Der Theologe Nr. 30, aktualisiert am 3.10.2024
Im Jahr 2007, das die katholische Kirche zum "Elisabethjahr" ausrief, waren 800 Jahre vergangen, nachdem Elisabeth (ungarisch: Erzsébet) am 7. Juli 1207 als ungarische Königstochter vielleicht im heutigen Bratislava in der heutigen Slowakei geboren wurde, wahrscheinlich aber in der Stadt Sárospatak im Nordosten von Ungarn. Sie wird deshalb auch Elisabeth von Ungarn genannt *. Mit erst 24 Jahren stirbt sie am 17. November 1231 in Marburg in Hessen. Zuvor hatte sie sich – zuerst freiwillig, später auf Anordnung ihres so genannten "Seelsorgers" Konrad von Marburg (1180/90-1233) – vor allem um arme und schwerkranke Menschen gekümmert, so die glaubhafte Überlieferung. Von der römisch-katholischen Kirche wird die junge Frau aus Ungarn nun unter dem Namen "Elisabeth von Thüringen" bereits 1235 "heilig" gesprochen, nachdem sie zu ihren irdischen Lebzeiten der Kirche und ihrem so genannten "Beichtvater" Konrad grenzenlosen und bedingungslosen Gehorsam versprochen hatte. Doch wurde dieses Versprechen für sie nicht zu einer Sackgasse, aus der sie keinen Ausweg mehr fand? Und wurde sie nicht letztlich zu einer "Kirchenheiligen" wider ihren Willen? Ähnlich wie die ca. 28 Jahre vor Elisabeths Geburt in Deutschland verstorbene Hildegard von Bingen?, bekannt auch unter dem Namen "Prophetin der Deutschen". Das Verhalten beider Frauen wurde im Nachhinein immer mehr katholisch verklärt und deren Geschichte wurde zunehmend der katholischen Legendenbildung unterworfen.
Auf dem Mosaik in der Elisabethkapelle
(1907 nach einem Entwurf von
Carl Ederer) in der Franz-von-Assisi-Kirche in Wien wird die
Königstochter Elisabeth von Ungarn selbst als "regina", also
als Königin dargestellt, was als Symbol verstanden
werden kann. Die äußere Krone einer deutschen Kaiserin lehnte sie jedoch ab,
und sie hatte sich zuvor auch nicht die Krone als thüringische Landgräfin aufgesetzt,
hatte sie stattdessen auf einem Altar abgelegt. Doch ihre Demut wurde und wird vom
Machtstreben der katholischen Kirche, die sie entmündigte und ihrem
Inquisitor Konrad von Marburg unterstellte, auf das Furchtbarste
missbraucht.
(Lizenz: Bwag/ CC-BY-SA-4.0)
In dieser Untersuchung sind wir jedoch der
unverfälschten Geschichte der Elisabeth von Thüringen auf der Spur. Dazu
gehört: Konrad von Marburg hatte sie immer wieder geschlagen und auch seelisch
gequält, und er trägt einen großen Teil der Verantwortung für ihre letztlich
tödliche körperliche und seelische "Erschöpfung". Bei der Frage
nach der Todesursache würde man in unserer Zeit
vielleicht von einem unmittelbar vorausgehenden extremen "Burnout"
sprechen. Ein Widerspruch
Elisabeths gegenüber einzelnen von Konrads Anordnungen und Befehlen, was sie
zu tun hätte, wäre ein Bruch ihres verhängnisvollen
Gehorsamsgelübdes gegenüber der Kirche gewesen und hätte wohl genügt, sie
damals auf den
Scheiterhaufen zu bringen
– so wie zahllose aufrechte Frauen und Männer in dieser Zeit, die von
der Machtkirche als "Ketzer" verfolgt und auf deren Betreiben
teils nach vorausgehender Folter grausam hingerichtet wurden. Denn einer der
mörderischsten Inquisitoren der katholischen Kirche war ausgerechnet Konrad
von Marburg selbst, der das Leben Elisabeths in deren letzten Jahren bis ins Detail kontrolliert und
bestimmt hatte. Als spezieller kirchlicher Gedenktag Elisabeths gilt bis
heute der 19.
November, zwei Tage nachdem sie
im Jahr 1231 in Marburg im Alter von 24 Jahren an "Entkräftung"
gestorben war.
Zuletzt im Jahr 2007 wurde in der Vatikankirche ein Gedenkjahr, ein Jubiläum, für Elisabeth von Thüringen
gefeiert. Denn die Ungarin gilt für die Kirchengläubigen auch als "deutsche
Nationalheilige des Mittelalters" und
als "Patronin
der Caritas", und sie wird auch in Ungarn bis heute verehrt.
Die dunklen und am Ende selbstzerstörerisch wirkenden Züge in ihrer Biographie werden jedoch meist verschwiegen. Das Leben und Sterben
von
Elisabeth von Ungarn, deren Schicksal sich in Thüringen entschied, ist
nämlich – ungeschönt betrachtet – auch eine stumme Anklage gegen die Kirche und gegen
deren
totalitären Machtanspruch, was in dieser Untersuchung
nachfolgend im Einzelnen belegt wird. Befreit von der Vereinnahmung als
angebliche "Heilige" der Romkirche treten auch ihre edlen, kraftvollen und
vorbildlichen Charakterzüge deutlicher hervor.
Das Rosenwunder und die tote Elisabeth als Vorzeige-Frau der mörderischen Inquisition
Der Prozess gegen Elisabeths Verwandten Heinrich III.
Konrad von Marburg ereilt sein Schicksal
Leiche an Leiche: Konrad nahe bei Elisabeth,
Konrads Geliebter noch dazu
Päpstlicher Kreuzzugsaufruf
gegen den Kaiser, den "Ketzer"
Der Tod von Kaiser Friedrich und die ungesühnte Schuld
Der Psychoanalytiker Horst Eberhard Richter:
Konrad will seine Untaten durch Elisabeth absegnen lassen
Elisabeth und die
Abgründe der Kirche
Das Leben und Sterben der jungen
ungarischen Prinzessin Elisabeth zeigt auf, welch
brutale Macht die Kirche über einen einzelnen Menschen gewinnen kann. Der
Überlieferung liegen vor allem zwei Niederschriften aus dem 13. Jahrhundert zugrunde:
die
Summa vitae
von Konrad von Marburg und die Biografie Leben und Legende der
heiligen Elisabeth von Dietrich von Apolda. Im
"Elisabeth-Gedenkjahr", das die römisch-katholische Kirche für das Jahr 2007
aufgerufen hatte, wurde dabei Elisabeths Verhalten als vorbildlich hervorgehoben und damit auch ihr kirchlicher Glaube
in scheinbar positiver Weise dargestellt. Betrachtet man jedoch Elisabeths Leben und
Sterben etwas genauer, tun sich tiefe Abgründe auf.
So hat zwar die hessische Stadt Marburg, in
der sie zuletzt lebte und starb, mit folgendem Satz aus ihrem Mund geworben:
"Wir wollen die
Menschen froh machen." Doch selbst stirbt sie, wie der Philosoph
Dr. Joachim Kahl glaubhaft darlegt, "als ausgebranntes Opfer ihrer Religion"
(Oberhessische Presse, 17.2.2007), und
"ihre froh machende Perspektive
war eine jenseitsbezogene" (Marburger Magazin Express, Nr. 7/2007). Das
heißt: "Die Freude Elisabeths bezieht sich" nach Dr. Kahl
"nur auf die ungeduldig
erwartete Erlösung im himmlischen Paradies"
(zit. nach Oberhessische
Presse, 17.2.2007). Um diesem Ziel vermeintlich näher zu kommen, hatte
sich Elisabeth von Thüringen im 13. Jahrhundert der größten Machtorganisation
des Kontinents unterworfen, der römisch-katholischen Kirche, während sich überall
in Deutschland und in Europa "Brüder und Schwestern des Freien Geistes"
aus der kirchlichen Fessel zu lösen versuchten und eine Nachfolge Jesu
ohne Institution Kirche vorlebten, weswegen sie auf Betreiben der
Papstkirche gefoltert und ermordet wurden, wo immer die damalige
Priesterkaste und deren staatliche Ausführungsorgane sie als
Christusnachfolger identifizierte und zu fassen bekam.
Diese Kirche, der Elisabeth letztlich bis zu ihrem bitteren irdischen
Lebensende komplett verfallen ist,
hat ihren Glauben immer wieder in bis heute gültige Dogmen
verfasst, mit denen die
Gläubigen auch bis heute an diese Kirche gebunden werden – bei Verfluchung und
Androhung angeblich ewiger Hölle bei Widerspruch dagegen.
Wir möchten einen dieser Lehrsätze dieser Untersuchung voran stellen, weil
er zentral und beispielhaft für die gesamte ca. 2000jährige
Kirchengeschichte ist. Zwar stammt der nachfolgende Wortlaut erst aus späterer Zeit, dem 19. Jahrhundert, verfasst vom im
Jahr 2000 "selig gesprochenen" Papst Pius IX., doch sein Inhalt
erstreckt sich praktisch von den Anfängen dieser Kirche als beginnende Staatskirche
im 4. Jahrhundert bis
hinein in die
Gegenwart. Er zeigt auf, wie
die Kirche, die Elisabeth von Thüringen "heilig" sprach, bis dahin
und auch in späterer Zeit immer
handelte und welchen Anspruch sie auch heute noch erhebt, auch wenn sie sich
nur noch selten in dieser Deutlichkeit öffentlich äußert. Der Lehrsatz
lautet:
"Die Kirche hat
kraft ihrer göttlichen Einsetzung die Pflicht, auf das gewissenhafteste das
Gut des göttlichen Glaubens unversehrt und vollkommen zu bewahren und
beständig mit größtem Eifer über das Heil der Seelen zu wachen. Deshalb muss
sie mit peinlicher Sorgfalt alles entfernen und ausmerzen, was gegen den
Glauben ist oder dem Seelenheil irgendwie schaden könnte. Somit kommt der
Kirche aus der ihr vom göttlichen Urheber übertragenen Machtvollkommenheit
nicht nur das Recht zu, sondern sogar die Pflicht, gleich welche Irrlehren
nicht nur nicht zu dulden, sondern vielmehr zu verbieten und zu verurteilen,
wenn das die Unversehrtheit des Glaubens und das Heil der Seelen fordern."
(Aus einem dogmatisch verbindlichen römisch-katholischen Lehrbrief von Papst Pius IX. an den Erzbischof von
München-Freising aus dem Jahr 1862, zit. nach Neuner/Roos, Der Glaube der Kirche, Regensburg 1992,
Lehrsatz
Nr. 382)
Im 13. Jahrhundert, also zu
irdischen Lebzeiten Elisabeths, war dies nicht anders als hier in diesem
späteren Dokument aus dem 19. Jahrhundert. Und
damals konnte die Kirche ihre
hier behauptete "Machtvollkommenheit" auch noch rigoros politisch durchsetzen.
Elisabeth von Thüringen lebte in dieser Zeit in einer
Art Schicksalsbeziehung mit dem Großinquisitor Konrad von Marburg. Der
katholische Mönch und Beauftragte des Papstes (9) war im
dämonischen Geiste dieses hier zitierten Lehrsatzes von einem
Ausmerzungswahn gegenüber allem
Nichtkatholischen getrieben, und seine Blutspur zieht sich Anfang des 13. Jahrhunderts quer durch
das deutsche Land. Damit trägt er im Rückblick entscheidend dazu bei, dass
sich die Kirche einmal mehr als massivste Gegnerin von Jesusnachfolgern
entlarvte – entgegen der von ihr behaupteten Fassade, angeblich
christlich zu sein.
Elisabeth war zur ihren irdischen Lebzeiten praktisch entmündigt, und andere bestimmten
weitgehend über ihr Leben. Schon im Jahr 1211 als 4-jähriges Mädchen
bringt man das 2. Kind des Königspaares von Ungarn (sie
hatte noch drei Brüder und eine Schwester) zur späteren Verheiratung an den Hof
der Landgrafen von Thüringen in Eisenach. Dies ist eine machtpolitische Entscheidung,
um entsprechende Bündnisse und Abhängigkeiten unter den Königs- und Adelshäusern zu
konstruieren. Ihre Eltern Andreas II. und Gertrud von Andechs
aus Deutschland pflegen in Ungarn ein auf Vetternwirtschaft und unrechtmäßigen
Vergünstigungen beruhendes Herrschaftssystem vielfach "üblicher" Art. Elisabeths Mutter wird
deshalb im Jahr 1213, während sie selbst auf einer Jagd Tieren nachstellt, von wütenden Adligen ermordet.
Oder ihr eigener Ehemann hätte sie bei dieser Gelegenheit enthaupten lassen, wie es in anderen
Überlieferungen heißt. Zu diesem Zeitpunkt lebte deren Tochter Elisabeth, mittlerweile sechs Jahre alt, bereits
in Deutschland, im thüringischen Eisenach.
In der Zwischenzeit geschieht
vor allem in Südfrankreich etwas, was die Geschichte maßgeblich prägen wird
und was in Deutschland auch vom Wirken Hildegards von Bingen im 12.
Jahrhundert mit vorbereitet wurde.
In Südfrankreich erhält das wieder erwachte Urchristentum großen Zulauf, und die Menschen
einer ganzen Region wenden sich überwiegend ihm zu. Die Menschen ziehen sich
in Scharen aus der Kirche zurück und möchten Jesus, dem Christus, ohne Dogma
und Glaubenszwang nachfolgen. Man nennt die dortigen Urchristen später in
Anlehnung an das Wort "katharoi" (= die Reinen) auch
Katharer.
Und Südfrankreich, damals auch Okzitanien genannt, erlebt um das Jahr 1200 und
in den folgenden Jahren mit den Katharern eine kurze
hoffnungsvolle Blütezeit auf fast allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens.
Die Priesterkaste in Rom hat
deshalb große Angst, dass in dieser Situation immer mehr Menschen auch in
anderen Ländern den
historischen Betrug der Kirche durchschauen. Denn die katholische Kirche
gibt sich zwar ebenfalls als Nachfolgerin von Christus aus, ist faktisch jedoch
Seine Gegenspielerin, insofern sie in dessen
Namen das Gegenteil von dem tut, was Christus wollte und will. Damit
schändet sie Seinen
Namen und Seine Friedens- und Freiheitsbotschaft
(siehe dazu
Der Theologe Nr. 25 – Die
Kirche – ein totalitärer Götzenkult).
Und auf diese
Weise der schändlichen Vereinnahmung sollen Jesus, der Christus, und Seine gelebte Lehre der
Gottes- und Nächstenliebe
im Freien Geist, ohne Dogma und Zwang,
letztlich ausgeschaltet werden. So lange
die urchristlichen Ideale dabei nur als Theorie
existierten, hielt sich die
Unruhe in der Männerwelt innerhalb der Kirchenmauern jeweils in Grenzen. Was aber, wenn es eine
lebendige Alternative zum Kirchenkonstrukt gibt, bei der wieder an Jesus von
Nazareth angeknüpft wird? Dann zeigte die Kirche zu allen Zeiten – von den
Inquisitoren der Geschichte bis zu den "Sektenbeauftragten" der Gegenwart
–
ihr sonst vielfach noch verborgenes Gesicht. Dann fiel der Vorhang, und er fällt
im 21. Jahrhundert täglich mehr. Das Urchristentum sollte und soll
nach dem Willen der Kirche ausgerottet bzw. "ausgemerzt" werden
(vgl. oben den verbindlichen katholischen Lehrsatz aus späterer Zeit), und damals waren es Tausende von Anhängern in Südfrankreich,
die deshalb auf Betreiben der Papstkirche ermordet werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, rufen die Päpste
in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts mehrere Kreuzzüge gegen die
Katharer (die nach der Stadt Albi manchmal auch "Albigenser" genannt
werden) aus, bis diese im Zeitraum von 1208 bis 1244 tatsächlich vernichtet
bzw. "ausgemerzt" worden sind.
Unter dem Motto "Erschlagt sie alle, Gott kennt die
Seinen", das der
päpstliche Legat Arnold von Citeaux ausgegeben hatte
(zit. nach Walter
Nigg, Das Buch der Ketzer, Zürich 1986, S. 228), werden
zum Beispiel beim
Massaker von Beziérs im Jahr 1209 alle 20.000 Einwohner der Stadt von den
päpstlichen Kreuzfahrern hingeschlachtet.
Später, im Jahr
1212, wird auch die Teilnahme von Pater Konrad von Marburg (geboren zwischen
1180 und 1190) an diesem Kreuzzug gegen die französischen Urchristen bezeugt, vielleicht schon
damals in
leitender Funktion. Und Konrad ist zumindest beteiligt, als weiter im Norden, in
Straßburg, 80 "Ketzer" auf dem Scheiterhaufen lebendig verbrannt werden,
und er sollte die junge ungarische Königstochter bald vollständig in
seine Gewalt bekommen – in Abhängigkeit bis hin zur Hörigkeit, aus
der die einst lebensfrohe und herzliche junge Frau keinen Ausweg mehr findet
und in diesem Zustand schließlich sehr früh dahin siecht und stirbt. Bereits 1199 hatte Papst Innozenz
III. im Zusammenhang der Verfolgung von Urchristen die Losung ausgegeben:
"Es lasse sich niemand
verleiten von falschem Mitleiden [mit den nichtkatholischen Christen] ...
Treu und Glauben braucht einem Ketzer
[gegenüber] nicht gehalten zu
werden, und der Betrug,
gegen ihn geübt, wird geheiligt."
(zit. nach
Der Theologe Nr. 86)
"Mit peinlicher Sorgfalt alles entfernen und ausmerzen", was
gemäß den
römisch-katholischen Theorien dem Seelenheil der Menschen "irgendwie schaden" könne
– das
schreibt sogar das
Glaubensbekenntnis des
"seligen" Pius IX.
den Katholiken seit über 160 Jahren auch offiziell vor, und viele Jahrhunderte lang
zuvor wurden dabei auch die Leben von Menschen direkt ausgemerzt.
So fürchtet die Kirche zu Beginn des 13.
Jahrhunderts eine ähnliche Entwicklung wie in Südfrankreich auch in
Deutschland. Denn auch hier erhalten Brüder und Schwestern des Freien
Geistes in vielen Regionen immer mehr Zulauf. Man spricht manchmal auch von
Beginen (den Frauen) bzw. Begarden (den Männern), die ohne kirchliche Einbindung Werke der Nächstenliebe üben,
ohne dabei jedoch die Kirche zu kritisieren und wohl meist auch wissend um
die Lebensgefahr bei Äußerungen in diese Richtung. Doch es mehren sich
auch die Stimmen und die Gruppierungen, welche die Kirchenmacht durchschauen
und nicht dazu schweigen, dass sie die Romkirche in der Nachfolge
der Schriftgelehrten und Priester sehen, die von Jesus von Nazareth mit Seinen Wehe-Rufen
einst entlarvt wurden – letztlich als Variante des
Baal-Kults – und deren "Vater"
laut den Worten von Jesus von Nazareth der
"Teufel" ist, der ein '"Mörder" und "Lügner" ist von Anfang an
(Johannesevangelium, Kapitel 8) und gegen den alle
Gottesprophetinnen und -propheten immer ihre Stimme erhoben hatten.
Die Romkirche betraut
deshalb ihren "Diener" Konrad von Marburg mit seiner
dämonischen Lebensaufgabe: der vollständigen Ausrottung aller "Ketzer"
in Deutschland. Dazu wird der
Beauftragte der Papstkirche auch zur
erbarmungslosen Hinrichtung all´ derer ermächtigt, die auch nur verdächtigt werden, dem
Urchristentum oder anderen Abweichungen von der römisch-katholischen Lehre nahe zu stehen oder
diese zu tolerieren. Und hierbei werden in der Folgezeit auch die
Häuser der Verdächtigen zerstört, und ihr Vermögen wird zwischen Kirche und Staat
aufgeteilt – eine wesentliche Grundlage des heutigen unermesslichen Reichtums
der katholischen Kirche und auch ihres späteren Ablegers, der evangelischen
Kirche.
Vor allem nämlich mit finanziellen Versprechungen lockte damals die Kirche die lokalen
staatlichen Behörden zur aktiven Teilnahme an der Inquisition. Konrad von Marburg gilt
dabei als "angesehen", weil er sich offenbar nicht persönlich an seinen Opfern
bereichert und sonst ebenfalls materiell asketisch lebt – im Unterschied
zu anderen Kirchenführern, die für die Bevölkerung offensichtlich wie die Maden im Speck leben. (1)
Als Vorstufe zu Hinrichtungen tut sich Konrad auch als Verleumder und Lügner
hervor, etwa, wenn er die absurde Meinung vertritt, "Katharer" stamme von "Kater" ab,
und die Urchristen, die auch Tierfreunde sind und meist auch kein Fleisch
verzehren, würden mit den Katzen
angeblich Geschlechtsverkehr pflegen (u.a. kops.uni-konstanz.de). In
Wirklichkeit entstammt diese Anschuldigung nur seiner eigenen perversen Phantasie. In
bisher kaum gekanntem Ausmaß werden Nachfolger des Jesus von Nazareth von
Konrad und seinesgleichen verleumdet, verhöhnt, verteufelt, verfolgt und zu
Tode massakriert.
Neben dem Krieg gegen Minderheiten in den von ihr beherrschten Ländern gibt es
für den Katholizismus auch eine große außenpolitische Front. So will Papst Innozenz III.,
welcher
in der von der Kirche geprägten Geschichtsschreibung als der bedeutendste Papst des
Mittelalters gilt (1198-1216), den verlorenen 4. Kreuzzug in den Nahen Osten
im Jahr 1198 nicht einfach hinnehmen. Deshalb ruft er im Jahr 1215, beim "großen" Laterankonzil
der römisch-katholischen Kirche in Rom, zu einem neuen Kreuzzugs-Krieg gegen die Moslems in
Palästina auf. Die Bevölkerung in Deutschland ist allerdings "kreuzzugsmüde",
wie es in den Geschichtsbüchern heißt. Doch das soll sich bald ändern, denn
"ausgerechnet in dieser Lage gelang es Konrad durch
außergewöhnliche Rednerbegabung und das schöne Versprechen, durch
Kreuzzugsteilnahme einige Monate Fegefeuer im Jenseits zu sparen, Volkes
Meinung umzustimmen".
(zit. nach uni-protokolle.de, /Lexikon/ der Eintrag "Konrad_von_Marburg.html"
ist 2024
nicht mehr abrufbar)
So ist also der spätere "Beichtvater" der
bald als Landgräfin Elisabeth von Thüringen bekannten Elisabeth von Ungarn in doppelter
Mission unterwegs: Andersgläubige in Deutschland zu vernichten und die
Bevölkerung gleichzeitig für einen neuen blutigen Kreuzzug in den Nahen Osten zu
gewinnen und dafür Kreuzfahrer anzuwerben, die bereit sind, die Region zu
erobern und die dort lebenden Muslime dafür zu ermorden. Konrad von Marburg wirkt dabei
entweder als dem Papst unmittelbar unterstellter Beauftragter oder als
Franziskaner-Mönch
und damit als Angehöriger eines Ordens, den es erst seit dem Jahr 1210 gibt.
Genau lässt sich seine kirchliche Legitimation nicht mehr ermitteln (9). Auf jeden Fall
spielt der Franziskaner-Orden eine entscheidende negative Rolle bei den
schicksalhaften Ereignissen in Deutschland im Allgemeinen und bei Elisabeth
im Speziellen. Diesen Orden lassen die
Vorläufer des heutigen Vatikan zusammen mit
dem Dominikaner-Orden (seit 1216)
vor allem deshalb gründen, um die Menschen, die von der tätigen
Nächstenliebe der Urchristen z. B. in
Südfrankreich begeistert sind, in der Kirche zu halten.
Den Dominikanern kommt dabei in erste
Linie das Aufspüren und die Ermordung Andersgläubiger zu,
während die Franziskaner sich mehr um die kirchliche Alternative kümmern sollen.
Dazu muss die spätere Vatikankirche (die ab Ende des 14. Jahrhunderts auf
dem Vatikan-Hügel in Rom residiert, deshalb später der Name "Vatikan") notgedrungen christliche Verhaltensweisen nachahmen lassen, um die
Zustimmung der Menschen zu erheischen und die Kontrolle über
sie behalten zu können. Hierzu werden vor allem
Franz von Assisi
und seine Anhänger mit ihren Idealen von Einfachheit und Naturverbundenheit
benutzt und teilweise auch missbraucht (2). Doch Franz
von Assisi und seine 11 Gefährten (eine Nachahmung der 12 Jünger des
Jesus von Nazareth) tragen für
den Missbrauch ihrer Ideale selbst einen großen Teil
der Verantwortung, da sie sich dem Papst unterworfen haben. Im Jahr 1208 kam es in Rom dabei zu einer Art
schicksalhaftem "Kuhhandel": Papst Innozenz III. gab Franz und seinen Freunden den
päpstlichen "Segen". Im Gegenzug verpflichteten sich diese, Kleriker (also
Priester) zu wählen
und in ihrer Gemeinschaft eine katholische Hierarchie aufzubauen. Damit wird Jesus von Nazareth, der niemals
Kleriker und eine Hierarchie wollte und sich nie einem Papst unterworfen hätte,
auch von Franz von Assisi und seinen Begleitern
schmählich verraten. Doch wer weiß, welche Rolle hier auch Ängste oder
diplomatische Erwägungen spielten? Denn das Machtgebaren der Kirche über
Leben und Tod der Menschen war ja offensichtlich, und so mancher kritische
freie Geist wollte zumindest nicht leichtfertig das Todes-Martyrium
als "Ketzer" erleiden.
Die folgende Entwicklung bei den so genannten Franziskanern ist dann für die
Papstkirche
allerdings mehr oder weniger
Formsache: So wird im Jahr 1223 die "Gemeinschafts-Regel" der Franziskaner von
Papst Honorius III. anerkannt. Und später werden sogar fünf Franziskaner selbst
Päpste (Sixtus IV., Julius II., Sixtus V., Clemens XIV., Alexander V.).
Und auch der "heilige" (seit 1690) Johannes Capistranus (oder Capestranus
oder Capistrano) (1386-1456), der
als erster die Ausrottung der Juden in Zentraleuropa propagierte, war ein berühmter Franziskaner-Prediger (3).
Lediglich eine Gruppierung von Franziskanern, die sich ca. 30 Jahre
nach dem Tod des Gründers Franz von Assisi heraus bildet, die so genannten
"Franziskaner-Spiritualen" oder
Apostelbrüder, lässt sich nicht von der Kirche einspannen, und diese
ernsthaften und ehrlichen Brüder bezahlen ihren Mut und ihre Konsequenz mit
dem schrecklichen Foltertod auf Betreiben der katholischen Papstkirche.
Während die Kirche die urchristlichen Katharer in Frankreich im 13.
Jahrhundert also
gleichsam bestialisch ausrottet, schafft sie sich selbst mithilfe der ihr
unterworfenen
Franziskaner
bis heute
einen Zweig, in dem sie einige urchristliche Ideale unter ihrer
Gewaltherrschaft vereinnahmt, wie es schließlich auch mit dem Leben von
Elisabeth von Thüringen geschieht. Darin zeigt sich beispielhaft die immer wieder
in der Geschichte angewandte
kirchliche Doppelstrategie: Menschen außerhalb
der Kirche vernichten und gleichzeitig das Beeindruckende in deren Leben in
die Kirche zu integrieren suchen oder durch Kirchenhörige imitieren zu
lassen. Mit dieser Doppelstrategie täuscht die
Kirche – seit ihren Anfängen als "frühkatholische Kirche" um das Jahr 100 bis
in die Gegenwart – immer wieder zahllose Menschen guten Willens, die z. B.
Jesus von Nazareth nachfolgen wollen und glauben, dass dies innerhalb der
Kirche möglich oder gar geboten sei. So haben sie es also immer gemacht.
Damals und auch heute.
Ein Kind klammert sich verzweifelt an seine Mutter, die von den Häschern der Kirche auf den Scheiterhaufen gezerrt wird.
Der Papst und das Gefolge des Stuhles Petri in Rom sind von den mörderischen Hetzpredigten von Konrad von Marburg hellauf begeistert. Papst Innozenz III. und später sein Nachfolger Gregor IX. verleihen dem mutmaßlichen Franziskaner (9) uneingeschränkte und damit absolute juristische Vollmachten für ganz Deutschland. Konrad von Marburg ist jetzt unmittelbar dem Papst unterstellt und kann an allen deutschen Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen und an deren Gerichten vorbei urteilen und richten. Er braucht sich also nicht mehr um die dem Papst nachgeordnete Hierarchie zu kümmern. Er selbst darf nach eigenem Ermessen den päpstlichen Willen direkt vollziehen. Und Deutschland tritt auf diese Weise wieder einmal ein in eine seiner besonders dunklen Epochen. Es ist die Zeit um das Jahr 1224, als erst unmerklich, aber bald stetig in Deutschland die Scheiterhaufen zu lodern beginnen, die der damalige Beauftragte der heutigen Vatikankirche in allen Orten, durch die er zieht, aufrichten lässt. Er beginnt seine "Wirksamkeit" im Elsass und zieht von dort zunächst rheinaufwärts bis Mainz und Köln. Sind Konrad und seine Helfer "gnädig", wird den Verdächtigen "nur" die Zunge abgeschnitten, oder sie werden zu lebenslanger Kerkerhaft unter grausamen Bedingungen verurteilt, was einem Todesurteil auf Raten gleichkommt. Die Kirche beginnt einmal mehr ein grausames Zerstörungswerk, und sie stürzt Familien und Gemeinschaften, unzählige liebenswerte Menschen und ihre Verwandten und Freunde, in ein mit Worten nicht zu beschreibendes Elend, in eine nahezu beispiellose Hölle auf Erden mit unsäglichen Qualen – man denke nur an die vielen unschuldigen Menschen, denen der Beauftragte des Papstes die Zunge herausschneiden ließ – unsägliches Grauen und Leid durch diese Religion. Das Land verwandelt sich an immer mehr Orten in ein Tränenmeer, und die Herren der Kirche und ihr Gefolge triumphieren, und sie sprechen sich einmal mehr die "Machtvollkommenheit" zu und damit die Führerschaft der dämonischen Ader auf der Erde.
In dieser Zeit erlebte das ungarische Kind Elisabeth in der Fremde am Landgrafen-Hof in Eisenach eine offenbar freudige Kindheit, und sie wuchs zu einer sehr anmutigen und tatkräftigen Jugendlichen heran. Früh wurde sie jedoch auch schon mit dem Tod konfrontiert. Nach der Ermordung ihrer Mutter 1213 in Ungarn stirbt ihr Verlobter, um dessentwillen sie als Vierjährige nach Eisenach gebracht wurde, im Jahr 1219, als Elisabeth erst 12 Jahre alt ist. So wird sie nun dessen Bruder versprochen. Dieser hatte 1217 im Alter von 17 Jahren die Herrschaft in Thüringen als Landgraf Ludwig IV. angetreten. Vier Jahre später, im Jahr 1221, kommt es zur Hochzeit mit Elisabeth. Elisabeth ist jetzt 14 Jahre alt, ihr Mann Ludwig 21, und von der jungen Ehe wird einigermaßen glaubhaft nur Positives berichtet. Sie soll also glücklich gewesen sein und auch mit einem gewissen Esprit. Allerdings zeigt sich bei Elisabeth auch bereits ein asketischer katholischer Fanatismus, der ihr später zum Verhängnis werden soll.
Als eines Tages
Kaiser Friedrich II. die Wartburg in Eisenach besucht und die üblichen Tischgespräche der
herrschenden Männerrunden mit ihren egomanen Selbstdarstellungen beginnen,
unterschwellig inspiriert von dem Protzgehabe,
wer wohl von den Herren der Größte sei, bleibt sie lange schweigend sitzend
daneben. Dann fällt auch ihr etwas ein,
was sie beitragen könnte.
Sie spricht von einem "elenden" Kind, das sie jeden Morgen besucht.
"Der
Gang führt durch ein reifendes Weizenfeld. Von diesem begann Elisabeth zu
erzählen. Und wie sie von ihren Halmen sprach, wurde das Herz ihr wieder
frei" (Hahn, a.a.O., S. 36). So soll sie, vergleichbar den Mystikern
aller Religionen, in einer innigen Verbindung zu Menschen, Tieren und anderen
Geschöpfen Gottes gelebt haben. Doch gerade das bringt sie in lebensgefährliche Nähe
zu den urchristlichen
"Ketzern", zu den Nachfolgern des Jesus von Nazareth.
Und das Unheil ist auch räumlich schon sehr nahe
Elisabeths Leben erfährt seinen schicksalhaften Einschnitt, als das thüringische Herrscherhaus (allen voran Elisabeths
Ehemann
Ludwig und dessen
Brüder) ausgerechnet den Beauftragten des "Heiligen Stuhls", Konrad von
Marburg, an den Hof nach Eisenach holt. Konrad ist, wie bereits dargelegt, der
grausame Kopf der kirchlichen Inquisition und der
Kreuzzugsbewegung.
Was folgt, macht den
Eindruck, als habe das thüringische Adelsgeschlecht nun
einen besonders furchtbaren Pakt mit dem Teufel geschlossen. Denn was nun geschieht, macht
hoffnungsvolle Ansätze für eine Blütezeit in Thüringen in wenigen Jahren
zunichte – die sich vielleicht
mithilfe der ungarischen Königstochter Elisabeth ähnlich wie diejenige im französischen Okzitanien hätte
entwickeln können.
Etwa zeitgleich mit der Ankunft der
inquisitorischen Franziskaner wird Thüringen von Hunger, Pest und
Überschwemmungen heimgesucht; als ob die Naturgewalten den Menschen ein
Zeichen geben wollen, dass man durch die Anstellung von Konrad von Marburg
nun die Tore des Landes für Elend und
Verderben öffnen wird. Während Elisabeth die Not im Land nach Kräften gemäß
ihres von Gottes- und Nächstenliebe geprägten Charakters zu lindern
sucht, indem sie zum Beispiel zum Missmut vieler Adliger die gräflichen Kornkammern öffnen lässt, hat die
Kirche überwiegend bereits anderes im Sinn, Grausamstes:
So
überredet Konrad von Marburg zunächst Elisabeths Mann, Landgraf Ludwig IV.,
zum Kreuzzug nach Palästina aufzubrechen. Und als nächstes ist Elisabeth selbst im Visier der
Kirche. Ihr guter Wille, die
Bescheidenheit und Demut noch
besser zu erlernen, wird ihr nun zum Verhängnis. Sie glaubt nämlich, sie könne diese
Tugenden
besonders gut erlernen, wenn sie sich ausgerechnet den "strengen" Konrad
von Marburg als zukünftigen "Beichtvater" wählt, ein damals von
der Romkirche entwickelter Abhängigkeits-Modus, um vor allem zusätzliche Macht und
Einfluss auf Menschen und Seelen ausüben zu können.
Und einen katholischen Priester in dieser Funktion an der Seite zu haben,
war ihr als Landgräfin sogar vorgeschrieben, denn
die Kirche stellt sich mit
ihren Befehlen und Anordnungen seit
je her über den Staat. Auch sind die von Elisabeth als großes Problem betrachteten
sinnlichen Wünsche natürlich zumindest unterschwellig weiter wirksam, wodurch sich
ihre Gefühls- und Empfindungswelt von jener der meisten anderen Menschen nicht unterscheidet. Und offenbar aufgrund
ihres immer noch jungen Alters von 18 Jahren wird Konrad bei diesem Anlass nicht nur der
"Beichtvater" und so genannte "Seelsorger", sondern auch der
Vormund für die Landgräfin. Ein Vormund war jedoch
niemals etwas, was die reife junge Frau
gebraucht hätte.
Doch es sollte noch schlimmer kommen: Denn Konrad von Marburg, der kirchliche Bevollmächtigte über Leben und Tod,
der zahllose Menschen in Deutschland per päpstlicher und kaiserlicher Vollmacht
nur aufgrund eines "Verdachts" bei lebendigem Leib verbrennen lässt, lauert darauf, noch
viel massiver über das Leben
Elisabeths bestimmen zu können. Und Elisabeth, die eigentlich lernen will,
demütiger zu werden, obwohl sie es bereits mehr als andere ist, geht in die
teuflische Falle:
Im Beisein ihres Mannes Ludwig,
der bereits mit Kreuzzugsvorbereitungen beschäftigt ist, nimmt Konrad von
Marburg im Jahr 1226 Elisabeth das Gelübde ab, ihm, dem Mann der Kirche, zeitlebens
"Gehorsam" zu leisten; zudem gelobt Elisabeth
"immerwährende
Keuschheit"
für den Fall des Todes ihres Mannes;
und weiterhin für diesen Fall
auch "unbedingten, durch nichts mehr eingeschränkten
Gehorsam" gegenüber ihm, Pater Konrad.
(zit. nach
Wikipedia-Enzyklopädie; Stand: 23.12.2006;
dort ist auch ein ausführliches Literaturverzeichnis zu Elisabeth von
Thüringen aufgeführt)
Dazu ein Beispiel: Konrad von Marburg fordert Elisabeth einmal auf,
"zu einer seiner Predigten zu erscheinen, als
Elisabeth überraschend Besuch von der Markgräfin von Meißen erhielt. Als
Elisabeth seinem Ruf nicht folgte, kündigte Konrad seine Stellung als
geistlicher Begleiter umgehend und nahm sie erst wieder auf, nachdem
Elisabeth sich ihm zu Füßen geworfen hatte und er die Gelegenheit erhielt,
ihre Dienerinnen zu züchtigen [also zu schlagen],
die er für ihr Nichterscheinen mit verantwortlich machte".
(Karfunkel,
Zeitschrift für erlebbare Geschichte, Nr. 70/2007)
Weder Elisabeth noch ihr Mann Ludwig getrauen sich,
dem machtbesessenen und von krankhafter Grausamkeit erfüllten "Seelsorger",
"Beichtvater" und Inquisitor zu widersprechen, und sie binden sich
und ihr ganzes Leben an seine
Person und an seine schier grenzenlose Macht. Dem jungen Paar waren dazu
Ängste um das Seelenheil indoktriniert worden, genauso wie es die Machtkirche seit
Jahrhunderten bei allen Menschen versucht. Und Elisabeths ehrlicher Wunsch nach Demut wird in
der Folgezeit von dem "Brautführer der Kirche", wie er
von Papst Gregor IX. betitelt wird, pervers missbraucht. Zudem lässt sich Konrad von
Marburg von Landgraf Ludwig IV. auch wesentliche
Regierungsvollmachten für die Zeit von dessen Abwesenheit übertragen.
Im Ergebnis kann der damalige "Sektenbeauftragte" der
Kirche während Ludwigs Abwesenheit
jetzt auch ohne eigene adlige Herkunft nahezu unbeschränkt über Stadt und Land
in Thüringen herrschen. Und bald auch total über Ludwigs Frau.
Welche Macht die Kirche über die Seelen dieser Menschen hatte,
kann kaum in
Worten ausgedrückt werden. Schon indem er Ludwig zum Kreuzzug missioniert, hat
Konrad
praktisch die Ehe und Familie mit drei
kleinen Kindern auseinander gerissen und letztlich zerstört.
Und um seine Bindung an die Kirche im Vorfeld des Krieges
noch mehr zu festigen, tritt ihr Mann Ludwig IV.
jetzt auch noch in den Deutschen Orden ein
– neben den
Johannitern, Maltesern und den Templern einer der vier "großen" kirchlichen
Kreuzfahrer-Orden. Am 24.6.1227 ist
es dann auch im Äußeren so weit, nachdem Ludwig seine Teilnahme am Kreuzzug
zuvor immerhin noch drei Jahre hinauszögern konnte, bis es dann doch
geschieht: Landgraf Ludwig bricht nun in kriegerischer Absicht
in Richtung Palästina auf. Für Elisabeth ist dies ein furchtbarer
Einschnitt in ihrem Leben. Der Dominikaner
Dietrich von Apolda
berichtet in seinen Lebensbeschreibungen über Elisabeth (entstanden von 1289
bis 1297), wie
die Landgräfin ihren Mann über die thüringischen Landesgrenzen hinaus
begleitet:
"Als es Zeit zur Umkehr war, hielten ihre große Liebe und der
Abschiedsschmerz sie zurück und drängten sie, noch eine schwere Tagesreise
weiter zu folgen. Aber auch diese Zugabe genügte ihr nicht: Zur Trennung
unfähig, fügte sie nochmals eine volle Tagesreise hinzu"
(zit. nach
Karfunkel, Zeitschrift für erlebbare Geschichte, Nr. 70/2007). Elisabeth
hat in ihrem Inneren wohl gewusst oder geahnt, dass der Abschied für dieses
irdische Leben endgültig sein wird. "Die
Landgräfin kehrte zurück, weinend wie eine Witwe und [mit] Tränen auf den
Wangen. Sie zog ihre Freudengewänder aus und legte das Kleid der
Witwenschaft an."
Und noch ehe der Ehemann Elisabeths
wie andere Kreuzfahrer einem Moslem den Hals durchschneiden könnte,
ist er tatsächlich selbst tot. Er stirbt
bereits auf dem Weg nach Palästina am 11.9.1227, nicht einmal drei Monate
nach dem Beginn der Reise, der Überlieferung zufolge an einer Seuche.
Kurz nachdem er von Italien aus
auf See aufgebrochen war, erkrankt er schwer und wird deshalb im italienischen Otranto wieder an Land gebracht.
Einem Bericht zufolge hätte er dann dort in Gegenwart der erst 15-jährigen Kaiserin Isabella II.
"einen schedlichen tranc" (= "einen schädlichen Trank") zu sich genommen
(zit. nach Hahn,
a.a.O., S.
40), der offenbar als Medikament gedacht war, ihm jedoch den Rest gegeben haben soll
(PS: Auch Kaiserin Isabella II. stirbt ca. ein Jahr
später bei der Geburt ihres Kindes).
Als man Elisabeth die
Todesnachricht überbringt, bricht sie zusammen.
Doch der eigene Tod hat Ludwig immerhin davor
bewahrt, ein vielfacher Mörder im Krieg zu werden, wie es seine kirchliche
Bestimmung hätte sein sollen.
Für seine Frau Elisabeth beginnt jetzt allerdings ein vierjähriges Martyrium
unter der totalen Herrschaft von Konrad von Marburg und seinen Zwecken. Denn für den Fall von Ludwigs Tod hatte sie ja bereits
entsprechende "vorsorgliche" Gelübde abgelegt. Sie ist
demzufolge dem blutrünstigen päpstlichen Inquisitor nun grenzenlosen Gehorsam schuldig und damit total ausgeliefert. Und
Konrad verhält sich dabei auch als
ein Machtpolitiker. Denn er hat sich diesen uneingeschränkten Macht-Status über
Elisabeth von Ungarn sogar vom Papst persönlich bestätigen
lassen. Offiziell gilt Konrad von nun an als vom Papst beauftragter "Defensor" von
Elisabeths "Rechten" gegenüber dem Adels-Hof von Eisenach, und
er erwirkt zusammen mit dem Bamberger Bischof Eckbert, einem Verwandten
Elisabeths, von dort erhebliche finanzielle Leistungen, offiziell gezahlt an Elisabeth. Faktisch behandelt
Konrad sie
wie
seine Sklavin und verfügt damit dann auch über ihr Vermögen. Am Hof in Eisenach regiert nun als
Nachfolger ihres Mannes Ludwigs dessen Bruder und damit Elisabeths Schwager Heinrich Raspe
(1204-1247).
Von nun an hat Elisabeth von Thüringen noch vier Jahre zu leben
– vier Jahre, in denen sie
für die römisch-katholische Kirche zur "Kirchenheiligen" wird. Doch während ihr
früheres unermüdliches Engagement für die Bedürftigen noch freiwillig war, handelt sie von
nun an nur noch als willenloses Werkzeug des päpstlichen Beauftragten, der mehr und mehr seinen
totalitären Sadismus an seinem Opfer
auslässt und der sie schließlich maßgeblich mit in den Tod treibt. Da
sich Elisabeth in ihr Schicksal fügt und sich nicht wehrt, erfüllt sie damit
die kirchliche Voraussetzung für die spätere katholische "Heiligsprechung". Jeglicher
versuchter Widerstand, jeder Versuch, aus diesem äußeren und seelischen Gefängnis auszubrechen,
hätte sie sehr wahrscheinlich auch auf den
Scheiterhaufen gebracht – wie so viele Gottesprophetinnen, gerechte Frauen
oder Mystikerinnen (z. B.
Margarete Porete), die sich nicht von der römisch-katholischen Kirche
vereinnahmen ließen. Denn die ungarische Königstochter hat ja selbst mitbekommen, wie ihr Gebieter nur mit
Wimpernschlag Folter und Tod befehlen kann und davon auch tausendfach Gebrauch
macht. Elisabeth wäre dann noch etwas früher gestorben, hätte
sich aber nicht mehr als katholische "Heilige" geeignet. So aber dient sie bis heute als
Vorzeige-Frau der Vatikankirche mit ihrer ausschließlich
männlichen Machthierarchie und
ihrem Zwangssystem aus Dogma, Folter und Mord.
Und Elisabeth benützt ihre Anbindung an dieses System hier und da mit einem
gewissen Nachdruck auch selbst.
So schreiben ihre Dienerinnen: "Einmal forderte sie eine arme, alte Frau zur Beichte
auf. Als dies nichts nützte, und weil sie da lag, wie wenn sie schliefe,
keine Lust zum Beichten zeigte und die Ermahnung nicht achtete, züchtigte
die selige Elisabeth sie mit Ruten und brachte so die Widerwillige
schließlich doch zum Beichten."
(Libellus
[Büchlein über ihre
"Wunder"], zit. nach Karfunkel, Zeitschrift für erlebbare
Geschichte, Nr. 70/2007)
Doch wer andere dazu
nötigt, das zu tun, was man selbst, jedoch nicht der andere für richtig hält, zeigt damit nur die
eigene Charakterschwäche und seelische Labilität. Wenn es also heißt,
dass sich Elisabeth zeitlebens für Arme und Bedürftige
"aufgeopfert" hätte, so sind doch ihre Motive vor allem in ihren späteren
Lebensjahren zumindest recht fragwürdig (mehr dazu siehe später in den Kapiteln
Elisabeths Vermögen und Kraft im Dienst der
kirchlichen Strategie und Elisabeths Tod).
So tut sie dies nämlich als eine Frau, die dabei immer der Kirche stumm gehorcht.
Insgesamt verhält sie sich so, wie sich die
herrschende Männerwelt in der Kirche eben auch noch im so genannten "Elisabethjahr" 2007
und darüber hinaus eine "heilige" Frau vorstellt
(PS: Es sind auch ausschließlich Männer, welche über die
"Heiligsprechungen" entscheiden).
Rückblickend auf Elisabeths Leben heißt es bei
Wikipedia
über
Konrad von Marburg (Stand: 23.12.2006):
"Sein
seelsorgerliches Amt gegenüber der späteren Heiligen übte er in grausamer
Weise aus; er nahm ihr die Kinder weg ebenso wie ihre Freundinnen, er
ließ sie häufig auspeitschen und bespitzeln. Die Gesundheit der
jungen Frau war dem nicht lange gewachsen. Elisabeth starb mit nur 24
Jahren."
Dabei hatte Elisabeth selbst die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Konrad von
Marburg und der Kirchen-Moloch überhaupt diese totale Macht über ihr Leben gewinnen konnten.
Doch auch diese Voraussetzungen, vor allem eine gefährliche Neigung zur fanatischen Askese,
lassen sich mit dem schon bis zu dieser Zeit erfolgten negativen Einfluss der Kirche auf ihr junges Leben
erklären. Und nach ihrem Gehorsamsgelübde gegenüber der Kirche hat Konrad diese problematische Haltung
Elisabeths noch weiter verstärkt. So hat er bei der jungen Frau bis
zum Psychopathischen auf die Spitze getrieben, was Elisabeth in einem
anderen Umfeld hätte innerlich bearbeiten und nach und nach ablegen können,
wodurch sich ihr Leben in eine innerlich glücklichere Richtung entwickelt
hätte. Und das
Resümee des Philosophen Joachim Kahl, Elisabeth
von Thüringen sei letztlich als "Opfer ihrer Religion" gestorben,
ist daher zutreffend, was auch die nachfolgenden Konkretisierungen belegen.
Das Martyrium
Denn worin besteht das Martyrium Elisabeths praktisch? Es wird berichtet, wie der
Beauftragte der Kirche die junge Frau "körperlich brutal disziplinierte"
(tempora-nostra.de, /artikel, /zeittafel, /lexi_p.shtml)
oder
wie er sie "mehrfach blutig schlug"
(rheindrache.de/heinrich.html).
Der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Hubertus Mynarek schreibt. Er
verlangte von ihr, "da sie ihm noch zu ungeistig erschien, sie solle sich
nackt ausziehen, damit er sie geißeln könne. Und er geißelte sie, bis das
Blut floss. Immer und immer wieder"
(Die neue Inquisition,
Marktheidenfeld 1999, S. 46). Zudem spioniert er ihr nach und verordnet ihr qualvolle "Gebetsübungen" ohne Ende,
zum Beispiel stundenlanges Knien auf einem harten Schemel.
Zu den körperlichen
Schmerzen kommen die seelischen, und hier hat Konrad von Marburg mehrfach
Steigerungen befohlen. So verlangt er von Elisabeth, ihre drei kleinen Kinder
Hermann, Sophie oder Sophia und Gertrud im
Stich zu lassen und stattdessen öffentlichkeitswirksam im Namen der Kirche
Aussätzigen und Armen zu helfen. Auch jeglichen Kontakt mit ihren
Freundinnen muss sie abbrechen.
Unter dem
Lobgesang "ihrer" Franziskaner zieht sie schließlich im Spätherbst 1227
schon kurz
nach dem Tod ihres Mannes aus der Wartburg in Eisenach aus
und lässt die Mönche dabei ein "Te deum laudamus" (= "Wir loben
dich, Gott") singen. Manchen kirchlichen Berichten zufolge hätte man sie angeblich
wegen ihrer das "übliche" Maß überschreitenden Mildtätigkeit und ihrer der
Adelsherrschaft nicht genehmen Art von dort "vertrieben", doch die Realität
ist offenbar, dass sie selbst auf Anordnung von Konrad
ausgezogen ist bzw. auf dessen Betreiben ausziehen musste. Nachdem Konrad,
wie bereits angedeutet, bei den Erb-Auseinandersetzungen mit der
Landgrafen-Familie ein erhebliches Vermögen "für Elisabeth" heraus geholt
hatte (man spricht von "beträchtlichen Witwengütern", über die
jedoch Konrad
und nicht etwa Elisabeth selbst seither uneingeschränkt verfügen durfte), könnte allerdings die Stimmung auf der
Wartburg auch von daher nicht mehr so freundlich gegenüber der jungen Witwe unter
mittlerweile kirchlicher Vormundschaft gewesen sein.
Wohin Elisabeth unter den Litaneien
des lateinischen Sprechgesangs zieht, ist offenbar nicht eindeutig feststellbar, aber
sicher dorthin, wohin Konrad sie dirigiert. Praktisch ist der Auszug auf jeden
Fall ein weiterer erheblicher Einschnitt in "Richtung unten" in ihrem Leben. Denn während das familiäre und
höfische Umfeld bis dahin ein gewisses Gegengewicht bzw. einen Ausgleich zum
kirchlich-asketischen Fanatismus boten, ist Elisabeth von nun an auch im
alltäglichen Leben ganz in der Hand von Konrad und der Kirche.
Elisabeth wirft es jetzt – nicht überraschend
– ganz aus der Bahn. Zeitweilig soll
sie in Eisenach sogar in einem Schweinestall gewohnt bzw. gehaust haben.
Der Beauftragte des Papstes zieht dabei seine Vormundschaft über sie weiter
radikal durch. So verbietet er ihr, etwas zu erbetteln, was ja aufgrund
ihres umfangreichen Vermögens auch gar nicht nötig gewesen wäre. Dieses
hatte jedoch Konrad, wie gesagt, komplett in Beschlag genommen, und er verfügte darüber.
Der
Religionswissenschaftler Hubertus Mynarek schreibt über den Einfluss von Konrad
von Marburg auf
Elisabeth von Ungarn: "Furchtsamer hat er sie auf jeden Fall gemacht"
(Die
neue Inquisition, S. 46). Und
der ehemalige Dekan des renommierten katholischen Corpus Christi College in
London, Peter de Rosa, zitiert in diesem Zusammenhang Elisabeth von Ungarns
(später "von Thüringens")
eigene Worte über Konrad
von Marburg: "Wenn ich einen solchen Mann fürchte, wie muss dann Gott sein?"
(Peter de Rosa, Gottes erste Diener, Droemer-Knaur-Verlag,
München 1989, S. 227)
Die
Gottesvergiftung der römisch-katholischen Kirche hat also auch von Elisabeth
voll Besitz ergriffen. Und die Kirche hat damit mehr oder weniger nicht nur dem Menschen Elisabeth
das Rückgrat gebrochen. Sie hat wohl auch ihren ursprünglichen Glauben an einen liebenden
Vater-Mutter-Gott zerstört, an Gott, den Ewigen, der nur das Beste für Seine Kinder möchte.
Nachdem sich Elisabeth
einmal ein Herz
gefasst hat und zu ihren Verwandten Heinrich III. von Sayn und seiner Frau
Mechthild in den Westerwald in die Nähe von Koblenz reist, die kurzzeitig
auch die Pflegeeltern ihrer beiden Mädchen Gertrud und Sophia waren, zieht Konrad seine stärkste
Trumpfkarte, seine päpstliche Erlaubnis, Menschen nach seinem Gutdünken ermorden zu dürfen. Konrad verklagt Heinrich III.
nun als "Ketzerfreund" und will ihn auf
diese Weise ausschalten und auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen. Doch gibt
es wirklich eine entsprechende "Anschuldigung" gegen Heinrich
gemäß den Ausmerzungs-Kriterien der römisch-katholischen Kirche gegenüber
Andersdenkenden? Oder duldet Konrad einfach
niemanden in der Nähe "seiner" Elisabeth und schon gar keinen
anderen Mann? Bzw. fürchtet er, dass Elisabeth bei Heinrich über ihn, Konrad,
auspacken könnte? Mit seiner Inquisitions-Offensive gegenüber Heinrich III.
von Sayn leitet er
allerdings seinen eigenen gewaltsamen Tod ein,
wie sich bald erweisen wird.
Die Nachstellungen Konrads gegenüber
Elisabeth entbehren wahrscheinlich
einer kirchlichen Grundlage. Denn Elisabeth war ihm offenbar weiterhin in Hörigkeit
und massiver Furcht verfallen.
In einer monströsen Sitzung in der Eisenacher Franziskanerkirche macht
die junge Landgräfin jetzt nämlich einen weiteren Schritt in Richtung tiefes Elend. Sie entsagt dort im Jahr 1228
allem weltlichen Besitz (über den sowieso Konrad verfügt), entsagt nochmals ihren drei Kindern und
entsagt,
als eine Art Höhepunkt, auch ihrem eigenen Willen. Fortan will sie nur noch "Gott" zu Willen leben.
Doch welchem "Gott" bzw. welchem "Götzen"?
Praktisch ordnet sie ihren Willen nicht dem
Willen von Gott, dem Ewigen,
unter, dem gütigen Schöpfergott, den uns Jesus von Nazareth nahe brachte, sondern sie
unterwirft sich Konrad und dem römisch-katholischen Kirchen-Moloch und
dessen "Götzen", man könnte auch sagen, dem "System Baal"
bzw. dem "Vater der Lüge", der ein "Mörder war von Anfang an", wie ihn Jesus
von Nazareth bezeichnet.
Elisabeth gilt
als dreifache Mutter für die Kirche jetzt als "Terziarin" (bzw. Tertiarin), als Angehörige
eines so genannten "Dritten Ordens" neben den vordergründig ausschließlich zölibatären Männerorden ("Erster
Orden") und den vordergründig ausschließlich zölibatären Frauenorden ("Zweiter Orden")
(vgl.
Dritter_Orden).
Vordergründig deshalb, weil ja mehr und mehr ans Licht kommt: Was hinter den Mauern dieser Orden getrieben wird, war damals
nicht anders als heute, wo unter anderem immer mehr Vergewaltigungen von Nonnen durch
Priester ans Tageslicht kommen.
Die Vorgeschichte
dieser lebensbedrohlichen Zuspitzung der Situation für Elisabeth kann man nur
erahnen: Sicher ist es ihr schwer gefallen, sich auf Befehl der Kirche nicht mehr um ihre
kleinen Kinder kümmern zu dürfen, für deren Erziehung nun kircheninterne
Instanzen sorgen sollen. Denn sie ist von Herzen eine fürsorgliche Mutter
wie jede Mutter, die für ihre Kinder da ist. Ihre Tochter Gertrud (sie trägt denselben Namen wie
Elisabeths Mutter), das ist bekannt, wird nun nach einiger Zeit in ein Kloster gesteckt und dort zur Nonne
heran gezogen. Und Elisabeth muss sogar einzelne eigene Willensregungen beichten.
So wären es für sie ja "Versuchungen", wenn sie der Kirche und ihrem
Gebieter nicht komplett untertan sein wollte, wie sie es im zunehmenden
Religionswahn geschworen hatte.
Und ein Thema sind hier vielleicht auch die bei fast allen Menschen auftretenden so genannten sexuellen
"Anfechtungen".
Nach kirchlichen Berichten hätte Konrad von
Marburg vorbildlich den Zölibat gehalten. Hat er sich damit also von
Priester-Kollegen unterschieden, die
ihre sexuellen Triebe mit
Gewalt vor allem gegenüber Frauen und gegenüber Kindern
verbrecherisch ausleben oder als Sittenstrolche im Grenzbereich zu
Sexualverbrechen agieren? Doch wer kann schon sagen, was womöglich vertuscht
wird bzw. wie sich ein Kirchenmann
verhält, wenn ihn niemand beobachtet und er sich "sicher" fühlt? Oder
was geschah
in der Empfindungswelt Konrads, während er als Beauftragter der katholischen Kirche auf die nackte und schreiende Elisabeth einschlägt und
seine Augen dabei ja auf ihren schönen Körper gerichtet sind? Was hier
unter Umständen geschehen kann, ist vielfach in Beschreibungen über sado-masochistische Beziehungen
dargelegt.
Und dass ein großer Teil der Priester keine Probleme mit dem päpstlich
verordneten
Halten des Zwangszölibats hat, hat oft mit einer homosexuellen Veranlagung
zu tun. So ist es offenbar auch bei Konrad von Marburg, wenn man die
Niederschrift des Zeitgenossen Caesarius von Heisterbach zu Rate zieht, der schreibt, dass sich die beiden Mordbrenner Konrad von
Marburg und Gerhard von Lutzelkolb zeitlebens geliebt hätten.
Gemälde von
Philip Hermogenes Calderon (1833-1898) –
Völlige Unterwerfung Elisabeths unter die
Kirche 1228 in Gegenwart von Konrad von Marburg und von zwei Nonnen.
Konrad schlug auch mit der Peitsche
auf die nackte Elisabeth ein, vordergründig zur Buße für ihre
"Sünden".
(Gemälde gemeinfrei nach Wikimedia
Creative Commons. Public Domain in den USA (commons.wikimedia.org, /wiki/, Template:PD-US)
Es gibt jedoch auch
noch andere Aspekte: Psychologische Gutachten über Gewaltverbrecher
aus unserer Zeit legen dar, wie Täter durch rohe Gewalt gegen Dritte ihr feindliches
und zerstörerisches Verhältnis
gegenüber dem eigenen Körper zu kompensieren versuchen. Und in der
Internet-Enzyklopädie Wikipedia heißt es über Konrad von Marburg:
"Heute, würden
derartige Taten bekannt, sprächen psychologische Gutachter von Sadismus und Gefühlsroheit sowie Machtbesessenheit und Missbrauch." (Stand: 23.12.2006)
Diejenige, die weiß, was damals alles wirklich passierte, ist Elisabeth selbst.
Doch ihre zeitnahe "Biografie"
wird damals – wie könnte es anders sein – von ihrem Peiniger Konrad
selbst geschrieben.
Bereits im Jahr 1232, ein Jahr nach Elisabeths Tod, erscheint Konrads
Lebensbeschreibung über Elisabeth unter dem Titel Summa
vitae. Und Konrad hat natürlich nur das
veröffentlicht, was seiner Sichtweise entsprach und seinen Absichten
dienlich war. Die Summa vitae gilt deshalb sogar in
kirchenfreundlichen Publikationen als
"zweckorientiertes Dokument", dessen ausschließliches Ziel es ist,
"der Kanonisation [= Heiligsprechung]
der verehrten Landgräfin zu dienen".
(Karfunkel, Zeitschrift für erlebbare Geschichte, Nr. 70/2007)
In dieser Situation versucht ihre Familie
in Ungarn, Elisabeths Schicksal zu wenden und
greift ein. Ihr Vater hätte sie am liebsten aus Thüringen
befreit und zurück nach Ungarn
gebracht. Verwandte holen sie schließlich im Jahr 1228 kurz nach ihrer
Total-Unterwerfung unter die Kirche aus Thüringen heraus und bringen sie
zunächst nach
Schloss Pottenstein in Oberfranken im Einzugsgebiet des verwandten Bischofs
Eckbert. Und die Tragödie hätte dort eine
entscheidende Wendung nehmen
können. Denn ausgerechnet der wie sie verwitwete Kaiser
Friedrich II. von Hohenstaufen, bekannt als einer der Staufer-Kaiser, hat ein Auge auf die trotz der
Selbstquälereien
weiterhin
anmutige und im Geist rege Frau geworfen. Und der Kaiser geht mit seinen
Wünschen nun aufs Ganze und macht Elisabeth einen Heiratsantrag. Es wird vermutet, dass
Friedrich II. sich bereits bei einem früheren Besuch auf der Wartburg in Elisabeth verliebt hatte
(siehe oben). Doch beide waren zu diesem
Zeitpunkt gebunden.
Nun sind beide jedoch verwitwet, Friedrich II.
bereits zum zweiten Mal, und der Kaiser
sieht die große Chance einer neuen Ehe – das erste Mal mit einer Frau, die
er offenbar von Herzen begehrt, nachdem seine ersten beiden Frauen bei der Heirat
noch Kinder waren und die Ehen vor allem politische Hintergründe hatten.
Doch alles gute Zureden
der
Verwandten an Elisabeth, den
Heiratsantrag des Kaisers anzunehmen und damit auch deutsche Kaiserin zu werden, nützt nichts.
Falls sie die Gefühle von Kaiser Friedrich II. schlicht nicht erwidert
hat, wäre das eine
verständliche Erklärung. Allerdings gehen Überlieferungen in eine
andere Richtung. Dienerinnen hätten bei dem späteren katholischen
Heiligsprechungsprozess sinngemäß ausgesagt, dass sie aufgrund ihrer Schwüre
gegenüber Konrad von Marburg und der Kirche einen solchen Schritt von vorne
herein so
intensiv ausschloss, dass sie sich lieber zur Abschreckung hätte die Nase
abschneiden und damit ihr Gesicht verunstalten lassen, um dadurch für den
Antragsteller ihren körperlichen Reiz zu verlieren (aus dem Werk "Libellus"; Walter Nigg,
Elisabeth von Thüringen, Düsseldorf 1967, S. 89). Demnach hat sie die
Möglichkeit, deutsche Kaiserin zu werden, als eine Versuchung empfunden, der sie
unter keinen Umständen nachgeben wollte.
Zur Erinnerung: Sie hatte ja
bereits die Krone, die ihr als Landgräfin von Thüringen
zustand, abgelegt.
Und wenn man weiter bedenkt, auf welche schmähliche Weise
sich der Kaiser abhängig von der blutrünstigen Machtkirche und ihren
Hinrichtungsforderungen gemacht hatte, dann ist auch von daher
nachvollziehbar, dass eine
wache Seele sich als Mensch nicht ebenfalls auf einen solchen weltlichen Thron setzen
würde. Die Chance jedoch, die darin für das Wohl vieler anderer gelegen
hätte, wenn Friedrich und Elisabeth als Kaiser und Kaiserin begonnen hätten,
dem Kirchenmoloch die Stirn zu bieten und sein mörderisches Wüten
einzudämmen bzw. in ihrem Einflussbereich zeitweise zu beenden, ist
offenbar außerhalb von Elisabeths Horizont.
So bleibt sie weiterhin an den Inquisitor Konrad von Marburg, an die römisch-katholische Kirche und an ihre
eigenen monströsen Gelübde gebunden, welche sie so missdeutet, als wäre sie damit dem
Schöpfergott und Seinem Willen ergeben. Welcher "Gott" und
seine Vasallen machen sich
hier also diese in Elisabeth verwurzelte Demut und ihre seelisch heilsame Abkehr vom
Streben nach weltlichem Ansehen zunutze?
Faktisch hatte
Elisabeth von Thüringen und Ungarn ja bereits eine schlimmere Alternative gewählt: ihre
Auslieferung an diejenige Macht, die laut dem Historiker Karlheinz Deschner
wie keine andere in dieser Welt "so
lange, so fortgesetzt und so scheußlich mit Verbrechen belastet ist", die
katholische Kirche (zit. nach Die beleidigte Kirche, S. 42 f.).
Auf diese Weise ist eine mögliche historische Gelegenheit für das ganze
Land verstrichen, weil Elisabeth vordergründig nicht ihrem Ego erliegen wollte, dabei
aber offenbar das unsägliche Leid der Kirchenopfer übersah, das sie hätte
entscheidend mit wenden können.
Eine Christusnachfolgerin wollte Elisabeth sein, doch Christusnachfolger
haben niemals Menschen anderen Glaubens verfolgt und ermorden lassen und
haben sich auch nicht in den Dienst derer gestellt, die solches tun. Denn wer
solches tut, gibt damit selbst beweiskräftig Zeugnis, dass er demjenigen
dient, den Jesus von Nazareth mit den Worten charakterisierte:
"Der ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in
der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er Lügen redet, so
spricht er aus dem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater der Lüge."
(Johannes 8, 44)
Im Lichte dieser christlichen Wahrheit kann aber zumindest hinterfragt
werden, mit
welch martialischen Worten vom Nasenabschneiden Elisabeth demnach die Möglichkeit,
Kaiserin zu werden, zurückgewiesen haben soll. Die Quelle ist jedenfalls der gleiche Fundus
voller kirchenfrommer Lügen, mit denen die Vatikankirche die Geschichte
seit je her nach ihrem Gutdünken fälscht; darunter bereits die angeblichen
Grundlagen
ihres Machtanspruchs und immer wieder angebliche Vergehen ihrer Gegner,
die damit von den Klerikern rufermordet und später auf deren Betreiben
gefoltert wurden. Dies geschah zum Teil durch reales Abschneiden der Nase und von anderen
Gliedmaßen, bis für die Opfer irgendwann der erlösende Tod eintrat.
Manches hätte
damals, wie gesagt, auch anders kommen können, wenn beide, Friedrich und Elisabeth, in der jeweils eigenen Not und im Vertrauen auf einen Gott der
Liebe und auf Seine Kraft und Hilfe womöglich zu einer gemeinsamen Aufgabe gefunden hätten.
Immer in der Geschichte waren auch
Gottesboten
unter den Menschen, welche sich der todbringenden Macht der Kirche
entgegenstellten und die dafür meist grausame Qualen erlitten, was sie aus
Liebe zu Gott und ihren Mitmenschen auf sich nahmen, um vielen zu einem Stück
mehr innere und äußere Freiheit zu verhelfen und ihr Leid zu mindern.
Kaiser Friedrich
II., der Staufer, war zwar, wie alle weltlichen Obrigkeiten, vielfach von der päpstlichen Machtorganisation abhängig, aber
er war alles andere als ein
Freund der Kirche. Er wird von Papst Gregor IX. im Jahr 1227 sogar offiziell
erstmals gebannt (was er
übersteht) und später, im Jahr 1239,
gar als "Antichrist" beschimpft – eine für die Kirche typische
Projektion eigener Wesensmerkmale auf andere.
Der Hintergrund für den Konflikt zwischen Kaiser und Kirche
war folgender: Friedrich,
der übrigens in Italien geboren wurde und die meiste Zeit seiner Regentschaft
auch in Italien lebte, hatte einige
als besonders brutal geltende Kreuzfahrer gefangen nehmen lassen und zögerte sein ihm
von der Kirche aufgenötigtes Kreuzzugsversprechen immer wieder hinaus. Und als er
schließlich doch nach Jerusalem zog und sich dort im Jahr 1229 zum König von Jerusalem
krönte, gelang ihm dies ohne Krieg, da er lieber mit den Moslems
verhandelte, statt sie niederzumetzeln. Und der Kaiser vertieft sich sogar in die
islamische Kultur und Wissenschaft, er lernt die arabische Sprache, die er
schließlich nahezu perfekt beherrscht haben soll, und
er erhält wegen seines versöhnlichen Engagements gar den Beinamen "der Sarazene".
Kaiser Friedrich II. schließt mit dem
ägyptischen Sultan al-Kamil entgegen den kirchlichen Kreuzzugs- und
Mordaufträgen am 18.2.1229 den Friedensvertrag von Jaffa, der die Interessen
beider Seiten berücksichtigte. Wenige Monate zuvor hatte Elisabeth von
Ungarn seinen Heiratsantrag nicht angenommen.
(Giovanni Villani 14. Jhdt., Original heute
in der vatikanischen Bibliothek;
Public Domain)
Auch weigert er sich, die Juden verfolgen zu lassen, was
die Kirchenoberen
von ihm ebenfalls verlangten. Stattdessen lässt er die Vorwürfe angeblich jüdischer Ritualmorde
untersuchen und als Lügen und Volksverhetzung entlarven, und er bot den
Juden sogar gewisse Schutzdienste an. Darüber hinaus verfügt Friedrich auch über ein
modern wirkendes "hoch entwickeltes Individualitätsbewusstsein" (Wikipedia
– Stand: 23.12.2006), und selbst vom Bann des Papstes und der
Macht-Kirche, also von seiner Exkommunikation im Jahr 1227 mit Androhung angeblich ewiger
Höllenstrafen, lässt er
sich nicht komplett einschüchtern – in
gewisser Weise dann aber doch, und das hat bald grausame Folgen, worauf wir
später noch näher eingehen werden.
Blicken wir zunächst zurück zu
Elisabeth: Wie ist ihr Leben nach 1228,
nach dem Tod ihres Mannes, nach ihrer Total-Unterwerfung unter die
Papstkirche und unter ihren Inquisitor und nach ihrer Zeit auf Schloss
Pottenstein weiter gegangen?
Vermutlich hat es zu ihrer
Ablehnung des kaiserlichen Heiratsantrags beigetragen, dass einige Zeit nach
dem Tod ihres Mannes Ludwig, der im September 1227 am Beginn des Kreuzzugs
einer Seuche erlag, seine Leiche aus seinem italienischen Grab geholt und
in Richtung Thüringen überführt wurde. Dadurch hat Elisabeth einen Grund,
ihren Aufenthalt in Schloss Pottenstein in Franken zu beenden und nach Thüringen zurück
zu reisen. Denn dort würden noch einmal Beisetzungsfeierlichkeiten für
Ludwig IV. organisiert, so die Planung. Und so kommt es fast zwangsläufig dazu, dass sie nach diesen
Feiern wieder in der unmittelbaren Gewalt von Konrad ist. Dieser zieht jetzt Elisabeth
von Eisenach weg mit
zu sich nach Marburg und richtet dort von ihrem Geld ein Hospiz für arme und
pflegebedürftige Menschen ein, wie es heißt, in dem Elisabeth auf seine Weisung hin selbst als
Pflegerin arbeiten "darf". Elisabeths Vermögen, das Konrad aus dem
thüringischen Hof heraus löste, wird also jetzt ganz im Sinne der kirchlichen
Strategie
verwendet. Denn um der praktizierten Nächstenliebe
der von ihr verfolgten
Urchristen etwas entgegen zu setzen, tut die Kirche, wie
oben bereits dargelegt, zweierlei: Zum einen die "Ketzer"
foltern und ermorden, deren Erbe beschlagnahmen und möglichen Erben die finanziellen Mittel und damit auch Hilfsmöglichkeiten
für andere entziehen.
Und zum anderen etwas Ähnliches tun wie die von ihr Verfolgten, nämlich sich um
Arme kümmern. Und die
Kirche tut es in einer für sie
über Jahrhunderte typischen Weise: Sie verwendet für "ihr" Tun nicht ihr
eigenes Geld. Denn während sie selbst ein Vermögen
aufhäuft, bezahlt sie bis heute ihre angeblichen "Wohltaten" vor allem mit dem Geld anderer
(4).
Diese Strategie wird auch im 13. Jahrhundert angewandt.
Das von Elisabeths Vermögen errichtete Hospital in Marburg ist ein Grundstein für ein Sozialwesen in
der Stadt,
das später dem katholischen Kreuzzugsorden "Deutscher Orden" übereignet,
also geschenkt wird. Hier verlebt Elisabeth, die nun allmählich zum Kirchen-Mythos wird, ihre letzten
irdischen Lebensjahre und -monate, bis sie zusammenbricht und stirbt. Womöglich hat sie die Not
leidenden Menschen nicht nur auf Befehl, sondern auch aus einem inneren
Wunsch heraus gepflegt, da ihr die Linderung von Not bereits ein
großes Anliegen war, bevor sie unter die komplette Vormundschaft der Kirche geriet. Durch
ihre Unterwerfung unter Konrad und die Franziskaner werden ihre guten
Eigenschaften dann aber schändlich missbraucht und in den Dienst negativer Zwecke gestellt, indem
sie zu einem "Feigenblatt" für die inquisitorische
Kirche werden (siehe dazu unten die
Stellungnahme des Psychoanalytikers Horst Eberhard Richter).
Allerdings wurde ihr pflegerisches Tun und
dessen Motivation im
Elisabeth-Jahr 2007 auch
verschiedentlich hinterfragt. "Elisabeth küsste Wunden von Aussätzigen und riskierte
damit bewusst eine Ansteckung", schreibt der Philosoph Dr. Joachim Kahl
(zit. nach Oberhessische Presse, 17.2.2007). Und auf die Frage nach dem
Warum spricht der Philosoph vom "Heilsegoismus" Elisabeths, einer religiösen
Variante des in der heutigen Psychologie bekannten "Helfer-Syndroms", einem
letztlich egoistischen "Helfen", das nicht aus freier Selbst- und
Nächstenliebe, sondern aufgrund eigener Probleme erfolgt. Denn
"welchen medizinisch-therapeutischen hilfreichen Zweck
soll das [Küssen von infektiösen Wunden]
haben? Keinen. Es dient nur ihrer eigenen,
exaltierten, irregeleiteten Religiosität", so Joachim Kahl.
"Was
hätte sie ... noch zu Gunsten der Leidenden tun können,
wenn sie Nächstenliebe mit Sinn und
Verstand praktiziert hätte! Und sich auch selbst geliebt hätte."
Aber "Nächstenliebe mit Sinn und Verstand" – "das gab es bei Elisabeth
nicht" (zit. nach Oberhessische Presse, 17.2.2007).
Denn sie
ließ eben nicht "Sinn und Verstand" zum Zuge kommen, sondern lebte als
Gefangene unter dem Diktat der Kirche. Deshalb konnte ihr als "positiv"
dargestelltes Tun im Elisabeth-Jahr 2007 von der Kirche ja auch erneut so massiv vereinnahmt
werden.
Mittlerweile hat Konrad von Marburg deutschlandweit Berühmtheit als
unerbittlicher Inquisitor erlangt, und Elisabeth müsste eigentlich gesehen oder zumindest
gespürt haben, welchem furchtbaren Mordbrenner
sie sich unterworfen hat. Für Papst Gregor IX. ist Konrad jedoch der
"Brautführer der Kirche"
und
der "Diener des Lichts". So schreibt der Papst
ca. fünf Wochen vor Elisabeths Tod am 11.10.1231 an Konrad nach Marburg:
"Du
kämpfest mit all deiner Kraft gegen die [ketzerische] Schlechtigkeit so
erfolgreich, dass zahlreiche Ketzer durch dich vom Acker des Herrn
ausgerottet worden sind"
(zit. nach Karlheinz Deschner,
Kriminalgeschichte des Christentums, Band 7, Reinbek 2002, S. 256).
Und damit Konrad sich in Zukunft nicht mehr mit langwierigen
"Untersuchungen"
abgeben
muss, darf er von nun an ohne jegliche Prüfung der jeweiligen
Anschuldigungen sofort auf Verdacht hinrichten. Und allen seinen Helfern
bei den Morden wird von
der Romkirche der Erlass
von
Kirchenstrafen versprochen. Wer als Inquisitionshelfer bzw. Denunziant ums Leben komme, würde
von nun an sofort
und ohne Fegefeuer ins himmlische Paradies einziehen, so eine der unzähligen Kirchenlügen.
Das Wirken der Kirche
bringt Jahrhunderte lang unfassbare Grauen über die Menschheit. Wer sich dem
Kirchenglauben mit seinen Absurditäten und Grausamkeiten nicht unterwarf,
wurde gefoltert und ermordet, wann immer die Kirche hörige
Herrscher fand, die sie dazu nötigen konnte.
Das Bild
zeigt einen
zeitgenössischer Kupferstich aus dem 16. Jahrhundert über die Hinrichtung
eines Ehepaars, weil die beiden nicht an die Wirksamkeit der Kirchensakramente
glaubten. Anfang des 13. Jahrhundert war es der päpstliche Beauftragte und
"Seelsorger"
Konrad von Marburg, der in Deutschland die Scheiterhaufen gegen
Andersdenkende aufrichten ließ, dem sich auch die Katholikin Elisabeth
von Thüringen vollständig unterworfen hatte und der sie mit in den frühen Tod
trieb. Elisabeth von Thüringen stand damit auf der Seite der Massenmörder
mit ihren Kruzifixen, und es ist ihr als Mensch nicht gelungen, sich aus dieser
massiven Abhängigkeit zu befreien. Sie "floh"
letztlich in den frühen Tod.
In den
Annales
Colonienses maximi
heißt es, es geht von nun an durch Konrad
"eine ungezählte Zahl von Menschen ... zugrunde", und bei den
betroffenen Städten werden
auch Erfurt und Marburg genannt – also grausame Hinrichtungen
Unschuldiger unmittelbar vor den Augen Elisabeths, die der
Überlieferung zufolge auf dieses Elend nicht öffentlich reagiert.
Womöglich fiebert die
junge Frau, die in dieser Zeit einflussreiche Kaiserin hätte sein können, schon ihrem eigenen Tod entgegen.
Währenddessen werden die Zeiten auch in der Gesellschaft immer finsterer.
Die Sächsische Weltchronik bemerkt jetzt
"in dutschen
Landen vil Keczerie ... darumme ward an deme Rine von Meister Conrade von
Marpurg des Predigers wegen vil Ketzere gebrant." Und Konrads Gehilfe, der
Dominikaner "Bruder" Konrad Dorso hat "wol dusend gebrant"
(zit. nach
Deschner, a.a.O., Seite 256 f.,
was in heutiges Deutsch übersetzt lautet: Es war "in deutschem Land viel Ketzerei ... Darum wurde am Rhein vom Meister
Konrad von Marburg, dem Prediger, gebrannt wegen viel Ketzerei" und der
Dominikaner Dorso hat "wohl tausend verbrannt"). Als
Dritter im Bunde der führenden Inquisitoren gesellte
sich ein fanatischer Kirchenhelfer im Laienstand (also kein Priester) namens Johannes dazu, der
nur noch einen Arm und ein Auge hatte. Markanter könnten die "Rollen" auch in einem
apokalyptischen Kino-Epos (wie z. B. Der Herr der Ringe
oder Star Wars) nicht verteilt sein,
doch das war damals kein Kino, sondern grausamste Realität.
Und die
Annales Colonienses schreiben
weiter über die drei Haupt-Inquisitoren, Pater Konrad
von Marburg, den Dominikanerpater Konrad Dorso
und über Johannes "den Einäugigen": "Sie ließen in den Städten und Dörfern
verhaften, wen sie nur wollten."
Und die weltlichen Richter sind gezwungen, die Verdächtigen noch am selben
Tage hinzurichten, auch wenn Opfer selbst in den Flammen noch einmal ihren
vermeintlich "reinen"
katholischen Glauben unter grässlichen
Qualen heraus schreien.
Dabei verkehren die Inquisitoren das Jesus-Wort "So wird Freude im Himmel
sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig
Gerechte" (Lukas 15, 7) in:
"Es sei besser, dass von hundert
Angezeigten neunundneunzig unschuldig sterben, wenn dabei nur ein einziger
Ketzer getroffen werde." (Annales colonienses, max., I., S. 2, zit. nach
bendorf-geschichte.de unter bdf-0075.htm)
Was hier in Deutschland einmal mehr passiert, zeigt drastisch auf, wohin
das Wirken der Kirche führt bzw. führen kann, wenn diesem freier Lauf
gelassen wird. Und die mahnenden Worte des
deutschen Philosophen Karl Jaspers sollte sich heute jeder Politiker
zu Herzen nehmen. Demnach steht der "biblisch fundierte
Ausschließlichkeitsanspruch" "mächtiger Institutionen" wie der Kirchen nach wie vor
"ständig auf dem
Sprung, von neuem die Scheiterhaufen für Ketzer zu entflammen"
(Der
philosophische Glaube, 9. Auflage, München 1988, S. 73). Und es sind
damals eben nicht
nur aus katholischer Sicht die "Ketzer", die zu Mord-Opfern der Kirche werden,
sondern man verbrennt viele überzeugte, aber wenig einflussreiche Katholiken,
die sich nicht aus dem Dunstkreis von Verdächtigungen befreien konnten, "sicherheitshalber"
gleich mit.
Karlheinz Deschner schreibt in der
Kriminalgeschichte des
Christentums, faktisch in der Kriminalgeschichte der Kirche, die sich zu
Unrecht die Maske "Christentum" aufsetzt: "Gregor [der Papst] gestattete ´Ketzern` keine Berufung.
Anwälte, Notare, die ihnen beistanden, verloren, so befahl er, ´für immer
ihr Amt`. Ja, sie gerieten in Gefahr, gleichfalls verbrannt zu werden;
ebenso ´Ketzer`, die sich weigerten, Mitschuldige zu nennen. Sie verklagten
Leute, ´ohne sie verklagen zu wollen; Dinge aussagend, von denen sie nichts
wussten. Auch wagte es niemand, für jemand, der verklagt war, Fürsprache zu
erheben oder auch nur Milderungsgründe vorzubringen, denn dann wurde er als
Verteidiger der Ketzer betrachtet, und für diese und die Hehler der Ketzer
waren vom Papste die gleichen Strafen wie für die Ketzer selbst bestimmt.
Hatte jemand der Sekte abgeschworen und wurde rückfällig, so wurde er, ohne
noch einmal widerrufen zu können, verbrannt`
(Gesta Treverorum) –
bald ein allgemeiner Grundsatz."
(a.a.O.,
S. 257)
Konrad von Marburg badet
förmlich im Blut seiner Opfer, und die Kirche triumphiert und "feiert" in Deutschland einen
neuen grausigen Höhepunkt ihrer Macht, während Kaiser Friedrich die meiste
Zeit in Italien abgetaucht ist.
In dieser Situation hält Elisabeth
streng an der Kirche fest, oder anderweitige
Äußerungen von ihr werden von ihrem Gebieter Konrad von Marburg verschwiegen.
Oder sie wird von ihm dafür zur "Buße" gezwungen, was durchaus denkbar ist. Elisabeth von
Ungarn und Thüringen
hatte ja ihren eigenen Willen und ihr eigenes natürliches Empfinden der
mörderischen Kirchenmacht
geopfert, und sie pflegt in Marburg nun "rechtgläubige" Bedürftige, von denen sie
deswegen zunehmend verehrt wird. Dabei hat sie
zunehmend große Mühe, ihren eigenen
Alltag konzentriert zu regeln, und sie kann – ihren Dienerinnen zufolge, die sie
auch in Marburg noch teilweise hatte, – weder kochen noch nähen. So berichten diese
zum Beispiel über Elisabeths Unkonzentriertheit:
"Diese an sich erbärmliche Speise, die sie wegen ihres Betens [auch
noch] unaufmerksam zubereitete, schmeckte dann auch
noch angebrannt." Oder: "Da geschah es dann manchmal, dass sie bei der Arbeit
ihrer Hände in Gebet oder Beschauung versunken mit Augen und Herz mehr dem
Himmel zugewandt war und eine Flamme oder ein Funke ihre armseligen Kleider
ergriff, große Löcher hinein brannte und sie verdarb."
(Libellus
[Büchlein über ihre "Wunder"], zit. nach Karfunkel, Zeitschrift
für erlebbare Geschichte, Nr. 70/2007)
Da es
jedoch auch anders lautende Berichte aus ihrer früheren Zeit auf der Wartburg gibt,
wonach sie neben dem Nähen auch anderweitig handwerklich sehr geschickt tätig war, wird
hier offenbar ihr zunehmender innerer und äußerer Verfall in Marburg geschildert.
Es sieht danach aus, dass sie sich
in Marburg auch schon länger innerlich
aus dem irdischen Leben verabschiedet hatte (vgl. in dem Bericht die Worte
"Versunken mit Augen und Herz mehr dem Himmel
zugewandt"), und es ist tatsächlich nur noch eine Frage von kurzer Zeit, bis
sie ein sehr früher Tod ereilt.
So kann ihr
medizinisch extrem fahrlässiges Küssen von ansteckenden offenen Wunden
(siehe
oben) auch
als eigene Todessehnsucht
gedeutet werden oder gar als
versteckter indirekter Selbstmordversuch bzw. als "Fluchtversuch" in die
jenseitige Welt. Denn in ihrer leidenden Seele haben sich, gleich einem Tumor, die von der Kirche indoktrinierten
Vorstellungen ausgebreitet, im Jenseits wäre sie ihre irdischen Schwierigkeiten
angeblich los, und dort würde sie glücklich sein – ein
verhängnisvoller Trugschluss. Gemäß dem geistigen Wissen in vielen
Religionen nimmt man alle seine Probleme mit. (vgl. auch
Der Theologe Nr. 2 zum Thema Reinkarnation)
Zunächst wird noch berichtet,
dass Elisabeth durch ihre Fürsorge ein stummes Kind zum Sprechen gebracht habe
(Hahn, a.a.O., S. 49).
Sie selber wählt jedoch genau den entgegengesetzten Weg und verstummt mehr
und mehr. Bei der Frage nach der Todesursache erscheint es tatsächlich wie ein Selbstmord auf Raten aus der tiefen Verzweiflung in ihrer
Seele über ihr von der Kirche missbrauchtes und gefangenes Leben. Dies wird
von der Vatikankirche allerdings nicht zugegeben.
Katholische Erzähler
beschönigen die Umstände ihres Todes gerne damit, als hätte sie sich einzig
aufgrund einer selbstlosen intensiven Krankenfürsorge zuvor vielleicht
unfreiwillig mit einem Virus infiziert. Oder sie
hätte sich aus vermeintlich edelsten Motiven "nur" überarbeitet und ihre Gesundheit
nicht geschont. Doch selbst für diesen Fall ist klar zu sagen: Sie durfte ihr
Arbeitspensum ja eindeutig nicht selbst festlegen, sondern es wurde für sie
durch Konrad von Marburg so angeordnet bzw. von ihm kontrolliert. Ihr
ganzes Tun wurde ihr spätestens seit 1228 von der Kirche befohlen – bei direkter oder indirekter Androhung von diesseitigem
Scheiterhaufen und jenseitiger angeblicher "ewiger Verdammnis".
Es gibt jedoch auch
eine
kirchliche Interpretation ihres Erdenlebens, wonach Konrad umgekehrt versucht hätte, den Fanatismus
von Elisabeth zu bremsen und "sie zur Mäßigung anzuhalten"
(Karfunkel,
Zeitschrift für erlebbare Geschichte, Nr. 70/2007).
Das würde bedeuten,
Elisabeth hätte einige wahnhafte katholische Vorstellungen verinnerlicht, und
Konrad hätte diese in kirchlich "geordnete" Bahnen zu lenken versucht.
Doch unumstritten ist die unerbittliche seelische Gewalt, mit der
Konrad auf sie einwirkte. So hat er ihr kurz vor ihrem Tod auch noch alle Freundinnen entzogen. Und
das ist selbst für die zu Fanatismus neigende Landgräfin zu viel:
"Mit ihren Freundinnen
traf sie sich heimlich. Schließlich hielt sie der Fülle der Belastungen
jedoch nicht mehr stand." (Karfunkel, Zeitschrift für erlebbare
Geschichte, Nr. 70/2007)
Elisabeth wird nun ernsthaft krank, liegt im Bett und steht nicht mehr auf. Zwölf Tage spricht sie
in dieser Situation kein
einziges Wort mehr, ist jetzt also völlig verstummt; als ob sie darauf wartet,
mit ihrem Körper nicht
mehr einatmen zu müssen. Kurz vor ihrem Tod soll dann im Geist
eine Person an ihr Bett getreten sein, und Elisabeth richtet sich bei diesem
Vorfall noch
einmal auf und ruft der Person zu: "Flieh, flieh!"
(Herbert Hahn, Elisabeth von Thüringen, Dornach 1982)
Wer diese Person
ist, wer Elisabeth also womöglich in seinem Seelenleib oder in
ihrer Vision erschienen ist und wem die ungarische Landgräfin
diese Warnung genau zusprechen will,
ist nicht bekannt. War es womöglich der Kaiser, den
sie vor den Kirchenoberen warnte, die ihm bald die bis dahin mörderischste
Gesetzgebung gegen Nichtkatholiken abnötigen würden? Man weiß es nicht.
Es bleibt in diesem Fall Mutmaßung.
Grundsätzliches ist jedoch bekannt:
Beim Sterben läuft oft das bisherige Leben wie
in einem inneren Film zurück, und der Sterbende kann dabei noch einmal für
sich wägen, was er in seinem zu Ende gehenden Erdenleben richtig gemacht hat, und er kann noch einiges von dem
bereuen und bereinigen, was er falsch gemacht hat. Auch
gewinnt er manchmal schon einen Einblick in das, was ihn im Jenseits als
nächstes erwartet. So sieht er zum Beispiel Verstorbene, die ihm aus der anderen Welt entgegen kommen.
Oder er nimmt die Seelen von Menschen wahr, die noch in ihren irdischen Körpern
leben, während diese sich aber an einem anderen äußeren Ort befinden. Und der
Sterbende erfasst mehr von der Realität
als noch zuvor.
So kann eine Flucht auf manch unterschiedliche Art auch als ein geistiges Symbol für Menschen verstanden
werden: Wer in Unfrieden mit seinen Mitmenschen lebt und gegen die Einheit
allen Lebens agiert, muss vor seinen Feinden fliehen. Vom Gottesgeist
geschützt und gekräftigt ist jedoch, wer vor seinen menschlichen Sinnen
flieht, die auf Beherrschung seiner Mitmenschen ausgerichtet sind; und wer diese stattdessen
allmählich in Hingabe an den Christus-Gottes-Geist in allem Leben umwandelt.
Am 17.11.1231 ist Elisabeth von Thüringen dann tot und nicht einmal 3 1/2 Jahre später
schon kirchenheilig.
Das entspricht dem Wesen der Kirche: Denn wer an ihr zerbricht,
ohne sich jedoch gegen sie zu erheben, dem kann es passieren, von ihr später
völlig vereinnahmt zu werden: als
"Heiliger"
oder "Heilige".
Und Elisabeth bleibt der Überlieferung zufolge ein gehorsames und zuletzt ganz verstummtes "Kind"
der aufs Ganze gesehen brutalsten Machtorganisation der Weltgeschichte
(siehe
Zitat).
Gleich nachdem Elisabeths Leiche aufgebahrt wird, fällt der
vom Kirchenglauben
indoktrinierte und nach
Reliquien gierige katholische Mob über sie her. Es werden Stücke der Tücher
abgerissen, mit denen ihr Körper bedeckt ist. Andere Katholiken reißen ihr Haare aus
oder schneiden sie ab, oder sie schneiden ihr Finger- und Fußnägel ab. Und wieder
andere schneiden ihr sogar die Brustwarzen, Teile ihrer Ohren und einen Finger
ab. Und Konrad
von Marburg setzt sofort alle Hebel für die "Heiligsprechung" in Bewegung
– was zur Folge hat, dass Marburg bald zum Wallfahrtsort wird. Die Sozialeinrichtungen werden dank
weiterer Unterstützung von Elisabeths Schwager und jetzigem Thüringer Landgrafen
Heinrich Raspe erweitert
und bald dem Deutschen Orden geschenkt (6).
Ein
vermeintliches "Wunder" nach dem anderen wird jetzt an
Elisabeths Grab berichtet, und neben zahllosen Krankenheilungen soll die
Verstorbene auch acht Totenerweckungen vollbracht haben. Die Legenden
sprießen wie immer in den katholischen Kultphantasien und -überlieferungen
und sind faktisch Lügen.
Für einen skurrilen Höhepunkt des Andenkens an Elisabeth sorgt
knapp fünf Jahre später
Kaiser Friedrich II.,
der letztlich verschmähte Liebhaber, der Elisabeth von Ungarn gerne zur Ehefrau und
deutschen Kaiserin gemacht hätte. Im Jahr 1236 lässt er zunächst ihr Skelett auf dem
Altar der neuen Elisabethkirche in Marburg ablegen. Dann lässt er ihren
Totenschädel von diesem Skelett abtrennen, legt ihren Totenschädel anschließend auf einen wertvollen Becher, einen bedeutenden
Kunstgegenstand, und
setzt dem skelettierten Haupt Elisabeths eigenhändig eine von ihm gestiftete Kaiserinnen-Krone auf.
Mit dieser
makabren, bizarren bzw. für manchen vielleicht auch rührigen Inszenierung kehrt
der Kaiser sein Gefühlsleben nach außen und vereinnahmt Elisabeth dabei eben
nachträglich nach seinen
Vorstellungen. Gegenüber Elisabeths faktischer Versklavung durch die Kirche zu
deren irdischen Lebzeiten und gegenüber der kirchlichen Vereinnahmung nach ihrem Tod ist dies jedoch ein eher harmloser Akt persönlicher
Verzweiflung und Trauerarbeit. Damit beklagt Friedrich II. seinen
gescheiterten Lebenstraum einer Ehe und einem gemeinsamen Leben mit ihr. So
führt dieses gespenstische Szenario mit dem
gekrönten Totenschädel Elisabeths noch einmal drastisch vor Augen: Der
Wunschtraum des Kaisers ist mit Elisabeths Tod nun endgültig
gescheitert. Elisabeth hatte es nicht
gewollt und ließ sich stattdessen zur "Vorzeige-Frau" der Mörder und
Mordbrenner missbrauchen. Und Kaiser Friedrich II. mutiert nach Elisabeths
Tod immer mehr zum
schrecklichen staatlichen Vollstrecker des kirchlichen Willens, nachdem er
bereits ab 1220 inquisitorische Gesetze erlassen hatte. Jede Art
einer "Flucht" hätte ihn vor dieser immer schwerwiegenderen Seelenbelastung
bewahrt, doch es ist nun anders gekommen.
Denn ausgerechnet Kaiser Friedrich II. versuchte, seine
kirchenkritische bis kirchenfeindliche Haltung offenbar dadurch kompensieren
zu wollen, dass er
dem
"Stuhl Petri" bei der an Bösartigkeit und Grausamkeit nicht zu
überbietenden Inquisition entgegenkommt. Er dienert sich sogar an und macht als Kaiser
mit seiner Gesetzgebung die Verfolgungen in
Deutschland in dem Ausmaß, wie sie dann geschahen,
überhaupt erst möglich. Dadurch lädt er sehr große, übergroße Schuld auf sich. So
werden vom Kaiser, dessen Heiratswunsch mit Elisabeth von Ungarn mit deren
Tod im Jahr 1231
endgültig scheitert, bis 1239 furchtbarste Gesetze erlassen, wonach alle
Nichtkatholiken zu verbrennen sind oder ihnen zumindest die Zunge heraus
gerissen werden müsse (zum weiteren Inhalt der Gesetze siehe (10)).
Wer oder was mag hier nur in einen Menschen gefahren sein,
der sonst vielfach tolerant und friedfertig war?
Und in diesem Zusammenhang zählte ausgerechnet er, der Kaiser, auch als größter Fürsprecher von Konrad von
Marburg. Doch womöglich war dies zu Elisabeths irdischen Lebzeiten nur ein privat motivierter Versuch, äußerlich in eine größere Nähe zu Elisabeth
zu gelangen und das Contra des Inquisitors gegen eine mögliche Ehe mit ihr
aufzuweichen. Womöglich geblendet von seiner unerfüllten persönlichen Leidenschaft
ließ Friedrich II. überwiegend von Italien aus Deutschland immer
engmaschiger mit dem finsteren Netz der Inquisition überziehen – nach dem
Willen
des römisch-katholischen Molochs und als Erfüllungsgehilfe von dessen Ausmerzungs-Strategie gegen
alles Nichtkatholische
(mehr dazu siehe
Der Theologe
Nr. 85).
Dieses Verhalten kann
allerdings auch damit erklärt werden, dass er sich vom Papst
womöglich die Kaiserkrone
dadurch "erkauft" habe, dass er sich als Gegenleistung zur
päpstlichen Krönung zur Verfolgung und Ermordung religiöser
Minderheiten verpflichtete. Fakt ist: Er verstrickt sich noch weit unheilvoller in das Netz des
Systems Baal, der widergöttlichen Macht,
als es Elisabeth getan hat, die nur ihr persönliches Leben ruiniert hat, aber
nicht unschuldige Menschen in Qualen und Elend gestoßen hatte. In dieser Situation
bestand, wie gesagt, die historische Möglichkeit einer großen gemeinsamen Aufgabe von Friedrich und Elisabeth, ihre
jeweilige seelische Gefangenschaft und ihre äußeren Fesseln gegenüber dem Religions-Moloch zum Wohle von Tausenden von Menschen zu lösen.
Denn im Unterschied zu den meisten anderen Menschen, die Widerspruch gegen
die Kirche nicht lange überlebt hätten, gab ihnen die geschichtliche
Konstellation ein mögliches Zeitfenster für eine entsprechende äußere Handlungsfähigkeit dafür in die
Hand.
Doch beide bleiben im Spinnennetz des mörderischen Systems
hängen und dienten ihm weiter. Zum Beginn einer möglichen Blütezeit in Deutschland, ähnlich
wie in Südfrankreich unter den Katharern, ist es folglich in Deutschland nicht gekommen.
Noch zu Elisabeths Lebzeiten hatte zunächst der Papst die Inquisition erheblich verschärft
(siehe
oben). Im
Todesjahr Elisabeths, unmittelbar vor ihrem Tod im Jahr 1231, folgt auch noch der Kaiser. Auch Friedrich II., so heißt es,
wolle jetzt noch "schärfer gegen die Ketzer in
Deutschland vorgehen". Die ihm von der Kirche
indoktrinierte Begründung lautet dabei: "Ketzer stellten die Ordnung in
Frage, und damit auch seine Autorität." Und
"ausgerechnet der Kaiser, der selbst
alles und jedes in Frage stellte, erließ nun Gesetze, die man modern als
Notstandsgesetze bezeichnen würde: das bisher gültige Untersuchungs- und
Bekehrungsverfahren wurde aufgehoben, dafür konnten die Inquisitoren nach
eigenem Ermessen und mit aller Vollmacht handeln – auch gegen Helfer und
Verteidiger von Ketzern … Außerdem werden Belohnungen und Privilegien für
das Denunzieren von Ketzern zugesagt" (rheindrache.de/heinrich.html).
Und mit Entsetzen fragt sich angesichts dieser Entwicklung so mancher Geschichtsforscher: Wie konnte
ausgerechnet dieser Kaiser nur so tief sinken? Und um Andersdenkende in Deutschland komplett auszurotten, weitet der
Beauftragte der Kirche, Konrad von Marburg, auch den Einsatz der
grauenhaften Folter noch
einmal aus (zum Einsatz der Folter bei der
Inquisition siehe
LInquisition.htm).
Die wahnhafte und zynische Bösartigkeit des
mönchischen Vertrauten der "heiligen
Elisabeth" bestätigt auch Professor Dr. Alexander Patschovsky von der
Universität Konstanz. Er schreibt: "Man warf Konrad vor, nicht nur Ketzer,
sondern auch massenhaft unschuldige Christgläubige [Anmerkung: also
folgsame Katholiken] auf den Scheiterhaufen gebracht
zu haben, weil er ... dem Angeklagten nur die Wahl zwischen entehrendem
Geständnis [was die Todesstrafe nach sich zog]
und dem Tod ließ [wenn er nicht gestand].
Dabei wusste Konrad wohl, was er tat: Wer [aus kirchlicher Sicht]
unschuldig starb, weil er nicht gestand, was er nicht getan hatte, ... dem
soll Konrad das Martyrium versprochen haben – also die vermeintliche
Korrektur des Urteils im Jenseits." (Prof. Dr. Alexander Patschinsky, Der erbarmungslose
Inquisitor, in: Damals – Das Magazin für Geschichte und Kultur, Nr. 7/2007)
Es ist tiefschwarze Nacht in Mitteleuropa, und
Elisabeth soll jetzt als
neue "Heilige" dem monströsen Grauen der Kirche wenigstens
eine glänzende Fassade verschaffen.
Daran ändert sich
auch nach dem baldigen Attentat auf Konrad von Marburg im Jahr 1233 wenig –
ein Attentat, auf dessen Vorgeschichte wir
gleich noch näher eingehen und bei dem der Inquisitor ums Leben kommt. Doch
andere treten an seine Stelle.
Am 27. Mai 1235 wird
Elisabeth in Perugia
in Rekordzeit und in Anwesenheit von Kaiser Friedrich II. "heilig" gesprochen,
was von Konrad vor seinem Tod noch ausgiebig vorbereitet worden war.
Und
Papst
Gregor IX. erläutert in der Urkunde zur Heiligsprechung,
"er hoffe, die Heilige werde zur
Mehrung des rechten Glaubens beitragen, den Ungläubigen den Weg der Wahrheit
vor Augen führen und die Ketzer verwirren"
(Norbert Ohler, Vom Hoffen auf ein Wunder, in: Damals – Das Magazin für
Geschichte und Kultur, Nr. 7/2007). Neben den
urchristlichen Katharern sind die hier genannten und bedrohten "Ketzer" vor allem die
Waldenser, die sich wie die
Katharer bzw. Albigenser an Jesus von Nazareth orientieren und ihr damaliges
Zentrum im französischen Lyon haben.
Elisabeth von
Ungarn, genannt auch Elisabeth von Thüringen – Statue in
der nach ihr benannten Elisabethkirche in Marburg
(Ausschnitt)
Um die tote Elisabeth noch besser in der
Bevölkerung präsentieren und für die grausame Diktatur der Machtkirche
vereinnahmen zu können, werden auch
weitere Wunder erfunden und ihr zugesprochen.
Zu den bekanntesten zählt das
märchenhafte so genannte Rosenwunder, wonach Elisabeth
einst verbotenerweise armen Menschen Brot bringen wollte. Als sie auf dem Weg
angehalten und nach dem Inhalt ihres Korbes gefragt wurde, behauptete sie,
es seien Rosen, und bei der anschließenden Kontrolle seien es tatsächlich
Rosen und nicht Brot gewesen – eine Wunder-Erfindung, die zwar gut zu ihrem
inneren Wesen passt, aber eben nur eine Erfindung ist, die ihr laut
Geschichtsschreibung auch erst nach der katholischen Heiligsprechung zugeschrieben wurde. Im Jahr
der Heiligsprechung, 1235, wird zudem mit dem Bau der monumentalen Elisabethkirche begonnen,
die im Jahr 1283 dann als erster oder – neben der Liebfrauenkirche in Trier
– zweiter gotischer Kirchenbau in Deutschland fertig
gestellt wird.
Der Historiker Dr.
Norbert Ohler schreibt: "Nachdem
die hochverehrte Landgräfin offiziell heilig gesprochen war, konnte man den
Waldensern und Albigensern
[=
Katharern] entgegenhalten: ´Schaut, wir verehren eine wahrhaft
christliche Frau.`"
Im Umkehrschluss wird den Urchristen,
die sich in selbstloser Liebe um Not leidende Mitmenschen kümmern, das
"Christentum" abgesprochen, weil sie sich nicht der katholischen
Lehre unterwerfen, und sie werden auch unter Papst Gregor
IX. weiter grausamst verfolgt.
Der Religionswissenschaftler Professor Dr. Hubertus Mynarek erklärt dazu:
"Bei
der Heiligsprechung Elisabeths [im Jahr 1235]
war dem Papst auch viel wichtiger, dass sie in so überbietend unterwürfiger
Weise ihrem Beichtvater gehorsam gewesen war. Nicht alle
waren bereit, das sadistische Treiben dieses Spitzeninquisitors willenlos
hinzunehmen. Nach nur zweijähriger Wirksamkeit in deutschen Landen erschlug
ihn das erregte Volk [worauf wir am Ende dieser Untersuchung
noch eingehen werden]. Aber vorher hatte er noch genügend Unheil angerichtet.
Der Papst hatte Konrad persönlich auf die ´Hexensekte` der Luziferianer
angesetzt. Unter seiner Folter gestanden sie alles, was er wollte. Die
grässlichsten Phantasien der vor Schmerzen Wahnsinnigen übermittelte er dem
Papst als unbezweifelbare Wahrheit und der Oberguru in Rom nahm alles für
bare Münze", zum Beispiel, dass sich der Teufel in ihrer Gegenwart
"in eine Kröte, ein blasses Gespenst oder eine Kater verwandeln könne ...
Achtzig verbrannte ´Hexen`, darunter auch Kinder, gehen alleine in Straßburg
auf das Konto des Konrad von Marburg." (Die neue Inquisition, Marktheidenfeld
1999, S. 47)
Doch Konrads Tage nach dem Tod von Elisabeth im Jahr 1231 sind ebenfalls gezählt. Auslöser für sein bald tödliches Schicksal ist im Jahr 1233 ein Inquisitionstribunal gegen einen Grafen, der sich gegen Konrad gewehrt hatte. Es ist Graf Heinrich III. von Sayn, ein Verwandter Elisabeths von Thüringen und kurzzeitiger Pflegevater ihrer kleinen Töchter Sophie und Gertrud.
Graf Heinrich reagiert zunächst empört auf die Anklage Konrads, ein "Ketzerfreund"
zu sein, da man ihm aus römisch-katholischer Sicht wohl tatsächlich nichts "vorwerfen" kann.
Doch Konrad kann den Grafen ja mittlerweile auch ohne Untersuchung hinrichten
lassen, und
eventuell hat
er dafür ein privates Motiv. Denn es ist ja naheliegend, dass Elisabeth ihm
und seiner Frau Mechthild einiges erzählt hat, das ihm, dem
Großinquisitor, nicht gefallen haben könnte. Doch Konrads mögliche Angst vor
Enthüllungen oder vor Berichten über Elisabeths Leben, die nicht
in sein "Heiligenbild" von ihr passen, ist offenbar unbegründet. Dennoch
will er
Heinrich auf jeden Fall umbringen lassen – wohl einfach aus seinem
Ego-Wüten heraus
"sicherheitshalber".
Doch Heinrich kämpft um seine kirchliche
Anerkennung. So erreicht es der Graf von Sayn, dass
der Mainzer Erzbischof Siegfried III. ein Sendgericht im Mainzer Dom
einberuft, bei dem über die Anklage Konrads gegen Heinrich verhandelt werden
soll. Die Chancen für Heinrich III. von Sayn sind dabei ungewiss. Einerseits
ist Konrad zwar den deutschen Erzbischöfen mittlerweile zu mächtig,
und sie überlegen, vom Papst eine Korrektur von dessen Vollmachten zu ihren eigenen Gunsten
zu erwirken. Doch andererseits sitzt
Konrad von Marburg als heimlicher Herrscher
Deutschlands zu diesem Zeitpunkt immer noch auf dem hohen Ross. So reist er
zwar zum Mainzer Sendgericht, stellt jedoch "von Anfang an klar, dass er im
Auftrag des Papstes und des Kaisers handele,
dass es keine höhere Instanz als sein Gericht gäbe, und dass ein Sendgericht seine Vollmachten nicht
einschränken und sein Urteil nicht aufheben könne"
(rheindrache.de/heinrich.html).
Konrad von Marburg redet auf diese Weise Klartext
und unterstreicht seinen Anspruch, unter den Anwesenden unangefochten der
mächtigste Mann zu sein. Und erwartungsgemäß fordert er im Mainzer Dom
dann auch die Todesstrafe für Graf Heinrich
III. Dabei bemüht er sich nicht einmal, die Rechtsvorschriften eines
Sendgerichts zu respektieren, da er sich selbst ja sowieso "höher stehend"
wähnt.
Während Heinrich III. nämlich krampfhaft zahlreiche Zeugen aufbietet,
die seine "Unschuld" bestätigen, erklärt Konrad von
Marburg heuchelnd, seine Zeugen, also die "Zeugen" der Inquisition, möchten aus Angst vor Graf Heinrich und seinen Rittern anonym bleiben
(wie damals ein beliebtes Mittel heutiger moderner
Inquisitoren),
und auch er selbst, Konrad, möchte "im Haus Gottes" nicht diese "ungeheuerlichen
Dinge" wiederholen, die Heinrich III. angeblich gesagt habe und
weswegen er jetzt hingerichtet werden müsse (7). Dabei wird Konrad als der "Sektenbeauftragte" des
späteren Vatikan auch von
König Heinrich VII., einem Sohn von Kaiser Friedrich II., unterstützt. Und da
Konrads absolutistische juristische Vollmachten ja ohnehin höher stehen als die
Macht des Mainzer Sendgerichts, scheint die Position des Inquisitors doppelt
abgesichert.
So rechnet Konrad von Marburg aufgrund dieser
klaren "Rechtslage" zu seinen Gunsten mit der sofortigen Verbrennung Heinrichs III. von Sayn,
und dessen irdisches Leben scheint verloren und seine Hinrichtung scheint
unmittelbar bevor zu stehen. Doch vielleicht ist es
die bodenlose Dreistigkeit, mit der Konrad glaubt, sich sogar das Verlesen
einer Anklage ersparen zu können, die den Kaisersohn und König irritiert, während er ja
wahrnimmt, wie der
Beschuldigte verzweifelt um sein Leben kämpft. So gibt König Heinrich VII. am Ende der Verhandlung
plötzlich zu bedenken, dass
aus seiner, des Königs Sicht, Heinrichs III. Schuld
noch nicht erwiesen sei. Als Sohn von Kaiser Friedrich II. schlage er deshalb vor, dass der Fall
direkt Papst Gregor IX. in Rom vorgetragen werden solle, bevor ein
endgültiges Urteil gesprochen und vollzogen würde. Dieser gleichwohl überraschende
wie geniale Vorschlag
bedeutet die unerwartete Wende im Prozess und rettet das Leben von Heinrich
III. von Sayn.
Konrad von Marburg ist darüber zerknirscht und verärgert und hat ganz
offensichtlich nicht mit dieser Klugheit von Heinrich VII. gerechnet. Kann er sich vor
den versammelten
hochrangigen kirchlichen und staatlichen Honorationen Deutschlands nun trotz seiner absolutistischen
Machtbefugnisse die Blöße geben, sich einer Anfrage an
den Papst, den vermeintlichen "Lenker des Erdkreises", zu widersetzen? Auch wenn er,
Konrad, diesen Vorschlag hätte zumindest offiziell ablehnen können? Doch
könnte man ihm dann nicht vielleicht vorwerfen, die totale Machtfülle des
Papstes nicht ausreichend zu respektieren? Denn wäre der Papst selbst anwesend,
so die einfache Logik des Königs zugunsten von Heinrich von Sayn, stünde dieser in der Hierarchie
logischerweise eben noch über Konrad.
So wird durch diesen klugen Schachzug
von König Heinrich VII. das Leben von Graf
Heinrich III. von Sayn also in letzter Minute vorerst gerettet. Doch der gerade noch dem Scheiterhaufen entronnene Graf weiß genau, dass
er letztlich nur einen Aufschub erwirkt hat und sein
irdisches Leben weiterhin am seidenen Faden hängt. Denn der Inquisitions-Beauftragte
der Papstkirche könnte jederzeit andernorts plötzlich durch ein Standgericht zuschlagen
und Heinrich von Sayn trotzdem umbringen lassen – und zwar eben "standgerichtlich", bevor eine Antwort des Papstes aus Rom
eingetroffen sein würde. Wie also wird sich Heinrich III. nun verhalten? Eventuelle Pläne Heinrichs III., einer solchen
weiter realen Bedrohung zuvor zu kommen, sind nicht belegt. Klar ist aber, was wenige Tage
später geschieht.
Auf dem Rückweg von Mainz nach Marburg ahmt Konrad
einmal mehr den
Ritt von Jesus auf einem Esel nach, und er reist mit seinen Begleitern
auf Maultieren.
Diesmal wird aber – anders als sonst – seine Rückkehr schon mit
innerer Anspannung erwartet. Es ist
der 30.7.1233, als kurz vor Marburg nahe
dem Ort Beltershausen sechs Reiter mit ihren Pferden auf der
Lauer liegen und nach Konrad und seinen Begleitern Ausschau halten. Denn
deren Reiseroute soll hier vorbeiführen.
Nach langem Warten tauchen schließlich die Maultiere mit Konrad und seinen Begleitern in der
Ferne auf, und
die letzten Augenblicke im irdischen Leben des Inquisitors und seiner
Mordgehilfen beginnen. Als
Konrad gerade am Versteck der Reiter vorbei
ziehen will, stürmen diese aus ihrer
Tarnung heraus und greifen an. Konrad von Marburg
soll um sein Leben gefleht haben. Doch so wie Konrad als Inquisitor den Ruf
Tausender um Gnade ignoriert hat, so wird auch ihm keine Gnade gewährt. Die
Männer schlagen Konrad und seine Begleiter (darunter der
ihn "liebende" Franziskaner Gerhard Lutzelkolb) zusammen, bis
sich keiner von ihnen mehr rührt.
Es sind Ritter aus dem Adelsgeschlecht Dernbach
im Westerwald, ganz aus der Nähe des Wohnorts von Heinrich III., die sich
anschließend zu dem Attentat bekennen. Daraufhin wird ein "außerordentliches Gericht"
einberufen, auf das die katholische Inquisition keinen unmittelbaren Einfluss hat.
Dieses Gericht verurteilt die Täter, die Ritter aus dem Westerwald, dann dazu, "Buße" zu tun,
und es lässt sie ansonsten in Freiheit wieder ziehen.
Nur kurze Zeit später wird auch der Dominikaner-Inquisitor, Pater Konrad Dors, in
Straßburg erschlagen (fuit occisus), während der dritte
Inquisitor, Johannes "der Einäugige", von einer wütenden Menge
in Friedberg in Nordhessen aufgehängt wird (suspensus).
(Wormser
Bischofschronik, editio Boos, S. 169, 33 f.)
Als man
Papst Gregor IX. den gewaltsamen Tod von Konrad von Marburg meldet und der Papst einsehen muss, dass ihm der
kurz zuvor noch hoch gelobte "Brautführer der Kirche" und der "Diener des
Lichts" nun nichts mehr nützt, lässt der Papst ihn nachträglich fallen. Mit
heuchlerischen Worten über das Verhalten Konrads schreibt er an den Erzbischof
von Mainz über das Wirken Konrads: "Ein solches Elend, wie Ihr uns
geschildert habt, dulden wir nicht!" Und er "zieht" in diesem Brief
zudem die
absolutistischen Vollmachten für Konrad von Marburg nachträglich "zurück". Doch
was will er damit bewirken? Denn dieser Rückzug erfolgt ja erst nach dessen Tod und
bedeutet keine päpstliche Absage an die Grauen der Inquisition, die Papst Gregor IX. weiter intensivst und grausam betreiben lässt. Es geht hier nur um die Person Konrads und
dessen persönliche Machtpolitik.
So war die Anfrage des Mainzer Sendgerichts an den Papst in Sachen
"Heinrich III. von Sayn" auch nie im Vatikan angekommen. Und das Misstrauen des
um sein irdisches Leben bangenden Grafen und seiner Freunde war folglich nur allzu berechtigt. Doch unmittelbar nach dem
tödlichen Attentat auf Konrad von Marburg erfolgt nun
ein für die
Kirchenführung typischer Seitenwechsel. Er
erfolgte in der Geschichte der Kirche immer dann, wenn es für ihren umfassenden
Herrschaftsanspruch
nützlich bzw. notwendig erschien – in diesem Fall durch ein nachträgliches Einlenken gegenüber
den deutschen Erzbischöfen, denen Konrad zu mächtig wurde und die diesem
deshalb immer weniger gewogen waren. Und eben die Gunst dieser deutschen
Bischöfe ist für den Papst auch in Zukunft von großem Vorteil für die
weitere Ausübung seiner totalitären Macht (8).
Gleichzeitig verhindert Gregor mit seiner nachträglichen Kritik an Konrad
wahrscheinlich auch eine spätere Heiligsprechung des Großinquisitors als
angeblichem Märtyrer seiner Kirche. Das bedeutet aber nicht, dass man ganz
von ihm abgerückt ist. Man lässt ihm weiter andere kirchliche Ehren
zukommen.
So wird die Leiche von Konrad von Marburg ausgerechnet
nahezu neben die
Leiche von
Elisabeth von Thüringen in der heute evangelischen Elisabethkirche (bzw.
Elisabethenkirche) in
Marburg zu seinen "Ehren" bestattet; und mit ihm zusammen sein
homosexueller Geliebter, der
Inquisitor Gerhard Lutzelkolb. Deren Zeitgenosse, der Zisterziensermönch
Caesarius von Heisterbach (+ 1240) schreibt mehr oder
weniger deutlich über die beiden Mordbrenner:
"Und weil sie sich in ihrem ganzen Leben geliebt hatten, wurden sie im Tod
nicht getrennt, an einem Ort ermordet und an einem Ort begraben, nämlich in
der Basilika der heiligen Elisabeth."
(zit. nach Ewald Könsgen
(Hrsg.), Caesarius von Heisterbach. Das Leben der heiligen Elisabeth und
andere Zeugnisse, Marburg 2007, S. 24-25)
An Elisabeths Leichnam fehlt jedoch der Kopf, den damals, wie oben
geschildert, Kaiser Friedrich II.
hat
abtrennen lassen und der heute in Wien in der
Klosterkirche zur Heiligen Elisabeth aufbewahrt wird. Irgendjemand riss auch
noch irgendwann einen Arm von Elisabeths Leiche ab. Dieser wird heute
im Schloss der Fürsten zu Sayn-Wittgenstein in Sayn im Westerwald bei
Koblenz als Reliquie aufbewahrt. Alle damals in Marburg vorhandenen
Leichenteile legte man im Jahr 1249 in einen eigens dafür angefertigten
Reliquienschrein aus Gold, von wo sie dann 1539 von Landgraf Philipp von Hessen
im Zuge der Reformation
wieder entfernt wurden – bis zur teilweisen Unauffindbarkeit. Die noch
vorhandenen bekannten
Leichenteile wurden auch immer mehr zerkleinert. So befindet sich in
Elisabeths wahrscheinlicher Geburtsstadt Sárospatak in Ungarn seit 1988 ein
Partikel eines Schädelknochens von ihr, ein Geschenk der
Benediktinerabtei
St. Blasius in Admont/Steiermark, die zwischenzeitlich auch einige so
genannte weiteren Reliquien in ihren Besitz gebracht hatte – materielle
Reste eines irdischen Lebens, die eines von vielen gespenstischen
Schicksalen von Kirchenheiligen der Vatikankirche dokumentieren.
Wie Konrad von Marburg darauf
reagiert hätte, wenn Elisabeth von Ungarn und Thüringen deutsche Kaiserin
geworden wäre, bleibt offen. Betrachtet man sein sonstiges
grausames Wüten, wäre ein Todesurteil gegen sie nicht unwahrscheinlich
gewesen, und auch die spätere Heiligsprechung wäre wohl nicht erfolgt.
Unwahrscheinlich ist jedoch, dass Konrad ein Todesurteil auch hätte durchsetzen können. Dass es zu
dem Sinneswandel Elisabeths nicht kam, hat sicher mit ihrer gefühlsmäßigen Bindungen
an die mörderische Romkirche zu tun, eben vor allem in der Person ihres "Seelsorgers" und "Beichtvaters" Konrad
von Marburg, so dass die für Elisabeth letztlich tödlichen Gelübde
gegenüber der Kirche auch ein
Spiegelbild ihrer inneren Abhängigkeit von Konrad waren.
Ob es Friedrich und Elisabeth
wirklich zusammen gelungen wäre, die totalitäre Schreckensherrschaft der Kirche in Deutschland
wenigstens einzudämmen, ist natürlich, so ein kleines Resümee dieser Studie, nicht
beweisbar, doch einiges spricht dafür:
Elisabeths vorbildlicher und beeindruckender Charakter gehört dazu und ihre
herzlich positive Ausstrahlung gegenüber allen Menschen, Tieren und der
Natur, bevor sie in die Fänge der Kirche gerät; und auf der anderen Seite Friedrichs Abneigung gegenüber der Kirchenherrschaft, der er sich nur
widerwillig unterworfen hatte und mit der er bald wieder heftigste Kämpfe
ausgefochten hat.
So wird Kaiser Friedrich II. im Jahr 1245 – fast 14 Jahre nach Elisabeths Tod
– von
Papst Innozenz IV. auf dem 1. Konzil von Lyon als "Ketzer",
"Kirchenverfolger", "Atheist", "Antichrist", "Bestie aus der
Johannes-Apokalypse" (zit. nach Wikipedia, Stand: 15.3.2020)
verteufelt, während Friedrich umgekehrt das Papsttum in Rom nun eindeutig
als die "Hure
Babylon" betrachtet, die laut der Johannes-Apokalypse in den
Bibeln aufgrund ihrer Sünden und Verbrechen am Ende der materialistischen Zivilisation untergehen
wird. Von dieser "Hure" wird er nun exkommuniziert und aller seiner Ämter enthoben, unter anderem
wegen seiner freundschaftlichen Haltung gegenüber den muslimischen
Sarazenen, die er nach dem Willen der Kirchenführer im Kreuzzug hätte zu
Tausenden ermorden sollen, was er aber nicht tat.
Und als sich Friedrich II.
auch weigert, seine
Absetzung als Kaiser durch das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche anzuerkennen,
ruft der Papst die katholischen Soldaten
verschiedener Heere sogar zu
einem Kreuzzug gegen Kaiser Friedrich auf; einen Kreuzzug, für den der Pontifex maximus in
Rom dieselben Privilegien und vor allem angeblichen Sündenstrafen-Ablässe gewährt wie für einen
Kreuzzug nach Jerusalem, ins so
genannte "Heilige Land". Doch diesen Kreuzzug kann Innozenz IV. nicht
durchsetzen. Friedrich kann sich trotz des Wütens von Papst und Papstkirche und der
Einsetzung von zwei Gegenkönigen in Deutschland – darunter ausgerechnet der
Thüringer Landgraf Heinrich Raspe, der Schwager von Elisabeth von Thüringen
– bis zu seinem Tod im Jahr 1250 auf dem
Kaiserthron halten. Er war seither aber in seinen politischen Möglichkeiten arg geschwächt.
Zum Schluss noch
einmal ein kurzer Rückblick über die hier geschilderten schicksalhaften geschichtlichen Zusammenhänge:
Die Geschichte
hätte einen spürbar anderen Verlauf nehmen können, wenn zum einen Elisabeth an ihrem
damaligen Aufenthaltsort in Schloss Pottenstein,
äußerlich mit räumlichem Abstand zu Konrad von Marburg, die Weichen anders
gestellt hätte. Stattdessen
ließ sie sich aber mehr und mehr zu einem Aushängeschild des an
mörderischer Grausamkeit eskalierenden Kirchen-Systems erniedrigen, was folglich
schon 1235, weniger als vier Jahre nach ihrem Tod, in ihrer
"Heiligsprechung" gipfelt – ausgerechnet auch in Anwesenheit von
Friedrich II.
So tat sie auch nichts Nachweisliches,
um wenigstens in ihrem persönlichen Umfeld die Menschen vor den
Massakern auf Betreiben der Kirche zu schützen. Doch auch Friedrich II.
alleine hätte noch manches andere bewirken können.
Konrad von Marburg steigert nach Elisabeths Tod
noch einmal den Vernichtungsfeldzug gegen die nicht "rechtgläubigen" Teile der deutschen
Bevölkerung – im Auftrag von Papst Gregor IX. und offiziell zunächst noch im
Auftrag von Kaiser Friedrich II. Zwar agiert Friedrich wohl schon zu
diesem Zeitpunkt, Ende des Jahres 1231, nur noch widerwillig als
Ausführungs-Organ der Rom-Kirche. Doch warum hat er das getan und seine
Prinzipien verraten und die Inquisitionsgrauen hier und da sogar noch
verschärft? Offenbar, um seine Herrschaft nicht zu
gefährden; vielleicht auch aus Feigheit, was an den einstigen römischen
Statthalter Pilatus erinnert, der nicht aus Überzeugung, sondern aus
Feigheit und aus Angst vor Machtverlust Jesus von Nazareth kreuzigen ließ.
Mit seiner kaiserlichen Gesetzgebung gegen
so genannte "Ketzer" im Sinne der Kirche demonstriert Kaiser
Friedrich II. auf jeden
Fall sein folgenschweres
charakterliches Versagen und sein furchtbares Scheitern als ein möglicher Kaiser zum
Wohle des Volkes. Niemand hätte ihn zu dieser Gesetzgebung zwingen können,
denn er war der Kaiser. Die Schuld, die er sich damit aufgeladen hat, wiegt
auch deshalb schwer. Und das macht im Nachhinein auch das hohe Risiko für Elisabeth von Thüringen deutlich,
wenn sie sich als Kaiserin in eben diesen dann tatsächlichen
Geschichtsverlauf mitsamt dem kaiserlichen Versagen hätte mit hineinziehen lassen. So schindete sie sich eben
stattdessen lieber als willenloses Mündel des
Inquisitors Konrad von Marburg zu Tode und verharrte in ihrer
in tödlicher Erschöpfung endenden Glaubensmeinung, auf diese Weise Christus nachfolgen zu können.
Für
Friedrich kam der Tod dann mit 55 Jahren am 13.12.1250, kurz vor seinem 56.
Geburtstag am 26. Dezember.
Nach
langwierigen Kleinkriegen mit der römischen Kirchenmacht stirbt
der Kaiser 19 lange Jahre nach Elisabeth in Sizilien – an einer Seuche
wie Landgraf Ludwig, Elisabeths Mann. Einer anderen
Überlieferung zufolge wurde er von einem seiner Söhne erstickt.
Bis dahin standen wenigstens die Muslime in Europa und ihre Gelehrten noch
unter dem kaiserlichen Schutz. Doch nach Friedrichs von der Kirche herbeigesehntem Tod schürt diese auch wieder
verstärkt den Hass gegen die Muslime. Gleichzeitig lässt man aber alle
wissenschaftlichen Werke aus dem islamischen Kulturkreis (wo man damals viel
weiter fortgeschritten war als in Europa), derer man habhaft werden konnte, abschreiben.
Man unterschlägt jedoch deren Herkunft und schreibt sich die
entsprechenden
Erkenntnisse selbst zu – eine weitere Lüge in einer schier unendlichen Kette der
kirchlichen Geschichtslügen. Einmal mehr zeigt sich deshalb auch hier, was schon
Jesus von Nazareth entlarvend über die Priestergilde darlegte, die auch zu
Seiner Zeit dem
"Vater" diente, den man als "Vater von unten" bezeichnen könnte und der
"ein
Mörder von Anfang an" ist und "der Vater der Lüge" (Johannes 8, 30-47),
so die Worte von Jesus von Nazareth.
Diese Beschreibung charakterisiert nicht nur Theologen, Priester und
Schriftgelehrte einer bestimmten Zeit und Religion, sondern sie trifft auf die
Priesterkulte in vielen Religionen zu, doch vor allem und
besonders schwerwiegend auf diejenige, zu deren Lügen auch noch der böse
Missbrauch des guten Namen Christus gehört.
In unserer Zeit glauben jedoch immer mehr
Menschen – trotz erbittertem kirchlichem Widerstand – auch an das Urwissen
möglicher Reinkarnationen. Diese werden verstanden als große Chancen, in
früheren Erdenleben Versäumtes erneut lernen zu können, schwerwiegende Fehlhaltungen zu
beheben und den dadurch entstandenen Schaden anderen Menschen gegenüber wieder gutzumachen.
Auf diese Weise kann man in der Kürze eines oder mehrerer weiterer
Erdenleben allmählich wieder derjenige werden, der man im Inneren
schon immer ist – ein freies Geschöpf Gottes ohne Religion, Dogma und
Tradition.
Wir leben im 21. Jahrhundert in einer mächtigen Zeitenwende, an
deren Ende es keinen Religionsterror mehr geben wird und in welcher die
Machtkirchen mit ihren "Konrads" ihr Schicksal ereilen wird. Denn ungesühnte
Schuld bleibt Gegenwart und vieles, sehr vieles, von dem wir in dieser
Untersuchung über Elisabeth von Thüringen und Ungarn, über Konrad von Marburg
und über Kaiser Friedrich II. geschrieben haben, ist bis heute ungesühnt. In
dieser gewaltigen Umbruchszeit heißt es nun "Der Vorhang fällt". Und das
bedeutet auch: Alles Ungesühnte wird sichtbar und entlädt sich in
entsprechenden Wirkungen, bis es bereut, vergeben und wieder gutgemacht ist.
Der Psychoanalytiker Horst Eberhard Richter über Konrad von Marburg, Elisabeth von Thüringen und über das Wesen der katholischen Machtkirche:
Konrad will seine Untaten
|
PS: Unser Vorschlag:
Ein Mahnmal für die Opfer der Kirche
auch in Marburg
(vgl. dazu
Der Theologe Nr. 60)
Noch ungesühnt sind die Verbrechen
und Schandtaten der Kirche seit ca. 1700 Jahren. "Tretet aus von ihr Mein Volk, dass ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden und nichts empfangt von ihren Plagen." Bibel, Offenbarung 18, 4 |
(2) Vgl. dazu den Klassiker von Arnold Toynbee, Menschheit und Mutter Erde, Die Geschichte der großen Zivilisationen, Propyläen-Verlag, 1972. Darin heißt es: "Dem heiligen Franz wäre viel seelische Qual erspart geblieben, wenn er bei seinem ersten Zusammenstoß mit der Kurie den Märtyrertod gestorben wäre. Statt dessen musste er erleben, wie seine nun vom Heiligen Stuhl institutionalisierte Bruderschaft in den Händen des Kardinals Ugolino und des Bruders Elias eine Gestalt annahm, die mit seiner ursprünglichen Vorstellung von einem christusgleichen Leben nur noch wenig Ähnlichkeit zeigte." (S. 397)
(3) Der franziskanische Wanderprediger Johannes Capistranus (Foto rechts) war Kreuzzugs-Prediger gegen Moslems, Hussiten (bei denen es Gemeinsamkeiten zum Urchristentum gab) und Juden. So fanden Juden-Ermordungen unmittelbar nach Predigten von Capistranus statt. In Jawor in Polen wurden als Reaktion auf eine Predigt des Franziskaners z. B. 17 Juden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Capistranus wurde 1690 heilig gesprochen, und er gilt seither als Schutzpatron für die römisch-katholischen Anwälte. Zu seinen Ehren ist auch die Capistrangasse in Wien benannt.
(4) So sind beispielsweise die heutigen kirchlichen Sozialdienste in Deutschland zu fast 100 % staatsfinanziert, während die beiden Großkirchen auf der anderen Seite ein Vermögen von hochgerechnet ca. 500 Milliarden Euro hüten, (Carsten Frerk, Finanzen und Vermögen der Kirche in Deutschland, Aschaffenburg 2002), von dem sie allenfalls Almosen abgeben. Die Kirchen lassen sich aber gerne als soziale Wohltäter loben, weil die meisten Menschen nicht wissen, woher das Geld für die Sozialleistungen wirklich kommt – vor allem vom Staat, das heißt, von uns allen, oder von den eigenen Gläubigen, die man gerne zu Spenden aufruft. Zur Entwicklung des kirchlichen Reichtums siehe auch die Schrift Der Reichtum der Kirche ist Blutgeld
(5) Wenn man von
Elisabeth von Ungarn spricht, dann darf man sie allerdings nicht mit
Elisabeths
Großnichte gleichen Namens verwechseln (1292/93-1336), die Jahrzehnte
später als
Jugendliche in die Schweiz übergesiedelt wurde und im Jahr 1309 mit 16 oder 17
Jahren dort in ein Dominikaner-Kloster eintrat. Auch sie wird gelegentlich "Elisabeth von
Ungarn" genannt. Von dieser zweiten
"Elisabeth von Ungarn" wird neben einigen vermeintlichen "Wundern"
überliefert, dass sie pro Jahr ca. 34.000 Mal das Ave Maria gebetet habe. Für
eine eventuelle katholische so genannte Selig- und Heiligsprechung reichte das aber
nicht, denn es hatte sich für diese Prozedur bei ihr zumindest nicht eine dafür in der
Regel nötige
finanzstarke Lobby
gefunden.
(6) Der Deutsche Orden wäre 2001
pleite gewesen; er wurde aber durch eine Rechtsbeugung des Freistaats Bayerns
vom Staat, d. h. den bayerischen Steuerzahlern, aufgefangen; mehr dazu
hier;
wie meistens zahlte der Staat wieder einmal für die Kirche.
(7) Auch hier eine erschreckende Parallele zur Gegenwart: Verleumder von religiösen Minderheiten sagen oft anonym und im Fernsehen mit dem Rücken zur Kamera bzw. mit verzerrt dargestelltem Gesicht oder mit verzerrter Stimme aus; angeblich aus Angst vor denen, die sie beschuldigen. Mit einer solchen Vorführung in den Medien versuchen die Kirche und ihre Helfer, eine angebliche "Bedrohung" durch eine angebliche "Sekte" noch zu steigern. Manchmal ist das ganze Szenario zusätzlich mit düsterer Musik unterlegt. Und man lässt manchmal anstelle des Verleumders selbst auch einen Schauspieler sprechen, der den negativen bzw. furchtbaren Eindruck, der erweckt werden soll, dann auch noch professionell verstärkt.
(8) Vgl. den Seitenwechsel im Mai 1945, als aus kirchlichen Unterstützern für Adolf Hitler von einer auf die andere Woche plötzlich angeblich ehemalige "Widerstandskämpfer" wurden.
(9) Die Ordenszugehörigkeit
von Konrad von Marburg gilt als umstritten, doch am
wahrscheinlichsten war er
Franziskaner – ein Orden, der erst im Jahr 1210, also zu Lebzeiten von
Konrad (ca. 1180-1235) gegründet wurde. Dafür spricht z. B.: Es waren
Franziskaner, die in Missionsabsicht nach Deutschland und auch an den Hof
nach Eisenach kamen. Dabei rief man von Anfang an zum Kreuzzug auf
und betrieb die grausame Inquisition. Elisabeth von Thüringen wurde
schließlich von Konrad und
den Franziskanern in Eisenach in den so genannten "Dritten Orden" der Franziskaner
aufgenommen. Hinzu kommt die extrem asketische "franziskanische"
Lebensführung Konrads. Dazu passt auch eine mittelalterliche Abbildung, auf der er am ehesten eine franziskanische Bekleidung tragen könnte. Und am Rande bemerkt: Zumindest ein nachgewiesener
Franziskaner, Gerhard Lutzelkolb, wurde auch als Begleiter und homosexueller Liebhaber Konrads zusammen
mit diesem erschlagen.
In wikipedia.org wird
Konrad von Marburg passend dazu auch in der "Liste der bedeutenden Franziskaner"
aufgeführt.
Da die Beurteilung Konrads in jüngerer Zeit immer kritischer
wurde, gibt es allerdings auch den Wunsch, die Franziskaner von ihm zu
"entlasten". Und unabhängig davon gibt es noch andere
Spekulationen: So wird er gelegentlich als "Prämonstratenser" bezeichnet
(ein Orden, der 1120 von Norbert von Xanten gegründet worden war). Diese Einschätzung beruht auf
dem Sachverhalt, dass er "gute Kontakte" zum Prämonstratenserinnen-Kloster Altenburg (deren spätere Äbtissin Elisabeths
von Ungarns Tochter Gertrud wurde) hatte, und weil es eine entsprechende umstrittene
Notiz aus dem 15. Jahrhundert gibt.
Andere vermuten, er wäre Dominikaner gewesen,
der Hauptorden der mörderischen Inquisition. Doch beides ist sehr unwahrscheinlich.
Eventuell gehörte Konrad von Marburg auch überhaupt keinem Orden an, aber auch
das ist äußerst unwahrscheinlich.
Denkbar ist allerdings,
dass Konrad zunächst im Auftrag der Franziskaner als Franziskaner predigte und dann vom Papst
in dessen unmittelbaren Dienst gestellt wurde, wobei man auch in dieser
Funktion zumindest offiziell in seinen Orden eingebunden bliebe.
In vielen Publikationen wird die Ordenszugehörigkeit von Konrad von Marburg
aufgrund dieses nicht eindeutigen Befunds deshalb gar nicht thematisiert.
Ihn gemäß des Lexikon-Eintrags als "bedeutenden Franziskaner" zu betrachten,
ist das Naheliegende.
PS: Professor
Alexander Patschovsky von der Universität Konstanz schreibt dazu: "Zu
Einzelfragen von Konrads Vita, namentlich seiner Ordenszugehörigkeit, vgl.
Karl Hermann May, Zur Geschichte Konrads von Marburg, Hessisches Jb. für LG
1 (1951) S. 87-109, dessen Eintreten für Zugehörigkeit Konrads zum Prämonstratenserorden, in der Hauptsache aufgrund eines späten Zeugnisses
aus dem 15. Jahrhundert, mich nicht überzeugt (mit guten Gründen ablehnend
zuletzt auch W. M. Grauwen, Was de inquisiteur Koenraad van Marburg [1233]
een premonstratenzer?, Analecta Praemonstratensia 52, 1976, S. 212-224)."
(Alexander Patschovsky, Zur Ketzerverfolgung Konrads
von Marburg, Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Band
37, Köln 1981, S. 641 ff., zit. nach
uni-konstanz.de)
(10) Die von Kaiser Friedrich II.
in den Jahren 1220 bis 1239 erlassenen Gesetze gegen Nichtkatholiken enthielten folgende
angebliche "Straftatbestände" und Strafen. Entscheidend zum
Verständnis ist der erste Punkt, der darlegt: Die Kirchenführer entscheiden
und bilden die Wurzel des Unheils, der Staat ist letztlich nur das
Ausführungsorgan der totalitären kirchlichen Ansprüche:
"1. Alle von der Kirche als
Ketzer Verdammten sind von den weltlichen Richtern mit dem Tode zu
bestrafen. 2. Die, welche aus Furcht vor dem Tode in den Schoß der Kirche
zurückkehren, werden mit ewigem Gefängnis bestraft. 3. Während der
Untersuchung werden alle Verdächtigen in strengem Gewahrsam gehalten. 4. Die Begünstiger der Ketzer verfallen derselben Strafe wie diese selbst. 5.
Ketzer sind an jedem Ort zu bestrafen, auch wenn sie ausgewandert sind. 6.
Rückfällige Ketzer verfallen ohne weiteres der Todesstrafe. 7. Ketzer und
ihre Begünstiger haben kein Recht auf Appellation und Proklamation (d. h. auf
eine Gerichtsverhandlung), damit auf alle Weise die ketzerische Schmach aus
dem glaubenstreuen Deutschland entfernt werde. 8. Die Nachkommen und Erben
der Ketzer sollen bis in die zweite Generation aller weltlichen
Vergünstigungen und öffentlichen Ehren beraubt sein, mit Ausnahme der
rechtgläubigen Kinder, welche ihre ketzerischen Eltern zur Anzeige bringen."
(zit. nach
propertibazar.com, queue, aus-der-geschichte-der-inquisition, 5b813ab0d64ab21e80992fe0.html;
Datei 2022 nicht mehr abrufbar)
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