden System der Beichte die
... Abscheulichkeiten von der priesterlichen Ehelosigkeit aus"
(Von Babylon nach Rom, S. 202).
Im Rom des 16. Jahrhunderts hatten Familienväter zum Beispiel große Angst, dass die
katholischen Priester ihre Frauen und Töchter verführen. Und sie betrachteten
Bordelle oft als "das einzige Mittel", um die Hochwürden von diesen
Verbrechen und Verführungen abzuhalten. Wenn nun
aber ein Priester bei
seinem Vorgesetzten "beichtete", dass er, anstatt ins Bordell gegangen
zu sein, ein Kind vergewaltigt habe, dann kann sich der Vorgesetzte bis heute auf das "Beichtgeheimnis" berufen
und damit neuen Verbrechen Vorschub leisten.
Neues Gesetz gegen
katholische Vertuschung? Ausweisung des päpstlichen Nuntius im Gespräch
In Irland
wollte man diese kirchliche Geheimniskrämerei um Verbrechen herum nun beenden.
Auslöser dafür war, dass der Vatikan im Jahr 1997 die irischen Bischöfe sogar davon
abgehalten hat, Verbrechen der Polizei zu melden und dieses skandalöse Vorgehen
nachträglich auch noch rechtfertigt. Aus diesem Grund gingen die Iren auf die
Barrikaden und nahmen Strafvereitelungen auf Anweisung von Kirchenführern nicht
mehr hin, ob sie nun im Rahmen der päpstlichen Geheimhaltungspflicht oder
mit Berufung auf das Beichtgeheimnis erfolgten. Das Wohl ihrer Kinder war der
irischen Regierung offenbar wichtiger als der Ruf ihrer Kirche. Und Ministerpräsident
"Enda Kenny erklärte, dass es ´absolut
schändlich` sei, dass der Vatikan sein Kirchenrecht über das irische Strafrecht
stelle. Das Irland des 21. Jahrhunderts werde sich nicht länger katholischer
Macht fügen. Auch der Justizminister Alan Shatter äußerte, dass kein
ausländischer Staat irgendeiner Organisation Vorgaben machen sollte, wenn es um
den Schutz von Kindern gehe, dies gelte vor allem für die katholische Kirche"
(kath.net, 15.7.2011). Enda Kenny wörtlich: "Das irische Recht sollte nicht
vor Bischofsstab oder Priesterkragen halt machen." Auch deutete er an,
"dass der
Fall auch Konsequenzen für die diplomatische Vertretung des Heiligen Stuhls in
Irland haben könnte" (gaelnet.de, 14.7.2011). Noch
deutlichere Worte "fand der Fine Gael-Fraktionsvorsitzende Charlie Flanagan, der
eine Ausweisung von Nuntius Erzbischof Leanza einforderte. Wenn sich
irgendeine fremde Regierung mit irischen Bürgern zum Rechtsbruch verschwöre,
würde deren Botschafter ausgewiesen, so Flanagan, und er sei der Ansicht,
dass man an den päpstlichen Nuntius dieselben Standards anlegen sollte".
Dem widersprechen Papst, Vatikan und Kirche, welche die Sonderrechte der
Ohrenbeichte in vollem Umfang weiter in Anspruch nehmen wollen, auch wenn
dadurch schwerste Verbrechen vertuscht werden können und aus dem staatlichen
Rechtsbereich in den kirchlichen Rechtsbereich überführt werden können. Zu ihrer
Entlastung verweist die Kirche als Alternative gerne auf die von ihr kürzlich
ernannten "Missbrauchsbeauftragten". Doch dazu stehen im Opfer-NetzwerkB
folgende Worte: "Missbrauchsbeauftragte werden ernannt, deren oberstes Anliegen ist,
sich, ihre Brüder, ihre Institutionen, ihre Interessen und das System zu
schützen. Und das tun sie" (fabian in netzwerkb.org, 26.7.2011). Der
Kampf um Aufklärung statt kirchlicher "Beichtvertuschung" steht also erst am
Anfang, und auch die kirchliche Seite hielt in Irland dagegen:
"Wie der Sprecher einer katholischen Priestervereinigung, Tony Flannery,
erklärte, werden irische Priester auch dann das Beichtgeheimnis wahren, wenn
ihnen dafür in Zukunft Strafverfolgung drohen sollte" (freiewelt.net,
21.7.2011). Die klerikalen Täter und Ihresgleichen versuchten auf diese
Weise einmal mehr, sich zu "Opfern" zu machen, und zahllose Kinder-Opfer
in Irland blieben
dadurch wieder auf der Strecke.
Irland:
Nach Vertuschung schon Schwerstverbrechen an Kindern durch den Vatikan –
Regierung bereitet Gesetz gegen "Beichtgeheimnis" vor
"Eine kürzlich
veröffentlichte Untersuchung hatte ergeben, dass die katholische Kirche in
Rom den irischen Bischöfen in einem Schreiben 1997 davon abgeraten hatte,
pädophile Priester der Polizei zu melden. Selbst 2008 wurden den Ermittlern
zufolge noch Beweise zurückgehalten. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen
Irland und dem Vatikan spitzten sich in den vergangenen Wochen zu. Im
irischen Parlament beschwerte sich Ministerpräsident Enda Kenny in der
letzten Woche über «die Fehlfunktion, die Abkapselung, das Elitedenken und
den Narzissmus, welche die Kultur des Vatikans bis zu diesem Tag
dominieren». Seine Regierungskoalition bereite ein Gesetz vor, die es zu
einem Verbrechen mache, Beweise über Kindesmissbrauch zurückzuhalten, auch
wenn sie Inhalt einer Beichte waren. Die katholische Kirche beharrt darauf,
dass das in der Beichte Gesagte niemals offengelegt werden darf."
(Neue Zürcher Zeitung, 25.7.2011) |
Am Ende
setzte sich die Kirche auch hier faktisch durch. Zwar wurde im Jahr 2012 die
Ausnahme, im Falle eines so genannten "Beichtgeheimnisses" Kindsmissbrauch
nicht polizeilich anzeigen zu müssen, offiziell abgeschafft. Doch ist bis
heute keine Gerichtsverfahren bekannt, in welchem dies zur Anwendung
gekommen wäre.
Wie ist die
Rechtslage in anderen Ländern? In den USA und in
Frankreich gibt es beispielsweise eine "Anzeigepflicht" von Sexualverbrechen an Kindern
bei der Polizei. In Deutschland ist dies noch nicht der Fall, was im Zusammenhang mit dem
Beichtgeheimnis dazu führt, dass der Rechtsstaat untergraben
wird.
Aus diesem Grund
haben die Freien Christen die katholischen Bischöfe aufgefordert, von sich
aus ihren Einfluss in der Politik geltend zu machen, um auch in Deutschland
eine solche Anzeigenpflicht einzuführen.
Doch einstweilen dominiert in Deutschland weiterhin die päpstliche
Geheimhaltungspflicht in Verbindung mit dem "Beichtgeheimnis", das
vielfach auch
ein "Verbrechensgeheimnis" ist. Und dieses Verbrechensgeheimnis wird
erst seit dem Jahr 2010 zunehmend gelüftet, weil nun immer mehr Opfer sich
getrauen, ihr Schweigen zu brechen. Und immer mehr Menschen
erkennen auch, dass die sündigen Priester niemals im Namen Gottes "vergeben" und
"lossprechen" können, sondern dass sie in der Regel weit mehr als viele andere selbst der
Vergebung ihrer Opfer bedürfen. Doch eben nicht einer "Scheinvergebung" durch ein kirchliches
Sakrament, die es in Wahrheit gar nicht gibt, sondern die Vergebung der Geschädigten selbst. Diese werden aber
nur in den
seltensten Fällen dazu bereit sein, solange die Priester nicht echte Reue zeigen
anstatt sich zu beschweren, wenn sie massiv angeklagt werden. Und solange
sie nicht bereit sind, umfangreiche Wiedergutmachungen zu leisten anstatt
nur ein Taschengeld anzubieten.
Doch indem sie
von den Opfern vielfach "Barmherzigkeit" für sich einfordern, versuchen manche
Täter und Täteranwälte, den Opfern erneut ein schlechtes Gewissen einzureden. Früher, indem man
ihnen drohte, nichts zu erzählen, heute, indem man sie ermahnt, sie
müssten barmherziger sein.
Der Text kann wie
folgt zitiert werden:
Zeitschrift "Der Theologe", Herausgeber Dieter Potzel, Ausgabe Nr.
55, Das Beichtgeheimnis – Kirchliche Kontrolle und Vertuschung, zit. nach
theologe.de/beichte_beichtgeheimnis-abschaffen.htm, Fassung vom
11.3.2024,
Copyright © und Impressum siehe
hier.
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DER THEOLOGE,
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