Der Theologe Nr. 2, aktualisiert am 21.8.2022
Viele
Spuren des Wissens um Reinkarnation bzw. Wiederverkörperung finden sich auch in
der Bibel. Der Jakobusbrief warnt beispielsweise davor, dass
unsere Zunge einen "Brand" verursachen kann, der das "Rad der Geburt"
erneut in Bewegung setzt (3, 6) (vgl. Foto rechts: "Das Rad der Wiedergeburt).
Die Lehre von der Reinkarnation steht in Verbindung mit dem "Gesetz von Saat und
Ernte", das auch die Gerechtigkeit beinhaltet: "Was
der Mensch sät, das wird er ernten".
Auch dieser Satz steht in den Bibeln der Kirche (Galater 6, 7). Die
Anwendung des Satzes "Was der Mensch sät, das wird er ernten" könnte zu einem
entscheidenden Schlüssel werden, um den eigenen Lebensweg oder das eigene
Lebensschicksal zu verstehen und um noch
vieles zum Guten
hin verbessern zu können.
Jesus von Nazareth und den ersten Urchristen
war dieses "Gesetz von Saat und Ernte" vertraut, wie in dieser Ausgabe des
Theologen nachgewiesen wird. Das setzt wiederum voraus, dass es bereits ein
"Leben" vor diesem irdischen Menschenleben gab und auch ein "Weiterleben" nach
diesem irdischen Leben gibt. Und damit ist auch die Spur gelegt zu dem Urwissen
der Menschheit über die Möglichkeiten der Reinkarnation. Und wer dieser Spur
folgt, dem wird auch ein scheinbares "Geheimnis" nach dem anderen enthüllt.
Alles ist dabei von Bedeutung: jede Tat,
jedes Wort, jeder Gedanke, jede Empfindung, denn alles kann auch als "Energie"
bezeichnet werden. Was wir tun, reden, denken und empfinden, ist die Saat in den
Acker unseres Lebens. Und keine Energie geht dabei verloren. So geht eine "Saat"
entweder noch in diesem Leben auf oder später in den jenseitigen Welten oder in
einem weiteren irdischen Leben. Haben wir Positives "gesät", wird
dementsprechend wieder Positives auf uns zukommen. Haben wir Negatives "gesät",
fällt dies jedoch meist nicht sofort auf uns zurück. Stattdessen bekommen wir
immer wieder Hilfen, um umzukehren und diese Saat zu "bereinigen". Dazu gehört
auch, wieder gut zu machen, was noch möglich ist, damit wir eben nicht einst
selbst ernten müssen, was wir an Negativem verursacht haben. So erhält jeder
Mensch und jede Gruppe von Menschen Fingerzeige und Warnungen, deren Botschaften
ihnen helfen sollen, einen drohenden Schicksalsschlag rechtzeitig zu verhindern.
Das ist die Barmherzigkeit Gottes. Werden diese Hinweise und Mahnungen jedoch
ausgeschlagen, werden uns unsere negativen Ursachen gleich einem Bumerang früher
oder später als Wirkungen treffen.
Die nachfolgende Ausgabe von theologe.de ist in
Form eines ausführlichen Gesprächs über das Thema verfasst, das auf viele Fragen
mögliche Antworten dazu gibt und von entsprechenden Erfahrungen berichtet, auch
im Hinblick auf interessierte Leser, welche vom katholischen oder evangelischen
Milieu und den dort üblichen Glaubensinhalten geprägt wurden, auf die vielfach
eingegangen wird. Dass das Gesetz von Saat und Ernte exakt wägt und auch deshalb
recht komplex ist, entspricht den einzelnen Menschen in ihren vielfältigen
Taten, Worten, Gedanken, Gefühlen und Empfindungen, denen ja in jedem Augenblick
Neues hinzugefügt wird.
Es ist aber auch gut möglich, nur einzelne Kapitel oder Absätze dieses Gesprächs
auszuwählen, wofür das nachfolgende Inhaltsverzeichnis eine Orientierung gibt.
Während im 1. Teil vor allem das umfassende kosmische Gesetz von Saat
und Ernte Thema ist, folgt im
2. Teil anhand dem frühen Urchristentum und den Aussagen der
Bibeln eine intensivere Auseinandersetzung speziell mit den Inhalten der
Reinkarnation und den damit zusammenhängenden Möglichkeiten.
Jesus von Nazareth über vergangene Inkarnationen: "Heute, wenn Ihr Euer Ebenbild seht, freut Ihr Euch. Wenn Ihr aber Eure Bilder seht, die vor Euch geworden sind, wie viel werdet Ihr ertragen?" (Thomasevangelium, Vers 84) |
Der Journalist: Der katholische und der evangelische Glaube kennen keine Wiederverkörperung bzw. Reinkarnation. Sie waren evangelischer Pfarrer und glauben heute an Reinkarnation. Wie ist das gekommen?
Der Theologe:
Ich wollte als Christ leben und Jesus von Nazareth nachfolgen, und ich glaubte zunächst, die Lehre von der möglichen Reinkarnation sei nicht christlich. Als Theologiestudent und später als Pfarrer wurde mir aber auch immer mehr bewusst, wie groß die Spannungen und Widersprüche zwischen der evangelischen Lehre und Jesus von Nazareth sind, wie ich ihn aus der Bibel her kannte [siehe dazu Der Theologe Nr. 1]. Eine Zeitlang habe ich versucht, beides miteinander zu vereinbaren, doch eines Tages sah ich mich vor die Entscheidung gestellt: entweder lutherisch oder christlich. Beides zusammen konnte ich nicht mehr vereinbaren. Ich entschied mich dafür, den Pfarrerberuf niederzulegen und bin kurze Zeit später aus der Kirche ausgetreten. Heute arbeite ich als Freier Theologe bei Bestattungen und im journalistischen Bereich, und ich lebe in einer urchristlichen Gemeinschaft, deren Anliegen das Leben nach den Zehn Geboten und der Bergpredigt des Jesus von Nazareth ist.Der Journalist: Die Möglichkeit der Reinkarnation gilt als eine logische Folge eines Glaubenssatzes, der lautet "Was der Mensch sät, das wird er ernten." Demnach kann eine "Ernte" in diesem Leben die Folge einer "Saat" in einem vorherigen Lebens sein. Und was in diesem Leben gesät wird, kann unter Umständen erst im nächsten oder in einem der nächsten Leben aufgehen. Ist dieser Glaube so richtig wiedergegeben?
Der Theologe:
Ja. Doch Säen und Ernten geschieht auch innerhalb nur eines irdischen Lebens. Oft erfolgt die Ernte unmittelbar nach der Saat. Manchmal aber auch erst Inkarnationen später. Grundsätzlich glaube ich, dass es keine Zufälle gibt. Ich glaube, dass alles, was auf uns zukommt, eine Ursache in der Vergangenheit hat.Der Journalist: Hat dieser Glaube praktische Folgen?
Der Theologe:
Ja. Es gibt zum Beispiel Lebenssituationen, die schmerzen. Ich frage mich dann: Warum hat mich das getroffen? Und: Was kann ich ändern, damit es sich nicht wiederholt oder negative Folgen abgemildert werden? Wenn ich Ereignisse in meinem Leben als Wirkungen auf bestimmte von mir selbst gesetzte Ursachen verstehe, lerne ich mich besser kennen und übernehme die Verantwortung für alle Situationen meines Lebens. Darauf kommt es zunächst an. Und die nächsten Schritte sind: Das Beste daraus machen und Veränderungen einleiten. Das klingt in dieser allgemeinen Form natürlich sehr einfach. Wer damit Erfahrungen hat, weiß jedoch, dass er sich eine solche positive Lebenseinstellung manchmal auch erst mühsam errungen hat.Der Journalist: Nun gibt es völlig unterschiedliche Lebenssituationen und Schicksale. Die einen leben im materiellen Wohlstand, andere müssen täglich ums Überleben kämpfen. Einer fühlt sich glücklich, ein anderer elend. Gilt diese Art zu leben, von der Sie eben gesprochen haben, für alle Situationen?
Der Theologe:
Wenn es nicht so wäre, müsste man fragen: Bin ich für mein Schicksal nicht selbst verantwortlich, wer dann? Kann ich einem oder mehreren meiner Mitmenschen die Schuld geben? Vielleicht einem politischen System, dem ich von Kind auf unterworfen war? Oder Gott? Oder einer dunklen Schicksalsmacht?
Der
Journalist:
Viele
Menschen denken so. Andere sprechen von einem "Geheimnis Gottes". Auf die Frage
nach dem Warum gebe es oft keine letzte Antwort, so heißt es.
Der Journalist: Es gibt also für alles eine Erklärung oder einen Sinn?
Der Theologe: Ja. Doch die Kirche hat die Menschheit seit ca. 1700 Jahren in Unwissenheit und Verzweiflung geführt. Und anstatt demütig einzugestehen, dass ihre Priester und Pfarrer den Zugang zu Gott verloren haben, wird bis heute hochmütig weiter behauptet, niemand könne mehr wissen als die Kirche. Dabei gibt es kaum einen Ort größeren Irrtums als die Institutionen Kirche. Und man bezeichnet die eigene Ignoranz dann dreist als "Geheimnis Gottes". Dabei gehört es zum Urwissen der Menschheit, dass das Schicksal der Welt und der einzelnen Menschen von diesen selbst verursacht wurde. Und immer wenn Propheten oder weise Menschen in den letzten 1700 Jahren das "Geheimnis Gottes" lüften wollten, ging man aggressiv dagegen vor, um dies verhindern, weil es die kirchliche Macht- und Herrschaftsposition ins Wanken gebracht hätte. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Damit versucht die Kirche praktisch auch, Gotteserfahrungen zu verhindern, die den Menschen die Augen öffnen würden. Doch es gibt kein "Geheimnis Gottes", nur ein dunkles Geheimnis der Kirche, und dies ist dunkler als sich die meisten Menschen vorstellen können. Die Sexualverbrechen von Priestern an Kindern lassen immerhin ein wenig ahnen, welche Mächte bei den Talarträgern im Hintergrund wirken. Wer jedoch auf die Nähe Gottes in seinem Herzen vertraut, der kann Ihn ganz zwanglos erfahren. Gott ist zum Beispiel im Leid die innere Hilfe, und Er zeigt auch im äußeren Leben immer einen nächsten Schritt auf – über unsere Mitmenschen, über Geschehnisse in unserem Alltag, über Tiere und die Natur oder über unser Gewissen. Wer Gott jedoch in Kirchen aus Stein oder gar in einer Hostie sucht, wird Ihn niemals finden.
Der Journalist: Haben Sie die innere Hilfe Gottes zwanglos so erlebt?
Der Theologe:
Ja. Ich weiß es von eigenen Erlebnissen, und ich weiß es auch von anderen, die Schlimmeres erlebten als ich. Vereinfacht gesagt machte ich mir immer bewusst: In jedem Negativen ist auch das Positive enthalten, in allem ist die Gegenwart Gottes. So habe ich immer wieder den nächsten Schritt heraus aus negativen Situationen gefunden.
Der
Journalist:
In allen
Lebenssituationen das "Gesetz von Saat und Ernte" anwenden, in allem Negativen
das Positive finden und mit der Hilfe Gottes das Leben immer neu meistern. Das
klingt so einfach, als ginge es dabei um eine einfache Grundregel der
Naturwissenschaft. Doch Sie haben ja selbst angedeutet, dass es praktisch nicht
immer so einfach ist.
Der Theologe:
Dabei wäre es meist gar nicht so schwer. Das Gesetz von Ursache und Wirkung finden wir ja auch als Prinzip von Aktion und Reaktion in der Physik: Jede Aktion bringt eine Reaktion hervor, und jedes Geschehen wurde durch ein voraus gegangenes Geschehen bewirkt. Keine Energie geht dabei verloren. Was bei einfachen physikalischen Versuchen leicht nachweisbar ist, braucht man nur in den Bereich unserer Gedanken und Gefühle zu übertragen, denn diese sind ebenfalls Energie. Auch Gedanken und Gefühle können so als Wirkungen auf vorausgegangene Ursachen verstanden werden und gleichzeitig als neue Ursachen, die wiederum Wirkungen hervorbringen.
Der Journalist
: Besteht nicht die Gefahr, dass jemand, der nach diesem Prinzip lebt, an sich selbst verzweifelt oder sich andauernd schlecht macht?Der Theologe:
Dann würde er etwas grundlegend missverstehen. Denn wer diesen Weg konsequent geht, für den wird das Leben zunächst richtig spannend. Und er lernt sich immer besser zu verstehen. Wichtig ist dabei, sich selbst nicht zu verurteilen, wenn man Negatives bei sich entdeckt, das man zuvor vielleicht noch nicht so wahrgenommen hatte. Denn wir alle haben noch unsere größeren oder kleineren Fehler. Und man könnte sagen: Wir sind hier auf der Erde, um zu lernen. Und das bedeutet zum Beispiel praktisch: Ein Mensch wird glücklicher, wenn er die Ursachen, die zu einem "Unglück" führten, findet und aufarbeiten kann. Und das heißt dann auch, dass auf ein kleineres Unglück in dieser Hinsicht kein größeres folgt, sondern der Lebensweg zunehmend von Zufriedenheit und Glück gekennzeichnet ist. Dazu gehört auch, ein erkanntes Fehlverhalten nicht zu wiederholen, auch wenn es zwischenzeitlich dann doch einmal passiert, oder jemand sprichwörtlich öfter "durch die Hölle" musste. Nur wer bereit ist, Verantwortung für seine Fehler zu übernehmen, auch wenn er alle Hintergründe oft noch nicht überblickt, kann sie auch Schritt für Schritt abbauen. Und es zählt zu den Erfahrungen auf diesem Weg, dass einem immer der jeweils nächste Schritt gezeigt wird. Denn alles auf einmal könnte in der Regel gar nicht bewältigt werden. Und hier habe ich auch lernen müssen, nicht an sich selbst zu verzweifeln, die Geduld zu erlernen und sich auch selbst zu vergeben, wenn manches, was einem an einem selbst nicht gefiel, sich erst langsam besserte und nicht gleich auf Anhieb anders wurde. Notwendig war und ist jedoch immer die klare Entscheidung für das Ziel.Der Journalist: Hat das auch mit unterschiedlichen Gottesvorstellungen zu tun?
Der
Theologe:
Ja. So hat die Vorstellung von einem "zornigen
Gott" in vielen Seelen und Menschen schon unsagbar viel Schaden angerichtet.
Wer sich demgegenüber aber immer wieder bewusst macht: "Ich bin von Gott, dem
Vater-Mutter-Gott, geliebt" oder "Ich bin ein Sohn, eine Tochter des lebendigen
all-einen Gottes", bei dem wächst ganz allmählich auch das Bewusstsein des
eigenen Wertes, ohne dass er dies mit Hochmut oder Ich-Sucht verwechselt. Je
mehr man aus dieser Einstellung heraus eine Selbstachtung und innere
Unabhängigkeit entwickelt, je leichter wird es auch, sich noch bestehende
tatsächliche Fehler und Schwächen einzugestehen. Die nächsten Schritte sind
dann: Die Wurzel finden und "bereinigen" und sich ein neues positives
"Lebensprogramm" vorgeben und nach und nach verwirklichen. Ich tue das auch mit
so genannten "Bewusstseinsstützen". Etwa: "Christus ist in mir. Christus ist in
meinem Nächsten." Oder: "Christus hilft mir, in jedem Augenblick." Dies gilt
auch für scheinbare Kleinigkeiten. Oder: "Ich möchte alleine Gott gefallen und
keinem Menschen." Oder im Gebet: "Was würdest Du, Christus, jetzt tun, in dieser
Situation?"
Wer es so hält, der entwickelt immer mehr die Eigenschaften, die auch seinem
unendlich großen inneren Wert entsprechen. Mir macht es große Freude, wenn ich
auf diese Weise wieder ein kleines Stück freier geworden bin. Die dauerhaften
Schwierigkeiten entstehen dadurch, dass die meisten Menschen manches Negative
und letztlich ihr Ego lieber behalten möchten. Dazu gehören zum Beispiel der
Wunsch, Macht über andere auszuüben oder die eine oder andere problematische
Leidenschaft weiter ausleben zu wollen, die jedoch nicht frei macht, sondern im
wahrsten Sinne des Wortes immer wieder "Leiden" "schafft"; auch Hochmut und
Selbstüberschätzung gehören hier dazu, schließlich die Maske, die man anderen
gegenüber nicht ablegen will, weil man von diesen noch bestimmte Dinge erwartet.
Es passiert auch sehr oft, dass jemand schwankt: Einmal möchte er sich selbst
auf die Schliche kommen und frei werden, ein andermal aber wieder nicht. Auch
diese Schwankungen können ein Leiden verlängern, und sie verhindern oft, dass
Gott bzw. Christus einem wirklich helfen kann. Vor allem, wenn man Schwächen und
Fehler längere Zeit nicht oder kaum angeht, obwohl man darum weiß, werden diese
dann oft zu Einfallspforten für ein schwerwiegenderes Schicksal. Mancher
zweifelt dann an der Güte Gottes, obwohl er selbst es war, der die Liebe der
allgegenwärtigen kosmischen Ur-Kraft Gottes jahrelang nicht an sich heran
gelassen hat. Denn von Gott her gesehen bekommt jeder aufs Ganze gesehen die
gleichen Hilfen, um sein Leben zu meistern, weil auch alle gleich wertvoll sind.
Der Journalist: Wenn Sie sagen: "Von Gott her bekommt jeder die gleichen Hilfen", setzen Sie sich dann nicht dem Vorwurf aus, schöne Worte zu machen, die der Wirklichkeit nicht standhalten?
Der Theologe:
Für viele ist Gott ein "äußeres Wesen", und sie erwarten Hilfe immer von außen. Oder sie glauben: Wenn sie vielleicht beim kirchlichen Abendmahl eine Hostie zu sich nehmen, würde vieles besser. Doch dieser äußere Vorgang nützt überhaupt nichts. Denn Gott ist in einem Grashalm genauso gegenwärtig wie in einer Backoblate – ob diese nun vermeintlich "gesegnet" und angeblich "verwandelt" wurde oder nicht, ob sie von einer Maus oder Ratte in einem alten Kirchengewölbe angeknabbert wurde oder in einem Kirchengefäß zeremoniell aufbewahrt wurde oder was auch immer. Und es würde sich ja auch nichts dadurch bessern, wenn ich beginne, auf einem Grashalm zu kauen. Denn Gott ist uns am nähesten in uns selbst. Dort müssten wir Ihn vor allem suchen, nicht im verlogenen Gaukelwerk von Priestern und Theologen. Wenn ich mir dann noch bewusst mache, dass Gott auch in jedem Problem ist, in jeder Situation, in jedem Menschen, gerade auch in dem, der mir Schwierigkeiten bereitet, dass Er in jedem Tier ist, in jeder Pflanze oder in jedem Gegenstand, dann kann sich eine positive Kommunikation aufbauen zwischen Gott in mir und Gott um mich herum, denn Gott ist auch die Einheit. Und aus dieser Kommunikation heraus ergeben sich vielfältige Hilfen im Alltag. Auf einmal weiß ich dann in meinem Inneren: "Das ist jetzt die Hilfe Gottes", und ich weiß, was ich jetzt tun kann.Der Journalist: Warum nicht bei anderen?
Der Theologe:
Wenn sich jemand Gedanken darüber macht, wie das Gesetz von Saat und Ernte bei anderen wirkt, stellt sich für mich die Frage des Motivs. Steckt vielleicht Neugier oder Sensationslust dahinter, oder spielt vielleicht sogar Zynismus eine Rolle?Der Journalist: Ein Motiv könnte ja auch sein, dem anderen zu helfen.
Der Theologe:
Ja. Doch wie ist das möglich?
Als früherer evangelischer Amtsträger war ich einmal für eine Bestattung
nach einem Verbrechen verantwortlich. Eine hochschwangere junge Frau war bei einem Raubüberfall ermordet
worden; auch das Kind im Mutterleib starb.
Was löste nun dieses plötzliche Schicksal bei den davon betroffenen Menschen aus? Wie konnten sie
damit weiterleben? Und wie weit
berührte es mich selbst? War ich überhaupt in der Lage, ein hilfreicher
Gesprächspartner für die Verwandten und Freunde zu sein?
Die Frau und ihr Mörder kannten sich. Doch soweit man das zurückverfolgen konnte bzw.
mir bekannt war, hatte sie ihm nichts angetan, was einen Zusammenhang zu dem Überfall
hätte herstellen können. Dem maskierten Mann ging es nach eigenen Aussagen um Geld, und
er wurde zum grausamen Mörder, als ihn die Frau hinter seiner Maske erkannte.
Wie ist nach dieser furchtbaren Tragödie Hilfe für alle Beteiligten möglich? Ein erster Ansatz dazu könnte sein: Wenn wir davon ausgehen,
dass die Seele des
Ermordeten im Jenseits weiterlebt: Wäre es dann eine Hilfe für sie, wenn Verwandte und
Freunde auf der Erde in Verzweiflung oder Hass fallen und nicht mehr aus dieser Verfassung
herausfinden?
Mittlerweile kenne ich Menschen, die einen Schicksalsschlag erlitten haben und denen das
Wissen um das Gesetz von Saat und Ernte und um die Reinkarnation ein wirklicher Trost
ist, auch wenn sie nicht wissen, was es im Einzelnen für eine Vorgeschichte
gibt; oder was an eigenen Ursachen zugrunde liegen mag.
Sie ahnen aber, dass alles einen bestimmten Sinn macht und dass es Zusammenhänge
gibt, die sie noch nicht überblicken. Die Verwandten eines tödlich verunglückten
Menschen könnten zum Beispiel ahnen, dass dessen innerer Lebensplan
womöglich nur
bis zu dieser Zeit reichte. Und vielleicht ist vor dem Unglück auch keine gute
Weichenstellung für die Zukunft erfolgt. Bzw. es bahnte sich eine Situation an,
die er nicht hätte bewältigen können und die zum Auslöser neuer
negativer Ursachen geworden
wäre. Das muss nicht so sein, kann aber so sein. Keine
Situation ist wie die andere. Alles ist bekanntlich komplex, aber letztlich
präzise.
Der Vater eines schwer behinderten Jungen sagte mir einmal, er wäre verzweifelt, wenn er
nicht an eine Ursache und an einen Sinn dieses Schicksals hätte glauben können. So aber
hat er diese Aufgabe, die ihm das Leben stellte, angenommen und ist mit ihr
innerlich gewachsen.
Der Journalist:
Hat das Schicksal immer mit früheren Leben zu tun?
Der Theologe:
Wenn wir von der Reinkarnation ausgehen, dann bringt jeder Mensch bereits sein Reisegepäck aus früheren Zeiten in dieses Erdenleben mit. Und dann kommt es eben darauf an, welchen Verlauf dieses Erdenleben nimmt. Negative Ursachen, die zu einem Schicksal führten, können also auch erst in diesem Leben gesetzt worden sein. Wenn aber nicht, dann folgerichtig in einem oder mehreren der früheren. Die Ursachen oder "Eingaben" in unserer Seele würden uns in diesem Leben an bestimmte Orte und zu bestimmten Menschen ziehen – aber immer unter den geistigen Vorzeichen, dass das Schicksalhafte oder Kausale unter den Beteiligten dieses Mal "bereinigt" wird, zum Beispiel durch Wohlwollen, Einfühlen lernen, Toleranz, Verstehen und Vergeben. Alle Begegnungen in einem Leben und der Zeitpunkt und die Art von Geburt und Tod haben in diesem Sinne auch mit Vorleben zu tun; und auch die Lebensumstände dazwischen, also die Aufenthalte in den jenseitigen Bereichen. Dort erhält jede Seele, die ein neues Erdenleben anstrebt, Aufklärung über die Chancen und Risiken dieses Vorhabens einer eventuell erneuten Inkarnation. Ob sie diese jedoch annimmt oder überhaupt wahrnimmt, ist allerdings ihre Sache; und auch das Ziel, das sie sich zum Beispiel als Seele im Jenseits für ihr nächstes Leben vorgegeben hat oder zuvor eben auch die grundsätzliche Entscheidung dafür, dass sie wieder in einen auf der Erde gezeugten Menschenkörper inkarnieren will anstatt ihren Weg in der anderen Welt weiterzugehen.Der Journalist: Können unter diesen Voraussetzungen auch Ereignisse im Leben eines Menschen vorausgesagt werden?
Der Theologe:
Das Leben entwickelt sich nach bestimmten Vorgaben, nämlich den eigenen Eingaben, der eigenen "Saat". Doch der Mensch hat bekanntlich immer mehrere Möglichkeiten, sich zu entscheiden. Demnach könnten zwar mögliche Entwicklungen in der Zukunft aufgezeigt werden, eben im Sinne von großen Chancen oder Gefahren, einzelne Ereignisse aber nicht exakt vorausgesagt werden. Denn kein Mensch kann im Voraus wissen, wie sich jemand anderes dann in diesen Situationen tatsächlich entscheidet und was er dann tut oder unterlässt. Und auch im Rückblick kann man als Mensch kaum erfassen, warum zum Beispiel ein bestimmter Tod auf diese Art und zu diesem Zeitpunkt eingetreten ist und warum das Schicksal keine anderen Wege gegangen ist. So umfangreich und vielfältig können die Zusammenhänge sein, und es sind immer viele Aspekte, die hier einwirken.
Der Journalist:
Wenn
der Mensch vieles kaum erfassen kann, wie würden Sie dann Ihre eigene Haltung
heute verstehen? Haben Sie vieles erfasst oder eher wenig?
Der Theologe:
Ein großer Teil dieser Darlegungen wurde im Laufe der Zeit sinngemäß durch Prophetenmund an die Öffentlichkeit gebracht. Die Inhalte sind für diejenigen, die daran glauben, also Botschaften aus der "geistigen Welt", man könnte auch sagen, aus dem Reich Gottes. Die wahren Gottespropheten früherer Zeiten und von heute und ihre Unterscheidung von falschen Propheten sind ein Thema für eine eigene Ausgabe dieser Zeitschrift [vgl. Der Theologe Nr. 20]. Als Theologe gebe ich hier das, was ich zuvor mit Herz und Verstand prüfte, mit meinen eigenen Worten wieder. Einiges habe ich dabei auch einige Jahre lang bewegt und manches ausprobiert, so dass eigene Erfahrungen hinzu kommen.Der Theologe:
Viele Menschen wenden weder das Gesetz von Ursache und Wirkung auf ihr Leben an, noch wissen sie etwas von der Möglichkeit von Reinkarnationen. Sie stehen oft ratlos ihrem Schicksal gegenüber, ohne zu ahnen, wo die Spur zu finden ist, auf der sie dieses Leben meistern und letztlich zu einem glücklicheren und zufriedeneren Leben in der Gegenwart und in der Zukunft finden können.Der Journalist: Führt die Spur, um das Leben zu meistern, also in die Vergangenheit?
Der Theologe:
Die Vergangenheit zeigt sich früher oder später wieder in der Gegenwart, wenn sie nicht aufgearbeitet ist. Entscheidend ist also die Gegenwart.Der Journalist: Was heißt das konkret?
Der Theologe:
Wenn ich weiß, dass es für alles, was mich heute trifft, Ursachen in meiner Vergangenheit gibt, dann ist das eine Hilfe, nicht in Hader, Vorwürfe oder Selbstmitleid zu verfallen. So werden mir unter Umständen Teile meiner unbewältigten Vergangenheit bewusst, die zu der heutigen Lebenssituation beigetragen haben und ich habe die Chance, ein früheres falsches Verhalten heute zu ändern.
Der Journalist:
Hat das etwas mit dem Glauben an Gott zu tun?
Der Theologe:
Der Weg zu Gott geht immer über den Nächsten, den Mitmenschen, indem ich mit ihm Frieden schließe, zum Beispiel, indem ich ihm verzeihe. Denn Gott ist ja auch in ihm gegenwärtig. Der Mitmensch kann also nicht umgangen werden. Wer das Gesetz von Saat und Ernte nicht kennt oder es nicht anwenden möchte, kann jedoch in Situationen kommen, in denen er stattdessen Gott für das Leid verantwortlich macht und nicht mehr an Ihn glauben kann. Wenn sich dann die Situation verfestigt oder verschlimmert, wird möglicherweise weiteres Negatives aufgebaut. Und der Betroffene fällt oft in Resignation oder Verzweiflung. Das muss nicht soweit kommen, wenn jemand die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung anwendet. Jesus von Nazareth wusste darum und auch Paulus, der einige Bücher der Bibel verfasst hat. Jesus hat nicht von einem "Geheimnis Gottes" gesprochen, wie es die Kirchen heute tun.Der Journalist: Wenn es keine "Geheimnisse" gibt: Warum lässt Gott Leid und Not zu?
Der Theologe:
Weil Gott nicht in den Willen des Menschen eingreift, sondern den Menschen einlädt bzw. eindringlich ermahnt, umzukehren und Seinen Willen zu tun. Man könnte auch sagen: Gott greift immer mit der Liebe ein. Doch Er braucht dazu Menschen, die diesen Seinen Willen in der Welt auch erkennen und entsprechend umsetzen. Und das läuft darauf hinaus, dass es allen gut geht und sie wieder so glücklich werden, wie sie waren, als Gott sie einst als reine Wesen schuf. Dazu ist zunächst wichtig, dass jemand zunächst nach und nach zur Selbsterkenntnis geführt wird, damit er erst einmal verstehen lernt, wer er im Laufe der Zeit geworden ist. Darüber haben wir ja bereits gesprochen. Daraus kann dann die Umkehr folgen, wenn jemand bereit ist, seine Belastungen bzw. seine Fehlhaltungen bzw. sein "Sündhaftes" zu bereinigen. Gott hilft uns dabei, wir kommen Ihm dadurch näher und uns geht es besser.Der Journalist: Die Hilfe Gottes kann nach Ihren Worten ja auch von Innen kommen. Warum gibt es dann so viele Menschen, die in sich keine Hilfe Gottes spüren, sondern hauptsächlich Verzweiflung, obwohl sie zum Beispiel immer wieder beten?
Der Theologe:
Die Hilfe ist ja auch eine positive "Ernte" auf die "Saat" eines ehrlichen positiven Herzensgebetes, wenn ich es einmal so darstellen möchte. Viele Menschen haben jedoch keine Geduld, erwarten schnelle Erfolge und pflügen die eigene gute "Saat" gleich wieder um, wenn sie nicht sofort Hilfe erfahren, die zum Beispiel gerade erst heran reift. Auch kommt es darauf an, ob es ihnen wenigstens für einige Momente gelingt, einmal im Inneren etwas stiller zu werden. Oft sind es nur feine Empfindungen, aus denen sich Worte oder Bilder formen, welche den nächsten Schritt zeigen oder andeuten. Viele lassen die Hilfe Gottes aber gar nicht an sich heran, geschweige denn in sich spürbar werden. Sie drehen sich mit ihren Gedanken und Empfindungen trotz ihrer Gebete weiter in ihrem Unglück und in ihren Schuldzuweisungen. Und Gebete sind dann mehr Lippengebete als Herzensgebete und bringen nichts oder nicht viel. Auch hilft Gott nicht immer so, wie wir wollen. Und nicht jede Hilfe ist Gottes Hilfe.
Der Journalist: Sie haben vorhin von einem schwerwiegenden Schicksal gesprochen, einer Frau, die bei einem Raubüberfall getötet wurde. Was haben Sie damals als evangelischer Theologe im damaligen kirchlichen Angestelltenverhältnis den Angehörigen der ermordeten Frau gesagt? Und was würden Sie heute anders sagen, wenn Sie noch einmal in diese Situation kommen würden?
Der Theologe:
Es geht auch hier erst einmal darum, die Situation so weit wie möglich zu erfassen: Wie es also den Verwandten und Freunden geht, welche Gefühle da sind oder vielleicht unterdrückt werden und was das Mordopfer selbst über das Erdenleben und das Sterben geglaubt hat und was die Verwandten glauben und wo mögliche Anknüpfungspunkte zu dem sind, was man selbst glaubt, was dann Teil des Abschieds sein könnte.Der Journalist: Die Worte von Jesus am Kreuz "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" gehen dennoch vielen Menschen nahe.
Der Theologe:
Je eindrücklicher man das Leiden von Christus vermitteln kann, so erhoffen sich gerade manche Theologen, desto eher könne das vielleicht trösten. Doch macht man sich dabei wirklich bewusst, wie es Jesus von Nazareth bei den entsetzlichsten und unverschuldeten Folterqualen erging? Oder projiziert man nur das eigene Leid, wie immer dies auch verursacht ist, in dieses Geschehen hinein? Das Schicksal von Jesus dient einem gemäß einer bestimmten Frömmigkeit dann vor allem als eine Art Spiegel für das eigene Leid. Oder man sucht eben auf diese Weise eine Verbindung zu Gott, obwohl man eigentlich das Gefühl hat, Gott habe einen verlassen. Eventuell heißt es auch, Gott selbst sei in Jesus gefoltert, gequält oder ermordet worden. Damit soll eine bestimmte Art zu glauben vertieft werden, dass Gott bzw. Jesus einen aus deren eigener Erfahrung heraus verstehen. Doch vielen helfen solche Gedanken überhaupt nicht, und sie drehen sich weiter in ihren Schmerzen, ohne die Gründe dafür zu finden. Deshalb wird dann von Theologen noch hinzugefügt, dass Jesus später auferstanden sei, was von Betroffenen aber oft nur als Vertröstung empfunden wird. Denn es gibt ihnen wiederum nicht die Möglichkeit, hier und jetzt Hilfe oder Linderung zu erfahren, und die Verzweiflung bleibt.Der Journalist: Was aber hat nun Jesus mit den Worten "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" gemeint?
Der Theologe: Die Lehre von Jesus ist ja sehr schlicht und klar und für jedes Kind
verständlich. Was seine letzten irdischen Lebensstunden als Mensch betrifft, wird
allerdings eine Dimension berührt, die man nicht so leicht in menschliche Worte
fassen kann und wo besonders spürbar wird: Der menschliche Intellekt verfehlt
das Geschehen, denn man sieht bekanntlich nur mit dem Herzen gut. In diesem Sinne kann
zuallererst gesagt werden: Es ist etwas Entsetzliches, was hier geschah. Und als
zweites würde ich dann ergänzen:
Diese Worte von Jesus am Kreuz sind ein Symbol für die Situation der Menschen,
die Gott verlassen haben und die an dieser Gottverlassenheit und an furchtbarem Elend vielerlei Art leiden, wenn man nur an Hungerkatastrophen
und Kriege denkt.
In der durch Prophetenwort übermittelten Christusoffenbarung
Der Journalist: Kann der gequälte Jesus einem also trotzdem helfen, dass es einem
selbst bald wieder besser geht?
Der Journalist: Wieso nicht?
Der Theologe:
Weil niemand außer Kraft setzen kann, was auch in den Bibeln der Kirchen bezeugt ist: "Was der Mensch sät, das wird er ernten." Wer anderes lehrt, täuscht die Menschen und wiegt sie in falscher Sicherheit. Außerdem: Wenn ich glaube, dass das Leid spätestens nach dem Tod vorbei ist, dann gebe ich mir möglicherweise gar nicht die Mühe, die Ursache der jetzigen Leid-Erfahrungen bei mir selbst zu finden und die mir geschenkten Tage zu nützen, um an mir zu arbeiten, eventuell um Reue zu bitten, damit ich andere auch leichter um Vergebung bitten kann.
Der Journalist:
Was ist dann die "frohe Botschaft"?
Der Theologe: Dass wir geliebte Kinder Gottes sind und mit der Kraft von Christus in uns Schritt für Schritt aus dem Leid herausfinden können, indem wir uns selbst erkennen – vor allem das, was im Unterbewusstsein liegt –, indem wir bereuen, vergeben, um Vergebung bitten, etwas wiedergutmachen, so weit das möglich ist, und die alten Fehler nicht mehr tun. Dies kann man "Bereinigung" nennen. Wenn ich jemandem mit Worten oder Taten Schaden zufügte, bitte ich mit Worten um Verzeihung. Wenn es in Gedanken bzw. Empfindungen geschah, bitte ich über Christus in Gedanken und Empfindungen um Verzeihung. Gedanken bzw. Gedankenbilder sind ungeheure Kräfte, was manchen Menschen überhaupt nicht bewusst ist, und sie sind auch im Jenseits offenbar.
Der Journalist: Sie sagen, Christus hilft. Wie war es bei ihm selbst? Müsste man nicht schlussfolgern, dass auch er sein Leiden selbst verursacht habe?
Das wäre ein Missverständnis. Jesus wurde nicht bekämpft und getötet, weil er zuvor negative Ursachen gesetzt hätte, sondern weil er uns helfen wollte, den Weg zu Gott wieder zu finden; weil er also einen göttlichen Auftrag in sich trug. Dieser Auftrag stieß auf den Widerstand der damaligen Priester und Theologen.Der Journalist: Das kann man sich so vorstellen. Doch wie ist es mit anderen, zum Beispiel mit Märtyrern für eine gute Sache? Könnte es sein, dass auch andere leiden, weil sie einen göttlichen Auftrag in sich tragen?
Der Theologe: Jesus sprach davon in einem bestimmten Zusammenhang. Er sagte zum Beispiel: "Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden" (Bergpredigt, Matthäus 5, 10). So kann man schon fragen: Wer von uns wird "um der Gerechtigkeit willen" verfolgt? Wer folgt auf diese Weise Jesus nach? Es steht mir nicht zu, dies zu beurteilen. Für die meisten hat das Leiden aber wohl andere Ursachen, und die Chance liegt darin, diese zu finden und zu beheben anstatt sich in Gedanken in eine Märtyrerrolle zu flüchten.
Der Journalist: Fällt es vielen Menschen nicht sehr schwer, daran zu glauben, dass eigene Ursachen zugrunde liegen?
Der Theologe: Auch mir ist dieses Denken nicht zugefallen. Ich musste es mir in jeder bisherigen Situation wieder neu erarbeiten, denn je nach Situation tut es oft erst einmal weh. Doch immer war die Hilfe da, einen Schritt voranzukommen. Jesus hat gelehrt: "Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst." (Matthäus 7, 5)
Der Journalist:
Wenn die Ursachen aus früheren Leben stammen, sind sie den meisten
aber gar nicht bekannt.
Der Theologe:
Manchmal ahnen sie aber einiges. Was für eine nicht aufgearbeitete Fehlhaltung früher war
oder gewesen sein könnte, zeigt sich wieder in unseren heutigen Gedanken und
Empfindungen, jetzt vielleicht nur in etwas anderen Lebensumständen als früher.
Durch mehrere, eventuell viele Inkarnationen haben sich zahlreiche Möglichkeiten ergeben, wie die Fäden im
Gesetz von Ursache und Wirkung verwoben sein können.
Es genügt allerdings das Wissen, dass nichts zufällig und willkürlich geschieht. Ich
kann daher immer von meinen heutigen Gedanken und Empfindungen ausgehen und kann mir
bewusst machen, dass in jeder Situation die Hilfe Gottes da ist. Manchmal bitte
ich auch in Gedanken um Vergebung für etwas, was ich womöglich in früheren Leben
anderen angetan habe, weil ich es heute selbst erleide. Hatte ich also keinen
Anhaltspunkt für die Ursachen von etwas Negativem gefunden, das mir zugestoßen ist, dann habe ich
zum Beispiel
sinngemäß gebetet: "Christus, Du kennst die Gründe. Ich bitte über Dich um
Vergebung, wo ich anderen einst solches angetan hatte, was ich jetzt selbst
erlebe."
Der Journalist: Ich erinnere noch einmal an die "Hinterbliebenen" im vorhin genannten Beispiel. Was würden Sie ihnen heute auf die Frage "Warum" antworten?
Der Theologe: Die Antworten auf die Frage nach dem Warum liegen immer im Betroffenen selbst, in den jeweiligen Empfindungen, Gefühlen und Gedanken. Ein Verwandter und erst recht ein Außenstehender kann sich hier leicht täuschen und sollte von daher sehr zurück haltend sein und sich nicht in Spekulationen vertiefen. Jeder kann auf eine bestimmte Frage auch andere Antworten finden, weil seine Belastung eine andere ist. So kann jeder seine Antworten finden. Sicher ist jedoch: Niemand braucht eine kirchliche Lehre vom "unergründlichen Geheimnis Gottes" hin zu nehmen. Dieser Glaube kann oft ein Leben lang unverdaut im Magen liegen bleiben, und daran können Menschen zerbrechen.
Der Journalist:
Was bedeutet diese kirchliche Irreführung im "Gesetz von Saat und Ernte"? Sind dann hier die kirchlichen Lehrer schuld, oder sind es die Leute selbst?
Der Theologe:
Wer die Chance seines Lebens nicht nützt, ist für
das, was er dennoch hätte erfassen können, selbst
verantwortlich, auch wenn es Anteile anderer gibt. Manchmal will man den eigenen
Anteil gar nicht sehen. Wer zum Beispiel den kirchlichen Lehren zustimmt oder
Kirchenmitglied ist oder sein Kind kirchlich taufen lässt, ist auch
mitverantwortlich für die Irreführungen.
Außerdem wurden diese Lehren ja auch irgendwann von Menschen entwickelt, und wer weiß,
welche Rolle jemand früher dabei hatte. Und heute werden dann die kirchlichen Lehrsysteme
weiter am Leben erhalten, indem bestimmte Menschen daran glauben und
viel Geld in
Form von Kirchensteuern, Subventionen oder Spenden dafür geben.
Jeder kann sich selbst fragen, warum er daran festhalten will, und ob Verstand und Gefühl
nicht eine andere Sprache sprechen.
Das Gesetz von Saat und Ernte kennt jedenfalls keinen "Sündenbock", sondern
es wägt genau ab und wägt jedem Beteiligten seinen Anteil zu – dem Lehrer, der die Lehre
weitergegeben hat, und dem Gläubigen, der gefolgt ist. Dass es unterschiedliche Anteile
gibt, wird auch aus den Worten des Jesus von Nazareth deutlich, der zu den Theologen und
Schriftgelehrten seiner Zeit sagte: "Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr
Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nicht hinein, und
die hinein wollen, lasst ihr nicht hineingehen" (Matthäus 23, 13). Dass
die heutigen Theologen der Kirche die Aufklärung über das Gesetz von Saat und
Ernte behindern oder gar erneut bekämpfen, ist eine riesige Seelenschuld.
Der Journalist: Wenn im Gesetz von Saat und Ernte auf jeden nur sein Anteil zukommt, ist dieses Gesetz ja gerecht. Ist es das wirklich?
Der Theologe:
Die wichtigste Frage ist in diesem Zusammenhang zunächst eine andere: Geht mir das Leid anderer nahe, oder lässt es mich kalt? Denn wie kann ich als Christ einem anderen helfen, seine Last zu tragen, wenn ich kein Gefühl dafür entwickelt habe, was in dem Nächsten gerade vorgehen mag? Und darauf kommt es doch an, auf die Nächstenliebe. So hat es Jesus, der Christus gelehrt. "Alles, was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen zuerst". Also: Wenn ich möchte, dass mir in der Not geholfen wird, dann beginne ich damit, anderen so selbstlos wie möglich in deren Not zu helfen. Es bringt doch überhaupt nichts, über das mögliche Vorleben von Menschen zu spekulieren, die gerade furchtbar leiden, während mir gleichzeitig dieses Leid überhaupt nicht nahe geht. Ein solches Verhalten hat mit Christus nichts zu tun. Sondern der christliche Weg besteht doch gerade darin, auch anderen Menschen zu einem Wegweiser für die Liebe Gottes zu werden. Und dafür ist es zu allererst notwendig, das Mitfühlen zu erlernen.
Der Journalist:
Wären das alles auch mögliche Worte am Grab?
Der Theologe:
Ich würde nie jemanden von meinem Glauben überzeugen wollen. Es ist eine Sache
des Einfühlungsvermögens, den Nächsten in seiner momentanen Situation zu
verstehen und auch die Worte zu finden, die ihm vielleicht weiterhelfen. Also nicht zu
wenig zu sagen, aber auch nicht zu viel. Wichtig ist für
mich dabei, dass das Leben im Jenseits ohne Unterbrechung weitergeht und die
Gedanken und Gebete von Trauernden auch bei der Seele im Jenseits ankommen.
Grundsätzlich lernte ich, mehr und mehr nur das auszusprechen oder zu schreiben, was ich
in meinem Leben auch verwirklicht habe bzw. ich lerne zu sagen, wo das noch nicht der Fall
ist.
Ein Pfarrer ist jedoch beruflich verpflichtet, in bestimmten Situationen reden
zu müssen, ganz gleich, ob seine Worte dann von innen heraus gefüllt sind. Das
merken dann jedoch empfindsame Mitmenschen, wenn sie nur Floskeln zu hören
bekommen.
Den Berufsstand des Pfarrers oder Priesters hat Jesus von Nazareth außerdem
überhaupt nicht gewollt. Es ist also kein christliches Amt, sondern es stammt aus
antiken Götzenkulten.
Der Journalist: In den Kirchen wird es aber als eine Art besondere christliche Berufung verstanden.
Der Theologe: Auch ich hatte mit dem Theologiestudium begonnen, weil ich mich für Christus
einsetzen wollte. Von Seiten der Kirchen ist der Pfarrerberuf sogar als lebenslange
"Berufung" gedacht. Doch ich konnte ab einer bestimmten Zeit diesen Beruf nicht mehr mit der
Nachfolge Jesu vereinbaren. Jesus von Nazareth hat nirgends davon gesprochen, dass er sich
eine Kirche mit Theologen wünscht, die als Pfarrer und Priester arbeiten. Im Gegenteil:
Die Theologen der damaligen Zeit, die so genannten "Schriftgelehrten", waren die
erbittertsten Gegner des Jesus von Nazareth. Jesus verdiente seinen
Lebensunterhalt demgegenüber als Zimmermann.
Und auch der von den Kirchen so hochgeschätzte Paulus ließ sich nicht wie die
heutigen Theologen für ein "geistliches Amt"
bezahlen, sondern er arbeitete als Zelt- bzw. als Teppichmacher (siehe
Apostelgeschichte 18, 1-3; 20, 34; 1. Brief an die Korinther 4, 12; 1. Brief an die Thessalonicher 2, 9).
Hier könnten sich die Kirchenmänner also wenigstens ein Beispiel an Paulus
nehmen, wenn sie schon nicht das tun, was Jesus lehrte. Aber wenn es für die
Kirchenmänner unbequem
wird, ist ihnen auch Paulus einerlei. Dann sind sie weder christlich noch
paulinisch.
Gemessen an der einfachen Botschaft des Jesus von Nazareth ist überhaupt keine
"Theologie" notwendig. Vorübergehend sehe ich die Aufgabe des
"Theologen" darin, die von der Theologie verursachte Verwirrung hinsichtlich der
christlichen Botschaft wieder zu entwirren. Denn wenn die Worte der Theologen nicht der
Wahrheit entsprechen, die Menschen also falsch belehrt werden, dann bürden sich diese
immer neue Lasten auf, an welcher sie eines Tages unsäglich schwer zu tragen haben.
Denn sie tragen dadurch erheblichste Mitschuld an den negativen Wirkungen im Leben
ihrer Mitmenschen aufgrund ihrer falschen Lehre, und sie müssen deshalb selbst
die darauf folgenden Wirkungen mittragen – vor allem dann, wenn sie die
Möglichkeit hatten, die Aufklärungen aus dem Reich Gottes bzw. der geistigen
Welt kennen zu lernen, aber bewusst weiterhin ihr kirchliches Baals-Götzen-System pflegten.
Das ist alles gar nicht kompliziert.
Wenn zum Beispiel ein Bischof die Soldaten im Krieg segnet und ihnen vorgaukelt,
sie würden als Soldaten Gottes Willen tun, dann trägt der Bischof einen überaus großen,
wenn nicht sogar den Hauptteil der Schuld am Tod derjenigen Menschen, die dann
von diesen gesegneten Soldaten getötet wurden und an dem Leid der Angehörigen
der Opfer. Dieses Leid, und das gilt natürlich je nachdem für
jeden Menschen, muss dann, wenn es nicht rechtzeitig bereut, vergeben und wieder
gut gemacht wird, von dem kirchlichen Würdenträger selbst erlitten und "abgetragen" werden,
oft über Zeiten von Zeiten von Zeiten.
Der Journalist: Was verstehen Sie unter "Abgetragen werden"?
Der Theologe: Viele Ursachen wirken sich nicht sofort oder nach kürzerer Zeit aus, es dauert oft
lange Zeit. Es gibt das bekannte Sprichwort "Gottes Mühlen mahlen langsam."
Irgendwann wird eine Schuld im Diesseits oder im Jenseits voll wirksam, wenn sie
auf der Erde nicht
rechtzeitig bereinigt bzw. wieder gut gemacht ist. Das ist dann die "Abtragung". Der Mensch erleidet
bzw. "trägt" dann selbst die Not oder das Leid, das er zuvor anderen zufügte,
zum Beispiel durch Irreführung. Und tritt ein Mensch hierbei als ein
Kirchenoberhaupt auf, dem seine Kirche in Lehrfragen sogar "Unfehlbarkeit"
zuspricht, dann ist die Abtragung eines Tages immens und gar nicht mehr in Worte
zu fassen. Und die "arme Seele", die sich auf Erden einst in ein "unfehlbares"
Lehramt wählen ließ, gehört letztendlich mit zu den bedauernswertesten Geschöpfen in der
jenseitigen Welt, selbst wenn sie auch dort noch lange ihre alte Rolle spielen
und Hörige um sich versammeln kann.
Wer also "abträgt", kann zwar in dieser Situation ebenfalls um Vergebung bitten, doch zuvor wurde die Chance vertan,
der Wirkung zuvorzukommen und diese eventuell nicht erleiden zu müssen.
Und ist es dann so leicht, zur Reue zu finden, wenn man selbst von starken Schmerzen gequält wird und
sich vielleicht als "Opfer" des Schicksals fühlt? Erfahrungen zeigen:
Es ist dann schwer und oft nicht mehr möglich, so dass die Abtragung voll
wirksam wird und einem nicht erspart wird.
Auch ist es im Jenseits nicht so leicht möglich wie auf der Erde, einer anderen Seele zu
begegnen, mit der etwas zu bereinigen ist. Auf der Erde kann ich grundsätzlich auf jeden
Nächsten zugehen, durch technische Hilfsmittel wie Flugzeug, Telefon oder
Internet auch schneller
als in früheren Jahrhunderten.
Als Seele im Jenseits bin ich in der Regel unter "Meinesgleichen", das heißt unter denen,
die einen ähnlichen Bewusstseinsstand und ähnliche Belastungen haben. Die Entwicklung
bzw. Evolution ist viel langwieriger, weil man sich vielfach in den
gegenseitigen Belastungen bestätigt statt diese aufzuarbeiten.
Der Journalist: Davon habe ich im Religionsunterricht nichts gehört. Die Kirchen lehren in ihren
Dogmen und Bekenntnisschriften die "Auferstehung der Toten am Jüngsten Tag" und
eine Unterscheidung derer, die in den Himmel kommen, von denen, die in die Hölle kommen.
Wie stehen Sie dazu?
Der Theologe:
Wäre das gerecht, wenn die Einen 100 % "Weiß" erwartet
und die Anderen 100 %
"Schwarz" und das in alle Ewigkeit? Und was wäre das für ein Gott, der bei
Schmerzensschreien und Hilferufen seiner höllisch gequälten Kinder in Ewigkeit nicht
mehr reagieren kann oder will?
Das erinnert mich daran, wie zum Beispiel Kirchenobere zu den Vorgängen in den
Konzentrationslagern im nationalsozialistischen Deutschland geschwiegen haben oder wie sie
heute zum Alltag der Tiere in den Schlachthöfen oder Tierversuchslabors
überwiegend schweigen. Oder wie Kirchenführer heute für ihre Institutionen die
Millionen scheffeln, während hingenommen wird, dass täglich Zehntausende von
Menschen an Hunger und Unterernährung sterben. Mit Gott hat das alles
nichts zu tun.
Und gäbe es einen Ort der ewigen Gottferne ohne
Umkehrmöglichkeit, wie die Institutionen Kirche behaupten, dann wäre die gottferne Macht stärker als die Liebe Gottes.
Bei diesem Thema entlarven sich die Kirchen sehr deutlich: Denn was dort geglaubt werden
soll, ist im Endzustand eine für immer geteilte Schöpfung: mit Menschen bzw.
Seelen,
die auf der Erde gläubige Katholiken oder Protestanten waren und einigen weiteren,
die angeblich mit diesen zusammen in der
so genannten Seligkeit leben dürfen. Und auf der anderen Seite gäbe es angeblich
die vielen anderen, die sich für alle
Ewigkeit an einem Ort nie endender Gottferne und Qualen befinden sollen, auch
wenn moderne Theologen um das geglaubte Leid Andersdenkender mehr philosophisch
herumfabulieren. Was dabei nur wenigen bekannt ist: Laut kirchlichen Lehren müssen auch die meisten
Katholiken und Protestanten später in die ewige Hölle, sofern sie vom
Gesamtpaket der kirchlichen Lehre abweichen. Denn es muss immer das Ganze geglaubt
werden. Schon eine Abweichung, ein einziges Dogma, das nicht geglaubt wird, führt zum
Beispiel zur katholischen Verfluchung des Menschen angeblich in alle Ewigkeit
[Mehr dazu in Der Theologe Nr.
69 – Ewige Hölle für alle? 100 Verdammungen der römisch-katholischen Kirche].
Der Schöpfergott, den Jesus von Nazareth uns nahe brachte, hat sich aber so
etwas nicht ausgedacht. Er ist
ein anderer Gott als der Gott der Kirche. Der Schöpfergott reicht jedem Seiner Kinder zu jedem Zeitpunkt die Hand, im Diesseits und im
Jenseits, und jeder kann aus seiner selbst geschaffenen Hölle früher oder später
herausfinden. Es liegt allein an ihm selbst. So mag es zwischenzeitlich für so
manchen eine so genannte "Hölle" geben, und diese kann unter Umständen
auch lange Zeiträume umfassen. Doch nur, damit er erkennt und bereut,
wie er anderen das Leben zuvor auf gleiche Weise zur "Hölle" gemacht hat, und damit er umkehrt.
Noch am Rande dazu bemerkt: Das in der Bibel an wenigen Stellen im Zusammenhang
von "Verdammnis" bzw. "Seligkeit" genannte griechische Wort "aionios" bezeichnet eine lange Zeit,
einen "Äon", aber keine Ewigkeit im Sinne einer Unendlichkeit. Und das andere in der Bibel dafür
verwendete Wort "asbestos" kann auch mit "unermesslich"
übersetzt werden.
[Ausführliche Besprechung dieses Themas in Der Theologe Nr. 19
– Es gibt keine ewige
Verdammnis – auch nicht in der Bibel]
Das Leiden kann also sehr lange
dauern, aber es wird irgendwann beendet sein. Und wann, dafür trägt wiederum jeder
letztlich selbst die Verantwortung.
Der
Journalist:
Einige Menschen verstehen ihr Schicksal auf der Erde bereits als eine Art
"Hölle". Und andere berichten über Leid und Freude in ihrem Leben im
Wechsel, ohne dass allerdings große Schicksalsschläge eingetreten sind.
Der Theologe:
Sie sagen "ohne dass große Schicksalsschläge eingetreten sind". Doch was wird eventuell noch kommen? Eine Saat reift ja langsam zur Ernte. Und bevor geerntet wird, kann man das Wachstum der Saat beobachten. Auf den Menschen bezogen bedeutet das: Bevor ein Schicksal eintritt, wird der Mensch mehrfach gewarnt, um mögliche Wirkungen einer Saat durch Bereinigen rechtzeitig zu verhindern. Das steht übrigens auch sinngemäß in der Bibel, auch wenn dort fälschlicherweise im Buch Weisheit behauptet wird, dass sich mancher "böse" Mensch "niemals mehr ändern würde" (12, 10b). Im Buch Weisheit heißt es aber zum Beispiel auch: "Womit jemand sündigt, damit wird er auch bestraft" (Weisheit 11, 16). Das entspricht dem Urwissen der Menschheit von Saat und Ernte. Doch es muss nicht so weit kommen. Im Buch Weisheit heißt es weiter: "Darum bestrafst du die, die fallen, nur leicht und warnst sie, indem du sie an ihre Sünden erinnerst, damit sie von ihrer Schlechtigkeit loskommen und an dich, Herr, glauben" (Weisheit 12, 2). Und: "Du richtest sie nur nach und nach und gabst ihnen so Gelegenheit zu Buße ..." (V. 10a) [Das Buch Weisheit ist Teil der römisch-katholischen Bibeln, bei den Evangelischen zählt es zu den so genannten Apokryphen]Der Journalist: Was sind zum Beispiel solche Warnungen?
Der Theologe:
Wachsam können wir immer sein, wenn uns etwas ärgert oder erregt, zum Beispiel das
Verhalten eines unserer Mitmenschen. Die Erregung kommt ja aus uns selbst heraus. Die
Botschaft ist: Ganz gleich, was beim Nächsten vorliegt – ob er sich wirklich negativ
verhalten hat oder ob ich nur etwas Negatives in sein Verhalten hineingelegt habe: Das,
worüber ich mich errege, "entspricht" mir, wir können deshalb auch
"Entsprechung" dazu sagen. Die entscheidende Frage ist also zuerst: Wo verhalte
ich mich so oder so ähnlich wie der Mitmensch, dessen Verhalten mich aufregte, eventuell auch "nur" in
Gedanken?
Denn würde in mir nicht Gleiches oder Ähnliches vorliegen, dann könnte ich in der
jeweiligen Situation innerlich gefasster bleiben und aus der inneren Stärke das Rechte tun.
So aber erregt mich die Situation und bringt mich aus dem Gleichgewicht. Das ist
eine mögliche
Warnung.
An diesem Beispiel können wir auch verstehen, was Jesus von Nazareth meinte, als er
mahnte: "Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht
wahr den Balken in deinem Auge" (Bergpredigt, Matthäus 7, 3). Das Verhalten des Mitmenschen ist dann der "Splitter", der uns auf unseren
Balken hinweist.
Der Journalist: Wenn ich den Balken erkenne, aber keine Kraft habe, ihn zu entfernen?
Der Theologe: Für das Balkenstück, das ich heute erkenne, ist mir heute auch die Kraft gegeben, es zu entfernen, wenn ich es gleich tue bzw. noch am selben Tag und es nicht aufschiebe oder ganz darüber hinweggehe. Diese Kraft können wir "Tagesenergie" nennen.
Der Journalist: Ich habe mich beispielsweise über eine bestimmte Person geärgert. Wie finde ich jetzt zum eigenen Balken?
Der Theologe:
Dann frage ich nach dem Grund für den Ärger.
Ein Beispiel:
Vielleicht ist es der nicht erfüllte Wunsch, von dieser Person ernst genommen zu werden
oder Aufmerksamkeit zu erhalten.
Dann kann ich umgekehrt fragen: Wen nahm ich nicht ernst oder schenkte ihm keine
Aufmerksamkeit? Und warum?
Fällt mir dazu eine Situation ein? Wie kann ich sie "bereinigen" und mich in
Zukunft anders verhalten?
Schließlich kann ich – auf die ursprüngliche Situation bezogen – weiterfragen:
Warum war es mir so wichtig, in dieser Situation beachtet zu werden? Was liegt
darunter? Vielleicht die Eifersucht? Oder die Angst, die Aufmerksamkeit oder Zuwendung
dieser Person zu verlieren?
Und warum diese Angst? In welchen Punkten habe ich mich von einem Menschen, der
ja wie ich seine Freiheit hat, abhängig
gemacht?
So komme ich allmählich zu der Wurzel für mein Verhalten. Kann ich diese dann bereinigen
und mir ein neues Zielbild vorgeben? Zum Beispiel: "In Gott werde ich
frei". Oder:
"Ich gebe
meinem Nächsten, ich erwarte nichts von ihm."
Wenn zu einem späteren Zeitpunkt wieder der Ärger hochkommt, dann kann ich mich
gedanklich zügeln: "Halt, Stopp! Was habe ich mir vorgegeben?" In diesem
Augenblick werde ich schon ruhiger. Ich reagiere nicht mit Vorwürfen, sondern versuche,
den Nächsten zu verstehen. Die Erfahrung zeigt: Die Beziehung verbessert sich zunehmend.
Habe ich meine eigenen Schwächen, den Balken, bereinigt, dann kann ich auch dem Nächsten
helfen, seine Schwächen, den Splitter, zu erkennen und zu bereinigen, wenn er dies
möchte, und es kann zu einem viel besseren Miteinander kommen.
Der Journalist: Bei diesem Beispiel hat ein Ärger sehr viel ausgelöst und innerlich in Bewegung gebracht. Hat wirklich alles, was mir täglich begegnet oder was mich bewegt, eine tiefere Bedeutung?
Der Theologe:
Was mich bewegt, sicher. Was mir
begegnet, wahrscheinlich häufiger als ich es mir bewusst mache. Es kommt kommt immer auf einen selbst an. Wir brauchen
in Situationen nichts hinein zu interpretieren, doch wenn wir unsere Umwelt
aufmerksam wahrnehmen, dann kann uns auch der Flug eines Vogels eine Botschaft
übermitteln oder etwas in uns anstoßen, denn Gott spricht zu uns aus vielen
Mündern, denn Er ist das Leben in allen Lebensformen.
Daneben gibt es zahlreiche Gedanken, die uns im Laufe eines Tages immer wieder anfliegen.
Fliegen sie uns allerdings nur an und verschwinden wieder, ohne dass wir uns erregen, dann ist es
nicht sinnvoll, sie zu analysieren.
Das ist meine Erfahrung. Umgekehrt leiden die meisten Menschen ja aber nicht darunter, dass sie
Alltagsbegegnungen und Fingerzeige
überinterpretieren, sondern sie sind abgestumpft und nehmen nur wenig von dem wahr, was
um sie herum geschieht und was auch ihnen etwas sagen möchte.
Werden zum Beispiel einige kleinere Warnungen übersehen, die uns auf ein sich unter
Umständen anbahnendes Schicksal hinweisen, dann können die Mahnungen stärker werden,
eventuell erste Wirkungen bereits hereinbrechen. Ich denke zum Beispiel an einen kleineren
Autounfall, bei dem jemand mit einem "Schrecken" oder einem kleinen Blechschaden
davongekommen ist.
Die entscheidende Frage ist die Frage nach dem "Warum" des Unfalls.
Geht man darüber hinweg, droht ein größerer Unfall.
Der Journalist: Oft lag doch nur eine Unkonzentriertheit zugrunde?
Der Theologe: Ja, doch auch die Unkonzentriertheit hatte ja ihre Ursachen. Wo waren meine Gedanken? Was hatte ich also gerade gedacht? Womöglich oder gar wahrscheinlich hat es ja mit der tieferen Ursache für den Unfall zu tun? Oder ich weiß genau, was in meinem Leben derzeit nicht in Ordnung ist, und wovor mich der kleine Unfall warnen möchte. Es ist nicht nötig, weit in die Ferne zu schweifen.
Der Theologe: Ja. Bei jemandem, der beispielsweise Angst hat zu versagen, kann allein deswegen ein Versagen eintreten, weil er immer wieder innere Versagens-Bilder als Ursache zugelassen hat, ohne nach dem Warum zu fragen und es mit der Hilfe von Christus zu ändern.
Der Journalist: Wird die Wichtigkeit der Gedanken auch in den Kirchen gelehrt?
Der Theologe: Nein. Die kirchlichen Lehren lenken das Bewusstsein des Menschen stark auf das Äußere oder auf Vordergründiges; auf "Sakramente" und Zeremonien, auf das Hören von Predigten, auf den "Glauben allein", auf das eine oder andere "gute Werk". Vor allem in konservativen Kreisen der evangelischen Kirche, bei den so genannten Pietisten, Evangelikalen oder Charismatikern wird immer wieder hervor gehoben, Christus sei für alle unsere Sünden gestorben, und wir würden allein durch den Glauben daran gerettet. Diese Lehre trägt erheblich dazu bei, dass Menschen nicht genauer und aufmerksamer ihren Alltag betrachten und Gott dann auch nicht Schritt für Schritt näher kommen. Dann können sie Problemen unter Umständen auch gar nicht auf den Grund kommen, und die Hilfe Gottes in vielen Situationen des Alltags wird überhaupt nicht wahrgenommen. So trifft manchen Menschen ein Schicksal, das ihn gar nicht hätte treffen müssen. Eine Hauptverantwortung bis hin zur massivsten Seelenschuld dafür tragen dann die Männer und Frauen der Kirche.
Der Journalist: Kommt ein Schicksal auf jemanden zu, heißt es dann in der Kirche oft: "Das ist der unergründliche Ratschluss Gottes".
Der Theologe:
Dabei hatte Gott immer wieder versucht, sich Gehör zu verschaffen und das Schicksal zu
verhindern. Wir brauchen doch nur das Wort vom "Splitter und Balken" aus der
Bergpredigt von Jesus ernst zu nehmen und uns einmal in den Situationen des Tages selbst
beobachten. Jeder Tag gibt uns viele Hilfen.
Wer sich, anstatt bewusst im Tag zu leben, lieber viele theologisch-intellektuelle Gedanken macht, der kann leicht in
Gedankenverstrickungen geraten. Sein Bewusstsein steht in der Gefahr, stumpf zu werden und
sich von den möglichen lebendigen Gotteserfahrungen im Alltag immer mehr zu
entfernen.
Auch dazu fällt mir ein Beispiel ein: Als ich einmal aus Versehen eine kleine Katze mit
dem Auto überfuhr, spürte ich in dieser Situation wie selten zuvor das Leiden eines
Tieres. Die Katze bewegte sich noch einige kurze Augenblicke, bevor sie starb, und ich
stand verzweifelt daneben und wollte helfen, war aber hilflos. Später tröstete
ich mich, dass geistige Helfer wohl dem kleinen Tier halfen, seine Tierseele
möglichst schnell aus dem Körper zu entbinden.
In manchen anderen Situationen hatte ich aber das Leid anderer nicht oder kaum
wahrgenommen. Und hat das nicht mit den Knäueln von Gedanken, hauptsächlich
egoistischen Gedanken, zu tun, in die sich Menschen
einspinnen können?
Der Theologe:
Ich könnte mich später zum Beispiel auch fragen: Wer kommt sonst noch "unter meine Räder"?
Andere Tiere? Menschen? Vielleicht trifft es eines Tages einen selbst, wenn man die
Warnung nicht erkennt und etwas ändert.
Doch nicht alles, was der Tag bringt, hat mit Negativem zu tun. Die Hinweise des Alltags
helfen uns zum Beispiel auch im Positiven, die beste Spur für unser Leben zu finden.
Alles spricht zu uns. Vor Entscheidungen kommt es zum Beispiel zu
bestimmten Begebenheiten, oder es finden Gespräche statt, deren Inhalt mir die Entscheidung erleichtern.
Die Hilfe Gottes ist pausenlos zu meinem Wohl aktiv, und Gott kann aus allem zu mir sprechen. Das macht man sich manchmal
viel zu wenig bewusst. Von Gott kommen die Impulse jedoch nur, wenn sie auch mit
Seinen Geboten übereinstimmen.
Der Journalist: Eben. Einige fragen deshalb ja auch nach "Gottes Willen".
Der Theologe:
Gott lässt uns immer die Freiheit, zu entscheiden. Er entscheidet nicht für uns und
gibt uns in einer konkreten Situation auch keine "richtige" Entscheidung vor.
Gott will, dass wir nach Seinen Geboten leben, und Er hilft uns, unsere Motive zu finden,
damit wir Entscheidungen treffen können, die auch von ihrer Motivation her im Einklang
mit den Geboten stehen.
Ich denke hier an Fragen, ob jemand eine bestimmte Person heiratet oder nicht, welchen Beruf
jemand wählt, ob er lieber in den Süden oder in den Norden zieht oder ob er bleibt, wo
er ist. Wir entscheiden selbst, doch Gott hilft uns dabei.
Oft kommen auch Impulse, die wir plötzlich in unserem Inneren wahrnehmen können;
irgendein Gedanke, der zur Situation passt oder eine Empfindung, in welche
Richtung man tätig werden könnte. Ich erlebe das manchmal, wenn ich mich bemühe,
still zu werden und wenn ich mich in diesen stillen Momenten auf Gott in mir "ausrichten"
möchte. Ob der Gedanke, die Empfindung dann wirklich aus dem Gottesgeist in mir
kommt oder aus anderen Einflüssen oder aus meinen eigenen Schatten, sei an
dieser Stelle vorerst dahin gestellt. Er wird auf jeden Fall zunächst von meinem
Bewusstsein aufgenommen, und ich kann daraufhin ja auch Gutes und weniger
Gutes wägen und die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen.
Wichtig ist, überhaupt zu üben, nach Innen zu hören und das eigene Lebensruder
nicht nur grob mit dem Intellekt zu steuern. Damit zeige ich meine Bereitschaft,
auch von Innen zu empfangen, und – sofern ich das möchte – immer besser nach
Gottes Willen leben zu können.
Gott will nicht, dass wir auf dem Weg zu Ihm Umwege gehen, doch Er bleibt auch auf unseren
Umwegen bei und in uns.
Der
Journalist:
Wenn ich es recht verstanden habe, geht es um eine innere Führung in bestimmten
Situationen, wobei äußere Anlässe helfen können, diese wahrzunehmen.
Eine weitere Frage zu dem Beispiel mit der Katze: Wie verhält es sich mit den Tieren?
Gilt auch für sie "Saat und Ernte"?
Der Theologe:
Beim Leiden der Tiere geht es, was die Tiere selbst betrifft, nicht um "Saat und Ernte". Die Tiere haben im Unterschied zu den Menschen nicht negativ gesät, sondern viele wurden durch negative menschliche Verhaltensweisen, zum Beispiel Aggressionen, so geprägt, wie sie heute sind. Dies hat sich über unvorstellbar lange Zeiträume hinweg so entwickelt, also über Äonen, vor allem bei so genannten "Raubtieren". Dass diese Entwicklungen im Tierreich aber nicht ursprünglich sind, wird auch an der großen Friedensreich-Vision des Propheten Jesaja deutlich, in der es unter anderem heißt: "Da werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern ... Kühe und Bären werden zusammen weiden ... und Löwen werden Stroh essen wie die Rinder" (11, 6-7). So war es einst, und so wird es wieder werden, wenn zuerst die Menschen ihr Verhalten untereinander und gegenüber den Tieren komplett ändern. Dann werden auch aggressive Tiere ihr Verhalten wieder allmählich ändern.Der Journalist: Gehört zu dem, was auf die Menschen zurückfällt, auch die Krankheiten, die durch den Fleischgenuss hervorgerufen werden?
Der Theologe:
Das Gesetz von Saat und Ernte gilt auch für unsere Essgewohnheiten, so dass man
aus Sicht der Tiere sagen könnte: "Ihr Menschen habt uns krank gemacht,
jetzt esst ihr unsere Krankheiten."
Für Menschen, die sich von den Körpern anderer Menschen ernähren, gibt es das Wort
"Kannibalen". So dürften sich Menschen, die Tiere essen, nicht
beschweren, wenn man sie als "Tierkannibalen"
bezeichnen würde. Und dieser Tierkannibalismus mit seinen täglichen
unbeschreiblichen Grausamkeiten bei der Tierhaltung und in den Schlachthöfen ist
auch maßgeblich für das verantwortlich, was verharmlosend noch Klimawandel
genannt wird, in der Konsequenz aber auf der Erde ein Treibhaus entstehen lässt.
Vieles davon lässt sich beweisen und die zugrunde liegende Aggression gegen das
Leben und die Lethargie gegenüber dem Leid ist die tiefer liegende Ursache. So
wird es auch durch das prophetische Gotteswort in unserer Zeit dargelegt.
In der Schöpfungsordnung, wie sie in den Bibeln
überliefert ist, war der Verzehr von Tieren jedenfalls nicht vorgesehen. Nach dem
dort nachlesbaren
Schöpfungsbericht ist der Mensch Vegetarier (1. Mose 1, 29-30).
In der Bibel ändert sich das erst nach der "Sintflut". Angeblich stamme diese
Veränderung auch von Gott. Doch wenn in diesem Zusammenhang nun plötzlich von "Furcht und
Schrecken" "über allen Tieren auf Erden" durch den Menschen gesprochen
wird (1. Mose 9, 1 ff.), dann ist das keine "Erlaubnis Gottes",
sondern ein "Weheruf" über die Menschen. Der bekannte
alttestamentliche Theologe Walter Zimmerli nannte es den "Fluch der Urzeit".
Und das damit verbundene Ja zum Fleischkonsum ist dann kein "göttlicher Wille",
sondern ein "göttliches Wehe". Immer mehr Menschen verzichten auf Fleisch, weil
sie wissen, dass auch alles Leiden, das wir den Tieren antun, auf die Menschen
zurückfällt, je nach ihrem Anteil; und weil sie immer empfindsamer für das Leid
der Tiere werden [vgl. dazu: Der Theologe
Nr. 7 – Jesus und die ersten Christen waren Vegetarier und
www.brennglas.com].
Der Theologe: Das Wort vom Rächen macht deutlich, dass man Gott in der Bibel manche Menschenworte und -gedanken zugeschrieben hat. Gott ist kein Rächer und fordert kein Blut. Es ist das Gesetz von Ursache und Wirkung, welches die Ernte "einfordert", wenn die Saat bzw. das Ungute in ihr nicht vor ihrem Aufgehen wieder entfernt wird, wenn also nicht rechtzeitig eine Korrektur erfolgt. Diesem Gesetz von Saat und Ernte entgeht kein Blutstropfen, den Menschen vergossen haben und kein menschlicher Rachegedanke.
Der Journalist: Gehen wir davon aus, dass das "Gesetz von Saat und Ernte" gilt. Doch weder dieses Prinzip und seine Auswirkungen werden den Menschen bekannt gemacht, noch wie man damit umgeht. Dann bleibt vieles beim Alten. Es ist dann unter Umständen ein schmerzhafter Kreislauf von immer wieder denselben oder ähnlichen Problemen ...
Der Theologe:
... die sich irgendwann zu einem schweren Schicksal hier auf der Erde oder im Jenseits
zusammenballen können.
Es sind vor allem die Institutionen Kirche, welche diese Gesetzmäßigkeiten, nach
denen das Geschehen auf der Erde und im Kosmos abläuft, verwässern oder verleugnen.
An deren Stelle treten dann der angeblich "unergründliche Ratschluss Gottes", die
angeblichen "Geheimnisse
Gottes" oder das Aushalten, Beten oder Klagen im Leiden – ohne einen
Grund dafür finden zu können. Dann ist es auch schwerer, sein Leben in die Hand zu
nehmen und Negatives in Positives wandeln zu können.
Der Journalist: In den kirchlichen Lehren ist oft auch von einem zornigen, strafenden und richtenden Gott die Rede, den Jesus hätte versöhnen müssen.
Der Theologe: Das wird dort so geglaubt. Doch Gott hat nie gestraft und straft nicht, und Er war und ist auch nie zornig im menschlichen Sinne, dass Er sich wie ein Mensch erregen würde. Und Er ist auch kein Richter, der ein Urteil spricht, vergleichbar einem menschlichen Juristen. Jeder Mensch ruft sein eigenes Urteil herbei, durch seine Taten, Worte, Gedanken, Gefühle und Empfindungen. Die komplette Kirchenlehre ist Ausdruck einer kaum mehr zu überbietenden Gottferne. Es gibt aber den göttlichen Ernst.
Der Journalist: Wenn das so ist, dann kann es folglich auch nicht stimmen, dass ein Zorn Gottes gesühnt werden musste?
Der Theologe:
Die Lehre vom "Opferlamm"
Christus, mit dem angeblich ein Zorn Gottes gesühnt wurde, ist nur eine menschliche
Vorstellung, die aus heidnischen Mysterienkulten stammt, letztlich aus den
Baals-Kulten, von wo es auch in den Opferkult der jüdischen Priester übernommen
wurde.
Jesus wollte mit den Menschen das Friedensreich auf dieser Erde aufbauen. Zum
"Sühnopfer" bzw. "Opferlamm" wurde er erst, als die Menschen ihn im Stich ließen. Von Gott her
war die Erlösung nicht als blutiges Ereignis geplant, weil in Seiner Welt überhaupt kein
Blut fließt [weitere Hintergründe siehe hier]. Gott straft auch keinen. Er kann nicht strafen, weil es bei Ihm überhaupt
keine Strafe gibt. Auch einen Zorn Gottes, so wie es in den Kirchen gelehrt wird, gibt es
nicht und hat es nie gegeben. Das sind alles intellektuelle bis sadistische Vorstellungen aus den Köpfen von Gott
getrennter Menschen.
Es gibt nur das ernste Ringen Gottes um die Menschen, das durch prophetische Worte auch
in klaren, kraftvollen und manchmal scharf klingenden Worten zum Ausdruck gekommen ist,
wenn sanftere Worte zuvor nichts bewegten. Gute Beispiele dafür finden sich in vielen
Prophetenworten im "Alten Testament", aber auch in den Weherufen von Jesus über
die Schriftgelehrten und Pharisäer, die Theologen und Religionsführer der
damaligen Zeit (Matthäusevangelium, Kapitel 23).
Anstatt in den unbeschönigten Jesus-Worten über die Theologen seiner Zeit aber die Liebe Gottes zu entdecken, aufzuwachen und
umzukehren, interpretierten viele Menschen lieber einen angeblichen "Zorn
Gottes" in die Worte hinein. Sie glaubten an "Strafen Gottes" anstatt in
negativen Ereignissen die menschliche Selbstbestrafung im "Gesetz von Saat und
Ernte" zu erkennen.
Dieses Gesetz beinhaltet immer auch die Gerechtigkeit, die allem Geschehen über Inkarnationen, ja
Äonen, zugrunde liegt.
Doch daneben gibt es immer die Liebe und
Barmherzigkeit Gottes, die uns in jedem Augenblick beisteht, wieder aus dem
Negativen herauszufinden.
Das geht unter Umständen nicht von heute auf morgen, sondern bedarf mehr oder weniger
vieler Schritte, so dass wir von einer Evolution zurück zu Gott sprechen können,
so wie es einst eine Entwicklung weg von Gott gegeben hat, man spricht manchmal
vom so genannten "Fallgeschehen".
Der Journalist:
Sie verwenden immer wieder auch die Begriffe "Gesetzmäßigkeiten" bzw.
"Gesetz". Aus den Kirchenlehren kenne ich das Wort "Evangelium"? Es wird
dort als "frohe Botschaft" verstanden. Wenn das nicht zu weit vom
Thema wegführt, vielleicht eine kurze Antwort: Was genau ist "Evangelium" und
was ist "Gesetz"?
Der Theologe:
Das Wort "Gesetz" hat vor allem durch die
lutherische Lehre einen völlig zu Unrecht negativen Beigeschmack bekommen. Dort wird in
Anlehnung an Paulus –
vereinfacht gesprochen – zwischen dem, was man tun soll, was man
"Gesetz" nennt, unterschieden; und dem, was die
christliche Botschaft einem angeblich schenkt, was "Evangelium" genannt wird. Und angeblich würde es für das Seelenheil
ausreichen, an dieses so genannte angeblich von Gott geschenkte "Heil", so wie es die Kirche
als "Evangelium" definiert, zu glauben. Doch diese Unterscheidung ist
nur eine an den evangelischen Fakultäten der Universitäten gelehrte
intellektuelle Kopfgeburt, die nicht stimmt und welche die Leute
nur noch diffuser macht. Denn das eigene Tun kann niemand so einfach als
zweitrangig ausblenden, wie es die evangelischen Theologen behaupten, die das
Wort "Gesetz" damit auch abwerten.
Die kosmischen Gesetze sind nämlich von Beginn der Schöpfung an allumfassend und gerecht.
Das Wort "Gesetz" ist von daher ein Wort mit positivem Inhalt. Die kosmischen
Gesetze – man könnte auch sagen "das absolute Gesetz" – beinhalten,
dass alles menschliche Tun, Fühlen und
Denken auch in einer gigantischen
kosmischen "Buchhaltung" gespeichert ist, die nach dem Gesetz von Saat und Ernte
funktioniert bzw. nach dem Prinzip Senden und Empfangen bzw. auch Gleiches zieht
wieder zu Gleichem. Diese Gesetze beinhalten aber auch die
Barmherzigkeit Gottes, der dem Menschen bzw. der Seele immer wieder Chancen
und Handreichungen gibt, damit dieser seine Lebenssituation jede Sekunde neu im
positiven Sinne aktualisieren kann. Das ist, wenn man es so nennen will, die "frohe"
Botschaft, wozu auch gehört, dass niemand in Leid und Verzweiflung verharren
oder gar enden muss.
Mit dem Wort "gesetzmäßig" ist gemeint, sich entsprechend den kosmischen
Gesetzen im positiven Sinne zu verhalten: also etwas im Sinne der guten Gebote
Gottes zu tun, was wieder entsprechend Positives hervorbringt.
Und was von Gott kommt, ist immer ausschließlich gut und dient der Reifung der
menschlichen Seele. Ich spreche als Fachmann für Theologie und Gottsucher
dabei in der Regel nicht mehr von "Evangelium".
Denn dieses Wort wurde durch die Institutionen Kirche völlig korrumpiert und mit
den Inhalten unwahrer verlogener Kirchenlehren
aufgeladen.
Der Theologe:
Nein, Gott hat es nicht geschaffen. Es ist durch die Menschen gekommen, die als freie Geistwesen im "Himmel" nicht mehr nach den Ordnungen Gottes bzw. des Kosmos leben wollten. Sie wollten nicht mehr Kinder Gottes sein, welche unter anderem mit den Eigenschaften Güte, Liebe und Barmherzigkeit den Kosmos bevölkern, sondern sie wollten herrschen und dazu eine eigene Welt mit entsprechenden Gesetzen erschaffen.Der Journalist: In der Bibel steht etwas von einem Sündenfall.
Der Theologe:
Man könnte auch von einem "Fallgeschehen" sprechen, da vielen einzelnen Vergehen
eine lang andauernde Fehlhaltung zugrunde lag. Es waren also nicht nur ein paar
Minuten, in denen eine Schlange die Ur-Frau Eva ermunterte, eine nicht für sie
vorgesehene Frucht zu
pflücken und in der Adam, der Ur-Mann, in die Frucht hinein biss. Diese Erzählung beinhaltet
Wahrheit, ist jedoch symbolisch zu verstehen. Sie beschreibt den Ausbruch aus der Ordnung Gottes
und einen Versuch, eine zweite Schöpfung nach eigenen Regeln neben die bereits geschaffene zu setzen.
In der biblischen Geschichte vom "Sündenfall" von Adam und Eva, die
auch im Einzelnen viele
Bilder und Symbole enthält, erscheint dies als die Versuchung, "sein" zu wollen
"wie Gott". (1. Buch Mose 3, 5)
Und die Versuchung bestand eben darin, nicht mehr in vollkommener Freude in
Gleichheit, Freiheit und Einheit mit der ganzen Schöpfung
seinen Platz in einem vollkommenen Gefüge auszufüllen, sondern
sich selbst gegenüber anderen Geschöpfen hervorheben zu wollen, selbst Schöpfer eigener Welten sein
zu wollen, zur eigenen
Ego-Ehre zu leben und zu diesem Zweck auch in Konkurrenz zu anderen zu treten. Damit
sind die "Fallwesen" aus der
ursprünglichen Einheit der Schöpfung ausgebrochen, denn alle Lebensformen werden
vom Odem Gottes beatmet.
Das Essen von bestimmten Früchten entgegen dem göttlichen Gebot, wie es in den Bibeln
erzählt wird, kann in diesem Sinne als Symbol dafür angesehen werden, wie jemand aus dieser Einheit mit Gott
und mit seiner Umwelt
heraus tritt, um eine andere Form der Ordnung zu schaffen, die dann bekanntlich in Unordnung
und Chaos mündete.
Und die Möglichkeit eines solchen Handelns liegt immer in der "Freiheit" der Geschöpfe
begründet, was ja auch in den Kirchenlehren so gesehen wird.
Diese Freiheit wäre also vor sehr langen Zeiten von Zeiten von einem Teil der Geistwesen "im
Himmel" dazu benutzt worden, um die göttliche Ordnung massiv zu verändern und
mehr und mehr eine Gegenordnung
aufzubauen.
Dieser Ausbruch aus dem Motiv des Hochmuts war demzufolge eine erste negative Ursache, die eine entsprechende negative Wirkung
hervorbrachte. Und im Verlauf dieses "Falls" kamen nun immer weitere
negative Ursachen und entsprechende Wirkungen hinzu.
Deshalb kann das "Gesetz von Saat und Ernte" eben auch als "Gesetz von Ursache
und Wirkung" oder als "Kausalgesetz" oder in seinen negativen
Aspekten auch als "Fallgesetz" bezeichnet werden. Und der Stand dieser Entwicklung
weg von den großen kosmischen Ordnungen wird am Zustand dieser Welt deutlich und
daran, wohin es führt, zum Klimakollaps.
Der Journalist: Sie berufen sich bei Ihren Antworten ja auf Botschaften von Christus, die er nach Ihren Worten auch in unserer Zeit durch Prophetisches Wort selbst gegeben hat. Wurde in diesen Botschaften über alle wichtigen Menschheit betreffenden Themen gesprochen oder blieben wesentliche Fragen offen?
Der Theologe: Die
Botschaften lösten das Versprechen ein, das Jesus nach den Worten des
Johannesevangeliums gegeben hatte: "Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr
könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird
er euch in alle Wahrheit leiten." (Johannes 16, 12-13)
Alles Wesentliche liegt heute offen. Und die heute auch durch Prophetenwort
wiederholte und um ein Vielfaches aktualisierte Botschaft von Christus löste genauso
Widerspruch aus wie es die Botschaft des Jesus von Nazareth vor 2000 Jahren
tat. Und so war es auch in allen den Jahren seither.
Der Journalist: Was meinen Sie mit dem "Widerspruch"?
Der Theologe: Wenn ich noch einmal beim Vaterunser anknüpfe und der Bitte
"Dein Reich
komme", dann kann man das ja so sehen: Der Himmel soll auf die Erde kommen. Es gibt allerdings
Kräfte, die das verhindern wollen und welche die Welt so erhalten wollen, wie sie in der
Folge des "Sündenfalls" bis heute entstanden ist: Mit der Herrschaft von Menschen über
andere Menschen, mit dem Oben und dem Unten, mit der Ausbeutung der Schöpfung für
ichsüchtige Zwecke und einigem mehr. Kurz: Mit all´ dem Negativen, das viele für ihre
persönlichen Zwecke
und für ihr Ego-Wohlleben ausnützen. Diese Kräfte betrachten den Planeten Erde
als ihren Stützpunkt, den sie sich im Laufe des äonenlangen Fallgeschehens
zum Eigenwohl eingerichtet haben und den sie teilweise mit Zähnen und Klauen zu verteidigen
versuchen und wo im wahrsten Sinne des Wortes immer mehr über Leichen gegangen
wird. Und in diesem System haben auch die kirchlichen Institutionen ihre
dominante Funktion.
Die Kirchen glauben ja, dass Jesus, der Christus, noch einmal auf die Erde
kommt. Doch was ist dann mit ihnen? Die kirchlichen Obrigkeiten würden ihm mit Sicherheit nicht
folgen, denn dann wäre ja ihre Macht dahin und sie wären keine Kirchenführer
mehr. Es ist also nicht schwer, sich vorzustellen bzw. klar zu machen: Sie würden deshalb am Papstkult und dem ganzen Dogmengebäude, das sie sich
in vielen Jahrhunderten ausgedacht haben, und an all´ dem äußeren Schaugepränge
festhalten und ihre Gläubigen weiterhin einzuschüchtern versuchen. Und dass sich
Jesus den Kirchenmännern unterordnen würde, ist völlig ausgeschlossen – der
Gegensatz könnte
krasser kaum sein.
Der Journalist: Sie erwähnen das Dogmengebäude. In den katholischen Dogmen und auch in den evangelischen Bekenntnisschriften wird, wie bereits besprochen, ja auch von Verdammnis, Hölle oder ewiger Gottferne gesprochen. Die Schöpfung würde nach kirchlicher Vorstellung auch immer geteilt bleiben, also der Versuch, den Sündenfall-Gedanken zu verewigen, wenn ich es recht verstehe.
Der Theologe: Genau. Und durch diese Drohungen mit ewiger Gottferne wurden unzählige Menschen eingeschüchtert, in Angst versetzt und von den scheinbaren Rettungsangeboten der Kirche abhängig gemacht. Doch diese Angebote sind in Wirklichkeit Teil der großen Gottferne, so dass sich kirchenabhängige Menschen wie in einem dunklen Kreis drehen.
Der Theologe:
Vereinfacht gesprochen der angeblich "rechte" Glaube und die Teilnahme an angeblich von Gott eingesetzten kirchlichen Handlungen, so genannten Sakramenten, in denen angeblich Gott wirken soll. Dabei geht es zum Beispiel um Sündenvergebung. Nach dem kirchlichen Glauben werden die Menschen durch Pfarrer oder Priester von den Sünden los gesprochen. Das ist aber gar nicht möglich. Jesus hat auch überhaupt nicht gewollt, dass seine Nachfolger überhaupt Theologen, Priester oder Pfarrer werden.Der Journalist: Was geschieht bei diesen kirchlichen Handlungen?
Der Theologe: In der katholischen Kirche gibt es die Formulierung
"Dieser selbe Gott vergebe
durch mich Sünder", gemeint ist der Priester. Das Wort "Sünder"
ist zwar offensichtlich zutreffend und klingt demütig, doch der hier damit
verbundene Anspruch ist ein Hohn. Was daran stimmt, ist nur der "Sünder", und
oft sind bekanntlich Priester und Pfarrer die schwersten Sünder, wenn man
beispielsweise an unzählige Kinderschänder-Verbrechen der jüngeren Zeit denkt.
Und wie bei allen Sündern kann auch der Pfarrer nur denjenigen Menschen die
Sünden vergeben, die an ihm, dem Sünder im Talar, schuldig geworden sind, die
also dem Pfarrer als Person Unrecht getan haben. So ist es bei allen Menschen, und Priester
sind keine Ausnahmen. Alle sind von Jesus, dem Christus, aufgerufen, sich
untereinander zu vergeben und sich in Zukunft anders zu verhalten.
Was jedoch steckt hinter der Formulierung "Dieser selbe Gott vergebe durch mich
Sünder"? Es ist der Anspruch, durch ein menschliches Amt eine Art "Mittler"
zwischen Gott und Mensch zu sein, doch so etwas gibt es nicht, denn Gott wirkt
unmittelbar in allen Lebensformen.
Und welches Bild ergibt
sich darüber hinaus, wenn man den so genannten Ablass einbezieht, wie es im
Katholizismus geschieht? Der Ablass gilt als der
angebliche "Erlass einer
zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt
sind" (Katechismus der Katholischen Kirche, München 1993, Nr. 1471). Hinter
diesen Worten verbirgt sich zunächst die kirchliche Theorie, dass eine Schuld bereits durch
das von der Kirche durchgeführte "Bußsakrament" getilgt sein könne;
aus meiner Sicht eine aus dem klerikalen Hochmut geborene Vorstellung, welche
die Menschen massiv in die Irre führt, weil in Wirklichkeit gar nichts getilgt ist.
Die nächste Frage aus kirchlicher Sicht wäre dann, wie mit möglichen
"Nachwirkungen" dieser Schuld umgegangen werden soll. Auch hier spricht sich die
Kirche selbst eine Verfügungsvollmacht zu, indem sie vorgibt, aus dem "Schatz der
Genugtuung Christi und der Heiligen" über den Erlass oder Teilerlass für
"zeitliche Sündenstrafen" "autoritativ" verfügen zu können. Dies geschieht
dann "unter genau bestimmten Bedingungen"
und sei sogar für Verstorbene im Jenseits möglich, deren Läuterungsweg dadurch
verkürzt werden solle.
Vielleicht an dieser Stelle ein kurzer Gedanken-Einschub zum Innehalten: Ein Außenstehender tut sich möglicherweise sehr schwer,
überhaupt zu begreifen, was die Kirche hier von sich behauptet. Aber Katholiken werden
mit diesen Behauptungen von Kind auf "erzogen".
Doch es geht noch
weiter:
Das kirchliche Tun beim "Bußsakrament" bekomme zusätzliches Gewicht dadurch,
dass es heißt, es sei "nach wie vor der einzige ordentliche Weg der Versöhnung
mit Gott und der Kirche, wenn ein solches Sündenbekenntnis nicht physisch oder moralisch
unmöglich ist". (Ordo poenitentiae 31, Katechismus, Nr. 1484)
Das alles aber ist nicht nur eine schwere Kost für das Gehirn, es ist schlicht Humbug. Und
auch bei diesem Thema nennen die Amtskirchen
"Gott" und
"Kirche" in einem Atemzug, was ein weiterer schwerwiegender Missbrauch des Namens Gottes ist,
denn mit Gott hat das alles nichts, aber auch gar nichts zu tun. Und was die
Kirche hier praktiziert, dient auch dazu, um die kosmische
Gesetzmäßigkeit zu vernebeln, welche lautet: "Was der Mensch sät, das wird er ernten."
Der Journalist: Die Entstehung der evangelischen Kirche begann im 16. Jahrhundert mit dem Kampf gegen den Ablass der katholischen Kirche. Was ist aus dieser Auseinandersetzung um die "Buße" geworden?
Der Theologe: In der evangelischen Kirche neigt man heute immer mehr dazu, den Ablass zu tolerieren, was
man etwa an den evangelischen Reaktionen auf den Jubiläumsablass im Jahr 2000
gesehen hat. Proteste blieben fast ganz aus. Und auch in der
evangelischen Kirche blieb ja der angebliche geistige Vollmachtsanspruch der Pfarrer auf diesem
Gebiet erhalten.
Mehrmals im Jahr habe ich als evangelischer Pfarrer zum Beispiel an einer
so genannten "Gemeinsamen Beichte" teilgenommen. Dabei ist folgendes geschehen:
Zunächst betete ich als Pfarrer laut einige vorbereitende Gebetsworte, die in die Frage
an die Anwesenden mündeten: "Vor dem heiligen Gott frage ich einen jeden von euch:
Bekennst du, dass du schuldig geworden bist, und bereust du deine Schuld? Begehrst du die
Vergebung deiner Schuld im Namen Jesu Christi? Glaubst du auch, dass die Vergebung, die
ich dir zuspreche, Gottes Vergebung ist, so antworte: Ja."
Die Teilnehmer antworteten laut mit "Ja", woraufhin ich als Pfarrer
fortsetzte: "Wie ihr glaubt, so geschehe euch. In Kraft des Befehls, den der Herr
seiner Kirche gegeben hat, spreche ich euch frei, ledig und los: euch ist eure Schuld
vergeben. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Aus
meiner heutigen Sicht war und ist das weiterhin ein ungeheure und gefährliche Irreführung der Menschen.
Die Teilnehmer antworteten schließlich mit "Amen", und der Pfarrer sagte darauf
hin: "Gehet
hin in Frieden!"
Der Journalist: In den Pfarrerworten ist die Rede von einem "Befehl", der der Kirche gegeben ist, so zu handeln. Wer hat der Kirche einen solchen Befehl gegeben?
Der Theologe: In den Kirchen wird gesagt, Jesus von Nazareth. Doch es gibt keinen Auftrag oder Befehl
des Jesus von Nazareth an eine Kirche, so zu handeln. Worauf sich die Kirchen beziehen,
ist die so genannte "Schlüsselgewalt", die ihr nach ihrer Lehre von Jesus
angeblich verliehen wurde. Als Grundlage dafür dienen die Worte von Jesus an Petrus: "Ich
will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; alles was du auf Erden binden wirst, soll
auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im
Himmel los sein." (Matthäus 16, 19)
Was Jesus hier speziell dem Petrus sagte, ist aber eine allgemeine
Gesetzmäßigkeit, die jeder Mensch für sein Leben anwenden kann, so eben auch Petrus,
und die Jesus jedem anderen Menschen auch gesagt hatte. Deshalb heißt es im
Matthäusevangelium auch einige Zeilen weiter, eben genau in dieser allgemeinen Form: "Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel
gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein"
(18, 18) [mehr dazu in
Der Theologe Nr. 51].
Hier ist also weder von Priestern die Rede noch von einer Kirche, auch von Petrus nicht mehr,
sondern Jesus spricht vom Gesetz von Saat und Ernte, und mit dem Wort "Himmel"
ist in diesem Fall das Jenseits gemeint. Die Worte von Jesus erklären, dass sich das
Leben im Diesseits im
Jenseits fortsetzt: Die Menschen, die sich auf der Erde an etwas "binden", sich
also Lasten auferlegen, die sie unfrei machen, werden auch als Seelen im Jenseits
genau an diese
Lasten gebunden und unfrei sein. Was aber auf der Erde gelöst, also bereinigt wird, davon
wird der Mensch auch als Seele im Jenseits frei sein. Das ist die Bedeutung des
Jesuswortes. Das Gesetz von Saat und Ernte erfährt also durch den Tod des Menschen keine
Unterbrechung. Das Leben geht weiter, und eventuell mündet es in eine oder viele neue
Inkarnationen
Der
Journalist:
Das ist etwas anderes als die Deutung dieses Wortes in den Kirchen. Die katholische
Kirche hat aus dem Wort an Petrus sogar die Macht des Papsttums abgeleitet.
Der Theologe:
Von einem Papst sprach Jesus erst recht nicht, auch nicht von einem "Heiligen Vater" auf
Erden. Im Gegenteil, in der Bibel heißt es: "Ihr sollt niemanden unter euch Vater
nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist" (Matthäus 23, 9).
Und als Jesus einmal die Anrede "Heiliger Vater" (Johannes 17, 11)
verwendete, meinte er
damit Gott, seinen Vater "im Himmel". Welch eine Verhöhnung Gottes,
wenn die Kirche trotz dieses Jesuswortes ihren Papst ebenfalls "Heiliger Vater"
nennt und ihn damit praktisch als Gott anspricht.
Jesus, der Christus, wollte keinen Papst und er hat keinem Menschen eine Macht über andere
verliehen, weder eine weltliche noch eine geistige. Auf "weltlichem" Gebiet
sollen sich die Menschen untereinander auf Regeln des Zusammenlebens einigen. Und in
geistiger Hinsicht hat Christus jedem Menschen die "Schlüssel des Himmelreichs"
übergeben, das heißt: Sich mit seiner Hilfe im Gesetz von Saat und Ernte zu erkennen, zu
bereuen, um Vergebung zu bitten, zu vergeben und das erkannte und bereinigte Negative mit
seiner Kraft nicht mehr zu tun.
Der Journalist:
Was ist dann die Funktion
des Papstes, wenn Jesus ihn nicht wollte?
Der Theologe:
Ein Papst ist ein Verkünder von Dogmen und theologischen
Spitzfindigkeiten, der die schlichten Worte von Jesus verändert, verfälscht und
vielfach
in ihr Gegenteil verkehrt hat. Und nicht zufällig sind die Päpste meist
hochintellektuelle Theologen. Der vorletzte Papst
Benedikt XVI., Joseph Ratzinger, war Theologieprofessor. Und auch sein
Nachfolger, Dr. Jorge Mario Bergoglio, war Theologiedozent und sogar Rektor der
katholisch-theologischen Fakultät in Buenos Aires.
Und der Papst ist
weiterhin ein Lenker einer machtvollen
Institution, die mit
ihren schönen salbungsvollen Worten und Inszenierungen die Menschen letztlich in die Irre führt und einschüchtert.
Er ist in diesem Sinne der Anführer einen Dogmendiktatur.
Ein Papst lässt sich von den Gläubigen als angeblicher Stellvertreter von
Christus verehren. Doch Christus wird von ihm mit Sicherheit nicht "vertreten", denn Christus ist ja "vertreten" in
jedem von uns, nämlich in unserem Inneren. Der Sohn eines
Zimmermanns braucht also keinen in viel Brimborium eingebetteten Papst, und jeder kann sich selbst eine Antwort geben, wer
anders
vielleicht eine solches Amt und eine solche Institution für seine Zwecke benützt.
Gemessen am Gesetz von Saat und Ernte trifft den Papst eine besonders schwere
Schuld an der Irreführung der Menschheit durch die Kirche, worauf ich vorhin
bereits hingewiesen habe. Ich möchte es noch einmal wiederholen:
Tritt ein Mensch als
Kirchenoberhaupt auf, dem seine Kirche in Lehrfragen sogar "Unfehlbarkeit"
zuspricht, dann sind die negativen Wirkungen aufgrund der Irreführung der
Menschheit eines Tages immens und gar nicht mehr in Worte
zu fassen. Und die "arme Seele", die sich auf Erden einst in ein
angeblich "unfehlbares"
Lehramt wählen ließ, gehört letztendlich zu den bedauernswertesten Geschöpfen in der
jenseitigen Welt, selbst wenn sie auch dort noch lange die alte Rolle spielen
kann.
Jesus war ein Mann des Volkes und nicht der Kirche. Und wer ihm nachfolgt,
bleibt ebenfalls ein Mann oder eine Frau des Volkes: Er stellt dann keine Ansprüche,
etwas Besonderes zu sein oder vielleicht zu werden, und er inszeniert kein kultisches Gaukelspiel und keine
mediengerechten Zeremonien, bei denen fehlerhafte Menschen gefeiert oder gar "heilig"
gesprochen werden. Auch schmückt ein Nachfolger von Jesus sein Haupt nicht mit
allerlei Spezialhüten oder Mützen und er trägt als Mann als Zeichen seiner Nachfolge auch
keine "Frauengewänder" oder dergleichen.
Nach kirchlicher Lehre müssten sich derzeit [2021] 265 Päpste im katholischen "Himmel"
aufhalten oder dorthin unterwegs sein, was für viele Seelen wohl ein Grund ist,
den betreffenden Ort im Jenseits schon von daher zu meiden und möglichst weiträumig zu umgehen. Geht man von einer Reinkarnation
bzw. Wiederverkörperung aus, werden dort aber wohl deutlich weniger ehemalige Päpste sein, denn wenn eine Seele
einmal in einem Menschenkörper inkarniert war, der auf Erden Papst
war, dann will sie das vielleicht bald wieder werden, solange ihr im Jenseits
das Ausmaß ihrer Schuld noch nicht bewusst wurde und sie noch nicht bereut. Man würde mit dem entsprechenden
Bewusstsein dann im Jenseits auch sehen, welche dunkle Seele es bisher am häufigsten auf den
Papstthron geschafft hat.
Der Journalist:
Haben Sie dafür um Verzeihung gebeten, dass Sie als Pfarrer noch nach der kirchlichen
Beicht- und Bußlehre handelten?
Der Theologe: Ich habe zum Beispiel alle Menschen in Gedanken um Verzeihung gebeten, die an den von mir verantworteten "Beichten" teilgenommen haben. Ich weiß nicht, wie viele Menschen sich damals in der falschen Sicherheit wogen, es sei dadurch etwas vergeben worden, was noch nicht vergeben war.
Der Journalist: Können Sie das näher erläutern?
Der Theologe:
Ich kann dazu ein Beispiel erzählen: Nehmen wir an,
jemand empfindet Schuldgefühle seinem von ihm geschiedenen Ehepartner gegenüber.
Beide gehen nun getrennte Wege, doch vieles aus der Vergangenheit ist nicht
aufgearbeitet. Eventuell überlagern Vorwürfe an den anderen die volle Erkenntnis
der eigenen Schuld. Mit gemischten Gefühlen nimmt der Mensch jetzt an der Gemeinsamen
Beichte teil. Ihm wurde nicht gelehrt, dass eine Schuld zum Beispiel erst vergeben sein kann,
wenn auch der an dieser Schuld Leidende dem Betreffenden vergibt. Davon ist der ehemalige
Partner aber eventuell noch weit entfernt.
Bei der kirchlichen Beichte spricht der Pfarrer im Namen Gottes nun den
Beichtenden "frei,
ledig und los". Dieser glaubt vielleicht daran und betrachtet die Angelegenheit
damit als bereinigt. Mögliche spätere Gewissensbisse bringt er in sich zum Schweigen, auch
eventuell tiefer gehende Empfindungen über seinen Anteil Schuld. Ihm sei ja von Gott
vergeben worden. Möglicherweise wurde ihm vom Pfarrer in einem Einzelgespräch sogar noch
empfohlen, einfach fester zu glauben, dass ihm doch jetzt vergeben sei.
In der Zwischenzeit gerät
sein ehemaliger Partner aber immer mehr auf die schiefe Bahn und setzt weitere negative
Ursachen. In seinen Gedanken und Gefühlen macht jener nun immer heftiger seinen früheren
Partner dafür verantwortlich, dessen Schuld ja scheinbar mithilfe des Pfarrers vergeben worden
sei.
Kann dieser
nun sagen: "Ich habe mit dem heutigen Leben des ehemaligen Partners nichts mehr zu tun,
denn mir ist dank des kirchlichen Sakraments vergeben worden, für mich ist die Sache in Ordnung"?
In der Bergpredigt
spricht Jesus von einer ähnlichen Situation und sagt: "Darum: Wenn Du Deine Gabe
auf dem Altar opferst und dort kommt Dir in den Sinn, dass Dein Bruder etwas gegen
Dich
hat, so lass dort vor dem Altar Deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne Dich mit
deinem Bruder und dann komm und opfere Deine Gabe." (Matthäus 5, 23 f.)
Sinngemäß heißt das: Wenn Du Dich Gott zuwenden willst und
Du spürst, dass es in der
Beziehung zu einem Menschen von Deiner Seite her nicht stimmt, dann gehe zu dem Menschen und bringe das
Verhältnis in Ordnung. Diese Zusammenhänge bei der Vergebung finden sich auch im Text
des Vaterunser, wie es in den Kirchen gebetet wird: "Vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir vergeben unseren Schuldigern". Also: Erst wenn die Menschen
sich untereinander vergeben haben, kann die jeweilige Schuld weggenommen werden. Gott könnte uns nach einer echten
Reue zwar sofort vergeben, und Er ist sofort dazu bereit. Doch es kommt auch auf unseren Nächsten an. Denn Gott liebt alle gleich,
und auch in unserem Nächsten ist Gott.
Wie wäre es nämlich, wenn demjenigen komplett vergeben ist, der einem anderen zum Beispiel mit Absicht Schaden
zugefügt hatte und der hinterher einfach gebetet hatte ´Gott vergib mir`? Ist für den
Täter dann alles in Ordnung? Obwohl der Geschädigte in seiner
Not noch nicht vergeben kann und vielleicht deswegen in der Folgezeit selbst schwer schuldig geworden
ist? Zum Beispiel, indem er etwas Böses tat, was er ohne das Leid, was ihm zuvor
angetan wurde, nicht getan hätte? Wäre das gerecht, wenn diesem zum Beispiel wegen
dessen mangelnder Einsicht nicht vergeben ist, dem ursprünglichen Täter jedoch schon?
Die feinen Zusammenhänge von Saat und Ernte können niemals durch ein kirchliches
"Sakrament" oder eine
Zeremonie, ein religiöses Erleben eines Beteiligten oder gar einen Ablassbrief einfach aufgelöst
werden. Es muss von allen Beteiligten Schritt für Schritt wieder in Ordnung
gebracht werden.
Der
Journalist:
Kann derjenige, der sich ehrlich versöhnen will, noch etwas tun, damit auch der andere
zur Versöhnung bereit wird?
Der Theologe: Wer sich versöhnen will, schaut seinen eigenen Schuldanteil schonungslos an und bereinigt ihn, ohne zu erwarten, dass dies der Nächste auch tut. Wer es so hält, dem hilft Gott auf vielfache Weise. Und auch der noch nicht zur Versöhnung Bereite bekommt immer wieder Hilfen, Schritte zur Versöhnung tun zu können; nicht nur im Diesseits, sondern auch im Jenseits.
Der Journalist: Die Versöhnung würde ja auch zu einer größeren inneren Freiheit führen.
Der Theologe: Es ist eine riesige Chance, von Innen heraus freier zu werden und neue Wege gehen zu können. Umgekehrt: Wie große Schuld können sich Pfarrer aufladen, wenn sie scheinbar im Namen Gottes vergeben, obwohl weder ernsthaft bereut noch wirklich vergeben wurde. Wer kann schon in den Nächsten hinein schauen? Und welche weitere Schuld lädt sich derjenige auf, der sich durch sein selbst gewähltes Amt in einer Art "Mittlerposition" zwischen Gott und Mensch sieht, obwohl er weder echte Gotteserfahrung hat noch versteht, was bei einem Menschen wirklich los ist. Das kirchliche Beichtsakrament ist nichts als eine gefährliche Scharlatanerie. Man muss es einmal so deutlich sagen.
Der
Journalist:
Wie erklären die katholische und die evangelische Kirche
ihr Handeln selbst?
Der Theologe:
Nach der katholischen und evangelischen Lehre gilt zunächst Christus und nicht ein
Pfarrer oder Priester als "Mittler" zu Gott (Katechismus der Katholischen Kirche,
Nr.
1546; Evangelische Bekenntnisschriften, Apologie XXI).
Dennoch: Verhält sich ein bestimmter Mensch nicht exakt wie ein "Mittler", wenn er bestimmte
Handlungen kraft seines kirchlichen Amtes als "Handlungen Gottes" ausgibt?
Im katholischen Katechismus heißt es dazu: "Christus selbst ist im kirchlichen
Dienst des geweihten Priesters in seiner Kirche zugegen ... Die Kirche bringt dies zum
Ausdruck, indem sie sagt, dass der Priester kraft des Weihesakramentes in der Person
Christi, des Hauptes" handelt (Nr. 1548).
Oder: "Das Amtspriestertum kann die Kirche deshalb repräsentieren, weil es
Christus repräsentiert." (Nr. 1553)
Der Bischofsweihe wird darüber hinaus die "Fülle des Weihesakramentes"
zuerkannt, weswegen jeder Bischof auch als "Stellvertreter Christi" (Nr. 1560) bezeichnet wird,
was eine Beleidigung – um nicht zu sagen, eine Verhöhnung – von Christus
darstellt. Damit maßen sich die Bischöfe und Priester die Mittlerfunktion
zwischen Mensch und Gott an, auch wenn sie es mit ihren raffiniert geschliffenen
theologischen Formulierungen verschleiern.
Und auch im evangelischen Katechismus heißt es:
"Indem der Amtsträger Wort und
Sakrament verwaltet, handelt Christus durch ihn. Die Apologie, eine lutherische
Bekenntnisschrift von 1531, sagt, dass die Pfarrer ´die Person Christi um der Berufung
der Kirche willen, nicht ihre eigenen Personen vergegenwärtigen, wie Christus bezeugt:
´Wer euch hört, hört mich`. Wenn sie das Wort Christi, wenn sie die Sakramente
darreichen, reichen sie sie dar in Stellvertretung Christi.`" (Evangelischer
Erwachsenenkatechismus, Hannover 1975, 4. Auflage, S. 1164)
Bei der Zitierung dieses Bibelwortes wird die Lehre des Jesus von Nazareth
einmal mehr verfälscht,
denn Jesus sprach nie von Pfarrern und Priestern, sondern meinte alle seine Nachfolger.
Doch die Kirche vereinnahmt seine Worte für eine Amts-Lehre, die zum Beispiel auch bei
Taufen angewendet wird, wo es heißt, Gott taufe angeblich durch den Pfarrer – was inhaltlich
vergleichbar der Theorie ist, dass Gott durch den Pfarrer angeblich Sünden vergeben würde.
Also auch hier eine angemaßte Mittlerfunktion der Pfarrer, die nichts mit der
Realität zu tun hat.
Und diese ganzen kirchliche Lehren, ob katholisch oder evangelisch, haben
auch nicht das
Geringste mit Jesus, dem Christus, zu tun. Jesus setzte niemals eine Institution
ein, in der man aufgrund eines bestimmten Amtes plötzlich über bestimmte
geistige Fähigkeiten verfügen könne. Das ist Unsinn. Das ist, wenn man es so
nennen will, heidnischer vorchristlicher Götzenkult! Aber es wird präsentiert
als angeblich "christlich", und das macht alles noch schlimmer als alle Kulte aus
vorchristlicher Zeit und schlimmer als alle gegenwärtigen Kulte, die sich nicht
auf Christus berufen; weil man auf diese Weise auch noch den großen
Menschheitslehrer Jesus, den Christus, vereinnahmt und verfälscht und seine
wirkliche befreiende Lehre den Menschen vorenthält.
Der Journalist: Handelt Gott überhaupt durch Menschen?
Der Theologe: Ja. Er handelt immer durch uns, wenn wir Seinen Willen tun, aber das hat mit einem kirchlichen Amt überhaupt nichts zu tun.
Der Journalist: Ist es grundsätzlich möglich, dass ein Mensch im Namen Gottes einem anderen etwas zuspricht, zum Beispiel ein Prophet?
Der Theologe:
Auch ein Prophet spricht einem bestimmten Menschen
eher selten etwas zu,
obwohl das möglich wäre und bei den Gottespropheten des so genannten "Alten
Testaments" auch hin und wieder geschah. Bei einem echten Gottespropheten
sprechen Gott oder bestimmte Geistwesen, die in Einheit mit Gott leben, meist in
allgemeiner Form durch das "Mundstück", den Propheten.
Und meist wird der Prophet dann von Zuhörern verspottet, die nicht glauben, dass er, der
Prophet, nur der Dolmetscher ist, nicht derjenige, der sich selbst ausgedacht
hat, was er spricht.
Prophet kann man auch nicht aus menschlichem Wollen bzw. aus eigener Entscheidung heraus
werden. Ein Prophet wird aus der geistigen Welt bzw. von Gott aufgerufen, so, wie
es von vielen Propheten im
"Alten Testament" berichtet wird. Und der Prophet vernimmt diese
Berufung in seinem Inneren, wenn er weitgehend im Einklang mit den Geboten
Gottes lebt. Der Gottesprophet führt Menschen
dabei nie zu
sich selbst oder zu einer Institution, sondern immer zu Gott bzw. zu Christus, der
ja in den
Menschen selbst wohnt sowie in allen Lebensformen der ganzen Schöpfung.
Bei einem Zusprechen, wie in den Kirchen üblich, passiert etwas völlig Anderes.
Dort ernennt eine kirchliche Institution
bestimmte Menschen aufgrund ihrer Berufsentscheidung und ihrer theologischen
und kirchlichen Ausbildung zu stellvertretenden Sprechern für ein angebliches
Handeln oder Sprechen Gottes, obwohl es mit Gott nichts zu tun hat. Denn Gott
ist der freie Geist, nicht der institutionalisierte Kirchengott.
Dieser Missbrauch gehört zur "Schuld, Schuld, übergroßen Schuld", wie es in manchen Klöstern und
evangelischen Kommunitäten auch dauernd und nicht ohne triftigen Grund gebetet wird.
Der Journalist:
Ist die Schuld
wirklich so groß? Man hat sich in unserer Mediengesellschaft an viele
"Gottesprediger" gewöhnt hat, obwohl ihr Reden und Tun mit Ihm nichts oder nicht
viele zu tun hat.
Der Theologe:
Der Theologe:
Jeder Pfarrer stabilisiert mit seinem Tun dieses
Gebäude von Irreführung und hochmütiger Ignoranz. Und ich weiß auch nicht, warum
sich so wenige Pfarrer fragen: "Was ist,
wenn das, was ich lehre, nicht der Wahrheit entspricht?" Der Nächste glaubt oft nur
deshalb daran und geht in die Irre, weil der Pfarrer behauptet habe, seine Lehre
käme von Gott. Doch was gibt dem Pfarrer die Sicherheit, dass es wirklich so
sei? Sein Examenszeugnis? Seine Priesterweihe oder seine Bestellung zum Pfarrer,
in der evangelischen Kirche "Ordination" genannt? Doch
was hat das mit Gott zu tun? Es ist nichts als Menschenwerk.
Oder, um auf die Anmaßung der Pfarrer zurück zu kommen, angeblich Sünden im
Namen Gottes vergeben zu können: Was ist, wenn der Pfarrer im Namen Gottes etwas zu
vergeben vorgibt, was noch gar nicht vergeben ist? Kann jemand wirklich guten Gewissens
glauben, dass die Schuld, die er als Pfarrer vermeintlich vergibt, "Gottes Vergebung" ist?
Woher nimmt er denn diese Behauptung, die völlig falsch ist? Ist das nicht eine Parallele zur "Geschichte vom
Sündenfall", wo der Mensch damit versucht wird, angeblich sein zu können wie Gott?
Genau das passiert hier aber: Der Pfarrer setzt sich eigenmächtig an die Stelle
Gottes. Doch worauf ist sein Anspruch gegründet? Einzig auf die blutige Kirchengeschichte.
Auf sonst nichts. Auf Gott kann er
sich nie und nimmer berufen.
Mancher Pfarrer mag nun einwenden, er müsse eben von Amts wegen so handeln.
Doch seine Verantwortung kann er deswegen nicht auf andere abschieben, und das Amt kann ihn auch
nicht schützen. Er hat diesen Beruf ja selbst gewählt. Und jedem Pfarrer wird
deshalb sein Anteil
zu gewogen, für den er als Person verantwortlich ist, wenn Menschen in die Irre
geführt und um große Chancen ihres Lebens gebracht werden
Der Journalist: Wie kann man sich das konkret vorstellen?
Der Theologe:
Um beim vorhin genannten kleinen Beispiel einer
gescheiterten Ehe zu bleiben: Der in der Kirche scheinbar
"Losgesprochene" könnte sich später, eventuell im Jenseits, auf den Pfarrer
berufen, wenn negative Wirkungen aus der ehemaligen Partnerschaft auf ihn zukommen. Der
Pfarrer habe ihm doch im Namen Gottes vergeben, warum werde jetzt im Jenseits
alles wieder aufgewühlt?
Der Pfarrer seinerseits kann sich nicht einmal mehr an diesen Menschen erinnern,
denn nur bei der einen "Gemeinsamen Beichte" zum Beispiel in einer
evangelischen Kirche sind über 100 Menschen aufgestanden
und haben vom Pfarrer die "Vergebung Gottes" bekommen – jeder
in einer anderen Lebenssituation, die meisten davon dem Pfarrer völlig unbekannt.
Wie ist es also nun, wenn sich eines Tages herausstellt, dass die "Beichte" und die
"Absolution" bzw. "Lossprechung" des einen Partners mitverantwortlich
dafür war, dass es zu keiner wirklichen Aufarbeitung und Versöhnung der beiden gekommen ist?
Und das ist jetzt nur ein einziges kleines Beispiel. Unter Umständen hat ein Pfarrer, wie es
seine berufliche Pflicht ist, bei Tausenden "die Beichte abgenommen". Dazu
kommen die vielen Predigten. Und die kirchliche "Lehre von der Beichte" ist wiederum
nur ein kleiner Ausschnitt des kirchlichen Lehrwerkes, in dem ein Irrtum in den
anderen greift. Und für jede einzelne Irreführung wird der Pfarrer
gemäß seines Anteils durch das Gesetz von Saat und Ernte eines Tages zur Rechenschaft
gezogen.
(siehe dazu unten das Hörspiel
Die Tür des Glaubens über einen Pfarrer,
der nach seinem Tod im Jenseits ankommt)
Der Journalist: Eventuell über mehrere Inkarnationen?
Der Theologe: Oder in den jenseitigen Welten, ...
Der Journalist: ... wo die Pfarrer und Priester gemäß ihres eigenen Glaubens nach dem Tod in den Himmel eingehen würden.
Der Theologe: Irgendwann, wenn sie keine verkopften und hochmütigen Theologen mehr sind, sondern zu Kindern Gottes geworden sind und alles bereut und wieder gutgemacht haben und ihnen auch von allen ihren unzähligen Opfern vergeben wurde (siehe auch hier). Mögliche Folgeschäden alleine durch das "Sakrament" der Beichte sind ja, wie gesagt, nur ein Detail. Denken Sie vor allem an die zahllosen Verbrechen kirchlicher Würdenträger, die noch nicht gesühnt sind, zum Beispiel an die Hinrichtung von Andersgläubigen, an Glaubenskriege, Kreuzzüge, an so genannte Hexenverbrennungen, an die Judenverfolgungen oder daran, dass man Tieren heute noch abspricht, eine unsterbliche Seele zu haben, und dass man Tierversuche und den Mord an Tieren erlaubt und vieles, vieles mehr. In den Seelenreichen ist alles offenbar, was heute noch verborgen ist, wovon vieles aber durch den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Pfarrer und Priester seit dem Jahr 2010 verstärkt an die Öffentlichkeit dringt. Und alle Verbrechen fallen, so sie nicht rechtzeitig vergeben und wieder gut gemacht sind, früher oder später auf die Verantwortlichen zurück, und dazu zählt nach meiner Überzeugung auch das Leid, das wir den Tieren angetan haben und täglich weiter antun.
Der Journalist: Ist das vielleicht einer der Gründe, warum in den Kirchen das Gesetz von Saat und Ernte und das Wissen um die Reinkarnation nicht mehr gelehrt wird? Dann müssten die kirchlichen Obrigkeiten ja lehren, dass sie auch selbst darunter fallen und dass sich die zahlreichen ungesühnten Verbrechen der Kirchengeschichte noch auswirken, sofern die Wirkung nicht schon eingetreten wäre?
Der Theologe: Allgemein geantwortet: Jemand, der um das Gesetz von Saat und Ernte weiß, wird sich anders verhalten als jemand, der glaubt, unter dem Deckmantel einer sofort alles verzeihenden "Gnade" möglichen Wirkungen entgehen zu können. Doch die Zukunft bringt alles bald an den Tag.
Der
Journalist:
Es gibt Berichte von Menschen, die einmal dem Tod sehr nahe waren, dann aber doch nicht
gestorben sind. In vielen Berichten ist die Rede von einem Lebensfilm. Im Angesicht des
Todes werden dem Sterbenden wie im Schnelllauf eines Filmes noch einmal viele Stationen
seines Lebens bewusst. Kann man sagen, alle Saat des Lebens wird aufgedeckt?
Der Theologe: Auch der Rücklauf des Lebensfilms ist noch einmal eine große Chance, hier und da auch beim Sterben des irdischen Leibes noch zur Reue zu finden und um Vergebung zu bitten. In dieser Phase ist die Seele meist hochsensibel, auch wenn sie sich nicht mehr über ihren Körper artikulieren kann. Doch was lehrt die Kirche? Sie gibt die sterbenden Menschen zur Organtransplantation frei, was unsägliche Schmerzen, die nicht in Worte zu fassen sind, auslöst und den Sterbenden, die eine liebevolle Begleitung bräuchten, auch noch diese Chancen nimmt. Man reißt ihnen buchstäblich die angebliche "Nächstenliebe" aus dem Leib, um ein anderes irdisches Leben mit diesen Fremdkörper-Stücken in seelische Konfusion zu stürzen. Denn jedes Organ im menschlichen Leib ist individuell durch die im Körper innewohnende Seele geprägt und keines ist ohne Schaden für den Empfänger austauschbar, auch wenn es vordergründig manchmal eine Zeitlang anders ausschauen mag. Organtransplantation bedeutet also letztlich schwerwiegendes Leid für Organspender und Organempfänger. Wie wird schon zu Lebzeiten in der Kirche gebetet? "Meine Schuld, meine Schuld, meine übergroße Schuld". Besser wäre es, sie würden endlich umkehren, denn die Schuld wird ihnen nicht so ohne weiteres weg genommen. Alles wird sich zeigen. Und früher oder später wird alles offenbar. Jeder dreht ja täglich weiter an seinem Lebensfilm und er speichert in diesem Film, was er jeweils tut, sagt, denkt, fühlt und empfindet. Im Jenseits ist dies alles sichtbar, was im Diesseits noch verborgen werden kann. Wesentliches davon wird auch im "Lebensbuch", in der Seele, aufgezeichnet. Und dieses Buch ist gleichzeitig der geistige Magnet, der nach dem Prinzip funktioniert: Gleiches zieht immer wieder Gleiches an. Positives zieht zu Positivem, Negatives zu Negativem. So kann man das Gesetz von Saat und Ernte auch von diesem Bild her gut erfassen.
Der Journalist
: Zieht beim physikalischen Magnetismus nicht der positive Pol zum negativen?Der Theologe: Ja, klar. Im Geistigen gibt es auch eine vergleichbare Polarität, nämlich die Anziehung von männlichem und weiblichem Pol. Wie beim physikalischen Magnetismus Positiv-Negativ zieht hier das Männliche zum Weiblichen und umgekehrt. Beim Satz "Gleiches zieht zu Gleichem" geht es aber hier nicht um diese Art der Polarität, sondern um die Mentalität bzw. um den Grad der Reinheit oder Belastung der Seele. Das ist eine andere Form der Anziehung, aber trotzdem auch logisch und entsprechend den geistigen Gesetzen bzw. den Naturgesetzen.
Der Journalist: Wenn auf jemanden etwas Negatives zukommt, so ist in seinem Lebensbuch also etwas entsprechend Negatives aufgezeichnet gewesen?
Der Theologe:
Sowohl eine negative als auch eine positive Aufzeichnung wirken als ein Magnet, der
wieder Ähnliches anzieht. Tritt zum Beispiel ein negatives Ereignis in mein Leben, dann
war im Lebensbuch, in meiner Seele, ein entsprechender negativer Magnet aufgezeichnet. Ich
erleide also jetzt, was in meinem Lebensbuch bzw. in meinem Lebensfilm bereits
aufgezeichnet war, weil ich es zuvor einem anderen angetan habe und nicht bereinigt habe.
So wirkt zugleich die Gerechtigkeit.
Mit diesem Bild kann man das Gesetz von Saat und Ernte und die möglichen
Konsequenzen noch einmal gut zusammenfassen. Vergrößere ich das Schicksal,
indem ich zum Beispiel im Leid Vorwürfe gegen andere aufbaue? Oder bereinige ich
den zugrunde liegenden Magneten, indem ich mir zunächst bewusst mache: Was mir
heute widerfuhr, habe ich einst anderen angetan?
Das war der Magnet.
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Der Theologe: Obwohl das Gesetz von Saat und Ernte in ihren Bibeln steht, sogar wörtlich im Paulusbrief an die Galater (6, 7), wurde in den Kirchen dieser Glaube relativiert. Das heißt: Es wird nicht mehr gelehrt, dass dieser Satz immer gilt und nicht nur hin und wieder, je nach Meinung von Kirchenvertreter und ihren Interessen. Stattdessen lenken die Kirchen die Aufmerksamkeit auf einen von ihr definierten "Glauben" [vgl. Der Theologe Nr. 35] oder auf angebliche äußerliche "Gnadenmittel", so genannte "Sakramente", oder auf andere kirchliche Handlungen, die sie selbst oder ihre Vorläufer konstruiert haben. Dazu gehört das Kirchensakrament der Beichte [vgl. Der Theologe Nr. 55]. Durch die kirchliche Beichte bei einem Pfarrer würde angeblich die Schuld einer negativen Saat hinweg genommen, was aber überhaupt nicht stimmt. Darüber haben wir ja schon gesprochen.
Der Journalist: Und wie ist es mit dem Wissen um die Reinkarnation?
Der Theologe: Die Grundlage dafür wurde im Jahr 543 auf der Synode zu Konstantinopel und im Jahr 553 auf dem Konzil von Konstantinopel aus dem kirchlichen Glauben verbannt, nachdem es zuvor Auseinandersetzungen darüber gegeben hatte. In Konstantinopel wurden dann konkret zwei Lehrsätze des Bibel-Lehrers Origenes (185/186-254) "verflucht", die Voraussetzung bzw. Ziel einer Wiederverkörperung bzw. Reinkarnation sind. Bei den Lehrsätzen handelt es sich um ...
1.) ... den Glauben, dass die Seele eines Menschen bereits vor der Zeugung und Geburt dieses Menschen existiert.
2.) ... den Glauben, dass einst alle Menschen wieder den Weg zu Gott finden.
Das erste nennt man in der Theologie "Präexistenz
der Seele", das zweite nennt man dort "Allversöhnung".
Origenes, der solches lehrte, war nach den Worten seines Schülers Rufin zunächst jemand, der darauf bedacht war,
"nur das als Wahrheit [zu] glauben, was in nichts von der kirchlichen und
apostolischen Überlieferung abweicht".
(Rufin in Peri Archon I, Praefatio 2)
Im
Canon 9 des gegen Origenes gerichteten Dokuments der katholischen Synode von Konstantinopel
im Jahr 543 werden
einige seiner Glaubenssätze jedoch verworfen (Denzinger-Schönmetzer, Enchiridion
Symbolorum, Freiburg 1965, 34. Auflage, Nr. 403 und Nr. 411 bzw. Neuner-Roos, Der Glaube
der Kirchen in den Urkunden der Lehrverkündigung, Regensburg 1971, 13. Auflage
1992, Nr. 325 und Nr. 891). Stattdessen setzte sich in der Kirche die neue Lehre durch, dass
eine Menschenseele bei der Zeugung des betreffenden Menschen parallel dazu durch Gott neu erschaffen
werde und dass ein großer Teil der Menschen nach dem Tod ewig verdammt werde.
Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass dies dann für den allergrößten Teil
zutreffen solle,
was bei nüchterner Betrachtung daraus folgt, dass sie die
katholischen Bedingungen für das
kirchlich definierte Seelenheil nicht erfüllen (z. B. Neuner-Roos, a.a.O., Nr. 895-899, v. a.
der als "unfehlbar" geltende Lehrsatz Nr.
896).
Dabei soll bereits eine
Verfluchung den Verfluchten in eine angeblich ewige Hölle stürzen, selbst
wenn er das übrige Kirchenkonstrukt für wahr hält.
Schon ca. 150 Jahre vor der Synode hatte der Kirchen-Patriarch Theophiles von Alexandria Origenes
zum ersten Mal verdammt.
Und etwa ab dem Jahr 399 hatte Theophiles auch damit begonnen, die Vernichtung
der ca. 2000 Schriften des Origenes zu
organisieren.
Kirchenlehrer Hieronymus (345-420) schildert zum Beispiel, wie die Truppen
des katholischen Patriarchen urchristliche Gruppen überall in Palästina überfallen und die dort
befindlichen Origenes-Schriften sofort verbrennen. (Epistula 86; nach
Robert Sträuli, Origenes,
der Diamantene, Zürich 1987, S. 317)
Dort, wo die Zensurbehörden der Kirche keine Einwände hatte, zitiert sie Origenes jedoch in ihren
Dokumenten bis heute, allein im aktuellen Katholischen Katechismus an zehn Stellen.
Der Journalist:
Hat Origenes auch an Reinkarnation geglaubt?
Der Theologe:
Ja. Es wurde allerdings auf der Synode und dem
nachfolgenden Konzil von Konstantinopel im Jahr 553
nicht unmittelbar verdammt – aus einem einfachen Grund: In den noch erhaltenen
Schriften von Origenes waren nur noch Spuren davon enthalten. Welche das sind
und warum es nur noch Spuren waren, dazu gleich noch mehr. Wie bereits gesagt:
Sehr vieles wurde von der Kirche bis dahin bereits vernichtet. Was jedoch bei
Origenes im 6. Jahrhundert noch eindeutig und klar zu lesen war, sind die Voraussetzung
für die Reinkarnation und ihr Ziel. Theologen gebrauchen dafür die Begriffe "Präexistenz der Seele" und "Allversöhnung".
Diese beiden Lehren wurden in Konstantinopel verdammt.
Allerdings findet
sich in den Synoden-Dokumenten noch ein Beweis dafür, dass Origenes darüber hinaus auch die Reinkarnation
lehrte, in der Einleitung des ursprünglichen Edikts von Kaiser
Justinian aus dem Jahr 543. In diesem historischen Dokument lautet ein gegen Origenes
gerichteter Lehrsatz der Kirche wörtlich: "Von den
geistigen Wesen ist ein Teil, wie er [Origenes] meint, in Sünde gefallen, und zur Strafe in
Leiber gebannt; nach dem Maße ihre Sünden werden sie sogar zum zweiten oder
dritten Male und noch öfter in einem Leib eingekerkert, um nach vollendeter
Reinigung in ihren früheren sünde- und leiblosen Zustand zurückzukehren."
(zitiert nach Franz Diekamp, Die origenistischen Streitigkeiten im 6.
Jahrhundert und das fünfte allgemeine Concil, Münster 1899, S. 46)
Der Journalist:
Das ist doch eindeutig. Warum heißt es dann manchmal in entsprechenden
Kommentaren, ob der bekannte Gelehrte an
Reinkarnation geglaubt hat, sei umstritten?
Der Theologe:
Kirchliche Theologen verweisen in diesem Zusammenhang meist auf den Kommentar von Origenes zum Matthäusevangelium, in dem unter anderem von einer "irrigen Lehre von der Seelenwanderung" die Rede sei (Comm in Mat X, 20). Weiterhin kritisiert Origenes in diesem Kommentar die "offenbar falsche" Anschauung des Lehrers und Schriftstellers Basilides (ca. 85-145), wie es heißt, wonach die "Wiedereinkörperung der Seelen nach dem Tod" die angeblich einzige Strafe für die Sünden sei (Comm in Mat III).
Der Journalist:
Das klingt sehr spannend. Und ganz offensichtlich zeigt sich hier auch der geistige
Kampf um diese Lehre bereits im 3. und 4. Jahrhundert. Sie haben von Beweisen
gesprochen, welche diese These von Fälschungen in den Origenes-Schriften
belegen? Gibt es hier noch mehr als das Bekenntnis von Rufinus selbst?
Der Theologe:
Der Journalist:
Das hört sich an wie die Entschlüsselung eines Geheimnisses, das den
Menschen von der Kirche seither vorenthalten wird.
Der Theologe:
Es ist eine Verführung der Menschen durch die katholische Kirche ohnegleichen, und das
Beispiel der Schriften des Origenes ist ja nur ein Aspekt davon.
Bedenkt man die Folgen für das Handeln von Menschen, je nachdem, ob man dies
oder jenes für richtig hält, dann wurde hier im zugrunde gehenden alten Imperium Romanum
tatsächlich um eine wesentliche Weichenstellung von welthistorischem Rang
gekämpft, und die Teufelei gewann vordergründig die Oberhand. Sie hat in der Folgezeit den so
genannten "Main-Stream" geprägt, wie man heute vielleicht sagen würde, aus dem
dann die Kirchengeschichte hervor ging, bekanntlich eine Blut- und Schreckensgeschichte ohnegleichen. Zum Vergleich: Keiner, der um das Gesetz von Saat und Ernte und um die
katholische geleugnete Reinkarnation
weiß, würde einen Krieg beginnen oder tötend daran teilnehmen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Dieser Satz des Origenes vom Menschen, der seinen Leib mehrfach wechselt, macht
auch einen weiteren – von Origenes selbst vorsichtig formulierten oder von Rufin entsprechend umgestalteten
– Satz
verständlicher, zitiert aus seinem Werk De Principiis:
"So meinen die Törichten und die Ungläubigen,
unser Fleisch verginge nach dem Tode in der Weise, dass nichts von seiner
Substanz übrigbleibe; wir aber, die wir an seine Auferstehung glauben, erkennen,
dass im Tod nur eine Umwandlung geschieht, seine Substanz aber, das steht fest,
bleibt und wird durch den Willen seines Schöpfers zu einer bestimmten Zeit
wieder ins Leben gerufen, und dann geschieht eine neue Umwandlung." (S. 659)
Und weiter in diesem Sinne: Bei Hieronymus ist auch die Frage des Patriarchen Theophiles nachzulesen, der
die Lehre des Origenes
bereits um die Jahre 399 und 400 als "Lumpen aus dem Gewand der Philosophen" verdammt hatte. Er lautet: "Was aber soll es bedeuten, wenn er [Origenes]
erklärt, die Seelen würden wiederholt an Körper gefesselt und wieder von ihnen
getrennt" (Epistula 98, 11, zitiert nach De Principiis I, 8, Anh. I, a.a.O., S.
279).
Das ist einmal mehr eindeutig.
Doch kirchliche
Dogmenkonstrukteure und ihre Anhänger waren auch hier sehr erfinderisch. So
schreibt der Jesuit und katholische Theologieprofessor Dr. Medard Kehl zum
Beispiel, diesem Zitat von Theophilus werde wegen dessen polemischer
Feindschaft zu Origenes "nicht allzuviel Wahrheitsgehalt zugetraut" (Brief
vom 30.3.2000 an den "Arbeitskreis Origenes"). Auf einmal soll also einer
der anerkanntesten Vertreter der Großkirche, der Patriarch Theophiles,
die Unwahrheit sagen. Immerhin wird
von Dr. Medard Kehl, dem
"Wissenschaftler"
in den Reihen der Vatikankirche [mehr zum Thema Vatikan und Wissenschaft siehe
hier], auch
zugegeben: "Sicher scheint, dass origenistische Mönche in Ägypten im 5.
Jahrhundert die Reinkarnation vertreten haben". Doch warum haben
wohl die Mönche, die sich dazu auf Origenes beriefen, so gedacht? Weil Origenes
es ganz offensichtlich so gelehrt hat.
Und man kann dazu auch noch Folgendes ergänzen: Da der urchristliche Glaube des
Origenes ab Mitte des 6. Jahrhunderts eben von der Kirche bekämpft und teilweise
verdammt wurde, legt den Verdacht nahe, dass auch in der Folgezeit noch weit
mehr vernichtet wurde als bis dahin schon.
Der Journalist:
Das Befund ist aber aufs Ganze gesehen immer noch klar genug.
Warum sehen das die Institutionen Kirche nicht ein?
Der Theologe:
Würde die Vatikankirche auch nur einen Irrtum zugeben, würde ihr ganzes System
aus
Dogmen und Glaubensartikeln
wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. So heißt es beispielsweise in den
Dogmensammlungen der römisch-katholischen Kirche über den kirchlichen Glauben:
"Wer diesen nicht in seinem ganzen Umfange und unverletzt bewahrt, wird ohne
Zweifel ewig verloren gehen (zit. nach Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche,
Lehrsatz Nr.
915). Und auch
Papst
Franziskus hat sich kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2013 sogleich in diesem
Sinne geäußert.
Im konkreten Einzelfall, bei der Frage also, ob der urchristliche Gelehrte Origenes an
Reinkarnation glaubte, hängt manches allerdings auch mit einer weiteren Sachfrage
zusammen, die ich eben schon ansatzweise thematisiert habe. Es geht für den
wissenschaftlich interessierten Zeitgenossen immer auch darum, ob einiges in den vorliegenden Textfassungen
entweder schon von Origenes selbst oder erst von
dem fälschenden Rufin
nur vorsichtig oder in Frageform formuliert ist.
Und hier ist mit zu bedenken:
Rufinus lebte um das Jahr 400. Und auf Abweichungen von der kurz zuvor zur
einzigen Staatsreligion erhobenen Romkirche stand bereits die Todesstrafe.
So heißt es an einer weiteren Stelle in den überlieferten Origenes-Schriften, man müsse, "aufmerksam und tiefer studieren und sehen, ob es
möglich ist oder nicht, dass sie [die Seele] ein zweites Mal in einen Leib eintritt
..." (Johanneskommentar VI, Kap. 7)
Oder:
Wenn jemand bestimmte Voraussetzungen nachweisen könne, dann, so Origenes, "folgt
daraus zwingend, dass das körperliche Sein nicht ursprünglich ist, sondern in zeitlichen
Abständen ins Dasein tritt ... und dies geschieht immer fort". (Peri Archon IV, 4, 8)
Und so kann man noch einiges mehr aufzählen, so dass sich allmählich ein
zuverlässiges Gesamtbild ergibt:
Die Geschichte von Jakob und Esau im 1. Mosebuch der Bibel (Kap. 25 ff.) kommentiert Origenes
nämlich wie folgt: "Wir müssen so annehmen, dass er [Jakob] aufgrund von Verdiensten
eines früheren Lebens ... dem Bruder vorgezogen wurde." (Peri Archon II, 9, 7)
Und weiter gehts, so könnte man sagen: Wieder an einer anderen Stelle erläutert Origenes die Möglichkeit, "dass jemand infolge
irgendwelcher früherer sittlicher Leistungen jetzt [in diesem Leben] ein Gefäß der Ehre
wird, und dann, wenn er nicht tut, was einem Gefäß der Ehre entspricht und angemessen
ist, für eine andere Lebensperiode ein Gefäß der Unehre wird". (Peri Archon
III, 1, 23)
Setzt man bei alldem die Waage an, was für
einen bestimmten Befund spricht und was dagegen, so kann jeder, der seinen
gesunden Menschenverstand nicht den katholischen Dogmen geopfert hat, eigentlich
nur zu dem Ergebnis kommen: Klar wusste Origenes um die Möglichkeit der
Reinkarnation.
Kirchliche Theologen wollen Origenes seinen Glauben an die Reinkarnation
jedoch unbedingt absprechen, wohl um das Urwissen der Reinkarnation auch heute besser
von ehrlichen Gottsucher fernhalten zu können. So deuten sie dann, wenn sie
damit konfrontiert werden, seine Aussagen über frühere und spätere Leben jedoch
gemäß ihrer Kirchenmeinungen um. Sie sagen zum
Beispiel
sinngemäß, ein früheres Leben müsse hier wohl auf ein früheres Leben der Seele im Jenseits
bezogen werden, nicht aber auf ein früheres Erdenleben. Oder sie behaupten
dreist, Origenes hätte
damit ein Leben
vor einem angeblichen "Urzustand" der Schöpfung gemeint bzw. ein Leben in
"neuen" Zeitaltern nach dem Ende dieser
"Weltzeit". Doch das sind letztlich krude und an den Haaren herbei
gezogene Interpretationen. So bleibt meist auch offen, was
die entsprechenden Kirchentheologen dann jeweils in diese von ihrem Intellekt konstruierten Vorstellungen
hinein fabulierten und bis heute dort hineingeheimnissen.
Der Journalist:
Der geistige Kampf dauert also auch auf dieser Ebene an.
Der Theologe:
Und er wird an vielen Fronten geführt. Dabei wird in unserer Zeit zum Glück
das
Interpretations-Monopol der Kirche nicht mehr anerkannt, das diese sogar im
Dogma für sich
beansprucht. So erläutert zum Beispiel der Schweizer Forscher Robert Sträuli am
Beispiel des Origenes-Schülers Didymos (313-398),
"wie
selbstverständlich an der Christenschule zu Alexandria damals die Lehre von der
Wiedergeburt noch Bestandteil der christlichen Lehre war". (Sträuli,
a.a.O.,
S. 229 ff.; 312 f.)
Wogegen sich Origenes allerdings tatsächlich wandte, ist der Glaube an eine Seelenwanderung (Metempsychosis) von
einer menschlichen Seele in Tiere oder Pflanzen, worauf ich vorhin schon hingewiesen
hatte. Und damit gibt er auch korrekt
die urchristliche Lehre wieder, denn diese Vorstellung war und ist nicht Teil des
Urchristentums. Stattdessen galt und gilt dort: Eine menschliche Seele kann nur wieder in einen
menschlichen Körper inkarnieren, nicht mehr in ein Tier oder in eine Pflanze.
Dies gründet wiederum im Glauben an Christus als dem Erlöser. Aber das wäre ein
anderes Thema, es würde hier zu weit führen.
Der Journalist:
Ich möchte noch einmal
auf das Rufinus-Zitat zurück kommen, wonach Origenes angeblich darauf bedacht war, "nur das als Wahrheit [zu] glauben, was in nichts von der kirchlichen und
apostolischen Überlieferung abweicht"
(Rufin in Peri Archon I, Praefatio 2). Ob das mit der so genannten
"kirchlichen Überlieferung" bei Origenes wirklich zutrifft, sei einmal dahin
gestellt. Aber
es gilt wohl für manche Kirchenmitglieder in der heutigen Zeit. Sie
sind in der Kirche aufgewachsen und wären vermutlich bereit, die Kirchenlehren zu
befürworten, wenn diese stimmen würden. Doch sobald sie nicht mehr alles
ungeprüft für sich übernehmen, sondern sich stattdessen selbst auf die Suche
nach der Wahrheit machen, kommen sie zu ganz anderen Ergebnissen.
Der Theologe:
Ja. Die Kirche weist deshalb gerne auf Leute wie "Kirchenvater" Augustinus (354-430) hin, der sich
bewusst für den katholischen Glauben entschied, obwohl er die Lehre der
Reinkarnation gekannt hatte. So hatte er zum
Beispiel gebetet:
"So sage mir, o Gott, mir, der dich anfleht in heißem Gebet, sage es in göttlichem
Erbarmen, ob meine Kindheit einem schon vergangenen Leben gefolgt sei oder ob jenes
dasselbe ist, welches ich im Mutterleib zubrachte? ... Doch was war ich noch vor jener
Zeit, meine Wonne, mein Gott; war ich überhaupt irgendwo oder irgendwer?"
(Confessiones 1, 6, 9 in der Übersetzung von O. Bachmann, Atlas-Verlag Köln, o.
J., S. 9)
An der Reinkarnation bzw. Wiederverkörperung störte Augustinus, dass dann Folgendes denkbar sei: In einem
irdischen Leben
sind zwei Menschen innerhalb einer Familie die Mutter und ihr Sohn. Die Mutter stirbt, und ihre Seele inkarniert
später wieder in
einem Mädchen. Dieses wächst zur Frau heran und könnte nun später die Frau des Sohnes
werden (De Civitate Dei, X.30). Diese Konstellation ist zwar nur eine Konstruktion des
Augustinus, aber auch nicht ausgeschlossen.
Gerade Verwandte inkarnieren oft mehrfach immer wieder in die gleiche Familie, wobei sie
nach der Gesetzmäßigkeit von Saat und Ernte die "Rollen" innerhalb der
Familie bzw. Sippe tatsächlich wechseln können. Behandelt etwa ein Vater seinen Sohn nicht gut, kommt
er womöglich in einem späteren irdischen Leben als Sohn dieses Sohnes zur Welt.
Und er muss nun am eigenen Leib erleben, was aus dem Sohn geworden ist, den er
einst schlecht behandelt hatte und der nun selbst zum Vater geworden ist, zu
seinem Vater.
Dass verkopfte Kirchenmänner wie Augustinus, der sich in anderen
Abhandlungen mit eiskaltem Sadismus über angeblich nie endende jenseitige
Qualen Andersdenkender auslässt, diese möglichen Aspekte von Gerechtigkeit
nicht anerkennen, das spricht in diesem Fall sogar für deren Wahrheitsgehalt.
Der Journalist:
Können Sie über das eben Gesagte hinaus noch ausführlicher begründen, wieso das
Wissen um die Reinkarnation zu den Grundlagen des christlichen Glaubens gehört?
Der Theologe:
Dieses Wissen kann man bei allem, was Jesus von
Nazareth lehrte,
voraussetzen, und vielen Zeitgenossen war das auch klar.
Ich zitiere dazu einmal einige Zeilen aus dem Buch Bruder Jesus
– Der
Nazarener aus jüdischer Sicht des bekannten jüdischen
Religionswissenschaftlers Schalom Ben Chorin:
"Der Gedanke der
Wiedergeburt ist im Judentum der Zeit Jesu offensichtlicher Volksglaube ... So hielten die
Leute Jesus für einen der alten Propheten, der wiedergekommen ist (Luk. 9, 8 u. 19). Im
Talmud finden sich oft merkwürdige Notizen, die auf einen Seelenwanderungs- oder
Wiedergeburtsglauben schließen lassen, wie etwa die Bemerkung: ´Mordechai, das ist
Samuel.` Hier will gesagt sein, dass der Jude Mordechai, der Onkel der Königin Esther,
eine Wiedergeburt des Propheten Samuel war ..." (dtv-Taschenbuch, München 1977,
S. 25)
Wer hier die Kompetenz des jüdischen Wissenschaftlers anzweifeln will, könnte
einwenden, dass der griechische Text des Lukasevangeliums von einer möglichen
"Erscheinung" bzw. einer "Auferstehung" eines alten Propheten spricht und dass
man daraus nicht zwangsläufig auf einen Glauben an Reinkarnation zurück schließen muss. Doch was
wäre denn eine "Erscheinung" bzw. "Auferstehung" in einem neuen Körper anders als
eine Reinkarnation? Es sei denn, man würde stattdessen etwas vorschlagen, auf welche womöglich
andere Weise der
ursprüngliche und lange verweste Körper wieder jung und kraftvoll geworden wäre.
Doch bei solchen Gedankenkonstruktionen wird es schnell absurd.
Damit ist zwar noch kein biblischer Beweis für die Reinkarnation im
Urchristentum geführt, doch
die Indizien sind umfangreich und zielen alle in diese Richtung.
So gibt etwa der jüdische Feldherr und
Historiker Flavius Josephus (37/38-100) im ersten Jahrhundert
ebenfalls Hinweise auf den Glauben an Reinkarnation bei der einflussreichen
Gruppe der Pharisäer. Josephus war fast ein Zeitgenosse von Jesus. Außerdem
schreibt später auch Origenes (ca. 185-254), der sehr gründliche Studien über
diese Zeit durchgeführt hatte,
dass die Jerusalemer Juden, mit denen Jesus sprach,
offenbar an Reinkarnation
geglaubt hatten. (Johanneskommentar VI, Kapitel 7)
Der Journalist:
Sie sagten, Josephus war fast ein Zeitgenosse von Jesus, und er schrieb über die Pharisäer. Das interessiert mich. Was hat Flavius Josephus genau geschrieben?
Der Journalist:
Sehen das kirchliche Theologen genauso?
Der Theologe:
Diese Entwicklung im kirchlichen Christentum bestätigt unter anderem der evangelische Theologieprofessor
Dr. Hans
Schwarz, der nach intensiven Recherchen über die Glaubensvorstellungen im 1.
Jahrhundert schreibt: "Anscheinend war der Glaube an Reinkarnation so bekannt,
dass seine Bilder dazu benutzt werden konnten, den weit weniger verbreiteten
Glauben an die Auferstehung zu illustrieren" (Hans Schwarz, Wir werden
weiterleben, Die Botschaft der Bibel von der Unsterblichkeit im Lichte moderner
Grenzerfahrungen, Freiburg 1984, S. 51) – auch hier wieder das typisch
verkorkste kirchliche Denken. Denn praktisch sagt Professor Dr. Hans Schwarz
hier einfach und schlicht: Die Leute glaubten an Reinkarnation.
Und über das 2. Jahrhundert
schreibt der evangelische Theologe dann auch weniger verklausuliert: Wir
müssen "erstaunt feststellen, dass die Reinkarnation eine weit verbreitete Idee
war". (S. 50)
So kann man zusammenfassen:
Das Wissen um Reinkarnation ist in der Umwelt von Jesus in manchen
Varianten bekannt, so dass es Jesus bei
seinen Lehren voraus setzen konnte. Das ist auch eine von mehreren Erklärungen dafür,
warum nicht so viel zu diesem Thema unmittelbar überliefert ist.
Die zweite Erklärung ist,
dass diese Überlieferung nicht im Interesse der Kirche war und ist, was für dem
Einzelnen, der daran glaubte, Todesgefahr bedeutete, weshalb die meisten
Zeugnisse nur außerhalb der Bibel in den so genannten "Apokryphen" (=
verborgenen Schriften) erhalten blieben.
Und hinzu kommt noch etwas
Drittes, ganz Praktisches: Eine Gemeinschaft, die einem Friedensreich bzw. einem "Reich
Gottes" auf der Erde zum Durchbruch verhelfen will, wird sich nicht allzu
viel mit Reinkarnation beschäftigen, weder auf die Vergangenheit noch spekulativ auf die
Zukunft bezogen. Sondern man wird sich mit aller Kraft um die Aufgaben der
Gegenwart kümmern.
Doch bei allem, was die Gegenwart für den Einzelnen und für eine Gemeinschaft
bringt, wendet Jesus ganz selbstverständlich immer
wieder das "Gesetz von Saat und Ernte" an [siehe z. B.
Jesus
lehrte das Gesetz von Saat und Ernte]. Und Tatsache ist nun einmal, dass
dieses "Gesetz von Saat und Ernte" nur dann stimmig ist, wenn man frühere bzw.
spätere Leben einbezieht, so dass das Thema "Reinkarnation" immer im Hintergrund
steht. Zwar könnten frühere Leben rein theoretisch ausschließlich
frühere Leben im Jenseits sein. Dass die Menschen jedoch nicht in diesseitigen,
sondern angeblich nur in spekulativen jenseitigen Vorleben Fehler gemacht haben sollen, wirkt sehr konstruiert,
frei nach dem Motto, dass eben nicht sein dürfe, was kirchlich nicht sein soll. Und eine solche Denkweise wird auch nirgends sonst
bestätigt. Nahe liegend ist
auch bei diesem Thema klar die Reinkarnation.
Und wenn in der vormittelalterlichen
Kirche Methoden entwickelt werden, wie man den Glauben an die "Präexistenz der Seele"
bekämpft, der in den urchristlichen Gemeinden gelehrt wird, so zielt dieser Angriff
letztlich auf das Wissen um die Wiederverkörperung. Wenn dann weiterhin dieser Glaube an die
"Präexistenz der Seele" auf dem Konzil von Konstantinopel (553)
von der Kirche verdammt
wurde, was in der folgenden Zeit dann bald die Todesstrafe für den so Glaubenden nach sich
zog, so wird das Wissen um die Reinkarnation damit
unausgesprochen, aber gezielt mit verdammt.
Interessant ist noch ein weiteres Beispiel dazu. So setzt sich auch Kirchenvater Hieronymus
(347-419) in seinem Brief an Demetrias mit dieser vermeintlichen "Irrlehre"
auseinander, die "sozusagen in gewissen Natterhöhlen viele heimliche Anhänger"
habe (Kapitel 16, V.11-12), wie Hieronymus schreibt. Doch warum "heimliche" Anhänger? Die Antwort
dazu ist ganz klar, und ich möchte es noch einmal wiederholen:
Ab dem Jahr 380 stand eben auf abweichende
Glaubensvorstellungen vom Katholizismus bereits die Todesstrafe. Wer also an
Reinkarnation glaubte, schwebte deshalb in höchster Lebensgefahr. Und das
ist im Rückblick
sogar das einleuchtendste Argument dafür, dass die Urchristen, die darum wussten,
damals,
vorsichtig tastend, manchmal "nur" von der "Präexistenz der Seele" sprachen.
Denn auf diesen Glauben stand ja bis
zum Konzil von Konstantinopel noch nicht das katholische Anathema, die angeblich
immerwährende Verfluchung mit Androhung vorheriger Todesstrafe, sondern er wurde bis
zu den Jahren 543 bzw. 553 vom totalitären katholischen Zwangsstaat noch toleriert.
Der Journalist
: Sie haben im Zusammenhang der Reinkarnation auch Hieronymus erwähnt. War Hieronymus nicht maßgeblich an der Entstehung der Bibel beteiligt?
Der Theologe:
Ja. In ihrer heutigen Form entstand die Bibel
ja erst im späten 4. Jahrhundert.
Hieronymus erhielt vom damaligen Papst den Auftrag, aus verschiedenen Bibelversionen einen
einheitlichen lateinischen Text herzustellen. Und er hat anscheinend
die Reinkarnation nicht befürwortet, was möglicherweise auch die Abfassung der Bibel
entscheidend beeinflusste.
Der Journalist:
Welche Einflussmöglichkeiten hatte denn Hieronymus auf den Bibeltext? Oder wer
hat sonst Einfluss genommen oder bestimmt, was dann letztlich in der Bibel
stehen sollte?
Der Theologe:
Da muss zuerst Papst Damasus I. genannt werden, der den Auftrag für die
einheitliche Bibel gegeben hatte. Damasus I. hatte in den
Jahren 366 und 367 nach blutigen Kämpfen zwischen seinen Anhängern und seinen Gegnern
den Papstthron erobert. An einem Tag hat man in einer Kirche 137 Tote gefunden, die dort
von den Anhängern des Damasus erschlagen wurden.
Ich sage das deshalb, weil viele Menschen glauben, die Bibel sei vom
"Geist Gottes" eingegeben, ohne zu wissen, welche "Geister"
und Hintermänner bei ihrer
Entstehung nachgewiesenermaßen beteiligt waren.
Als Papst war Damasus I. bekannt für seine Prunksucht und "Schmäuse",
"dass
seine Tafel selbst ein Königsmahl in den Schatten stellt". (Ammianus Marcellinus,
Röm. Geschichte 27, 3, 4, zitiert nach A. M. Ritter, Kirchen- und Theologiegeschichte in
Quellen, Band 1, S. 173)
Dieser Papst vergab nun also die Auftragsarbeit
einer einheitlichen Bibel an Hieronymus. Und sein neuer Text, die so genannte Vulgata, ist von
der katholischen Kirche auf dem Konzil von Trient (1545-1563) – also viel später
– als
"fehlerlos" erklärt worden (mehr dazu siehe in
Der Theologe Nr. 14).
Dabei hatte Hieronymus an Papst Damasus I. in einem Brief folgendes geschrieben:
"Wird sich auch nur einer finden, sei er gelehrt oder ungelehrt, der mich nicht
lauthals einen Fälscher oder Religionsfrevler schilt, weil ich die Kühnheit besaß,
einiges in den alten Büchern zuzufügen, abzuändern oder zu verbessern? Zwei
Überlegungen sind es indes, die mich trösten und dieses Odium auf mich nehmen lassen:
zum einen, dass du, der an Rang allen anderen überlegene Bischof, mich dies zu tun
heißest; zum anderen, dass, wie auch meine Verleumder bestätigen müssen, in
differierenden Lesarten schwerlich die Wahrheit anzutreffen ist." (Evangelienrevision, Vorrede, MPG 29, Sp. 525 ff., zitiert nach Adolf Martin Ritter, Kirchen- und
Theologiegeschichte in Quellen, Band 1, S. 181; siehe auch
Der Theologe Nr. 14 – Hieronymus und die Entstehung
der Bibel)
Der Journalist: Der Herausgeber der Bibel ist also selbst nicht vom Wahrheitsgehalt überzeugt.
Der Theologe:
Hieronymus kritisiert einige seiner Vorgänger als "unzuverlässige
Übersetzer". Auch schreibt er von "Verschlimmbesserungen inkompetenter
Textkritiker" oder über "Zusätze oder Änderungen unaufmerksamer
Abschreiber" (Evangelienrevision, a.a.O., Vorrede).
Zwar gibt der "Kirchenvater" hier nur Einblick in die Entstehungsgeschichte der
"lateinischen" Bibel, also der lateinischen Übersetzungen. Dennoch
halte ich es für wichtig, auf seine Kritik hier einmal deutlich hinzuweisen.
Denn auch bei der griechischen "Urtext"-Überlieferung gab
es vor allem in der Anfangszeit zahlreiche Überarbeitungen und Neuformulierungen.
Weil
die biblischen Evangelisten ihnen vorliegende Quellen nachweislich auch bearbeitet,
also verändert haben, nennt man sie
deshalb ja auch zurecht
"Redaktoren". So wie es eben heute "Redakteure" bei einer Zeitung
gibt, welche die eingesandten Manuskripte der Journalisten in ihrem Sinne
überarbeiten, so dass manchmal etwas ganz Anderes dabei heraus kommt als der
erste Schreiber noch in einen ursprünglichen Text hinein gelegt hatte.
Zusammenfassend kann man sagen: Die biblischen Texte sind alles in allem das Werk der entstehenden
Amtskirche mit ihren sich herausbildenden Dogmen.
Die "Sorge um die Revision der lat. Bibelübersetzungen" wird
zum Beispiel in unserer Zeit "das größte Verdienst" von
Papst Damasus I. genannt (Ritter,
a.a.O., S. 181).
So enthalten die Texte der Bibel zwar viele authentische Anhaltspunkte über das Leben von Jesus, gelten
für die Wissenschaft aber
nicht als geschichtlich zuverlässige Quellen.
Und vergleicht man damit einmal alle erhaltenen Zeugnisse über Reinkarnation,
dann kann man sagen: Sie blieben trotz der sich ganz anders
entwickelnden Kirchenlehre erhalten oder wurden wiedergefunden. So gesehen ist dieser Befund sehr gut und
beweiskräftig. Welche mögliche Fülle jedoch aufs Ganze betrachtet verloren ging, vernichtet oder nicht
weitergegeben wurde, wissen wir nicht.
Doch kann man hier auch noch einmal an etwas Anderes erinnern: Das Thema ist für Jesus nicht
so wesentlich wie andere Themen gewesen.
Der Journalist: Was ist für ihn dann wesentlich?
Der Theologe: Jesus weist auf das kommende Friedensreich, das Reich Gottes, hin, das auf der Erde entstehen soll, wie es im Vaterunser heißt: "Wie im Himmel, so auf Erden". Dafür braucht es Menschen, die bereit sind zur Umkehr im eigenen Leben, zur "Buße", zum Ablegen ihrer Fehlhaltungen, damit es nicht bei Worten bleibt, sondern auch entsprechende Taten sichtbar werden. Deswegen heilt Jesus zum Beispiel selbst viele Krankheiten. Auch lädt er die Menschen ein, sich Gott anzuvertrauen. Dies ist möglich, da Gott ein liebender Vater ist, der den Menschen in jeder Situation hilft, die Schritte hin zu Ihm tun zu können.
Der Journalist: Welche Rolle spielt dabei die Reinkarnation?
Der Theologe:
Dieses Wissen hilft dem Menschen zur Selbsterkenntnis
und zur Umkehr. Und wenn der Mensch dann Jesus nachfolgt, findet er früher oder später aus dem
"Rad der
Wiedergeburt" heraus.
Wer sich über dieses grundlegende Wissen hinaus jedoch sehr viel mit Details des Themas Reinkarnation beschäftigt, begibt sich in Gefahr, sich in Spekulationen über frühere Leben zu verwickeln oder sich
damit wichtig zu machen, anstatt die Chance dieses jetzigen Lebens zu nützen. Und nur auf
das gegenwärtige Leben kommt es an, alles andere ist Vergangenheit. Da aber ja alles, was aus
früheren Leben nicht bereinigt ist, nach dem Gesetz von Saat und Ernte zur rechten Zeit
in neuer Einkleidung wiederkommt, damit es dieses Mal bereinigt wird, bedarf es nur der Wachsamkeit in diesem
Leben.
In diesem Sinne hat es auch Jesus gelehrt.
Der Journalist:
Einige Menschen lassen sich allerdings durch Hypnose in frühere Leben zurückversetzen.
Man versteht solche Rückführungen als eine Reinkarnationstherapie. Und Menschen
versprechen sich einen inneren Gewinn von dieser Erfahrung.
Der Theologe:
Ich weiß allerdings auch von vielen gegenteiligen Erfahrungen. Das genaue Wissen um Situationen aus früheren Leben kann sehr
belasten, kann den Menschen von den Aufgaben der Gegenwart ablenken, kann ihn sogar in
Verzweiflung führen, wenn er das, was dann aufbricht, nicht auf einmal bewältigen kann.
So spricht Jesus im Zusammenhang der Rückkehr einer Seele aus dem Jenseits zurück in
einen neuen menschlichen Körper – ähnlich wie auch der Philosoph Platon – von einem
"Becher
mit dem Trunk des Vergessens". (Das Evangelium der Pistis Sophia, herausgegeben
von C. M. Siegert, Bad Teinach-Zavelstein 1991, 2. Auflage, S. 234)
In der
griechischen Mythologie hat diese Funktion der Fluss Lethe. Wenn eine Seele
wiedergeboren wird, so einige Überlieferungen, dann muss sie zuvor aus dem Fluss
Lethe trinken, damit sie sich nicht an ihre früheren Leben erinnern kann. Der
"Trunk des Vergessens" zählt also zum Urwissen der Menschheit.
Die fehlende Rückerinnerung dient dem Menschen als Schutz und hilft ihm, sich auf das
Hier und Jetzt zu konzentrieren. Das "Sündhafte" wird zeitweilig
"vergessen". Doch seine Inhalte werden im Laufe dieses Erdenlebens in dem Maße bewusst bzw. aktiv, in dem
sie bewältigt werden können. Dies ist dann in der Regel nicht mit konkreten
Rückerinnerungen an frühere Leben verbunden, doch man kommt in Situationen, die
den nicht bewältigten Ereignissen früherer Leben ähnlich sind oder ihnen
gleichen. Teilweise begegnen sich sogar wieder die gleichen Seelen, nur in neuen
menschlichen Körpern und – je nachdem, welche Lebensaufgabe ansteht – in
ähnlichen oder eben völlig unterschiedlichen Lebenskonstellationen.
Der Journalist: Das steht so aber nicht in der Bibel.
Der Theologe:
Die meisten Informationen zur Lehre der Reinkarnation finden wir, wie schon erwähnt,
in so genannten "apokryphen" Schriften, die von der entstehenden Großkirche
nicht in die Bibel aufgenommen wurden, und deshalb dort als "verborgen" (=
apokryph) gelten.
Dieses Jesuswort vom "Becher mit dem Trunk des Vergessens" entstammt einem Evangelium, das im 2. Jahrhundert entstanden ist
und damit älter ist als die ältesten bekannten Handschriften der biblischen
Evangelien aus dem 4. Jahrhundert. Sein Inhalt ist dadurch zwar nicht
automatisch glaubwürdiger, und gerade dieses Evangelium verliert sich teilweise
in zweifelhaften esoterischen Spekulationen; doch kann es – genauso wie die
biblischen Schriften – eben sowohl Wahres als auch Falsches enthalten. Zudem
finden sich weitere Informationen oder Spuren zur Reinkarnation bei den so genannten
"Kirchenvätern", deren Schriften ebenfalls älter sind als die biblischen Handschriften.
Und das bedeutet eben auch: näher am Urchristentum.
Manche sprechen vom "Umgießen der Seelen",
zum Beispiel der bekannte und auch in der Kirche anerkannte Kirchenvater Clemens von Alexandrien
(um 200; Stromateis III, 13, 3).
Die Seele braucht übrigens einige Zeit, um sich in dem jeweils neuen Körper zurecht zu
finden und sie formt diesen in der Folgezeit gemäß ihren Speicherungen aus ihren Vorleben.
Die Frage, ob eine menschliche Seele auch in einen Tierkörper inkarnieren kann, war dabei
auch schon in der damaligen Zeit Anlass für Spott und Streit. So wie es heute
auch heute ein beliebtes Spott-Thema ist. "Kirchenlehrer" Justin (ca. 110-165)
verneint zum Beispiel diese Frage wie auch eine weitere Frage, ob die Seele nach
ihrem Gang ins Jenseits Gott schauen kann.
Der Journalist:
Die Antwort wäre, wenn ich Sie recht verstanden habe, dass der Tod nichts daran
ändert, ob jemand mehr oder weniger Gott schaut.
Der Theologe:
Ja. Wir können den Tod mit dem Schlaf vergleichen. Auch er bringt uns Gott weder näher
noch rückt er Ihn weiter weg.
Zum Vergleich: Die Seele verlässt auch im Schlaf den menschlichen Körper, bleibt aber
durch ein geistiges "Silberband" mit ihm verbunden.
Beim Tod wird dieses Silberband dann durchtrennt, was zur Folge hat: Eine Rückkehr der Seele in diesen Körper
ist dann nicht mehr möglich. Aber diese Vorgänge beim Schlaf oder beim Sterben ändern nichts am Charakter des
Menschen und an dem, was er gesät hat und folglich ernten wird.
Das Silberband oder die Silberschnur wird übrigens auch in der Bibel erwähnt. Im
Buch Prediger (oder Kohelet) heißt es: "Denk an deinen Schöpfer in frühen Jahren,
ehe die Tage der Krankheit kommen, ... ja, ehe die Silberschnur zerreißt, ..." (12, 1.6a).
Auch die Bibel enthält also dieses wertvolle geistige Wissen. Im hebräischen und aramäischen Handwörterbuch
von Wilhelm Gesenius (17. Auflage, Berlin 1962)
wird die Silberschnur auch als "bildliche Bezeichnung f. d. Lebensfaden"
erklärt. Und das Buch Prediger gibt den Menschen hier eine eindringliche
Warnung mit: "Lebt schon als junge Menschen nach den Geboten des Schöpfergottes!
Denn wenn eines Tages ´die Silberschnur zerreißt`, ist die Chance vertan." Und
wer weiß, wann das sein wird?
Der Journalist: Von der Bibel noch einmal zu den "Apokryphen": Das Evangelium der Pistis Sophia, aus dem Sie vorhin zitierten, wird von der kirchlichen Geschichtsschreibung nicht zum Urchristentum gerechnet, sondern zur so genannten "Gnosis". Im Deutschen übersetzt man das Wort "Gnosis" mit "Erkenntnis".
Der Theologe:
"Gnosis" ist ja heute kein gebräuchliches Wort mehr, und man könnte es am
ehesten mit dem vergleichen, was heute "Esoterik" genannt wird. Die entstehende Amtskirche grenzte sich
damals von einzelnen Bewegungen ab, von denen sich
manche damals selbst "gnostisch" nannten und die auch die Lehre von Jesus als
"Gnosis" bezeichneten. Daher also dieses Wort.
Doch das Urchristentum ist etwas anderes als diese so genannte
"Gnosis". Die Urchristen sind eine eigene Bewegung, die immer in
Gefahr stand, von der Kirche vereinnahmt zu werden. Auf der anderen Seite
bestand aber auch die Gefahr, von so genannten "Gnostikern" vereinnahmt zu werden. Beiden Richtungen
ging es vor allem um eine bestimmte Lehre und erst in zweiter Linie um das
praktische Tun. Und damit dieses Tun Hand und Fuß hat und nicht scheinheilig
ist, braucht es eben auch eine
echte Selbsterkenntnis, die auch das Unterbewusstsein mit einbezieht und das eigene Ego nicht schont.
Jesus von Nazareth führte die Menschen deshalb immer auch zur Selbsterkenntnis,
wenn sie dafür bereit waren. Das war unbequem, wie vor allem seine Weherufe an
die damaligen Pharisäer und Schriftgelehrten zeigen. Diese haben nicht
angenommen, was Jesus ihnen vorgehalten hat und haben sich stattdessen über ihn
empört und haben seine Hinrichtung voran getrieben.
Der Journalist: Könnten Sie noch einmal verdeutlichen, inwiefern sich dann seine Nachfolger sowohl von der sich heraus bildenden Kirche als auch von der esoterischen Gnosis abgegrenzt haben.
Der Theologe:
Es war
für das Urchristentum immer eine
Gratwanderung. Man hat der kirchlichen Vereinnahmung zum Beispiel widerstanden,
indem man sich gegen alle Ansätze einer Institutionalisierung und
Veräußerlichung wehrte. Damit ist die Einführung von starren Ämtern und so
genannten Sakramenten gemeint, indem man dort Symbolhandlungen zu angeblich
heilsnotwendigen Riten umfunktionierte. Wo diese wichtige Abgrenzung gelungen ist, ist es
dann jedoch passiert, dass die entstehende Machtkirche urchristliche Bewegungen und
Gruppen mit bei der so genannten "Gnosis" eingeordnet hat, die man
kirchlicherseits genauso bekämpfte wie das Urchristentum. Denn auch die so
genannten Gnostiker akzeptierten die entstehenden kirchlichen Hierarchien und
Kulte nicht.
Doch zwischen "Gnosis"
und urchristlichem Leben bestehen auch bei der Lehre teilweise erhebliche
Unterschiede.
Zum Beispiel unterscheidet sich die urchristliche Lehre, dass die materielle Welt als
Folge des "Sündenfalls" aus der geistigen Welt entstanden ist,
von "gnostischen" Lehrsystemen. Nach gnostischen Vorstellungen, die
allerdings auch nicht einheitlich sind, gebe es meistens einen speziellen Schöpfergott der
Materie, der nicht mit dem gütigen Erlösergott identisch sei.
Weiterhin
waren die "Gnostiker" manchmal weltfremde
Theoretiker. Dies hängt stark mit manchen Quellenschriften der "Gnosis" zusammen, oftmals
detailreichen Schilderungen aus astralen jenseitigen Bereichen, die eher einer Philosophie-Lesung gleichen statt eine praktische Lebensschule für ehrliche
Gottsucher zu sein.
Echte Urchristen waren demgegenüber praktisch, natürlich und schlicht
denkende Menschen, die auch in sehr lebensnahen Berufen ihren
Lebensunterhalt verdienten, zum Beispiel als Handwerker.
Was den Wahrheitsgehalt betrifft, gilt dabei für die "Apokryphen" aufs Ganze
gesehen das Gleiche wie für die biblischen Schriften:
Sie können Christliches und Nichtchristliches bzw. zutreffende Darstellungen
oder eben Fehler
enthalten.
Für den urchristlichen Glauben kommt es zudem gar nicht so sehr auf das geistige Wissen an,
insofern man sich dabei penibel in Details verlieren kann.
Doch was hat mein Mitmensch, meine Umgebung davon? Das praktische Tun steht im Mittelpunkt, zusammengefasst das Leben nach den Zehn Geboten und der Bergpredigt des Jesus von Nazareth.
Der
Journalist:
Welche Spuren für Reinkarnation oder welche Reste dieses Wissens gibt es noch in der
Bibel? Sie haben vorhin im Zusammenhang mit Origenes ja schon von möglicherweise
wieder inkarnierten Propheten gesprochen?
Der Theologe:
Ja. Da gibt es mehrere. Jesus von Nazareth fragte einmal seine Jünger: "´Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei?` Sie sprachen: ´Einige sagen, du seiest Johannes der Täufer, andere, du seiest Elia, wieder andere, du seiest Jeremia oder einer der Propheten`" (Matthäusevangelium 16, 13b-14). Mit anderen Worten: Einige glaubten, der kurz zuvor hingerichtete Johannes sei entweder von den Toten auferstanden oder er sei womöglich gar nicht tot. Und andere glaubten, einer der Gottespropheten, womöglich Elia oder Jeremia, sei in Jesus wieder inkarniert.Der Journalist: Die Kirchenlehren deuten diese Stellen aber anders. Das Leben des Johannes sei demnach mit Elia vergleichbar.
Der Theologe
: So steht das aber ausdrücklich nicht in ihrer Bibel. Es heißt dort, "Elia ist schon gekommen".Der Journalist: Gibt es weitere Hinweise auf die Reinkarnation in der Bibel?
Der Theologe: Ja. Im Jakobusbrief der Bibel wird etwa davor gewarnt, dass unsere Zunge das "Rad der Geburt" in Brand setzen kann (3, 6; vgl. Prediger 12, 6). Die Stelle lässt sich am treffendsten so erklären:
Böse Worte können einen solchen "Brand" verursachen, dass der geistige Brandstifter deswegen erneut inkarnieren muss, um den Schaden wieder gut zu machen.
Der Journalist:
Warum verschweigt die Kirche denn, dass hier in ihrer eigenen Bibel vom "Rad der Geburt" die Rede ist?
Der Theologe:
Das ist eine gute Frage.
In der Luther-Übersetzung von 1984 wird das griechische Wort "trochos tes geneseos"
(= "Rad
des Entstehens"
bzw. "Rad der Geburt") überhaupt nicht übersetzt und
stattdessen mit drei anderen Wörtern wieder gegeben, nämlich "die ganze
Welt".
Die Zunge könne, so die Luther-Bibel, "die ganze Welt" in Brand
setzen – eine monumentale Aussage, über die man durchaus nachdenken kann, aber
trotzdem eine glatte Bibelfälschung.
Vergleicht man nun die Übersetzung von 1984 mit
der Übersetzung in der Luther-Bibel von 1545, erlebt man die nächste Überraschung:
Nach der Original-Übersetzung von Martin Luther aus dem 16. Jahrhundert hatte
die Zunge noch
"allen unseren Wandel" angezündet – ebenfalls eine klare Fälschung,
wenn auch nicht ganz so plump im Vergleich zu
"die ganze Welt". Und "allen unseren Wandel" heißt es dann auch in den
nächsten über 400 Jahren einschließlich der Lutherübersetzung von 1956. In der
so genannten Revision von 2017 dann die nächste Variante. Seither heißt es "das
ganze Leben".
Zur
Erinnerung: In Wirklichkeit steht hier "Rad des Entstehens" bzw. "Rad der
Geburt", die naheliegendste Übersetzung, da das Bild des Wiedergeburtsrades
bekannt war, ein vermeintliches "Rad des Entstehens" wäre nur eine unverständliche
Wortkonstruktion.
Doch für
die maßgebliche Luther-Übersetzung von 1984 entstellten die von der Kirche
autorisierten Theologen den Bibeltext dann noch weiter. Aus "allen unseren
Wandel" war nun "die ganze Welt" geworden. Damit wurde hier nicht nur die Bibel
gefälscht, sondern auch die ursprüngliche
Lutherübersetzung. Und die von der Kirche autorisierten Übersetzer taten es in einer Weise, dass der ursprüngliche
Sachverhalt nicht einmal ansatzweise mehr erkennbar ist.
In der evangelisch-katholischen Einheitsübersetzung heißt es an dieser Stelle wenigstens noch
"Rad des
Lebens" und vielleicht haben die Luther-Übersetzer von 2017 auch deshalb
nun das Wort "Leben" hier mit verwendet. Diese Formulierung der
Einheitsübersetzung ist näher am Urtext dran. Doch auch diese Übersetzung ist falsch. Denn sie streicht
einfach den Aspekt der "Genesis", also des "Lebensbeginns"
durch die Geburt, wie es im griechischen Urtext im Wort "geneseos" (= Genitiv
von "genesis") eindeutig zu lesen ist. In einer "erklärenden" Fußnote wird es dann noch falscher
– vermutlich,
weil man befürchtete, die Bibelleser könnten von sich aus – ohne theologische
Manipulationsanleitung – über das Wort "Rad des Lebens" doch die Spur
zum bekannten "Rad der Geburt" und zur Reinkarnation finden, was die Kirche ja offenbar verhindern will. So heißt es
entsprechend in einer Fußnote dazu:
"Mit ´Rad
des Lebens` (oder: ´Kreis des Werdens`) ist wohl der ganze Lauf des Lebens und
der Umkreis der menschlichen Existenz gemeint." (Katholische
Bibelanstalt, Stuttgart 1980)
Auf diese Weise wurde in der Einheitsübersetzung
also aus dem "Rad der Geburt" der "Umkreis der menschlichen
Existenz" – ein sehr gutes Beispiel für Bibelfälschung durch Übersetzung
mit anschließender angeblicher Experten-Interpretation.
Denn diese Übersetzung hat eben nichts mehr mit der griechischen
Formulierung im Urtext
zu tun.
Am Ende steht auch hier, wie bei Martin Luther, eine Fälschung des Sachverhalts,
und dieser wurde auch in der Revision dieser Übersetzung 2016 beibehalten: "Rad
des Lebens".
Und in dem Kommentar in der Neuen Jerusalemer Bibel (2. Auflage, Herder-Verlag,
Freiburg 1985), welche den Text der damals gängigen
Einheitsübersetzung enthält, glich man die dort vorgeschlagene Interpretation der
damaligen Lutherübersetzung an, indem es heißt: "Der Ausdruck ["Rad des Lebens"] ... bezeichnet die
geschaffene Welt".
Deshalb bei all dem konfessionellen Übersetzungs-Chaos nochmals zur Erinnerung: Es geht in Wirklichkeit um
das "Rad der Geburt", so
die naheliegendste Übersetzung von "trochos tes geneseos". Doch die
eindeutige biblische Spur zum Rad der Wiedergeburt durch
Reinkarnation wird von der konfessionellen Theologie durch verschiedene sich
abwechselnde Varianten der Bibelmanipulation und
-fälschung einfach beseitigt.
Immerhin: Bei dieser Bibelstelle, Jakobus 3, 6, kann man alles sehr gut nachweisen. In zahllosen anderen Fällen ist
das leider nicht mehr so leicht möglich.
Dennoch reichen die Beweise auch so aus, um festzustellen: Theologen haben biblische Hinweise auf die Reinkarnation
gezielt verdunkelt, und
einige Menschen glauben deshalb, das Wissen vom "Rad der Geburt" sei
nicht biblisch-christlich, sondern wäre aus östlichen Religionen übernommen.
Der Journalist: Was mir das Beispiel zeigt: Schon kleine Veränderungen in der Übersetzung können dazu führen, dass Leser einen anderen Sinn in die Worte hinein legen. Steckt dahinter eine Absicht? Ihre Vermutung, so haben Sie es bereits sinngemäß gesagt, ist, dass die Spuren zur Reinkarnation verwischt werden sollen.
Der Theologe:
Was glauben Sie? Was oder wer steckt hinter der Kirche? Und wer hilft bewusst
oder unbewusst mit? Ich habe diese scheinbar "kleinen" Veränderungen der
Wahrheit auch persönlich selbst erlebt, als ich als ehemaliger Pfarrer aus der Kirche
ausgetreten bin. Damals hat mich der eine oder andere ehemalige Mitstreiter
nachträglich hier und da in ein negatives Licht stellen wollen. Dazu wurden frühere
Aussagen von mir nachträglich nur "ein wenig" verändert und dadurch anders
dargestellt als sie gemeint waren.
Bei dem Beispiel aus dem Jakobusbrief lässt sich wenigstens nachprüfen, was
Martin Luther
und die Einheitsübersetzung aus der ihnen vorliegenden Quelle gemacht haben. Was aber ist
mit der Überlieferung aus den ersten Jahrhunderten nach Christus, die heute niemand
nachprüfen kann, weil die Quellen vernichtet wurden oder als "nicht mehr erhalten"
gelten? Wie sind kirchliche Theologen, die eine bestimmte Absicht hatten, mit
der Überlieferung umgegangen? Was haben sie gemacht, wenn es nicht mit ihrer Lehre
übereinstimmte?
Der Journalist: Gibt es dennoch weitere Spuren für die Reinkarnation bzw. Wiederverkörperung in der Bibel?
Der Theologe:
Eventuell ging es auch im Gespräch von Jesus mit dem Pharisäer Nikodemus
(Johannes 3, 1-11) um Reinkarnation. Das erklärt jedenfalls der
Aramäisch-Forscher Günther Schwarz in dem Buch Das Jesus-Evangelium (München 1993, S. 22 f.).
Dr. Schwarz erforschte ca. 30 Jahre lang die Muttersprache von Jesus und übersetzte die
griechisch überlieferten Jesusworte zunächst zurück ins Aramäische und von dort neu
ins Deutsche.
Der Journalist:
Das alles ist absurd, das sehe ich auch so. Doch diese Christus-Hymne "Er war göttlicher Gestalt und wurde Mensch" ist noch kein Beleg für die Reinkarnation.Der Theologe: Aber es ist ein dazu passender Hinweis, was bei einer Geburt geschieht: Ein Geistwesen oder eine Seele "geht" oder "schlüpft" in einen menschlichen Körper "hinein" und beginnt diesen mehr und mehr zu durchdringen und entsprechend zu prägen. Der Körper ist für die Seele so etwas wie ein Fahrzeug, mit dem sie sich auf dem Planeten Erde bewegen kann.
Der Journalist: So hätten Jesus und Jeremia bereits im Jenseits ihren Auftrag angenommen. Und auf der Erde ist dann ein Körper gezeugt worden, in welchen das Geistwesen bzw. die Seele inkarniert ist.
Der Theologe:
Ja. Wobei in der Bibel nichts darüber steht, ob das Geistwesen, das in Jeremia
inkarniert war, schon vorher einmal oder mehrere Male auf der Erde war. Bei Christus war
es nicht so.
Ein deutlicher Hinweis auf die Reinkarnation steht zudem im biblischen Buch
Weisheit. Der
Verfasser sagt dort von sich: "Ich war ein wohlgestalteter junger Mann und ... da
ich edel war, kam ich in einen unbefleckten Leib" (8, 20). Man kann
fragen: Wann oder wo war der Mann denn "edel"? Und wie "war" dann umgekehrt
"einer", dessen Leib schon von Geburt an "Flecken" des
Leides trägt? Der ganze Zusammenhang deutet auch einmal mehr klar auf Reinkarnation hin, ebenso wie
noch eine weitere
Stelle des biblischen Buches Weisheit.
Die dem Verfasser zufolge falsche Überzeugung mancher Menschen wird dort beschrieben mit den Worten: "Unsre Zeit geht
vorbei wie ein Schatten, und wenn es mit uns zu Ende ist, gibt es keine Wiederkehr; denn
es steht unverbrüchlich fest, dass niemand wiederkommt" (2, 1.5) –
so nach dem Verfasser des Buches Weisheit seine Beschreibung des falschen Denkens. Was also
ist dann nach der Überzeugung des Buches Weisheit
das "richtige" Denken?
Dass es eben doch eine Wiederkehr gibt und dass man doch
wiederkommt.
Das Buch Weisheit ist fester
Bestandteil der katholischen Bibeln, in den evangelischen gehört es wiederum zu den
"Apokryphen".
Der Journalist:
Sie sprechen den so genannten "Kanon" der Bibel an, also den von der Kirche
vereinbarten Inhalt dieses Buches. Gibt es weitere
Stellen zur Reinkarnation in diesen Apokryphen außerhalb der Bibel?
Der Theologe:
Ja, zum Beispiel im Thomasevangelium, das 1945 von Bauern beim Pflügen in der Nähe von Nag Hammadi am Nil gefunden wurde.
Dieses Evangelium und weitere Schriften aus dem 1. und 2. Jahrhundert waren sehr
wahrscheinlich Teil einer Klosterbibliothek und mussten von den Mönchen dort im
4. Jahrhundert versteckt werden, nachdem sie von der Kirche als "häretisch"
bezeichnet wurde und ihr Besitz von nun an lebensgefährlich für den Besitzer
war. Das Thomasevangelium gilt mittlerweile als das bekannteste Evangelium
außerhalb der Bibel.
Dort heißt es: "Jesus sprach: Heute wenn ihr euer Ebenbild seht, freut ihr euch.
Wenn ihr aber eure Bilder seht, die vor euch geworden sind, ... wie viel werdet ihr
ertragen?" (V. 84)
Der Journalist: Unterscheiden sich diese Bilder so sehr von dem heutigen "Bild"?
Der Theologe:
Es kommt darauf an, welche Inhalte aus der Seele unser heutiges Erscheinungsbild
prägen. Möglicherweise gibt es auch Inhalte, die erst zu einem späteren Zeitpunkt oder
in einer späteren Inkarnation aktiv werden und auch auf unser Aussehen einwirken. Dieses
verändert sich ja auch durch bestimmte Lebenserfahrungen.
Es gibt aber noch viele weitere Beispiele.
Im vorhin schon genannten Evangelium der Pistis Sophia spricht Jesus vom
"Kreislauf" (S. 239) oder über "Kreisumläufe der Auswechslungen des Körpers" (S. 222)
bzw. von einer Situation, da es einer Seele "nicht möglich wird, in die Höhe zum
Licht zu gehen, und sie zurückkehren muss zum Auswechseln des Körpers". (S.
239)
Bei einer Reinkarnation würde ein Mensch, so Jesus, "wiederum in die Welt
zurückgeworfen, übereinstimmend mit der Art der Sünden, die er begangen hat". (S. 186)
Dabei erhält die Seele einen Körper, "der ihren begangenen Sünden angepasst
ist". (S. 201)
In diesem Zusammenhang fragt Maria zum Beispiel nach einem Menschen, der "keine
Reue gefunden" hat, "obwohl er seine Anzahl von Kreisläufen im
Auswechseln der Körper vollendet hat". (S. 227)
Hinter dieser Formulierung steht offenbar das Wissen, dass Reinkarnationen nicht
unbegrenzt möglich sind. In das Friedensreich, das einmal auf der Erde entstehen wird
–
wovon schon der Prophet Jesaja sprach [vgl. Jesaja 11, 6-9] –, können sich keine schwer belasteten Seelen mehr
inkarnieren [siehe "Das ist Mein Wort. Das Evangelium Jesu. Die Christus-Offenbarung,
welche die Welt nicht kennt", a.a.O., S. 157].
Und das könnte wiederum ganz konkret bedeuten: Viele der heute auf der Erde lebenden Menschen
haben wohl kaum mehr eine Chance für eine neue spätere Inkarnation. Denn
Wissenschaftler zeigen uns ja gerade in unserer Zeit, dass die Erde bald immer
weniger Menschen ernähren kann und dass uns ein großer Kollaps bevorsteht.
Viele Seelen im Jenseits können danach nicht mehr zurück auf die Erde.
Jesus erläutert jedoch in diesem Beispiel, dass die Seele des
damals Betroffenen, anders als Maria
dachte, eventuell doch die Chance einer weiteren Inkarnation bekommt, in welcher der Mensch auf der Erde
den Weg zum "Lichtreich" finden kann (S. 228). Und es
heißt wörtlich: "Bei dieser Seele, für die ihr beten werdet, wenn sie sich im Drachen der
äußersten Finsternis befindet, wird er seinen Schwanz aus seinem Maul ziehen und
diese Seele freigeben." Oder aber: Boten "werden sie aus allen Gebieten
entführen, wo sie auch ist" (S. 229). Doch selbst wenn laut
diesem Beispiel keine Inkarnation
mehr möglich sei, können Boten des Lichts immerhin die Seele "prüfen" und sie "zum
Lichtschatz" "führen" (S. 229). Das Wissen um eine
mögliche Reinkarnation ist jedoch immer voraus gesetzt.
Der Journalist: Diese vielen Aussagen von Jesus sind leider nur wenigen Menschen bekannt. Gibt es noch weitere Details?
Der Theologe: Interessant ist beispielsweise das Wissen, dass manche Seelen ihre Schuld in einer einzigen Inkarnation abtragen können. So haben offenbar Menschen gedacht, die von ihren kirchlichen Gegnern nach einem Mann namens Karpokrates "Karpokrater" genannt wurden. Leider ist nur der Spottbericht von "Kirchenvater" Irenäus, ihres Gegners überliefert, wonach sie angeblich lehrten, man müsse in einem Leben alle möglichen Sünden begehen, um nicht mehr reinkarnieren zu brauchen – also gerade das Gegenteil der Wahrheit. Die Vorwürfe von Irenäus gründen sich nach Worten des Religionswissenschaftlers G. R. S. Mead "augenscheinlich auf ein völliges Missverstehen, wenn sie nicht einfach aus wohlüberlegter Bosheit entsprangen" (G. R. S. Mead, Fragmente eines verschollenen Glaubens, Berlin 1902, S. 190). Irenäus gilt ja auch als der Vorläufer der späteren kirchlichen Inquisition, die Millionen von Opfern auf dem Gewissen hat, die vor ihrer Hinrichtung teilweise auch noch grausam gefoltert wurden.
Der Theologe: Ja. Während der prophetische Geist im jungen Urchristentum durch die amtskirchliche Entwicklung allmählich zum Schweigen gebracht wurde, verschwanden auch Grundlagen des urchristlichen Glaubens wie das Wissen um die Reinkarnation. Im Jahr 389 ging zum Beispiel die große Bibliothek des Altertums in Alexandria in Flammen auf. Katholische Mönche der ägyptischen bzw. koptischen Kirche legten das Feuer im benachbarten "heidnischen" Serapis-Tempel und sowohl der Tempel als auch die Bibliothek brannten ab und mit ihnen wertvolle Dokumente des Urchristentums. Dafür erfand die Kirche neue Lehren. So entwickelte sie später zum Beispiel eine so genannte Erbsündenlehre, wonach jeder Mensch die Sünde von Adam geerbt habe, obwohl die frühen Christen noch wussten, dass die Seele ihre Belastungen aus früheren Erdenleben wieder mit in weitere Leben nimmt. Also keine Erbsünde. Sondern Belastungen und Prägungen aus Vorleben.
Der Journalist: Gibt es hierfür weitere Belege?
Der Theologe:
Ja. Und es machte die Urchristen auch barmherzig
gegenüber ihren Mitmenschen. Denn einem fiel es vielleicht leicht, eine
bestimmte Fehlhaltung zu lassen. Ein anderer jedoch hat auf diesem Gebiet eine
massive Belastung aus Vorleben in dieses Erdenleben mitgebracht und er tut sich
um vieles schwerer als sein Nächster. Wer das weiß, der wird seinen Nächsten
nicht richten oder verurteilen, sondern er wird ihm mit Verständnis begegnen,
sofern jener ehrlich darum ringt, ein neuer Mensch zu werden, auch wenn es bei ihm
länger dauert als bei anderen.
Ich möchte an dieser Stelle als weiteren Beleg noch auf ein anderes Dokument hinweisen,
das die Kirche komplett verbrennen wollte, weil es für sie zu gefährlich
war. Es handelt sich um die Interpretationen
der Evangelien von Basilides, einem Mann, der in der ersten Hälfte des zweiten
Jahrhunderts in Alexandria lebte und von der katholischen Kirche als "Gnostiker",
das heißt als "Ketzer" angesehen wurde. Es bestand offenbar eine
Verbindung von Basilides zu dem Jesusjünger Matthäus und über einen Schüler des
Petrus, Glaucus, auch zu Petrus (Zeitenschrift Nr. 9/1995).
Aus den Informationen außerhalb der Bibel, die nicht von der Kirche vernichtet
werden konnten, wird deutlich, dass
auch Basilides einiges
über Reinkarnation wusste.
G.R.S. Mead schreibt: "Die Menschen leiden, sagt Basilides, durch das, was sie
in früheren Lebensläufen begangen haben" (a.a.O., S. 226).
Das Leiden kommt also nicht durch eine "Erbsünde" in das Leben des
Einzelnen, wie es in den Kirchen
stattdessen geglaubt werden muss.
Der Journalist: Ist die Erbsündenlehre nicht auch ungerecht?
Der Theologe:
Wie ist es, wenn ich gemäß dieser Lehre schon als Kind unter dieser finsteren Macht leben muss und eventuell leide, obwohl ich das gar nicht verursacht habe? Das zählt dann in den Kirchen zu den "Geheimnissen Gottes", und es sind schon viele deswegen zurecht an diesem Kirchengott verzweifelt oder lehnen den Glauben an einen solchen Gott klar ab.
Der Journalist:
Aber gab es in früherer Zeit
nicht auch einzelne Glaubenssaussagen gegen eine mögliche Reinkarnation? In
kirchlichen Schriften wird hierzu sehr oft die Bibelstelle in Hebräer 9, 27-28a
zitiert: "Und wie den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das
Gericht; so ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler
wegzunehmen". So hat es Martin Luther übersetzt. Das Wort "einmal" ist dabei
von den Bibelherausgebern der Lutherübersetzung noch speziell unterstrichen.
Der Theologe:
Sehen Sie: Wenn hier etwas von deutschen Übersetzern extra unterstrichen wird,
was im Urtext nicht unterstrichen ist, dann weist das doch schon darauf hin, dass dieser Satz nicht so ohne weiteres verständlich ist; oder dass mit
ihm irgendetwas nicht stimmt. Und so ist es auch: Es gibt in der Bibel viele Spuren
der Reinkarnationen, worüber wir ja gerade gesprochen haben. Das steht fest. Aber nirgends steht, dass
es keine Reinkarnation gibt, auch in diesem Satz im Hebräerbrief nicht. Er wird aber sehr
uneinheitlich interpretiert, und eine dieser Interpretationen ist eben, dass es
demnach keine Reinkarnation gebe.
Ich kann hier gerne noch mehr zu den
unterschiedlichen Interpretationen dieser vereinzelten Stelle sagen, möchte davor aber jeden ehrlichen
Gottsucher warnen: Hier geht es um kirchentypische intellektuelle Spitzfindigkeiten.
[Anmerkung der Redaktion: Und wer sein Gehirn mit diesem
Spezial-Thema nicht "beschweren"
will, sollte lieber diese Darlegungen hier in Kapitel 2.10. überspringen und gleich im nächsten Kapitel
2.11. weiter
lesen.]
Der Journalist: Mich würde es schon interessieren, was hier
gemeint ist. Steht jetzt hier wenigstens an dieser einzigen Stelle der Bibel, dass es keine
Reinkarnation gibt, während es sonst mehrere Stellen gibt, wo auch laut Bibel
auf die Reinkarnation hingewiesen wird?
Der Theologe:
Es steht hier klar und definitiv nichts, aber
auch gar nichts contra Reinkarnation. Der betreffende Satz im Hebräerbrief ist
aber nicht eindeutig formuliert und lässt deshalb Raum für
Spekulationen. Von mir aus können wir einmal näher hinsehen: Es heißt dort: "Wie den Menschen bestimmt ist, einmal zu
sterben, danach aber das Gericht, so ist Christus einmal geopfert worden, die
Sünden vieler wegzunehmen."
Machen wir, wenn Sie sich darauf einlassen wollen, dazu vielleicht einmal ein kleines
Experiment! Nehmen wir an, Sie sind jetzt der
normale Bibelleser und haben keinen Wissenschaftler an Ihrer Seite. Was
glauben Sie, hat der Schreiber des Hebräerbriefes mit dieser
Satzkonstruktion wohl gemeint? Wie würden Sie es zum Beispiel mit ihren Worten
sinngemäß wiedergeben?
Der Journalist:
Ich muss
erst noch einmal lesen und mich da
hinein vertiefen. Jesus, das ist immer einfach und klar! Doch Paulus und die
Theologen, das ist oft
etwas Kompliziertes und Unlogisches. Aber ich werde mich einmal in diesen Satz
hinein denken, um vielleicht verstehen zu können, was wohl gemeint sein könnte (längere Pause) ...
Also:
Die Unterstreichung des Wortes "einmal" durch die lutherischen
Übersetzer soll den Leser anscheinend dazu bringen, dass er
denken soll, es gehe hier darum, eben nur einmal zu sterben anstatt
zweimal oder öfters. Ohne die Unterstreichung dieses Wortes durch die Deutsche Bibelgesellschaft
hätte ich aber an etwas anderes gedacht. Mir sind in diesem Satz vor allem die
Wörter "sterben" und "geopfert" aufgefallen. Diese beiden
Wörter hätte wohl ich unterstrichen, wenn mich jemand gefragt hätte, und ich überlege, wie sie zusammenhängen.
Mit dieser Betonung klingt der Satz dann nämlich so: "Und wie es den Menschen bestimmt
ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht, so ist auch Christus
einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen."
Ich verstehe es
so, dass der Autor hier ein kleines Wortspiel gemacht hat: So wie jeder
Mensch eines Tages stirbt und dann ins Gericht müsse, so ist, sozusagen als
Gegenpol, auch Christus eines Tages gestorben, indem er geopfert wurde. Er kam
im Unterschied zu den anderen Menschen jedoch nicht ins Gericht, sondern er habe im Gegenteil Sünden, also
Belastungsmaterial vor Gericht, weggenommen. So ungefähr der Vergleich zwischen
einem Menschen und speziell Christus. Aber ich würde mich
niemals so ausdrücken. Das klingt alles sehr verkopft. Eben so, wie
Intellektuelle schreiben.
Der Theologe:
Ja, so ist dieser komplizierte Satz möglicherweise gemeint, mit Christus als
positivem Gegenpol zum sündigen Menschen. Doch selbst
wenn man in diesem Satz das Wort "einmal" betont, wie es die Deutsche
Bibelgesellschaft dem Leser vorschlägt, ist es deswegen kein Satz contra Reinkarnation. Er
bedeutet dann: Jeder Mensch müsse einmal sterben,
und das sei dann auch ein für alle Mal das Ende dieses irdischen Lebens. Daran würde man hier erinnert. Und "im Gericht", wie es weiter heißt, erntet
der Mensch im Jenseits dann die Folgen seines Handelns. Es sei denn – und jetzt kommt
die Theorie des Hebräerbriefes, und die lautet wie folgt –: Christus hätte ihm
ein für allemal durch sein "Opfer" angeblich die Sünden weggenommen.
Das würde der
Schreiber hier mitteilen wollen, nämlich, wie er den Tod von Jesus
interpretiert. Über diese Sühnopferlehre im Hebräerbrief haben wir ja schon gesprochen,
dass es eine heidnische Götzenopfer-Vorstellung ist, die es auch bei Schriftgelehrten und
Priestern im Judentum gab. Dass Jesus ein Sühnopfer gewesen sein soll, hat aber, wie sich heraus arbeiten lässt,
nichts mit dem Jesus, dem Christus zu tun, der unter uns lebte (siehe
hier).
Und auch mit Reinkarnation oder
Nicht-Reinkarnation hat das
alles hier überhaupt nichts zu tun. Wenn das Thema "Reinkarnation" hier
eines der Themen sein sollte, dann könnte man
erwarten, dass der Schreiber dies auch in einem normal verständlichen Satz
so schreibt und dass er nicht in einem verschachtelten Halbsatz so um den heißen Brei
herum tüftelt.
Der Journalist:
Jetzt verstehe ich besser, warum Sie an dieser
Stelle vor intellektueller Spitzfindigkeit gewarnt haben. Und noch komplizierter
wird es ja dadurch, dass die hier angesprochene Sühnopferlehre offenbar
nicht stimmt. Kann man da noch einmal kurz darauf eingehen?
Der Theologe:
Diese Sühnopferlehre, wie sie hier behauptet wird, kommt auch in der Bibel nur in diesem Hebräerbrief vor bzw.
in Ansätzen bei Paulus [siehe dazu auch
hier]. Jesus aber hat, wie
gesagt,
solches nicht gelehrt, und mit Gott hat es auch nichts zu tun. Denn der
Schöpfergott braucht kein Menschenopfer zur angeblichen Besänftigung Seines
Zorns, wie dies in mörderischen Götzenkulten geglaubt wird. Und die Kirche
weiß ja noch nicht einmal, wer diesen Hebräerbrief überhaupt geschrieben
hat und wer ihn in ihre Bibel hinein geschleust hat. Man ist sich in der theologischen
Wissenschaft nämlich weit gehend einig, dass der Brief nur deshalb in die Bibel hinein
gekommen sei, weil einige damalige Kirchentheologen glaubten, dass wohl Paulus der Verfasser
sein müsste, was heute aber mehrheitlich und zurecht bestritten wird. Der Brief verdankt seine
Stellung also entweder einem Betrug oder einem entstandenen
falschen Eindruck. So viel noch dazu.
Der Journalist:
Und das mit dem falschen Eindruck gilt dann ja auch speziell für diesen berüchtigten
und komplizierten Satz in Kapitel 9, 27, den bibelfanatische Menschen immer wieder
als Schein-Argument gegen die Reinkarnation nennen.
Der Theologe:
Ich möchte hier noch einmal wiederholen: Kein
normaler Mensch würde so reden. Deshalb gehen viele Theologen auch von einer
Verstümmelung des ursprünglichen Satzes aus bzw. von einer späteren Veränderung
gleich Verfälschung des Briefes. So legt etwa der Altphilologe Hermann Bauer aufgrund einer
sprachwissenschaftlichen Untersuchung dar, dass der "wahrscheinlich
ursprüngliche Text" in der griechischen Ur-Version ganz anders gelautet
habe (Wiedergeburt, Würzburg 1982, S. 66). Doch da brauchen wir jetzt
nicht mehr ins Detail zu gehen. Letztlich bleibt alles spekulativ und niemand
muss das wissen.
Doch auf etwas anderes möchte ich schon noch eingehen. Das ist die Unverfrorenheit der
kirchlichen Bibelübersetzer, die sich immer wieder als Manipulations-Jongleure
betätigen. Wir hatten bei diesem Beispiel die Lutherübersetzung
zugrunde gelegt, bei der die deutschen Übersetzer ein bestimmtes Wort
unterstrichen haben, das im griechischen Urtext gar nicht unterstrichen ist.
Schon das könnte man als Irreführung bezeichnen, wenn damit beim normalen Bibelleser
der Eindruck erweckt werden solle, die Betonung wäre bereits Teil des griechischen Ur-Textes. Eine
noch schwerwiegendere Manipulation = Lüge ist es jedoch, wenn die Kirchen-Theologen einfach
etwas anderes "übersetzen" als das, was tatsächlich
in ihrer Bibel zu lesen ist – so geschehen bei dieser Stelle in der evangelisch-katholischen
Einheitsübersetzung. Dort wird Hebräer 9, 27
mit den Worten wieder gegeben:
"Und wie es den Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben
..."
So. Jetzt heißt es also nicht mehr "einmal", sondern "ein einziges Mal".
Nun kann ja ein Wort immer mehrere Bedeutungs-Varianten haben, deshalb
ja auch die vielen uneinheitlichen und teils verwirrenden Bibelinterpretationen. Hier wird aber von den kirchlichen
so genannten "Übersetzern"
ein Wort des Satzes
einfach verfälscht, von "einmal" hin zu "ein einziges Mal".
Damit wird der Text aber nicht mehr übersetzt, sondern im kirchlichen Sinne interpretiert
und dazu sprachlich umgebogen, verdreht. Und das ist hier klar eine Fälschung.
Denn das an dieser Stelle stehende griechische Wort "hapax" heißt eben nicht "ein einziges
Mal". Sondern es heißt "einmal", wie es auch in der
Lutherübersetzung in diesem Fall richtig wieder gegeben ist. Der normale Bibelleser weiß dies
alles aber nicht. Er
denkt, ihm liege auch bei der Einheitsübersetzung eine Übersetzung vor und keine
Verbiegung und Umdeutung. Dabei ist es nur eine Deutung der Kirche, deren
Vertreter sich an ihr Dogma gebunden haben, und ich möchte
hinzufügen: sprachlich nachweisbar eine falsche Deutung.
Und warum, so könnte man weiter fragen? Der Grund ist nahe
liegend: Die kirchlichen Fälscher haben mit dieser weiteren Bibel-Manipulation gezielt einen Seitenhieb
gegen das Urwissen der Reinkarnation anzubringen versucht.
Der Journalist:
Das ist schon starker Tobak, wie der einfache Bibelgläubige hier den
Priestern und Schriftgelehrten ausgeliefert ist. Das erinnert mich an die Worte
von Jesus: "Weh euch, Ihr Schriftgelehrten!" So verstehe ich jetzt
noch besser, dass jeder Mensch Gott in seinem eigenen Herzen finden soll, indem er
lernt, die Menschen, die Tiere und die ganze Schöpfung Gottes selbstlos zu lieben, und dass er dazu
weder Bibel noch Kirche noch Theologen braucht.
Der Theologe:
Deshalb sollte auch jeder wachsam sein, wenn irgendwo sehr auf der Bibel herum
geritten wird oder auf Dogmen, die man angeblich glauben müsse. Mit
solchen Äußerlichkeiten werden oft Herzenskälte und Gefühlsdefizite übertüncht. Von mir aus
empfehle ich die Bibel keinem mehr. Es sei denn, jemand möchte sie
von sich aus lesen, dann sage ich sinngemäß: "Man kann darin schon noch vieles von der Wahrheit
finden. Und wenn man das, was man von dieser Wahrheit für sich angenommen hat, dann
hinterher auch tut, dann ist es ja gut."
Aber als Nachschlagewerk für die Frage, ob es Reinkarnation gibt, ist
sie für jemanden, der die alten Sprachen nicht beherrscht, nicht geeignet. Ich
denke hier vor allem auch an die
Bibelstelle in Jakobus 3, 6, wo
das "Rad der Geburt" in den deutschen Übersetzungen sogar dreist
totgeschwiegen wird [siehe hier].
An diesem Beispiel sieht man besonders gut, wie sich die Priester und
Theologen ihre Bibel nach ihrem Gutdünken zurecht biegen.
Und so macht das jede Gemeinschaft, die an die Bibel glaubt. Jeder
schneidert sich seine Interpretationen so zurecht, wie es die jeweilige
Gemeinschaft verlangt. Und hinzu kommt immer wieder, dass sich die Hüter der
Bibel sowieso nicht daran halten, so dass ich heute angesichts von 1700 Jahren
Kirchengeschichte mit Mord, Totschlag und Lüge keine Skrupel mehr habe zu sagen:
Weg mit eurer Bibel, fort damit! Was hat es gebracht? Die Kirchengeschichte
zeigt es auf.
Der Journalist:
Ich merke schon auch, ich bin
immer noch etwas durcheinander von diesem ganzen Interpretations-Chaos. Aber ich
habe dazu auch noch einen Gedanken.
Ich lese gerade den Satz in
Hebräer 9, 27 noch einmal, und mein vielleicht abschließender Gedanke dazu
ist folgender: Selbst dann, wenn der Bibel-Autor hier "einmal
sterben" im Sinne von "ein einziges Mal sterben" gemeint
hätte, wie es die Einheitsübersetzung falsch übersetzt, dann wäre das deswegen
doch auch keine Aussage gegen die Reinkarnation! Denn ein bestimmter Mensch XY muss ja tatsächlich nur
"einmal" bzw. "ein einziges Mal" sterben. Und beim Sterben
verlässt dann die unsterbliche Seele diesen Menschenkörper, und dieser
Menschenkörper ist dann tatsächlich ein für allemal gestorben.
Aber für die
Seele geht es doch weiter, so das Urwissen der Menschheit von einer
unsterblichen Seele. Und wenn die Seele
einst in einem anderen Menschenkörper
wieder inkarniert sein sollte, dann muss dieser Mensch XY eben wiederum
"einmal", "ein einziges Mal" oder von mir aus "ein für allemal" sterben.
Aber damit ist doch keine Aussage über die
unsterbliche Seele und die Reinkarnation gemacht! Und "wenn es den Menschen
bestimmt ist, einmal zu sterben" oder von mir aus "ein einziges Mal zu
sterben", wie es sich die Kirche zurecht biegt, dann ist
das doch völlig unabhängig davon, ob die Seele nun einmal, zweimal, überhaupt nicht oder viele Male
in einen neuen Menschenkörper inkarniert. Was jeweils "ein für alle Mal" stirbt,
ist doch immer nur der einzelne Mensch aus Fleisch und Blut. Seine Seele ist jedoch unsterblich. Könnte man das
alles auch
so betrachten?
Der Theologe:
Ja, auch das ist logisch. Das ganze theoretische Hickhack um diese Bibelstelle Hebräer 9, 27 ist also
bei genauem Hinsehen
überflüssige Schaumschlägerei. Doch was damit bezweckt wird, ist die Verankerung
einer Lüge. Beim einfachen
"Kirchenschaf" soll die falsche Botschaft hängen bleiben, in der Bibel werde angeblich
der Reinkarnation widersprochen.
Das ganze Chaos kann aber manchem, der sich näher damit
befasst hat, auch helfen, da er dann selbst sieht, was hier alles um unklare Worte
noch weiter herumgesponnen wird. Es sind
alles nur
Spekulationen von kirchlichen Theologen, die mit ihrem beschränkten Intellekt
unsäglich vieles in dieser Welt durcheinander gebracht haben und die für dieses
Chaos auch die Verantwortung tragen. Man kann jedem ehrlichen Gottsucher nur raten,
seine Energie nicht mit Bibel-Spekulationen zu vergeuden. Steht
es nun drin oder steht es nicht drin? Und ist es jetzt so gemeint oder nicht so
gemeint? Was soll es letztlich? Die
Wahrheit ist einfach, und außerhalb der Bibel manchmal viel leichter zu finden.
Nur die Verschleierung, die Vertuschung und die Lüge ist kompliziert und kann
aber
entsprechend entschleiert, aufgedeckt und entlarvt werden.
Ich betrachte die Auseinandersetzung um diese Bibelstelle aufs Ganze betrachtet als ein
Ärgernis. Aber sie zeigt auch deutlich Folgendes, und das dient dann wiederum der
Entlarvung: Was für die Kirche nicht sein soll,
wie die Möglichkeiten der Wiederverkörperung, das darf eben nicht sein. Dafür werden dann trickreich
Argumente
konstruiert oder an den Haaren
herbei gezogen und natürlich auch ihre Bibeln entsprechend verbogen. Und das
Ärgernis besteht auch darin, dass dies alles immer noch auf Staatskosten
geschieht, die ganze katholische und evangelische Bibelstudium, nicht auf
Kirchenkosten, das heißt, von unseren Steuergeldern.
Der Journalist:
Zusammenfassend könnte man vielleicht sagen: Auch dieser in der Kirche besonders
beliebte Bibelvers von den "einmal" sterbenden Menschen ist kein Dokument gegen
das Urwissen um die Reinkarnation.
Der Theologe:
Und er zeigt in seiner Unklarheit auch beispielhaft auf, wie unklar und verwirrend die Bibel
insgesamt ist – vor allem, weil man die Briefe des Schriftgelehrten Paulus und
seiner Schüler zum 100-%igen Gotteswort erhoben hat, wie es die Großkirchen tun.
Aber auch das ist eine weitere Entlarvung: Wenn die Kirche die Paulusworte zu 100 % als
"Gottesworte" definiert, dann ist es folglich Paulus, welcher der
Gott der Kirche
ist. Jesus, der
freie Geist, hat keine solchen biblischen angeblichen "Gottesworte"
niedergeschrieben wie Paulus, und er hat solches auch nicht angekündigt.
Der
Journalist:
Kommen wir noch zu einem anderen Thema. Dazu eine
Frage, die viele Menschen beschäftigt: Wie ist das beim Leiden von Kindern? Die
Kirchenlehre, dies sei eben durch die Erbsünde bedingt und ein Geheimnis Gottes,
halte ich für zynisch. Konsequent zu Ende gedacht würde die urchristliche Lehre
der Reinkarnation auch darauf eine schlüssige Antwort geben. Das Leiden von Kindern
hätte dann auch seine Wurzeln in früheren Leben.
Der Theologe:
Konkret: Wie wäre es zum Beispiel bei einem Kind, das behindert auf die Welt kommt? Nach kirchlicher Lehre
hätte Gott dieses Kind "behindert" geschaffen, wobei die behinderte Form seines
Leibes der "Substanz" seiner Seele entspräche, die Gott so
erschaffen hätte. So die
erneut hanebüchene Lehre der römisch-katholischen Kirche über
das Verhältnis von Leib und Seele gemäß
dem Lehrwerk von
Neuner-Roos, Lehrsatz Nr. 329. Gott hätte
also eine behinderte Seele neu erschaffen. Ein anderes Kind hingegen hätte Gott
"gesund"
erschaffen. "Was ist das nur für ein Gott?", könnte man auch hier wieder fragen.
Auch Jesus und seine Anhänger sprechen einmal über dieses Thema. Ein Beispiel dafür findet
sich in der Bibel, im Johannesevangelium, Kapitel 9.
Die Stelle beweist, dass auch die Jünger von Jesus die Reinkarnation selbstverständlich
voraussetzen. Es heißt dort: "Und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen, der
blind geboren war. Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Meister, wer hat
gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?" (V. 2)
Wenn ein Blindgeborener möglicherweise deswegen dieses Schicksal trägt, weil er zuvor
gesündigt hat, dann geht man eindeutig von einem Vorleben und einer
Reinkarnation aus. Die Antwort, die Jesus laut Johannes
gibt, richtet die Aufmerksamkeit dann aber nicht auf das Vorleben, sondern auf etwas anderes.
Demnach sagt Jesus, weder dieser noch seine Eltern hätten gesündigt, "sondern es
sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm" (V. 3). Sind also
folglich noch andere Ursachen möglich? War die Seele dieses Menschen eventuell aus anderen
Gründen bereit, dieses Schicksal auf der Erde freiwillig anzunehmen? War ihr
vielleicht bewusst,
dass durch die spätere Heilung die "Werke Gottes" verherrlicht würden
und die Menschen auf Jesus, den Christus aufmerksam werden?
In der Schrift Das ist Mein Wort ist das Jesuswort etwas anders überliefert
als in der Bibel. Es heißt dort: "Was besagt es, ob dieser gesündigt hat oder
seine Eltern, sofern die Werke Gottes offenbar werden an ihm."
Und Christus erklärt dann durch Prophetenwort wie folgt: "Ihr sollt nicht auf die Sünde blicken und
nicht fragen, wer gesündigt hat. Keiner kann für den anderen abtragen – es sei denn, er
kam als Dulderseele für einen anderen Menschen in diese Welt. Wenn jedoch Menschen durch
Sünde aneinander gebunden sind, dann sind alle an der Sünde beteiligt, zum
Beispiel Eltern und
Kind." (Das ist Mein Wort, a.a.O., S. 612 f.)
Die Reinkarnation wird hier also nicht zum Hauptthema gemacht, während in der biblischen
Version der Stelle dieses Wissen verdunkelt wird. Gegen Reinkarnation wird aber auch in
der Version der Bibel nicht gesprochen.
Gemeinsam haben beide Versionen: Jesus befriedigt nicht die Neugier der Jünger, und er
ermahnt sie, sich nicht über das "Karma" anderer Gedanken zu machen. "Es sollen die
Werke Gottes offenbar werden", darum geht es.
Der Journalist: Was ist mit "Dulderseele" gemeint?
Der Theologe: Hier hilft eine Seele der anderen beim Tragen einer Seelenschuld. Auch dieses Christuswort macht deutlich, dass die Möglichkeiten im "Gesetz von Saat und Ernte" vielfältig sind.
Der Journalist: Jesus heilte hier den Blindgeborenen. Solche so genannte Wunder erleben aber die meisten Menschen nicht.
Der Theologe:
Auch wenn die meisten Menschen keine solchen Erfahrungen
machen, so kann ihnen
doch das Wissen um die
geistigen Gesetzmäßigkeiten helfen.
Ein Beispiel:
Eine mir bekannte blinde Frau haderte als Jugendliche jahrelang und suchte nach einer
Erklärung, dass ausgerechnet sie blind sei. Mit ihrem geschulten Verstand fragte sie auch
nach der Logik darin. Als sie dann erstmals von Reinkarnation hörte, war es für sie wie
eine Befreiung. Sie lernte ihr Schicksal anzunehmen, zu verstehen und zu
meistern.
Und wer weiß, was morgen sein wird? Der Geheilte in der Geschichte war ja auch zuerst
sehr viele Jahre lang blind, bis es dann doch zu einer Heilung gekommen ist.
Der Journalist
: Die Lehre von Saat und Ernte und von den Reinkarnationen erscheint auch logischer als die Lehre von einem unberechenbaren und willkürlichen Schicksal oder von einem angeblich "geheimnisvollen" Gott.
Der Theologe: Es kann
zwar keiner einem anderen sein Verständnis von Gott und vom Schicksal beweisen.
Doch wozu ist uns allen auch ein gesunder Menschenverstand mit in die Wiege
gelegt worden? Und warum wohl warnte Papst Jorge Bergoglio im Jahr 2013 ausgerechnet
vor diesem Gottesgeschenk des
gesunden Menschenverstands?
Wichtig sind aber vor allem die Konsequenzen, die jemand aus einem bestimmten Glauben zieht.
Deshalb noch einmal zur Klarstellung:
Es entspricht nicht dem christlichen Glauben, wenn ein Außenstehender aus persönlichem
Interesse heraus über Vorleben seiner Mitmenschen spekuliert. Als Christ ist
ihm die Aufgabe gegeben, sich in seinen Nächsten und in dessen Not einzufühlen, ihm
in seiner Situation beizustehen und zu helfen. Jesus von Nazareth und die wahren
Gottespropheten sind dabei das beste Vorbild. Die ihn ihnen inkarnierten
Geistwesen waren einzig deswegen auf dieser Erde.
Die Bereitschaft, für den Mitmenschen da zu sein, gilt natürlich erst recht Kindern gegenüber, die sich noch nicht so gut selbst
helfen können. Oder denken Sie an Kinder, die ihre Eltern verloren haben,
vielleicht
in einem Katastrophengebiet der Dritten Welt. Ein Christ entwickelt zuallererst
das Mitgefühl, und er weiß um die unendliche Liebe Gottes, die allen Menschen
ohne Unterschiede gleich gilt. Man könnte auch sagen: Gott greift immer ein mit
der Liebe, und Er wirkt auf der Erde vielfach durch gottbewusste Menschen, die
Seinen Willen tun. Zwar könnte Er wohl auch durch Sein Allmachtswort –
vereinfacht gesprochen – das Böse auf der Erde vertilgen, doch ohne Einsicht in
das eigene Fehlverhalten oder ohne Reue über ein begangenes Verbrechen und
entsprechende Umkehr würden die Täter sich früher oder später wieder die
"Freiheit" heraus nehmen, die gleichen bösen Taten erneut zu tun, und das Grauen
ginge von vorne los. Jeder Mensch und jede Seele müssen also aus freien Stücken
umkehren. Und solange sie das nicht tun, schaffen sie immer wieder neue negative
Ursachen und unterliegen damit erneut den gleichen Wirkungen im Gesetz von Saat
und Ernte, bis sie ihrem Leben eine andere Richtung geben.
Und was die Kinder
betrifft, dazu habe auch ich noch eine Frage: Könnte es nicht sein, dass eine Seele,
die vielleicht schon sehr reif und nahe bei Gott ist, weil sie bereits sehr viel
selbstlose Liebe entwickelt hat, sich entscheidet, noch einmal in ein
Kind zu inkarnieren, dessen Körper schon bald nach seiner Geburt hinscheidet? In
der Kürze der Zeit kann die Seele womöglich ihre restliche Belastung tilgen und
die im Kind inkarnierte Seele kann dann frei in die himmlischen Welten zurück kehren.
Das ist zunächst eine Überlegung. Doch welch ein Trost könnte das für
verzweifelte und trauernde Eltern sein, deren Kind gestorben ist! Stattdessen
macht ihnen der Pfarrer weis, es sei ein "Geheimnis Gottes" und er
zementiert dann oft ein lebenslanges seelisches Leid der Eltern, weil sie dieses
angebliche "Geheimnis" nicht ergründen können.
Der Journalist:
Wie ist es in der biblischen Erzählung von Hiob? Dort ist weder von
Reinkarnation die Rede noch von "Saat und Ernte" noch von einer "Dulderseele".
Hiob leidet gemäß der Bibel unschuldig und er ringt mit seinem Schicksal.
Der Theologe:
Die
Erzählung in der Bibel gibt selbst
eine Antwort darauf, warum er leidet. Er darf von der Finsternis angegriffen und
geprüft werden (Kapitel 1 und 2). Es ist ähnlich wie bei Jesus von
Nazareth. Und um
Reinkarnation geht es in diesem Buch nicht.
Der Journalist:
Leidet er dann aufgrund
eines göttlichen Auftrags, wie wir das schon bei Jesus von Nazareth besprochen
haben?
Der Theologe: Das ist
sehr wahrscheinlich. Er wird
auf jeden Fall als "Knecht" Gottes bezeichnet (z. B. Hiob 42, 7), was auf
einen Auftrag hinweist. Und gleich im ersten Vers des Buches heißt es: Er
"war fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und mied das Böse" (1, 1).
In den Kirchenlehren wird er deshalb als eine Art "Kronzeuge" gegen das "Gesetz
von Ursache und Wirkung" missbraucht.
Der Journalist:
Und in den Kirchen sagt man deshalb sinngemäß: Wenn er das Böse mied und
trotzdem Leid und Schicksalsschläge auf ihn zukamen, dann zeige das doch, dass
das eine mit dem anderen nichts zu tun habe.
Der Theologe:
Wie sie es eben gerne hätten, um die Menschen weiter mit ihren angeblichen
Geheimnissen Gottes zu verunsichern. Im gesamten so genannten
"Alten Testament" gilt aber das "Gesetz von Saat und Ernte", im wissenschaftlichen
Sprachgebrauch sagt man dazu auch manchmal "Tun-Ergehens-Zusammenhang".
Oder es geht einfacher ausgedrückt um Ursachen und ihre Wirkungen. Nur bei Hiob
gelte diese kosmische Gesetzmäßigkeit laut Kirche scheinbar nicht. Daraus haben viele Theologen
dann sinngemäß ihre Behauptungen abgeleitet, das Bewusstsein der Menschen in den übrigen Schriften wäre
eben noch nicht so weit entwickelt gewesen wie im Buch Hiob. Und so wurde weiter
in diese Richtung spekuliert, etwa mit Theorien wie: Wo die Menschen an "Saat und Ernte"
glaubten, hätten sie noch in überschaubaren einfacheren Zusammenhängen gelebt
und auch einfache Antworten auf ihre Fragen bekommen. Hiob sei dann so etwas wie
ein Vorbote der "Moderne", wo die Menschen dann angeblich so klug
seien, das Gesetz von Saat und Ernte anzuzweifeln, und das Buch Hiob sei damit eine Art
inhaltliche Weiterentwicklung des
"alttestamentlichen Glaubens".
Doch wenn man diese Theorie einmal näher betrachtet und zwar nur im Hinblick auf
die kircheneigene Bibel, dann stimmt das schon von daher nicht.
"99-mal" ist – symbolisch gesprochen – das Gesetz von Saat und Ernte im
so genannten "Alten Testament" eindeutig, nur
einmal eben nicht. Und so kommt es auch der Wirklichkeit nahe: "99-mal" sind die
Zusammenhänge klar, einmal scheinbar nicht. Hiob leidet offenbar nicht – wie
andere – wegen eines Fehlverhaltens. Er leidet aufgrund von Angriffen, die das
Ziel verfolgen, ihn zu Fall zu bringen, indem er sich gegen Gott wendet. So
steht es in den Bibeln und das entspricht offenbar auch der Wahrheit, und es
lässt sich mithilfe der kosmischen Zusammenhänge auch leicht erklären. Wer auf der Seite Gottes steht, darf von der "Finsternis"
geprüft werden. Solche Situationen sind bei echten Gottesboten und
Gottespropheten immer wieder vorgekommen, und
deshalb hat auch die eine Hiob-Erzählung, in der das einmal ausgeführt ist, Platz neben den "99" anderen. Sie ist
keine Kronzeugin gegen die anderen "99" Beispiele, wie es die kirchlichen
Durcheinanderbringer mithilfe der Hiob-Überlieferung versuchen.
Der Journalist:
Viele Theologen sagen
aber,
manches in der Bibel sei märchenhaft, eine Legende oder nur symbolisch verstehbar.
Und dazu wird dann oft gezählt, wie gemäß der Überlieferung der "Satan" über diese Prüfung Hiobs mit Gott verhandelt.
Der Theologe:
Auch ich habe im Studium
gelernt, dass um die "eigentliche" Hiob-Geschichte nachträglich ein
"erzählerischer Rahmen" gelegt worden sei, eben mit diesem Inhalt, dem
Dialog Satans mit Gott.
Dieser so genannte "Rahmen" beinhaltet allerdings die schlüssige Erklärung, dass es sich
in der folgenden Erzählung um
eine Prüfung Hiobs handelt. Behauptet man nun, das sei nur ein Rahmen und dieser
sei nicht ursprünglich, sondern
märchenhaft und nachträglich hinzugefügt, dann versucht man damit nur, seine
falschen und letztlich gegen die eigene Bibel gerichteten Theorien zu
verteidigen. Man will also seine theologischen Spekulationen um ein angebliches "Geheimnis Gottes" in der
angeblich "eigentlichen" Hioberzählung beibehalten. Und das geht
natürlich nur, wenn man die klare Erklärung, die ja in den Bibeln selbst steht,
verwirft, eben dass es sich um eine Prüfung handelte.
Manche andere Theologen versuchen auch, das Leiden Hiobs auf soziale oder politische
Gründe zurückzuführen, worüber man natürlich nachdenken kann. Gottesboten wurden
in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld fast immer verleumdet und
verfolgt, vor allem, weil sie immer gegen die Kriege und die Unterdrückung der
einfachen Leute durch Priester und Obrigkeiten die Stimme erhoben. Leider gibt
es darüber bei Hiob keine erhalten gebliebenen historischen Quellen. Und in der
biblischen Erzählung liegt der Schwerpunkt auf einer anderen Stelle. Dort heißt
es schlicht und klar: Wer sich für ein Leben nach den
Geboten Gottes entscheidet, darf von den Mächten der "Finsternis" geprüft
werden.
Der Theologe:
Ja. Manche lesen aus einer bestimmten Bibelstelle das Gegenteil von dem heraus, was ein
anderer darin findet. Oft genügt dann genaues Lesen, um zu verstehen, wie es
wirklich gemeint ist.
Dazu möchte ich einmal einen Satz von Jesus von Nazareth zitieren. Als Petrus bei der Gefangennahme von Jesus
mit dem Schwert einen Mann aus der Anhängerschaft der Hohenpriester schwer verletzt hat,
heilt Jesus die Verletzung und ermahnt Petrus: "Steck Dein Schwert in die Scheide;
denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen" (Matthäus
26, 52). So ist die Stelle in der evangelisch-katholischen Einheitsübersetzung richtig
wiedergegeben.
Damit erinnert Jesus den Petrus an das Gesetz von Saat und Ernte:
Wer einen anderen tötet, der wird einst nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung
– in
diesem oder einem weiteren Leben – mit dem Schwert getötet werden. So weit. Es sei denn,
so könnte man hinzu fügen, die Tat
würde zuvor bereinigt. Doch dieser weitere Aspekt ist hier nicht genannt.
Der Theologe Martin Luther dreht den Sinn des Jesuswortes jedoch völlig ins Gegenteil und macht daraus ein "Gesetz
des Schwertes", eine angebliche Aufforderung von Jesus an den Staat zur Todesstrafe.
Das Wort von Jesus sei nach Luther "zu verstehen wie 1. Mose 9, 6: ´Wer Menschenblut
vergießt` usw. [dessen Blut soll wieder durch Menschen vergossen werden] Ohne
Zweifel verweist Christus mit diesem Wort auf jene Stelle und will damit jenen Spruch
[neu] einführen und bestätigen", so Martin Luther. (Die weltliche Obrigkeit und die Grenzen des
Gehorsams, in: Luther Taschenausgabe, Band 5, Berlin 1982, S. 112)
Zur Begründung seiner Interpretation gibt Martin Luther die Stelle im Matthäusevangelium
in einer ganz anderen
Übersetzung wieder.
Bei ihm heißt es nämlich: "Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs
Schwert umkommen." Doch was ist nun richtig? "Wird durchs Schwert
umkommen" oder "Soll durchs Schwert umkommen"? Das ist nicht das
Gleiche, sondern etwas völlig anderes.
Schaut man näher hin, ergibt sich folgender Sachverhalt: Im griechischen Urtext steht Futur, was man in der Regel mit
"wird
umkommen" bzw. "werden umkommen" übersetzt, wie im Deutschen
auch.
Wäre "soll" die richtige Übersetzung, könnte man dies durch einen
griechischen Imperativ besser und unmissverständlich ausdrücken. Doch der
steht nun mal nicht da.
Auch hier gilt also: Die Wahrheit ist einfach. Die Lüge – in diesem Fall – des
Theologen Martin Luther kompliziert und im Endeffekt grausam.
Der Journalist
: Martin Luther sagt sogar, "ohne Zweifel" sei das so zu verstehen, wie er es deutet, und er fühlt seine Deutung auch durch das Alte Testament bestätigt.
Der Theologe:
Weil er dort den Sinn genauso uminterpretiert bzw.
gefälscht hat wie im Neuen Testament.
Schaut man auch hier näher hin, dann stellt sich heraus: Bei der hebräischen Zeitform in
1. Mose 9, 6 gäbe es grundsätzlich zwei Übersetzungsmöglichkeiten.
Die seltenere der beiden Möglichkeit lautet: Das Blut "möge ... vergossen werden".
Für Insider: Es wäre die hebräische
so genannte "Jussiv"-Form als Ausdruck eines Wunsches.
Die nahe liegende Übersetzungsmöglichkeit
heißt jedoch: Das Blut "wird vergossen". Wiederum für Insider:
Im Hebräischen steht hier "Imperfekt", was in dieser Sprache vor allem
bedeutet, dass der Vorgang noch nicht abgeschlossen ist.
Sicher ist dabei: Auch hier geht es um Saat und Ernte.
Für diese nahe liegende Übersetzung wird sich auch im wissenschaftlichen Standardwerk für Übersetzungen, dem
hebräischen und aramäischen Handwörterbuch von Wilhelm Gesenius (Berlin/Göttingen/Heidelberg 1962) entschieden.
Noch ein letztes Mal zur Verdeutlichung für sprachwissenschaftlich Interessierte:
Die hebräische "Imperfekt"-Form bringt den Aspekt des Unvollendeten, Dauernden,
Werdenden zum Ausdruck. Und das passt hier genau: Im Augenblick des Mordes beginnt für den Mörder
die Zeit nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung zu laufen. Noch ist die Wirkung
"nicht vollendet", doch die Ursache wirkt, wenn sie nicht bereinigt ist,
"dauernd" und "wird" früher oder später die entsprechende Wirkung bringen.
In dem noch "Unvollendeten" liegt bis zum Eintritt der Wirkung jedoch die Chance der Reue, der Bitte um Vergebung und der
Wiedergutmachung, so dass diese Wirkung vielleicht noch abgewendet werden kann. Wichtig ist hierbei, dass die Seele des Ermordeten, die im Jenseits
weiterlebt, ihrem Mörder verzeiht.
Während die Wirkungsweise des Gesetzes von Saat und Ernte bis in solche
Feinheiten hinein im hebräischen Text angelegt ist, entscheidet
sich Martin Luther in der Art seiner bornierten Gewaltaufrufe für die andere Möglichkeit und damit für einen ganz anderen Sinn, und
er schießt bei seiner vermeintlichen Übersetzung dann auch noch über das Ziel hinaus. Aus dem
abwägenden "möge vergossen
werden" wird bei ihm ein forderndes "soll vergossen werden".
Doch das ist hier nicht mehr der Inhalt Bibel. Das ist Martin Luther, der seine maßlosen Forderungen
nach Todesstrafen [siehe dazu Der Theologe Nr. 3]
in diese Bibelstelle hinein deutet. So wie es auch alttestamentliche Priester vor
ihm gemacht haben, die ihre Todesurteile gegen unzählige Menschen aus diesen
Worten abgeleitet haben.
Der Journalist: Es ist also nicht unbedeutend, in welcher Bibel man liest. Kann man sagen: Bibel ist nicht gleich Bibel?
Der Theologe:
Das stimmt. Doch die evangelisch-katholische Einheitsübersetzung verdrehte dafür eine
andere Stelle entscheidend, die bei Luther einmal zutreffend wiedergegeben ist. Ich
denke an das 5.
Gebot.
Das 5. Gebot heißt "Du sollst nicht töten." (2. Mose 20, 13)
In der Einheitsübersetzung wurde es jedoch 1980 verändert in "Du sollst nicht morden"
–
offenbar, um doch ein Schlupfloch zu lassen für Ausnahmen, zum
Beispiel für unzählige kirchliche Tötungserlaubnisse im Krieg, für Blutbäder
ohnegleichen, zuletzt in zwei großen Weltkriegen des 20. Jahrhunderts, auch auch
für das milliardenfache Töten von Tieren.
Das stärkere Wort "morden" für "töten" könnte nun in der hebräischen Sprache
ebenfalls anderweitig zum Ausdruck gebracht werden,
was aber an dieser Stelle zu weit führt. Die Bedeutung ist: Nicht töten, ohne Ausnahme.
Und es gilt auch hier: Die Wahrheit ist einfach,
die vermeintliche Ausnahme kompliziert und bestialisch grausam.
In diesem Fall wurde die Bibelfälschung in der Neuauflage von 2016 nach 36
Jahren und vielen Protesten wieder rückgängig gemacht, und auch dort lautet das
5. Gebot nun wieder "Du sollst nicht töten". Ein Gesinnungswandel hat deshalb
aber nicht stattgefunden. Denn man interpretiert es weiter im Sinne von "Du
sollst nicht morden" und vertritt weiter die obigen Ausnahmen.
Der Journalist: Übersetzungen der Bibel sind also manchmal Fälschungen.
Der Theologe:
Schon Luther klagte, es sei ein "beschwerliches Werk, die hebräischen Erzähler zu zwingen, Deutsch zu reden. Wie sträuben sie sich, ... gleich als ob man eine Nachtigall zwänge, ihren melodischen Gesang aufzugeben und den Kuckuck nachzuahmen, dessen eintönige Stimme sie verabscheut". (zitiert nach Pinchas Lapide, Ist die Bibel richtig übersetzt?, Gütersloh 1986, S. 19)Der Journalist: Wie ist es mit der Stelle "Auge um Auge, Zahn um Zahn"?
Der Theologe:
Auch diese Stelle (2. Mose 21, 24) ist ein Beleg für das Gesetz von Ursache und Wirkung.
Das heißt, dieses Gesetz rechnet früher oder später exakt ab. Doch die
Bibelstelle wurde in eine Erlaubnis zur Vergeltung uminterpretiert und der Inhalt damit
ebenfalls verfälscht.
Diese Vergeltungstheorie weisen übrigens auch jüdische Wissenschaftler zurück und deuten die
Stelle im Sinne von Entschädigung und Wiedergutmachung bei Körperverletzung.
Der bekannte jüdische Philosoph Martin Buber übersetzt in diesem Sinne "Augersatz
für Auge; Zahnersatz für Zahn." (zitiert nach Lapide, a.a.O., S. 68)
Martin
Luther verwendet auch hier "soll" statt "wird": "Schaden
um Schaden, Auge um Auge, Zahn um Zahn; wie er einem Menschen verletzt hat, so soll man
ihm auch tun ... wer aber einen Menschen erschlägt, der soll sterben"
(3. Mose 24, 19.20, Lutherübersetzung; vgl. auch 2. Mose 21, 12 ff.).
Damit landet er auch hier wieder bei seinen Todesstrafen-Forderungen.
Der Journalist
: Martin Luther fordert ja Todesurteile und Tötungen gegenüber zahlreichen Bevölkerungsgruppen, darunter Andersgläubige, auch wenn diese friedfertig sind.Der Theologe:
Und er beruft sich dabei auf seine eigenen Bibelübersetzungen bzw. Bibelfälschungen [vgl. zu diesem Thema: Der Theologe Nr. 1 – Wer folgt Luther nach, und wer folgt Christus nach? und Der Theologe Nr. 3 – So spricht Martin Luther – so spricht Jesus von Nazareth].
Der Journalist:
Wie hat es Jesus mit der Lehre von Saat und Ernte gehalten?
Wenn es so klar ist, dann müsste man das doch auch in der Lehre von Jesus so
wieder finden.
Der Theologe:
So ist es auch. Auch Jesus lehrt das Gesetz von Saat und Ernte bzw. er setzt es bei allen seinen Lehren selbstverständlich voraus. Nur einige wenige Beispiele dafür:
Der Journalist: Kann man also sagen, das Unglück von Siloah war für viele Überlebende ein Fingerzeig, eine Warnung? Und Jesus hatte die Deutung gleich mitgegeben?
Der Theologe:
Wer nicht vom Unglück betroffen war, konnte sich wieder die "Gnadenzeit"
bewusst machen, die ihm geschenkt war, um sein Leben erneut nach dem Geboten Gottes
auszurichten und eine gute Saat in den "Acker des Lebens" zu säen.
In einem der Gleichnisse vergleicht Jesus sein Wort auch mit einer Saat, die auf
unterschiedlichen Boden fällt. Je nach Bodenqualität, sei es ein Weg, ein felsiger
Boden, seien es Dornen oder ein guter Boden, wird die Ernte sein. (z. B. Markus 4, 1-20)
Die Ausgangsbedingungen bei der Saat bestimmen also die Ernte. Oder in einem anderen Bild gesprochen: Die
Früchte eines Baumes entsprechen der Qualität des Baumes bzw. seines Standorts. Jesus weist auch in der
Bergpredigt darauf hin: "So bringt jeder gute Baum gute Früchte; aber ein fauler
Baum bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, und
ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen." (Matthäus 7, 17-18)
Die Schlussfolgerung daraus im Hinblick auf die Menschen ist: "An ihren
Früchten sollt ihr sie erkennen." (V. 20)
Gute Früchte, also gute Ernten, weisen auf einen entsprechenden guten Baum bzw. eine
entsprechende gute Saat hin, schlechte Früchte auf einen schlecht gewordenen
Baum bzw. eine schlechte Saat. So einfach ist das. Die Früchte zeigen es auf,
und die Früchte kann jeder erkennen.
Der Journalist: Spricht Jesus nicht von den "Früchten", um echte von falschen Propheten zu entscheiden?
Der Theologe:
Es gilt für Propheten. Es gilt aber auch für jeden
anderen Menschen. Entscheidend ist nicht das Wissen, das jemand hat oder die
Worte, die er macht. Sondern das, was er tut und was er in sein Tun hinein legt. So könnte eine wichtige Frage
immer lauten: Wenn ich das und das tue, was hat mein Nächster davon?
Der Journalist:
Und das ist auch ein guter Merksatz und Schlusspunkt zu diesem Thema. Vielen
Dank für das Gespräch.
Anhang:
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Nachwort zu "Kirche und Reinkarnation":
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Sprecher 1
In der Region, in der er lebte, war
der Kirchenführer und Oberpriester ein bekannter und öffentlich sehr geschätzter Mann gewesen.
Und auch nach Eintritt seines Ruhestands bestieg er immer wieder die Kanzel und predigte zu den Gläubigen. Nun ist er gestorben, und
–
so hieß es in mehreren Zeitungsanzeigen – dürfe er schauen, was er geglaubt
hat. Das sind hoffnungsfrohe Worte, auch wenn keiner wirklich weiß, was sie
konkret bedeuten sollen. Denn dieses vermeintliche Schauen geschieht eben im
Jenseits, und
es ist
den Menschen auf der Erde meist verborgen. Doch wie wäre es, wenn wir für
einige Augenblicke einmal den Schleier vor dem Jenseits auf die
Seite ziehen könnten? Vielleicht könnten wir dann solches oder ähnliches
miterleben, was in der nun folgenden Geschichte erzählt wird.
Sprecher 2
"Diese neue Fähigkeit, die
Gespräche und sogar Gedanken von Menschen auf der Erde wahrnehmen zu können,
hat auch ihre Kehrseite", so denkt er sich. Und auch im Jenseits weiß
er immer noch nicht, wo er eigentlich hingehört, er hat ja noch nicht einmal
eine vernünftige
Orientierung. Er könne ja nicht ständig, gleichsam wie auf einer jenseitigen
Wolke schwebend, sich immer nur wieder mit jener Welt beschäftigen, aus der er
sich doch eben erst verabschiedet habe.
Im Sarg
hatte man ihm extra noch seine Kirchenmütze aufgesetzt, die er immer bei den
Kirchenveranstaltungen getragen hat. Und diesen Hut trägt er jetzt wieder
im Jenseits – und zwar bewusst und mit einem
gewissen Stolz und natürlich auch mit dem Quantum an Demut, wie er es in seiner
Ausbildung zum Kirchenhirten gelernt hat. Und
wie er sich selbst so betrachtet, so kommt ihm der Gedanke: "So viel scheint sich durch
den Tod gar nicht geändert zu haben."
Sprecher 1
Als die
Ehrerbietungen aus seiner früheren Umgebung dann allmählich nachlassen,
konzentriert sich der Kirchenmann verstärkt darauf, seine neue Umgebung zu erkunden. So entschließt er
sich, hier nun endlich die "Türe
des Glaubens" zu finden, durch die er in
den Himmel einzugehen wünscht.
In seiner letzten Predigt auf der Erde hatte er noch
über diese Türe gesprochen, welche auch den würdevoll klingenden lateinischen
Namen "Porta fidei" trägt, auf Deutsch eben "Die Tür des Glaubens".
Unter hinter dieser Tür, dieser Porta fidei, so hatte er damals mit
eindringlichen Worten gepredigt, hinter
dieser Türe würde sich das Mysterium, das Geheimnis des Glaubens, in seiner
ganzen Fülle entfalten. Vermutlich ist diese Porta, diese Tür also,
ja unmittelbar in seiner Nähe. Doch habe er sich wohl durch sein nochmaliges
Umherschweifen auf der Erde so ablenken lassen, dass er sie noch nicht
gefunden hat und dass sich das Geheimnis folglich noch nicht habe in seiner
Tiefe entfalten können, so wie er es gepredigt hatte.
Sprecher 2
Doch ehe er sich neu entscheidet, ob er jetzt mehr links oder mehr rechts oder
eher vorne oder vielleicht hinten suchen soll, werden seine Gedanken bereits unterbrochen. Denn auch diese Welt, in der er sich jetzt befindet, ist bewohnt.
Und es hat eine Zeitlang gedauert, bis er begriffen hat, welches jetzt seine neuen
Mitbewohner in dieser Welt sind, die ihn – anders als die Menschen auf der Erde
– weiterhin
sehen und hören, so wie umgekehrt auch er sie sieht und hört. Es handelt
sich, wie ihm aufgrund seiner Schlussfolgerungen klar wird, um Menschen, die
– wie er – auf der Erde
einst verstorben waren. Und allen
gemeinsam ist: Ihr Leib hat nun keine feste und undurchdringliche materielle Form mehr wie auf der
Erde. Die Körpermasse scheint durchlässig zu sein, fast gasförmig, aber dennoch zu einer gewissen
Dichte komprimiert. "Aha", denkt sich der Kirchenführer. "So ist das also."
Und alles das ist hier für die Bewohner des Jenseits völlig normal und real, weil
ausnahmslos jeder
nun einen solchen Leib besitzt.
Sprecher 1
Und während also der verstorbene Kirchenmann
noch über seine neue Lebenssituation und seinen neuen Seelenkörper grübelt, haben mehrere Bewohner der jenseitigen Welt den Neuankömmling wahrgenommen und
beginnen, sich ihm zu nähern. Dieser jedoch hat nun seine Augen geschlossen und
seine Hände wie bei einer kirchlichen Weihehandlung zur Seite geöffnet, während er,
einmal lauter, ein andermal leiser, einige auswendig gelernte Sätze über das
"Geheimnis des Glaubens" vor sich hin spricht. Erst als der erste jenseitige Mitbewohner
in einiger Entfernung in Sichtkontakt stehen bleibt, wird er von dem Kirchenmann wahrgenommen, welcher nun
seine Augen wieder öffnet und seine Hände in seinen Schoß legt. Und dann
sieht er auch andere Bewohner langsam auf ihn zukommen und er beginnt, an
den Gesichtszügen zu erkennen, um wen es sich dabei wohl handelt. Es sind allesamt Seelen von
Menschen, mit denen er auch im vergangenen Erdenleben zu tun hatte und die
vor ihm verstorben waren.
Sprecher 2
Doch während es für ihn zuletzt noch einigermaßen
angenehm war, als Seele aus dem Jenseits unerkannt unter den weiter auf der Erde lebenden Menschen zu
schweifen,
so verschlechtert sich die Stimmung nun von Augenblick zu Augenblick mehr, je
näher ihm diese Wesen kommen. Und obwohl er die Menschen,
die jetzt als Seelen auf ihn zukommen, in
guter Erinnerung hat, beruht diese Erinnerung offenbar nicht auf Gegenseitigkeit. Denn ein
ernster
Blick nach dem anderen kommt Meter für Meter näher auf ihn zu.
Sprecher 1
"Was ist hier denn nur los?"
spricht er unsicher über die Köpfe der Näherkommenden hinweg.
Einigen dieser Leute hatte er einst als Kirchenführer
versichert, dass sie, die Menschen, später in den Himmel kommen. Doch nun
begegnet er ihnen wieder an einem Ort, der ganz offensichtlich nicht der
Himmel ist. Keine Spur von Glanz und Herrlichkeit, nur eine beklemmende und
für ihn zunehmend bedrohlicher werdende Stimmung. Denn diese Seelen von
Menschen, die ihn früher mit Schmeicheleien
umgarnten, ihm Spendengelder in die Hand drückten und die ihn an den Sonntagen und
Feiertagen mit Festbraten und Kuchenstücken
verwöhnten, scheinen all ihre Unbeschwertheit und Fröhlichkeit verloren zu
haben.
Sprecher 2
"Wo ist denn bloß die Tür des Glaubens"?
ruft der Kirchenführer ihnen nun mit nervöser und hektischer Stimme zu, so,
als wolle er sie noch in einiger Distanz zu ihm aufhalten. "Wisst ihr, wo wir hin müssen? Ihr seid doch
schon länger hier. Wo ist die Tür?" Keiner antwortet, und die Beklemmung wandelt sich für
den Kirchenführer deshalb mehr und mehr in Angst, die sich noch einmal steigert, als
er sieht, dass die Leute mittlerweile von allen Seiten gekommen sind, ihn regelrecht
umzingelt haben. "Das wollten wir Sie gerade fragen", so
die Antwort einer der Gestalten.
"Wir haben nichts von dem hier gefunden, was Sie uns auf der Erde erzählt
haben", so die nächste Stimme. "Aber wir wissen jetzt mehr als früher auf
der Erde. Wir wissen jetzt, dass man uns betrogen hat. Und einer der
Betrüger waren Sie."
Sprecher 1
Diese Worte schienen den ganzen
Seelenleib des Kirchenführers wie ein Blitz zu durchdringen, und es verschlägt ihm zunächst die Sprache.
Jeder dieser vielen Bekannten tritt nun
der Reihe nach vor ihn hin, und einer nach dem anderen stellt den
Kirchenführer zur Rede und
klagt ihn an. Und fast jeder beginnt seine Anklage mit
den Worten:
Sprecher 2
"Sie haben mich in die Irre geführt und mich um die Chance meines Lebens gebracht!"
Sprecher 1
Dann zählen die ehemaligen Weggefährten des Kirchenführers auf, was sie auf der Erde falsch gemacht haben, was
sie versäumt haben zu tun und was sie nicht erfassten und erkannten, weil der
Kirchenmann es sie falsch gelehrt hatte.
Und die ehemals Gläubigen klagen nun den Oberpriester an.
Sprecher 2
In diesem Augenblick stürzt eine dunkle Gestalt schreiend aus einer dieser Türen auf den
Kirchenführer zu und versucht, mit eine Keule seinen Kopf zu treffen. Doch
im letzten Moment weicht der Würdenträger geschickt aus, so dass der
Angreifer ihm nur den Kirchenhut vom Kopf schlägt. Dann ist die Gestalt
so plötzlich wieder hinter der Türe verschwunden, wie er aus ihr aufgetaucht
war. Furchtsam und
schockiert schaut der Würdenträger von einer Türe zu anderen, bückt sich und
setzt sich dann seine Priestermütze wieder auf. Dann beginnt er zu rufen: "Hilfe, Hilfe, Hilfe!"
Als niemand antwortet, fasst er den Entschluss, nun
unverzüglich durch eine der Türen zu gehen, um diesem zunehmendem Grauen zu
entgehen. Eine davon werde schon die "Tür des Glaubens" sein, die in den Himmel führt. Nur: Welche ist die
richtige? Eine ist es sicher nicht, so denkt er. Diejenige, hinter welcher
der Angreifer wieder verschwunden ist. Am besten die entgegengesetzte, so
seine Überlegung. Doch er verspürt auf einmal
einen quälenden Schmerz in den Beinen, der ihn lähmt, und er stöhnt:
Kirchenführer
"Was ist denn nun schon wieder? Warum komme ich nicht vom Fleck?
Ich habe Angst. Hilfe!"
Sprecher 2
Darauf hin kommt ein weiterer Mann vorbei, den er auch von
früher auf der Erde kannte, der aber keine Klage vorzutragen scheint und der
auch weniger vorwurfsvoll blickt. Dies empfindet der Kirchenführer
augenblicklich als ein Zeichen dafür, das Schlimmste vielleicht jetzt
überstanden zu haben; wenn nur die Angst vor der dunklen Gestalt mit der
Keule
und dieser Schmerz in den Beinen nicht wären, die
ihn jetzt voll in Beschlag nehmen, so dass er gar nicht wahrnimmt, dass auch
dieser einstige Bekannte mit ihm ins Gespräch kommen möchte. Und der
Bekannte sagt:
Bekannter
"Auch mich hätten Sie einst fast um die Chancen meines Lebens gebracht. Doch
ich habe Ihnen zum Glück nicht geglaubt, und ich habe meinen Weg auf der
Erde noch
rechtzeitig gefunden."
Sprecher 2
Doch der Kirchenführer hört gar nicht richtig zu, denn er ist
weiterhin mit sich selbst beschäftigt und er spricht nun seine Gedanken an den
einstigen Bekannten heran:
Kirchenführer
"Wer war der brutale Mann mit der Keule? Und warum habe ich plötzlich Schmerzen in den Beinen und kann mich
nicht von hier
fortbewegen, so dass ich nicht einmal bis zu den Türen gehen kann, die ich
hier sehe? Können Sie mir eine Antwort geben? Was ist das hier für ein
mysteriöser und furchtbarer Ort? Ich möchte weg von hier.
Ich suche die Tür des Glaubens, die Porta fidei, falls Sie Latein verstehen,
die Türe zum Himmelreich."
Sprecher 2
Der Bekannte schweigt einige
Augenblicke, weil er merkt, dass es dem Priester völlig gleichgültig ist, wer er,
der Bekannte, ist und warum er nun hier steht. Doch dann beginnt er, mit sehr ernster Stimme
zu sprechen.
Bekannter
"Latein verstehe ich nicht. Es ist die Sprache der Mächte, denen Sie auf
der Erde gedient haben. Aber es gibt eine Sprache, die wir beide verstehen.
Und in dieser Sprache sage ich: Zuerst runter mit dem Hut.
Sprecher 2
Der Kirchenführer ist irritiert.
Kirchenführer
"Was
reden Sie so geheimnisvoll? Der Mann mit dem Schlagstock hatte mir ja schon
meine Priestermütze vom Kopf geschlagen. Doch dieser Hut weist mich aus als
geweihter Mann der Kirche. Das könnte für mich noch einmal wichtig werden. Und können Sie mir vielleicht sagen, ob eine dieser
Türen hier die ´Tür des Glaubens` ist, die ich zu finden hoffe? Dann werde ich
unverzüglich dort hindurch gehen, wenn Sie mir vielleicht helfen und mich
ein wenig stützen
könnten wegen der Schmerzen in den Beinen."
Bekannter
"Ich
weiß, dass Sie oft über diese Türe gepredigt haben. Deshalb glauben auch
viele Menschen daran, die noch im Diesseits leben."
Sprecher 2
Und der Mann zeigt mit ausgestreckter Hand Richtung Erde.
Bekannter
"
Kirchenführer
Kirchenführer
"Bitte!"
Bekannter
"Es kommt zuallererst darauf an, zu bereuen.
Und sich
zumindest um diese Reue zu bemühen. Sonst sind alle unsere
Mahnungen umsonst."
Kirchenführer
"
Sprecher 2
Der Bekannte zwingt sich ein Lächeln ab.
Bekannter
"Haben Sie es noch nicht verstanden?
Alle Türen hier sind die Türen
Ihres Glaubens. Und Sie werden sie
auch der Reihe
nach öffnen. Eine nach der anderen. Keine Sorge. Sie verpassen nichts. Doch Sie können
auch nicht ausweichen.
Ich kann Ihnen sagen, was Sie hinter jener Türe erwarten
wird, auf die Sie zeigten. Dahinter warten
unzählige Tiere, denen Sie die
unsterbliche Seele abgesprochen haben. Darunter die Rehe, die Sie zuletzt für das
Kirchenfest erschießen und ausweiden ließen; auch die gequälten Tiere aus dem
Versuchslabor, das Sie gesegnet haben; die Kälbchen, die ihren
Müttern weggenommen wurden und die Sie in Ihrem letzten Erdenleben verzehrt
haben. Sie wissen schon: Zartes Kalbfleisch war ja Ihre Lieblingsspeise. Und viele
Tiere mehr, die hinter dieser Türe darauf warten, dass Sie, Kirchenführer, deren einstigen Schmerz fühlen."
Sprecher 2
Dem Kirchenführer wird nun noch mehr bange, und er wird noch unruhiger und
in seiner Verzweiflung nun auch lauter.
Sprecher 2
Der Bekannte ist nun wieder ganz ruhig, und er bemüht sich, das Innere des ehemaligen
Kirchenmannes in sein Herz aufzunehmen und selbstlos zu lieben. Und er antwortet
verständnisvoll und geradlinig:
Bekannter
"Dann warten Sie es eben ab
und gehen vorerst noch nicht durch diese Tür. Sie können auch durch eine der
anderen Türen gehen, wo Sie das Leid von Menschen
spüren. Dort werden Sie den Menschen wieder begegnen, die vorhin da waren
und wieder gegangen sind und noch vielen anderen mehr. Sie können alle Türen öffnen und es wird
Ihnen nichts
unbekannt sein. Sie befinden sich hier in Ihrer Welt, die Sie sich selbst geschaffen haben."
Sprecher 2
Sprecher 2
Doch nach diesen
Worten bäumt sich das alte Ego des Kirchenmannes noch einmal mächtig auf.
Sprecher 2
Sprecher 2
Der
Kirchenmann atmet nun schwer und unruhig, und er klammert sich innerlich an seinem
Gesprächspartner fest; so, als ob dieser doch irgendeine Möglichkeit kennen müsste,
um ihn, den Kirchenführer, augenblicklich aus seiner misslichen Lage zu befreien. Und
der Bekannte des Kirchenmannes spürt,
dass seine Worte nun doch schon einiges bewirkt haben.
Bekannter
"Beten Sie um Reue und bitten Sie dann die vielen Menschen mit
offenem Herzen um Vergebung!
Und auch die Tiere.
Ja, flehen Sie um Vergebung! Aber beten Sie
nicht mehr zu dem Gott, über den Sie auf der Erde predigten und rufen Sie
auf keinen Fall nach
denen, die Ihre lateinischen Wörter verstehen! Vergessen Sie alle Ihre
Gebetbücher, Ihr Taufwasser, Ihre Hostien und so weiter! Beten Sie einfach zum
gerechten und barmherzigen Schöpfergott, der auch in Ihrem Herzen wohnt. Und
Er zeigt Ihnen den nächsten Schritt."
Foto rechts: Kirchenführer mit Kirchenhut im Jenseits; ursprüngliche Aufnahme: Dr. Meierhofer (2006), bearbeitet gemäß GNU-Lizenz für freie Dokumentation
Sprecher 2
Kirchenführer
Sprecher 2
Der Kirchenmann merkt allmählich,
dass er dem, was er verursacht hat, wirklich nicht ausweichen kann und dass auch sein
Intellekt ihm nicht weiter hilft.
Er breitet wieder seine Arme aus und ruft ein weiteres Mal:
Sprecher 1
Sprecher 2
Nur eines weiß man,
und es wurde durch eine
undichte Stelle im Schleier zum Jenseits erspäht: Seine Kirchenmütze liegt immer noch
völlig verstaubt und von Motten angefressen an der Stelle, an der er sie einst abgesetzt hatte. Und es besteht die
gute Hoffnung, dass er nie wieder zu jenem Platz zurück kehrt, um sie zu holen.
FREIGABE – Das Hörspiel "Die Tür des Glaubens" ist für jedermann bei nichtkommerzieller Aufführung oder Lesung frei gegeben, wenn die Quelle schriftlich oder mündlich genannt wird. Bei Wunsch nach kommerzieller Nutzung oder Veröffentlichung bitte mit uns in Verbindung setzen!
Vor allem in Völkern, die um die Reinkarnation wissen – Inder, Burmesen, Aleviten u. a. – erinnern sich Kinder oftmals an frühere Leben. Immer häufiger berichten die Medien über solche Fälle. In seinem Buch Reinkarnationsbeweise konstatiert der amerikanische Reinkarnations-Forscher Ian Stevenson: "Geburtsnarben und Muttermale belegen die wiederholten Erdenleben des Menschen."
Wenn die 12jährige Jasemin mit ihrem "Sohn" spricht, nimmt sie wie selbstverständlich die Rolle der Mutter ein. Der "Sohn" ist 41 Jahre alt und zweifelt nicht daran, dass Jasemin im
vorhergehenden Leben tatsächlich seine Mutter war. Sie hieß damals Fathma. Mit 60 wurde Fathma von ihrem Ehemann mit einer Sichel erstochen, weil sie "vom Zigarettenholen zu spät nach Hause kam." (Mona Lisa, ZDF, 31.10.1999)Wie oft hat uns die alte Linde schon gesehen?
Sobald Jasemin laufen konnte, wollte sie unbedingt zu Fathmas
Wohnung und zu den Kindern. Sie führte ihre Eltern hin: "Das ist das Haus, in dem ich gestorben
bin." Doch sie sehnt sich nach dem früheren Leben nicht zurück.
Es sind meist tödliche Unfälle oder Gewalttaten, über die Kinder, die
sich an ihr vorhergehendes Leben erinnern können, berichten. Es ist, als ob das Ereignis
seelisch nicht verarbeitet wurde und daher die Bewusstseinsschranke zur Vergangenheit
offen blieb.
"Ich habe zwei Väter"
Der elfjährige Özan S.
erinnert sich, dass er von einer einstürzenden Mauer erschlagen wurde. Damals, in seinem
vergangenen Leben, war er 20 Jahre alt und hieß Mithat. Als Säugling war sein Rücken
voll von merkwürdigen blauen und grünen Flecken. Es kam der Tag, an dem Özan
sagte: "Große Steine sind auf mich gefallen." Später sprach er eine
fremde Frau auf der Straße mit "Tante" an. Als diese antwortete: "Ich bin nicht deine
Tante", entgegnete Özan: "Doch, du bist Tante Hülya." Die Frau hieß
tatsächlich Hülya. Durch sie fand Özan seine frühere Familie wieder.
Heute sagt er: "Ich habe zwei Väter, zwei Mütter, ich habe zwei Familien." (Süddeutsche Zeitung,
6.8.1999)
Özan und Jasemin sind Aleviten – eine vor allem in der Türkei
verbreitete religiöse Gemeinschaft, die stark schiitisch-islamische Züge trägt und
deren Angehörige die Wiedergeburt für selbstverständlich halten.
Immer häufiger berichten die Medien über solche Ereignisse. Und vor
kurzem brachte auch die auflagenstarke Boulevard-Zeitung Bild
einen Artikel über Reinkarnation und fragte: "Hat dieser Mensch schon einmal gelebt?"
Der amerikanische Psychiater Ian Stevenson, der fast 40 Jahre lang
solche Fälle gesammelt hat, fand heraus, dass in etwa der Hälfte der Fälle ein
gewaltsamer Tod vorlag mit entsprechenden Verletzungen des Körpers. Die körperlichen
Spuren solcher Verletzungen traten in vielen Fällen im neuen Leben wieder auf
– in
Narben, Missbildungen und Muttermalen. Stevenson versuchte nun, solche körperlichen
Merkmale im Vorleben der Betroffenen nachzuweisen. Die vielen Übereinstimmungen, die er
fand, hält er für geradezu objektive Kriterien für das Vorliegen einer Reinkarnation.
"Körperlose Persönlichkeit"
Dr. Ian Stevenson hat insgesamt 2.600 Fälle von Reinkarnation dokumentiert. In seinem Buch Reinkarnationsbeweise stellt er 225 Fälle vor, in denen körperliche Erkennungsmerkmale vorliegen. Er argumentiert, dass Missbildungen bei Neugeborenen nur zum Teil auf Erbfaktoren, Virusinfektionen oder chemische Stoffe zurückzuführen seien. Bei 43 % bis 70 % der Fälle sei die Ursache aus medizinischer Sicht nicht zu erklären. Hier setzt seine These an: Eine verstorbene Person könne als "körperlose Persönlichkeit" die Form eines später geborenen Kindes beeinflussen. Stevenson verwendet nicht das Wort "Seele" und prägt stattdessen einen neuen Begriff: "Psychophore", wörtlich Seelenträger. Die Psychophore sei eine Art Schablone, die die Attribute des letzten physischen Körpers enthalte, darunter auch Missbildungen und Muttermale. Diese Schablone präge dem Embryo die Erinnerung an "die Wunden, Male oder anderen Charakteristika des früheren physischen Körpers" auf. Sie bestehe jedoch nicht aus der uns vertrauten Materie. "Woraus sie gemacht ist, weiß ich nicht", so Stevenson. Er meint, "dass die Psychophore die Eigenschaft eines Feldes oder einer Sammlung von Feldern besitzt, mittels derer von ihnen gespeicherte Erinnerungen oder anderer Aspekte des früheren Lebens mehr oder weniger reproduziert werden, indem sie auf den Embryo oder den Fötus des neuen Körpers einwirken". Was Stevenson hier beschreibt und mit seiner Theorie zu erklären versucht, entspricht dem geistigen Wissen über die Unsterblichkeit der Seele. Demnach verbindet sich die unsichtbare und unsterbliche Seele mit den Genen im materiellen Körper und formt diesen nach ihren Vorgaben.
Schwarze Vögel – Symbol für die belasteten Seelen der Menschen – Sie laufen (unten im Bild) in ein Ei aus Stein – Symbol für die Eingeburt in den menschlichen Körper. Sie fliegen mehrmals hinein und heraus – und schließlich davon. Wollte Hieronymus Bosch damit das Freiwerden vom Rad der Wiedergeburt versinnbildlichen?
Durch ihre Recherchen fand sie heraus, dass es den Kindern nach ihrem
Weggang keineswegs so schlecht ging, wie sie befürchtet hatte: Dem Vater wurde das
Sorgerecht entzogen; die Kinder wurden gut versorgt, besser als es vorher der Fall war;
alle erhielten eine gute Schulbildung. Daraus wird deutlich: Unser Bewusstsein ist oftmals
nicht in der Lage, die Chancen, die in einer für uns zunächst negativen Situation
liegen, abzuschätzen und zu erkennen.
Zum Ärger der Institutionen Kirche, die mit ihren Lehren über das Leben
nach dem Tod die Menschen weiter in Abhängigkeiten von ihren
veräußerlichten Religionskulten halten will, gibt es auch in westlichen
Ländern immer mehr Berichte, die darauf hinweisen, dass die kirchlichen
Lehren falsch sind. So war z. B. in der Adventszeit 2015
zu lesen:
fuenfjaehriger-erzaehlt-von-seinem-frueheren-leben
Ich bin es selbst
Die Möglichkeit zur
wiederholten Einverleibung ist ein Aspekt im Gesetz von Ursache und Wirkung, von Saat und
Ernte. Dieses Wissen soll nicht eine Neugier befriedigen, wer oder was ich in einem
Vorleben war. Frühere Erdenleben sind in der Regel abgedeckt. Denn wir sollen unbefangen
die Lernmöglichkeiten und Chancen des neuen Erdenlebens ergreifen und nützen. Und auch
bei Erinnerungen oder Ahnungen an Unerledigtes in Vorleben entspricht es nicht den
Gesetzen Gottes, dort durch Recherchen wieder anzuknüpfen.
Der Text kann wie folgt zitiert werden: Zeitschrift "Der Theologe", Hrsg. Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 2: Reinkarnation bei Jesus, in der Bibel und im Urchristentum, Wertheim 1997, zitiert nach theologe.de/theologe2.htm, Fassung vom 21.8.2022. Sie ist leider als Druckschrift nicht mehr erhältlich. Copyright ©, Impressum und mehr zum Autor dieser Studie siehe hier. Dafür empfehlen wir das Buch: "Reinkarnation – eine Gnadengabe des Lebens. Wohin geht die Reise meiner Seele?", Gabriele-Verlag Das Wort, 09391/504-135 Diese Ausgabe des Theologen ist auch in englischer, spanischer und kroatischer Sprache zu lesen: |
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