Der blutige Tempelkult und
der Schöpfergott im eigenen Herzen

Der Theologe Nr. 37, aktualisiert am 18.8.2024


Das "Haus Gottes" ist nicht irgendein Gebäude aus Stein, sondern der Leib eines jeden Menschen. So lehrt es z. B. Paulus im Neuen Testament, wenn er den Leib des Menschen als "Tempel des Heiligen Geistes" bezeichnet (1. Korinther 6, 19). Das heißt: Gott wohnt in uns. Der Körper ist demnach die materielle Hülle, und in jedem beseelten Körper wohnt ein geistiges Wesen. Und das Innerste dieses Wesens ist wiederum der "Heilige Geist", man könnte auch sagen der "Lebensodem Gottes", der Atem der ganzen Schöpfung, der in allen Lebewesen pulsiert und sie miteinander verbindet. Und so sagte folglich auch Jesus von Nazareth: "Das Reich Gottes ist in euch." (Lukas 17, 21)

Die steinernen Kirchengebäude und Tempel der unterschiedlichen Religionen sind demgegenüber keine Gotteshäuser, keine Wohnungen Gottes. Beim israelitischen Propheten Jesaja heißt es: "So spricht der HERR: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße! Was ist denn das für ein Haus, das ihr mir bauen könntet, oder welches ist die Stätte, da ich ruhen sollte? Meine Hand hat alles gemacht, was da ist, spricht der HERR. Ich sehe aber auf den Armen und Zerknirschten und auf den, der zittert vor meinem Wort. Wer einen Stier schlachtet, gleicht dem, der einen Mann erschlägt; wer ein Schaf opfert, gleicht dem, der einem Hund das Genick bricht; wer ein Speisopfer bringt, gleicht dem, der Schweineblut spendet; wer Weihrauch anzündet, gleicht dem, der Götzen verehrt. Wahrlich, wie sie Lust haben an ihren eigenen Wegen und ihre Seele Gefallen hat an ihren Gräueln." (Jesaja 66, 1-2)

Widmung:
Allen unschuldigen Tieren, die von den Gläubigen vor den kirchlichen Weihnachtsfesten und Osterfesten zum Zweck des Gaumengenusses gequält und geschlachtet werden
 

Diese Worte aus dem Alten Testament sind gegen jeden Tempel-Kult gesprochen, der vor allem ein Ort furchtbaren Leidens für unschuldige Tiere war und vielfach heute noch ist. Und je finsterer die Seelen der Menschen sind, je prunkvoller schmücken sie bis heute oft ihre Kirchen, Tempel und Kult-Orte aus. Doch Gott findet man nur im Urgrund der Seele und im Urgrund allen Lebens. Und bei Ihm zählen die Demut und das Tun des Guten.
 
Die Kulte und Zeremonien der Religionen, die in den steinernen Denkmälern des jeweiligen Kultes vollzogen werden, sind demgegenüber Erfindungen der jeweiligen Priester und führen die Gottsucher zu den jeweiligen Götzen der Priester, aber nicht zu Gott, dem Ewigen. Denn so wie ein Haus aus Stein niemals das "Haus Gottes" ist, so ist ein Priester oder Pfarrer – gleich welcher Religion – niemals ein "Mittler zu Gott" oder gar ein "Diener Gottes". Erst wenn der Priester abgetreten ist, seinen Priester-Dünkel ablegt und sich demütig einreiht in die Gleichheit aller Menschen, verstellt er den Suchenden nicht mehr den Weg zu Gott. Und erst wenn der Mensch nicht mehr die Kirchen aus Stein betritt, sondern die Kammer seines eigenen Herzens aufsucht, dann kommt er Gott näher. So wie es Jesus von Nazareth lehrte: "Wenn du aber betest, so geht in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir´s vergelten." (Matthäus 6, 6) 

 


 

Inhalt:

Tiermorde zur Beruhigung Gottes?

Der Widerstand der Propheten und der Wille des "Einen Gottes"

Die Priester, die Fälscher und Schlächter

Der angebliche Sühnetod von Jesus

Der Betrug der Priester und die Botschaft der Propheten

Die grausamen Tieropfer im Alten Testament und ihre Herkunft aus Ägypten

Der Priester Esra schrieb alles neu. Was vorher war, weiß niemand mehr

Zur Tempeleinweihung: ein bisher beispielloser Massenmord an den Tieren

Antiochus Epiphanes IV.: Tötung von Schweinen statt von Stieren und Lämmern

Jesus: Vertreibung der Tierhändler aus dem Tempel und Wehe-Rufe über die Priester

Die Zerstörung des Tempels aus Stein

Das Leid der Tiere: Nach der Tempelzerstörung noch schlimmer

Wo wohnt Gott?

Der Tempelkult und der Fleischkonsum heute

Vergleiche auch die Schrift der FREIEN CHRISTEN, Nr. 1 –
Gott wohnt nicht in Kirchen aus Stein. Darum treten Sie aus, Sie sind nicht allein!

Anmerkung:
Der Theologe Nr. 37
deckt unter anderem die priesterlichen Wurzeln des grausamen Umgangs mit den Tieren im Alten Testament auf. An diesem Beispiel wird auch der Widerspruch zwischen Propheten und Priestern im Alten Testament deutlich. Während die israelitischen Gottespropheten den "Einen Gott" der Liebe und das Gesetz von Saat und Ernte lehrten, haben die Priester ihre Gottesvorstellung von einem strafenden Ober-Götzen sowie Kulte und Riten aus Ägypten und aus der heidnischen Umwelt Israels übernommen und in das Alte Testament als angebliches Gotteswort hinein geschrieben. Mit dem ursprünglich positiven israelitischen Glauben hat dies jedoch nichts zu tun.
Den Gegensatz zwischen Priester und Prophet gibt es jedoch auch in anderen Religionen. Wem möchte man also folgen? Den Priestern oder der Botschaft wahrer Gottespropheten und gerechter Männer und Frauen?

 Tiermorde zur Beruhigung Gottes?

Streng geordnet ist das von Priestern organisierte Glaubensleben in Israel zur Zeit des Jesus von Nazareth, und alle Zeremonien und Riten sind in diesem Rahmen genau vorgeschrieben. Angeblich von Gott. So wird es in den Kirchen bis heute gelehrt, zumindest insoweit die Anordnungen im Alten Testament stehen. Denn so heißt es z. B. im Katholischen Katechismus: "Das Alte Testament bereitet das Neue vor, während dieses das Alte vollendet. Beide erhellen einander; beide sind wahres Wort Gottes." (Nr. 140)
Also auch alle Kultanweisungen im Alten Testament. Im Mittelpunkt des Kultes stand seit seiner Fertigstellung der Tempel in Jerusalem mit dem angeblich "Allerheiligsten", das nur der Hohepriester einmal im Jahr, am so genannten "Versöhnungstag", betreten durfte. Zur Vorbereitung schlachtete er zunächst einen jungen Stier und dann einen Ziegenbock als "Opfer", und anschließend ging er hinter den Vorhang, der das "Allerheiligste" vom "Heiligen" abtrennt, eben hinein in dieses "Allerheiligste", wo der blutige Kult fortgesetzt wurde. Denn dort bespritzte er den Thron des an diesem Ort verehrten "Gottes" mit dem Blut der beiden kurz zuvor geschlachteten Tiere, was bewirken sollte, dass der Priester selbst und das Volk von ihren Sünden gereinigt würden. (3. Mose 16, 15 ff.)

Doch auch an den anderen Tagen im Jahr gimg es im Tempel blutig zu. Täglich mussten auf dem Brandopferaltar Tiere geschlachtet werden, "ein Schaf am Morgen, das andere gegen Abend" (4. Mose 28, 4), "zum beruhigenden Duft für den HERRN" (V. 8), wie es heißt; an Samstagen, den Sabbaten, "zwei Schafe", an Festtagen mehr. Den Glauben, Gott mit Tieropfern besänftigen zu können, hatten die israelitischen Priester aus Ägypten übernommen, wo die Israeliten im 2. Jahrtausend vor Christus ca. 400 Jahre in Gefangenschaft gelebt hatten (Datierung unsicher, eventuell zwischen ca. 1670-1250 v. Chr.). Bzw. auch die heidnischen Kulte ihrer Umgebung haben auf Israel abgefärbt.

Die Ägypter huldigten meist der Vielgötterei, wozu auch grausame Tieropfer gehörten. Ägyptologen verweisen in diesem Zusammenhang auf Parallelen zwischen Ägypten und Israel, zum Beispiel in dem Buch Tierkulte im pharaonischen Ägypten und im Kulturvergleich, Berlin 2003. Darin werden unter anderem Malereien aus Ägypten ausgewertet und die Herausgeber, die Ägyptologen Martin Fitzenreiter und Steffen Kirchner, fassen die Ergebnisse dabei wie folgt zusammen: "Die oft auf Grabwänden szenisch gestalteten Schlachtungen folgen einem einheitlichen Muster … Das Opfertier wird nach dem Herbeiführen auf den Boden gezwungen. Dessen Beine werden zusammengebunden und die Schächtung vollzogen. Dann wird vom geschächteten Tier das rechte Vorderbein und das Brustfleisch abgetrennt sowie das Herz entnommen. Diese Dinge werden als Opfergabe zum ´Vorlesepriester` getragen … Die anderen verwertbaren Teile werden dem ´Leiter des Versorgungszeltes` zur allgemeinen Verteilung gegeben …" (rz.hu-berlin.de/nilus)
Vergleichbare Anweisungen soll laut dem Alten Testament später "Gott" den Israeliten gegeben haben. Zum Beispiel wenn es heißt: "Der Priester … soll … seine Hand auf den Kopf des Stieres legen und ihn schlachten" (3. Mose 4, 4) – wobei in Israel wie in Ägypten grausam und unbetäubt geschächtet wurde. Dabei gehen die Parallelen manchmal bis ins Detail.
Dazu ein Beispiel: Während rechtes Vorderbein und Brustfleisch des Opfertieres in Ägypten der Priester zur Opferung bekam, heißt es in den Bibeln: "Aber die Brust und die rechte Keule", also das rechte Vorderbein, "schwang Aaron als Schwingopfer vor dem Herrn" (9, 21). Denn "Gott" hätte angeblich befohlen: "Die Brust … und die Keule … nehme ich von den Israeliten, … und gebe sie dem Priester Aaron und seinen Söhnen als ewiges Anrecht" (7, 34). Also: In Ägypten Brust und rechte Keule zur Opferung an die Priester, in Israel darf es hingegen von den Priestern gegessen werden – zwei Varianten eines "Themas", doch das Grundmuster ist in beiden Kulturen gleich.
Auch der Ägyptologe Stefan Grunert weist in dem genannten Buch Tierkulte im pharaonischen Ägypten und im Kulturvergleich auf die Parallelen zum Alten Testament hin. Er schreibt: Die "Beziehungen" "zwischen dem altägyptischen Schlachten von Opfertieren und dem rituellen Schächten" späterer Religion, "werden … kaum zufällig" sein (S. 82). Ausdrücklich erwähnt der Ägyptologe in diesem Zusammenhang das Israel des Alten Testaments. Und da stellt sich dann natürlich die Frage: Woher kommen also die grausamen Tieropfer in der Bibel: Von Gott, wie es in der Bibel steht, oder aus Ägypten?

Der Widerstand der Propheten und der Wille des "Einen Gottes"

Dieser blutige Priester-Kult wird von den Gottespropheten Israels, durch die der "Eine Gott" nach jüdischen Glauben zu den Menschen gesprochen hat, ebenso heftig wie erfolglos bekämpft. Dazu einige Beispiele:
Hosea: "Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer." (6, 6)
"Schlachtopfer lieben sie, sie opfern Fleisch und essen davon; der Herr aber hat keinen Gefallen daran ... Israel hat seinen Schöpfer vergessen und große Paläste gebaut." (8, 13-14)
Amos: "Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen. Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen. Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören. Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach. Habt ihr vom Haus Israel mir in der Wüste die vierzig Jahre lang Schlachtopfer und Brandopfer geopfert?" (5, 21-25)
Micha: "Womit soll ich vor den Herrn treten, wie mich beugen vor dem Gott in der Höhe? Soll ich mit Brandopfern vor ihn treten, mit einjährigen Kälbern? Hat der Herr Gefallen an Tausenden von Widdern, an Zehntausenden Bächen von Öl? Soll ich meinen Erstgeborenen hingeben für meine Vergehen, die Frucht meines Leibes für meine Sünde? Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet: nichts anderes als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott." (6, 6-8)
Jesaja: "Was soll ich mit euren vielen Schlachtopfern? spricht der Herr. Die Widder, die ihr als Opfer verbrennt, und das Fett eurer Rinder habe ich satt; das Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke ist mir zuwider. Wenn ihr kommt, um mein Angesicht zu schauen – wer hat von euch verlangt, dass ihr meine Vorhöfe zertrampelt? Bringt mir nicht länger sinnlose Gaben, Rauchopfer, die mir ein Gräuel sind. Neumond und Sabbat und Festversammlung – Frevel und Feste – ertrage ich nicht. Eure Neumondfeste und Feiertage sind mir in der Seele verhasst, sie sind mir zur Last geworden, ich bin es müde, sie zu ertragen. Wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht. Eure Hände sind voller Blut. Wascht euch, reinigt euch! Lasst ab von eurem üblen Treiben! Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun! Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen. Kommt her, wir wollen sehen, wer von uns Recht hat, spricht der Herr. Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle. Wenn ihr bereit seid zu hören, sollt ihr den Ertrag des Landes genießen. Wenn ihr aber trotzig seid und euch weigert, werdet ihr vom Schwert gefressen. Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen." (1, 11-20)
"Wer einen Stier schlachtet, gleich dem, der einen Mann erschlägt." (66, 3)
Jeremia:  "Eure Brandopfer gefallen mir nicht, eure Schlachtopfer sind mir nicht angenehm." (6, 20)
"So spricht der Herr, der Gott Israels: Tut nur eure Brandopfer zu euren Schlachtopfern und fresst Fleisch! Ich aber habe euren Vätern an dem Tage, als ich sie aus Ägyptenland führte, nichts gesagt noch geboten von Brandopfern und Schlachtopfern, sondern dies habe ich ihnen geboten: Gehorcht meinem Wort, so will ich euer Gott sein und ihr sollt mein Volk sein."
(7, 21-23)

Die Priester, die Fälscher und Schlächter

Wenn es aber nicht der Gott war, der durch die Propheten Israels sprach, der die Brand- und Schlachtopfer zum Auszug aus Ägypten einsetzte, wer war es dann? Und warum? Es wird jemand gewesen sein, der sich dadurch einen Vorteil bzw. eine Machtstellung verschaffen konnte. Und es muss jemand gewesen sein, der Zugang zu den religiösen Schriften hatte und diese zur Aufwertung seines Ego fälschen konnte.

Um den Sachverhalt noch einmal zu verdeutlichen: Der Prophet Jeremia widerspricht klar der angeblichen Einsetzung des Passahfestes durch Gott nach 3. Mose 23, 4-8, wo es u. a. heißt: "Sieben Tage hindurch sollt ihr Feueropfer für den Herrn darbringen." (V. 8)
Und er widerspricht dem Bericht in 2. Mose 12, 1-10, wo es im Zusammenhang des Auszugs aus Ägypten fast nur um das kultisch korrekte Schlachten eines Lammes geht und mit keinem einzigen Wort der Gehorsam gegenüber Gottes Wort erwähnt wird, worauf es laut Jeremia aber ankommt.
So heißt es im 2. Buch Mose: "Nur ein fehlerfreies, einjähriges Lamm darf es sein, das Junge eines Schafes oder einer Ziege müsst ihr nehmen ... Nichts davon dürft ihr roh oder in Wasser gekocht essen, sondern es muss über dem Feuer gebraten sein. Kopf und Beine dürfen noch nicht vom Rumpf getrennt sein ... " (Kapitel 12, V. 5.9)

Auch wenn die Israeliten das Lamm zum Passahfest ausnahmsweise einmal komplett selbst essen dürfen – und nicht Teile des Fleisches an die Priester abtreten müssen oder für "Gott" verbrennen müssen –, ist die Verbindung zum Opferkult eindeutig. Denn grundsätzlich musste auch ein solches Opfertier "ein fehlerloses männliches Tier von den Rindern, Schafen oder Ziegen" sein (3. Mose 22, 19).
Wie lautete im Gegensatz dazu jedoch das Gotteswort durch Jeremia? "Ich aber habe euren Vätern an dem Tage, als ich sie aus Ägyptenland führte, nichts gesagt noch geboten von Brandopfern und Schlachtopfern, sondern dies habe ich ihnen geboten: Gehorcht meinem Wort, so will ich euer Gott sein und ihr sollt mein Volk sein" (7, 21-23). Der vorausgehende Satz "Tut nur eure Brandopfer zu Euren Schlachtopfern und fresst Fleisch", der manchen vielleicht irritiert, ist dabei eindeutig ironisch gemeint. Der ganze Zusammenhang im 7. Kapitel des Jeremiabuches ist eine Anklage gegen die Bevölkerung und ihre Priester, die sich so verhalten.

Ein weiterer Höhepunkt des Jahres war das Laubhüttenfest im Herbst – erneut ein großes Schlachtfest, dem über die täglichen Schlachtungen hinaus viele weitere Tiere zum Opfer fielen: am ersten Tag 13 junge Stiere, 14 "fehlerlose" Lämmer, zwei Widder und ein Ziegenbock; am zweiten Tag 12 junge Stiere, 14 "fehlerlose" Lämmer, zwei Widder und ein Ziegenbock; am dritten Tag 11 junge Stiere, 14 "fehlerlose" Lämmer, zwei Widder und ein Ziegenbock, usw. – täglich dann weiterhin je ein Stier weniger bis zum siebten Tag, an dem folglich neben den 14 "fehlerlosen" Lämmern, zwei Widdern und dem Ziegenbock immerhin noch sieben junge Stiere sterben müssen. Am achten Tag dann ein Einschnitt: Jetzt müssen neben einem Ziegenbock nur noch ein Widder und ein junger Stier und sieben "fehlerlose" Lämmer sterben, nachdem es an den sieben voraus gehenden Tagen jeweils 14 Lämmer waren (4. Mose 29, 12-39).
Dies alles geschieht durch Priesterhand, so dass der Priesterberuf vor allem ein Schlachterberuf war. Das wurde getan, weil man glaubte bzw. den Menschen vorgaukelte, auf diese Weise ihre Sünden "sühnen" zu können. Doch auch das kommt nicht von Gott, sondern stammt ebenfalls aus der Vielgötterei Ägyptens. "Die O[pfer] der Ägypter waren ... sämtlich zugleich Sühnopfer", heißt es z.B. in Meyers Konversationslexikon (retrobibliothek.de). In Anlehnung an Ägypten lehrte man später auch in Israel, dass diese Schlachtungen und Kadaververbrennungen einen angeblich auf die Menschen zornigen Gott "beruhigen" und "erfreuen" könne und ihn damit auch zur Vergebung der Sünden bewegen könne.

Der angebliche Sühnetod von Jesus

Dieser Glaube an genau diesen "zornigen" und Tierblut fordernden Gott liegt auch zu Grunde, als die Kirchen später erklären, Jesus von Nazareth hätte durch Seinen angeblichen "Sühnetod" bewirkt, dass Gott von nun an keine Tieropfer mehr brauche, um den Menschen gegenüber gnädig zu sein, nachdem dies zuvor anders gewesen sein soll. Die Kirchen glauben also an einen Gott, der sich Jahrhunderte lang täglich am Blut unschuldiger Tiere labte und der die Schlachtungen zwar heute nicht mehr für sich selbst brauche, stattdessen jedoch die grausame Massentierhaltung und den Fleischverzehr seiner Anhänger für deren Gaumenlust millionenfach absegnen würde.

Wollen Sie mehr über diesen Gott erfahren? Wollen Sie ihm näher kommen? Dann fragen Sie in den Kirchen nach. Denn dieses blutige Geschehen von den Schlachtungen der Tiere im Tempel bis zur Hinrichtung von Jesus von Nazareth wird von der Kirche bis heute als "Heilsgeschichte" bezeichnet und als entscheidender Teil von "Gottes Geschichte mit den Menschen" in Ehren gehalten. Und auch heute noch gibt es die Priester in der Kirche, die behaupten, vermittelnd zwischen Gott und Mensch zu stehen wie einst die Priester und Hohepriester im jüdischen Kultpriestertum oder in heidnischen Kulten. Die heutigen Priester und Pfarrer zelebrieren beim kirchlichen Abendmahl bzw. der Eucharistie die Vergebung der Sünden und die angebliche Gemeinschaft mit Gott – nur, dass man die Kulthandlungen und die gesprochenen Worte etwas umänderte und anstelle von Tierfleisch den "Leib Christi" isst. Und anstelle Ströme von Tierblut zu vergießen, "vergegenwärtigt" man das Menschenblut von Jesus von Nazareth und anstelle echten Blutes wird dafür Rotwein verwendet, den in den evangelischen Kirchen sowohl Pfarrer als auch Gläubige trinken dürfen, während in der römisch-katholischen Kirche der Priester stellvertretend für alle trinkt.
Doch wozu der ganze Aufwand und das ganze Brimborium, das man ähnlich auch aus den heidnischen Kulten des Dionysos, Attis, Mithras oder der Isis kennt, wo man ebenfalls den betreffenden Gott "aufisst", d. h. sich rituell einverleibt?


Jesus von Nazareth speiste und trank mit Seinen Jüngern ohne Kult und Zeremonien, und sie ordneten keine Tiertötungen an. Sie nahmen die Speisen in dem Bewusstsein ein, dass in jedem Bissen Brot, in jeder Frucht des Feldes und in jedem Schluck Wasser oder Wein Gott selbst und Seine Kraft gegenwärtig sind. In der Gemeinschaft waren sie mit Gott verbunden, und ein Priester hätte mit seinen religiösen Ansprüchen und mit seinem Appetit bzw. seinem Verlangen nach Fleisch hier nur gestört.

Der Betrug der Priester und die Botschaft der Propheten

Priester hatte es in Israel gar nicht von Anfang an gegeben. Als der Gottesprophet Mose das Volk Israel im 13. Jahrhundert vor Christus aus der Gefangenschaft in Ägypten geführt hatte, kannte das Volk noch keine Priester wie die Ägypter und die umliegenden Völker. Doch deren Kulte und Gebräuche färben auf Israel ab.
 
Hierzu einmal einige Zitate aus dem Wissenschaftlichen Bibellexikon aus dem Kapitel Priester in Ägypten:
"Die Priesterschaft des Tempels war hierarchisch organisiert."
Oder: "Die wichtigste Quelle über die Priesterränge und ihre Dienstpflichten ist das sog. ´Buch vom Tempel`, ein Handbuch der Ägypter selbst zur architektonischen und personellen Ausstattung eines idealen Tempels."
Oder: "Einige Ämter verfügten über eine charakteristische Amtstracht", die dann genau beschrieben wird.
Oder es wird berichtet von "einer Reihe von Reinheitsvorschriften, denen sich die Priester unterziehen mussten. Dazu gehörten Regeln über sexuelle Enthaltsamkeit, Speisegebote und … Anweisungen zur körperlichen Hygiene". (bibelwissenschaft.de)
Das war also das, was die Israeliten in Ägypten kennen gelernt haben und was später die Israeliten selbst praktizierten: Eine hierarchische Organisation – wie in Ägypten. Genaue Beschreibungen ihrer Dienste und detaillierte Anweisungen über die Ausgestaltung des Tempels – wie in Ägypten. Amtstrachten und so genannte "Reinheitsvorschriften", ähnlich wie in Ägypten.

Und so soll es Aaron, der Bruder des Mose, gewesen sein, der zum ersten Priester Israels geweiht wurde und nachfolgend dessen Söhne. Schließlich wird ein ganzer Stamm, Levi, für Priesterdienste auserkoren, und es werden die Tieropfer eingeführt wie in Ägypten und in vielen Völkern ringsum. Doch von wem ging dies aus?
Die Priester selbst hatten diese Anordnungen teilweise Jahrhunderte später so aufgeschrieben und eine der biblischen Urschriften heißt z. B. verräterisch auch "Priesterschrift". Doch die Priester geben nicht zu, dass sie es sich anderswo abgeschaut oder selbst ausgedacht hatten, sondern sie geben vor, Gott bzw. Mose hätten dies so angeordnet. Und dies wird bis heute behauptet. (vgl. dazu Der Theologe Nr. 13 – Wer war Mose? Ein echter Gottesprophet und kein Begründer einer Priesterkaste)

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch ein Bericht über den Versuch Aarons, die Autorität des Propheten Mose zu untergraben. So soll Aaron einmal zu Mose gesprochen haben: "Hat etwa der Herr nur mit Mose gesprochen? Hat er nicht auch mit uns gesprochen? [dem vermeintlichen Priester und seiner Schwester Miriam] ... Mose aber war ein sehr demütiger Mensch, demütiger als alle Menschen auf der Erde" (4. Mose 12, 2-3), ein Kennzeichen eines wahren Gottespropheten. Außerdem war Mose kein guter Redner, so dass Aaron auch der Sprecher des Mose war (2. Mose 4, 10 ff.).
So wäre es schon denkbar, dass Aaron manches sagte, was er sich selbst ausgedacht hatte. Da er jedoch auch der Sprecher des Mose war, dachte man im Volk womöglich, dies oder jenes habe offenbar Mose gesagt und dem Aaron aufgetragen. Und vermutlich habe Mose es so von Gott gehört. In Wirklichkeit hat es jedoch weder etwas mit Gott noch mit Mose zu tun und – mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht einmal etwas mit Aaron. Sondern wir gehen davon aus: Es waren Erfindungen der späteren Priestergilde. Doch es wurde Mose unterstellt und letztlich auch Aaron, dem treuen Begleiter des Gottespropheten Mose, den erst spätere Priester-Generationen zu ihrem Ahnherren und angeblichen Vorläufer gemacht hatten.

 

Die grausamen Tieropfer im Alten Testament und ihre Herkunft aus Ägypten

Der "Gott" des Alten Testaments hat furchtbare Tieropfer gefordert und damit auch einen Grundstein für die Barbarei im kirchlichen Christentum gelegt. Doch stammen diese Forderungen von dem Einen Gott, der durch den Propheten Mose sprach und Israel aus Ägypten heraus geführt hat? Oder von einer anderen Macht?

Hierzu kann man auf das Buch Tierkulte im pharaonischen Ägypten und im Kulturvergleich hinweisen. Darin werden Malereien aus Ägypten ausgewertet, und die Herausgeber, die Ägyptologen Martin Fitzenreiter und Steffen Kirchner, fassen die Ergebnisse dabei unter anderem wie folgt zusammen:

"Die oft auf Grabwänden szenisch gestalteten Schlachtungen folgen einem einheitlichen Muster … Das Opfertier wird nach dem Herbeiführen auf den Boden gezwungen. Dessen Beine werden zusammengebunden und die Schächtung vollzogen. Dann wird vom geschächteten Tier das rechte Vorderbein und das Brustfleisch abgetrennt sowie das Herz entnommen. Diese Dinge werden als Opfergabe zum ´Vorlesepriester` getragen … Die anderen verwertbaren Teile werden dem ´Leiter des Versorgungszeltes` zur allgemeinen Verteilung gegeben …" (hu-berlin.de/nilus)

Vergleichbare Anweisungen soll laut dem Alten Testament später "Gott" den Israeliten gegeben haben. Zum Beispiel wenn es heißt: "Der Priester … soll … seine Hand auf den Kopf des Stieres legen und ihn schlachten" (3. Mose 4, 4)wobei in Israel wie in Ägypten grausam und unbetäubt geschächtet wurde. Dabei gehen die Parallelen manchmal bis ins Detail. Während rechtes Vorderbein und Brustfleisch des unter Qualen ermordeten Opfertieres in Ägypten der Priester zur Opferung bekam, heißt es in der Bibel: "Aber die Brust und die rechte Keule", also das rechte Vorderbein, "schwang Aaron als Schwingopfer vor dem Herrn" (9, 21). Denn Gott hatte angeblich befohlen: "Die Brust … und die Keule … nehme ich von den Israeliten, … und gebe sie dem Priester Aaron und seinen Söhnen als ewiges Anrecht" (7, 34). Oder in Anlehnung an Jeremia (7, 21: "fresst Fleisch") weniger scheinheilig formuliert: Diese Fleischstücke dürfen sich die Priester und ihre Abkömmlinge für sich selbst abschneiden.

Auch der Ägyptologe Stefan Grunert weist in dem Artikel Die Schächtung im Totenopfer in dem genannten Buch Tierkulte im pharaonischen Ägypten und im Kulturvergleich auf die Parallelen zum Alten Testament hin. Er schreibt: Die "Beziehungen" "zwischen dem altägyptischen Schlachten von Opfertieren und dem rituellen Schächten" späterer Religion, also z. B. in Israel, "werden … kaum zufällig" sein. (S. 82)

Und da stellt sich dann logischerweise die Frage: Woher kommen also die grausamen Tieropfer in der Bibel? Von dem Einen Gott, wie man behauptet, oder aus Ägypten?
Und über die Bibel gelangten sie wiederum in das kirchliche Christentum, das schließlich jede Hemmung bei der Grausamkeit gegenüber Tieren ablegte und die ägyptischen und alttestamentlichen Bestialitäten heute in qualvoller Massentierhaltung, Tierversuchen, Jagdmethoden, Schlachthöfen, Fleischüberproduktion mit tonnenweisen Vernichtungen noch um ein Vielfaches übertrifft.


Der Priester Esra schrieb alles neu. Was vorher war, weiß niemand mehr

Doch immer wieder beruft Gott Propheten wie einst Mose, um auch in späterer Zeit den Betrug der Priester aufzudecken, und um dem Volk wieder Orientierung zu geben. Manche dieser Prophetenworte sind noch im so genannten Alten Testament in der Bibel erhalten, obwohl auch viele prophetische Texte von Priestern überarbeitet bzw. gefälscht wurden, entweder während der Zeit der Verschleppung nach Babylon oder unmittelbar danach im 6. Jahrhundert. Im dringenden Tatverdacht steht vor allem der Priester und Schriftgelehrte Esra, der im Auftrag des Königs von Persien die Rückkehr der Israeliten organisierte und die Bevölkerung neu auf den Priester-Kult hin ausrichtete – obwohl man in den Prophetenbüchern noch nachlesen kann, dass Gott z. B. durch den Propheten Jeremia spricht: "Die Priester herrschen auf eigene Faust" (5, 31) oder: "Die Priester fragen nicht: Wo ist der HERR?" (2, 8) Oder die mahnenden Worte des Propheten Hosea: "Die Rotte der Priester liegt auf der Lauer wie eine Bande von Räubern, sie morden auf dem Weg, der nach Sichem führt, ja sie treiben schändliche Dinge. In Bet-El habe ich grässliche Dinge gesehen; dort treibt es Ephraim mit Dirnen, dort befleckt sich" (6, 9-10; vgl. dazu die Gegenwart in Der Theologe Nr. 24 – Die Kirche und die Hölle auf Erden). Und wenig später: "Denn was sie tun, ist Betrug" (7, 2), wobei bei dieser Stelle nicht klar ist, ob Hosea hier weiterhin die Priester vor Augen hat oder die Bevölkerung einschließlich seiner Priester.
Der Tatverdacht gegen Esra ist zwingend. Im Lexikon zur Bibel, heraus gegeben von Fritz Rienecker (Wuppertal 1988) heißt es unter dem Stichwort "Esra": "Nach jüdischer Überlieferung hat E. das mosaische Gesetz, das beim Untergang Jerusalems 586 v. Chr. verbrannt sein soll, neu geschrieben." Neu geschrieben also, ohne dass es noch eine Kontrolle gab, was bis dahin geschrieben stand. Und wer war Esra? Ein Priester.

Zur Tempeleinweihung:
Ein bis dahin beispielloser Massenmord an Tieren

Dass man nicht nach Gott fragt und dass Seine Gebote nicht befolgt werden, hat auch zur Folge, dass ersatzweise weltliche Könige eingesetzt werden. Aus diesem Grund mahnt Gott durch den Propheten Samuel: "Sie haben mich verworfen, dass ich nicht mehr König über sie sein soll" (1. Samuel 8, 7). An die Stelle Gottes, des inneren Königs in jedem Menschen, treten nun äußere Könige: Saul, David und Salomo und viele weitere, die diesen folgen.
König Salomo ist es schließlich, der den Priesterkult zu einer gewissen Vollendung führt und als Höhepunkt einen Tempel aus Stein bauen lässt, wie es auch in anderen Religionen und Kulten üblich war. Noch fester wird dadurch die Allianz zwischen Königtum und Priestertum geschmiedet, die später in das kirchenchristliche Abendland hinüber getragen wird und bis in die Gegenwart überdauert hat als Bündnis zwischen Thron und Altar, als Partnerschaft zwischen Staat und Kirche. Doch mit Gott hat das alles nichts zu tun.

Mit der Einweihung des ersten Tempels setzt auch ein bis dahin nicht gekannter Massenmord an den Tieren ein. Im Jahr 960 v. Chr. bringt die "Gemeinde" gleich zu Beginn so viele Tiere um, "dass man sie nicht zählen oder berechnen konnte". Allein König Salomo soll "22.000 Rinder und 120.000 Schafe" getötet haben (1. Könige 8, 5.63). Alle Mahnungen und Drohworte der jüdischen Gottespropheten können diesen Wahnsinn und diese blutige Tragödie nicht stoppen. Die Propheten hatten die Könige, Priester und die Bevölkerung eindringlich darüber aufgeklärt, dass die Tiermorde im Tempel nicht zur "Beruhigung Gottes" dienen, sondern für den Schöpfergott ein "Gräuel" sind (vgl. Jesaja 1, 11-13; Amos 5, 21-23; Jeremia 6, 20; 7, 22 und andere; siehe oben). Doch man macht einfach weiter. Nicht einmal nachdem die babylonischen Eroberer den Tempel im Jahr 586 v. Chr. zerstört hatten, setzt hier ein entscheidendes Umdenken ein. Denn nach der Rückkehr der Bevölkerung aus der Gefangenschaft in Babylon ab 538 v. Chr. beginnen sogleich wieder die religiösen Schlachtungen. Und es heißt dazu in der Bibel: "Und sie richteten den Altar wieder her an seiner früheren Stätte – denn es war Furcht über sie gekommen vor den Völkern des Landes – und opferten dem Herrn Brandopfer darauf des Morgens und des Abends" (Esra 3, 3). Mit Erlaubnis der Perser wird also auch der Tempel wieder aufgebaut und im Jahr 515 v. Chr. erneut eingeweiht. Diesmal ist das Fest allerdings "bescheidener": "Nur" 100 Stiere, 200 Widder, 400 Lämmer und zwölf Ziegenböcke werden zur angeblichen Ehre Gottes umgebracht (Esra 6, 17) – im Vergleich zu 22.000 Rindern und 120.000 Schafen zur ersten Tempeleinweihung (1. Könige 8, 5.23). Was für ein Gott! Nimmt das Leiden der unschuldigen Tiere denn kein Ende? Sie sind doch liebenswerte Geschöpfe, die die Freunde des Menschen sein möchten und durch deren Augen uns auch der Schöpfergott ansieht.
Wie hat sich alles weiter entwickelt? Gegenüber den heutigen weltweiten Massentierhaltungen und den brutalen Massenschlachtungen und Fleischbergen vor allem im kirchenchristlichen Abendland waren diese Ereignisse nur kleine Vorläufer. Doch wie ging es zunächst weiter im israelitischen Tempel?

 Antiochus Epiphanes IV.:
Tötungen von Schweinen statt von Stieren und Lämmern

Der aus dem Heidentum übernommene blutige israelische Priesterkult dominiert also erneut das religiöse Leben bis weit in das 2. Jahrhundert vor Christus hinein. Dann kamen die Nachfolger von Alexander dem Großen, die hellenischen Seleukiden, in Palästina kurzfristig an die Macht. Im Jahr 169 v. Chr. veranlasst der syrische Herrscher Antiochus Epiphanes IV., dass der Vorhang zwischen "Allerheiligsten" und "Heiligem" entfernt wird, und Antiochus lässt auch die bisherigen "Brandopfer, Speisopfer und Sündopfer im Heiligtum einstellen". Stattdessen gebietet er aber offenbar das Opfern von Schweinen und anderen Tieren (1. Makkabäer 1, 47-50), die laut den priesterlichen Opfervorschriften nicht geopfert werden sollen. Leider eine ebenso blutige Alternative.
Die Schonzeit für die vom israelitischen Priesterkult vorgeschriebenen "Opfertiere" Stier, Schaf, Widder, Ziege und Taube währt jedoch nur ca. vier Jahre bis ins Jahr 165 v. Chr. Nach zwei Kriegsjahren übergibt Lysias, der Kriegsherr von Antiochus Epiphanes IV., die Stadt Jerusalem kampflos an die jüdische Widerstandsbewegung unter der Führung des Priester-Sohnes Judas Makkabäus. Der Zeus-Altar im Tempel wird wieder entfernt. Und mit einer unbekannten Anzahl Tieropfer als "Brandopfer, Dankopfer und Lobopfer" wird der Tempel mit einem neu errichteten Brandopferaltar nun wieder geweiht (1. Makkabäer 4, 56). Und das tägliche Schlachten zur angeblichen Versöhnung Gottes beginnt von neuem, und wenigstens die Schweine werden von nun an wieder verschont. Und die Steine der Verbrennungsstätte unter Antiochus Epiphanes IV. verwahrt man "an einem geeigneten Ort" auf, "bis ein Prophet kommen und verkünden würde, was man damit tun sollte." (1. Makkabäer 4, 46)

Jesus: Vertreibung der Tierhändler aus dem Tempel
und Wehe-Rufe über die Priester

Gottespropheten sind bis dahin schon viele da gewesen, und durch sie sagte Gott klar, dass Er keine Tieropfer will, sei es durch Jesaja, Jeremia, Hosea oder Amos und noch manche andere. Ihre Worte gegen die Tieropfer sind im Alten Testament nachlesbar. Meist wurden die Propheten bedrängt, oft verfolgt, manchmal gar umgebracht (wie auch Jesaja und Jeremia), doch noch einmal kommt ein großer Prophet – Jesus von Nazareth. Wie Seine Vorgänger verhält sich auch Er anders als es die herrschenden Priester und Religionsparteien von Ihm erwarten bzw. verlangen. Ausgerechnet während des Passahfestes, an dem – wie an allen Festtagen – zusätzliche Schlachtungen gefordert werden, bindet Jesus von Nazareth "eine Geißel aus Stricken", geht auf die Tierhändler los und treibt "sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern" (Johannes 2, 15). Die Bevölkerung ist von dem Propheten aus Galiläa begeistert und "das ganze Volk hing ihm an und hörte ihn". Diese Tat von Jesus war dabei nicht ein Widerspruch zu der Friedfertigkeit und Sanftmut, die Er lehrte, wie manche Theologen behaupten. Diese können sich nur nicht vorstellen, dass Jesus auch bei dieser Tat im Inneren im Frieden mit Seinen Mitmenschen war und dass Sein gütiges Wesen sich auf diese Weise sowohl der Tiere als auch der Menschen erbarmte; gerade auch der Tierhändler, die von den Priestern nicht darüber aufgeklärt werden, dass das Leid, das sie den Tieren zufügen, früher oder später auf sie selbst zurück fällt.

In der Neuoffenbarung Das ist Mein Wort erklärt Christus nach dem Selbstverständnis dieser Schrift durch Prophetenwort dazu: "Die Geißel aus sieben Stricken symbolisiert die ... Grundkräfte Gottes, das Gesetz des Lebens. Wer gegen das Gesetz Gottes handelt, der verstößt gegen die ... Grundkräfte Gottes und schafft damit seine Ursachen. Jede Ursache, die nicht rechtzeitig bereut und wieder gutgemacht wird, ist ein Peitschenhieb für Seele und Leib. Wer gegen alle ... Grundkräfte verstößt, wird die entsprechenden Peitschenhiebe erhalten. Es sind die Wirkungen, die er am Leibe zu verspüren hat." (S. 773)
In diesem Sinne war die Tempelaustreibung von Jesus auch eine "prophetische Zeichenhandlung", wie sie vielfach auch die großen Gottespropheten des Alten Bundes angewandt hatten, um den Menschen ihr Schicksal vor Augen zu führen, wenn sie nicht umkehren. So erhielt zum Beispiel Jesaja den Auftrag, sich vor dem Volk zu entblößen, um ihm zu zeigen, was den Menschen blüht, die gegen den König von Assyrien in den Krieg ziehen. Sie würden nackt, also "in schmählicher Blöße", in die Gefangenschaft verschleppt. (Jesaja 20, 3-6)
Welch eine Demut des Propheten, solches auf sich zu nehmen und erleben zu müssen, wie die Menschen ihn deswegen verspotten anstatt auf ihn und auf Gott, der durch ihn spricht, zu hören!

Nun war Jesus unter den Menschen, und alles hätte sich endlich ändern können. Doch Ihm erging es noch schlimmer als Jesaja. Die beamteten Religionsführer stellen sich gegen Ihn, so wie sie sich schon gegen alle wahren Gottespropheten vor Ihm gestellt hatten. Und es heißt beim Evangelisten Lukas: "Die Hohepriester und Schriftgelehrten und die Angesehensten des Volkes trachteten danach, dass sie ihn umbrächten" (Lukas 19, 47). Und den anders Denkenden im Volk fehlt der Mut, sich hinter Jesus, den Christus zu stellen. Sie buckeln lieber vor ihren Theologen und Metzgern anstatt Jesus zu helfen und Ihm nachzufolgen.
Bei seiner späteren Hinrichtung, so wird berichtet, reißt der Vorhang des Tempels "mitten entzwei" (Lukas 23, 45), nachdem er schon ca. 200 Jahre zuvor durch Antiochus Epiphanes IV. kurzzeitig entfernt wurde. Dies kann als ein deutliches Symbol verstanden werden: Es gibt keine Trennung zwischen Gott und Mensch, denn Gott wohnt im Menschen, im Innersten seiner Seele, und es gibt auch keine Trennung zwischen Gott, Mensch und den Tieren. Denn Gott wohnt auch im Innersten der Seelen der Tiere.


Der zerrissene Vorhang könnte jedoch auch noch etwas anderes bedeuten, nämlich: Zerreißt eure Abhängigkeit von den Priestern gleich welcher Religion und welchen Glaubens! Denn die Priester sind die eigentliche Trennwand zwischen euch und Gott. Das Hinrichtungsopfer Jesus von Nazareth hatte zuvor deutlich gesagt, was Er von diesen Leuten hält: "Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nicht hinein und die hineinwollen, lasst ihr nicht hineingehen." (Matthäus 23, 13)

Doch weil es vielen offenbar bequemer scheint, sich an bezahlten und selbst ernannten "Mittlern" zu Gott zu orientieren anstatt den Weg zum "Himmelreich" im eigenen Herzen zu finden, können die Priester damals in gewohnter Manier weitermachen. So haben sie den Vorhang bald wieder zusammen nähen lassen. Denn die Priester brauchen die angebliche Trennung zwischen Gott und Mensch für ihre Existenzberechtigung, und sie brauchen übrigens auch eine Trennung zwischen Gott und Tier für ihre Schlachtberechtigungen bzw. für die Rechtfertigung ihres Fleischkonsums. Damals wie heute.

Wie alle jüdischen Gottespropheten vor Ihm brandmarkte Jesus den Tempelkult, und Er wollte in diesem Zusammenhang auch den Mord an den Tieren beenden. Doch nachdem die Priester dank des ihnen unterwürfigen Volkes wieder einmal die Oberhand behielten, geht der blutige Tempelkult weiter und nimmt in den folgenden Jahren an Bedeutung sogar weiter zu. Der von König Herodes begonnene Neu- und Umbau des Hauses wird in "unerhörter Pracht" (Lexikon zur Bibel, Wuppertal 1988, S. 1377) fortgesetzt. So wie auch heute die Kirchen voll "unerhörter Pracht" glänzen. Doch Jesus sprach im Hinblick auf das damalige steinerne "Gotteshaus": "Es wird die Zeit kommen, in der von allem, was ihr seht, nicht ein Stein auf dem anderen gelassen wird, der nicht zerbrochen werde" (Lukas 21, 5-6). Und: "Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen" (Matthäus 6, 19). Und: "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon" (Matthäus 6, 24). Wem also wird mit der "Pracht" gedient?

Die Zerstörung des Tempels aus Stein

Den vielen Propheten und Mahnern des Volkes war es in vielen Jahrhunderten nicht gelungen, aus traditionsbewussten Tempelgängern und Tiertötern Gottsucher zu machen, die das "Wort Gottes" durch den Propheten Hosea beherzigen, das lautet: "Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer" (Hosea 6, 6). Der Weg zu Gott ist also immer die praktische Nächstenliebe und die ernsthafte Arbeit an sich selbst, damit dem guten Willen auch die gute Tat folgen kann und es ist niemals das Befolgen kultischer oder kirchlicher Vorschriften.

Wie sehr die Gottesvorstellung der herrschenden Priester im Gegensatz dazu mit dem Tempel aus Stein verbunden ist, bekommt auch Stephanus zu spüren, ein jüdischer Diakon, also ein Sozialarbeiter, und ein Heiler in der Nachfolge des Jesus von Nazareth. Er legt einmal mehr den Finger in die Wunde, als er sich Anfang der 30er Jahre vor dem Hohen Rat in Jerusalem juristisch verantworten muss. Stephanus zitiert den Gottespropheten Jesaja mit den Worten: "Aber der Allerhöchste wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind, wie der Prophet spricht: ´Der Himmel ist mein Thron und die Erde ist der Schemel meiner Füße; was wollt ihr mir denn für ein Haus bauen`, spricht der Herr, ´oder was ist die Stätte meiner Ruhe? Hat nicht meine Hand das alles gemacht`?" (Jesaja 66, 1-2)
Alles hat nämlich der Schöpfergott in Liebe geschaffen und in allem lässt Er sich finden: "Wo zwei sind, da sind sie mit Gott, und wo einer ist mit sich allein, da sage Ich: Ich bin mit ihm. Richte den Stein auf und du wirst Mich dort finden; spalte das Holz, und Ich bin dort." Dieses authentische Jesuswort (Papyrus Grenfell & Hunt, Logion I, 5) wird von den Kirchen jedoch nicht in die Bibel übernommen, und es gefällt den späteren kirchlichen Obrigkeiten genauso wenig wie das, was Stephanus einige Jahre zuvor über die Religionsbeamten zu sagen hatte. Der Diakon nimmt nämlich kein Blatt vor den Mund und sagt ihnen gerade heraus ins Gesicht, was er über sie denkt: "Ihr Halsstarrigen, mit verstockten Herzen und tauben Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr."
Auch Stephanus muss erleben, wie Priester in der Geschichte der Religionen und der Kirchen immer wieder reagierten und reagieren, wenn man ihr Tun in Frage stellt, und wenn man ihr selbstherrliches Gefühl des angeblichen "Berufenseins" von Gott als egozentrische Selbstbeweihräucherung entlarvt. Dem Bericht der Apostelgeschichte zufolge lässt man Stephanus gar nicht mehr weiterreden, sondern in einer Art Standgericht auf der Stelle ermorden: "Sie schrien aber laut und hielten sich ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn." (Apostelgeschichte 7, 57-58)

Währenddessen gehen die Bauarbeiten am Tempel weiter. Um das Jahr 66 ist es dann so weit: Der Prachtbau ist vollendet. Gleichzeitig beginnt in einem Rausch nationaler Begeisterung der Aufstand Israels gegen die römische Besatzungsmacht. Dieser endet dann im Jahr 70 mit der Eroberung Jerusalems durch die Römer unter Führung des Feldherrn und späteren Kaisers Titus und mit der Verbrennung des Tempels. "Nur Trümmer blieben als Wahrzeichen ... stehen", heißt es im Lexikon zur Bibel (a.a.O., S. 1378). Und es dauerte 66 weitere Jahre, bis auch diese entfernt werden. Der römische Kaiser Hadrian lässt im Jahr 136 an deren Stelle einen Tempel des Gottes Jupiter errichten. Und im Rückblick zeigt sich der Weitblick von Jesus, als Er bei einem Gespräch über die "schönen Steine" und Kultgegenstände im Tempel vorhergesagt hatte: "Es wird die Zeit kommen, in der von allem, was ihr seht, nicht ein Stein auf dem anderen gelassen wird, der nicht zerbrochen werde." (Lukas 21, 5-6)

Das Leid der Tiere: Nach der Tempelzerstörung noch schlimmer

Man hätte meinen können, mit dem Ende des Tempelkults würden Tiere vielleicht nicht mehr als Opfertiere missbraucht. Dies ist zwar richtig. Doch paradoxerweise haben gerade diejenigen, die den Opferkult predigten und dirigierten, umgekehrt auch einen hemmungslosen Fleischkonsum verhindert. Denn bei aller Kritik an der altisraelitischen Priesterschaft: Der Opferkult lässt zumindest ansatzweise noch ahnen, dass es nicht wie heute Alltagsgewohnheit war, Tiere zu schlachten und zu essen. Es ist ein massiver Eingriff in die Schöpfungsordnung Gottes, der nach dem ursprünglichen Schöpfungsbericht (1. Mose 1, 29-31) nicht vorgesehen war. Und so zähmten die Priester immerhin dadurch das Volk, dass man das Fleischessen eingebunden hatte in die priesterlichen Opferhandlungen, die eben nicht zum Alltag der Menschen gehörten, sondern bestimmten Festzeiten vorbehalten und mit bestimmten religiösen Handlungen verbunden waren. Während im antiken Tempelkult die Grausamkeiten an den Tieren und der Verzehr ihres Fleisches also durch die Feste und Rituale in gewisser Weise gezügelt und gebremst wurden, und der Kult auf Jerusalem beschränkt war, hat das kirchliche Christentum alle diese Barrieren niedergerissen. Von einem rein weltlichen "Fleischmarkt" spricht erst Paulus (1. Korinther 10, 25). Doch auch er zügelt noch den Fleischkonsum dadurch, dass er zum Verzicht rät, falls jemand aus bestimmten Gründen Anstoß daran nehmen sollte (Verse 25-33). Doch für diejenigen, die sich Fleisch leisten konnten, gab es im jüdisch-kirchenchristlichen Umfeld nun die Zwischenschaltung der Tempelpriester nicht mehr. Und auch die Rücksichtnahme des Paulus wird bis heute in den Wind geschlagen, so dass sich das Töten der Tiere zum Fleischverzehr, dessen Erlaubnis die Priester einst Gott unterschoben haben, mehr und mehr verselbstständigte und bis zur Massentierhaltung und zum massenhaften Alltagsfleischkonsum unserer Tage bei gleichzeitigen Hungersnöten steigerte. Damit hat unsere Generation mit ihren Schlachthöfen, Metzgereien und Jagdgesellschaft um ein Vielfaches auf die Spitze getrieben, was die Priester früherer Tage entfachten und meinten, noch kontrollieren zu können. Gegen das heutige weltweite hemmungslose Massenschlachten von Tieren, die Fleischberge und die brutale Fleischwirtschaft vor allem im kirchenchristlichen Abendland (die durch die Verfütterung des "Getreides der Armen" an das "Vieh der Reichen" die Hungersnöte maßgeblich verursacht) waren die Tieropfer zur Tempeleinweihung in Israel sogar noch eine höhere Stufe der Zivilisation. Doch die Priester hatten einst maßgeblich mit dem Niedergang begonnen, und auch hier gilt das geflügelte Wort aus Wolfgang Goethes Drama Faust I: "Die Geister, die ich rief, die werd´ ich nun nicht los". Und was hat das alles mit Gott zu tun?

Wo wohnt Gott?

Jeder kann beobachten, dass Mensch und Tier denselben Atem haben. Und man könnte sagen: In ihnen atmet der Odem Gottes, und Gott erfüllt den Menschen und das Tier mit Seinem Leben. Wenn also ein steinernes "Gotteshaus" wie der altisraelitische Tempel oder andere so genannte "Gotteshäuser" zerstört wurden, hat dann Gott damit Seine Wohnung verloren? Nein, denn nur dem Gott der Priester und Theologen, der dort angebetet wurde, fehlt seither sein steinernes Gehäuse. Der Schöpfergott ist davon nicht betroffen, denn niemals im "Allerheiligsten" war Sein Thron, sondern "der Himmel ist Sein Thron", wie der Prophet Jesaja sagt und: "Der Allerhöchste wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind" (Jesaja 66, 1). Daran hatte auch Stephanus einige Jahre zuvor erinnert, bevor man ihn deswegen umbrachte, um ihm für immer zum Schweigen zu bringen. Und ein Wort von Jesus bekommt in diesem Zusammenhang neue Aktualität: "Wenn diese [meine Jünger] schweigen werden, so werden die Steine schreien." (Lukas 19, 40)
 
Die Priester in den Völkern und Religionen sind es, die Mauern um Gott gezogen haben und Trennwände und Vorhänge anbrachten, um eine angebliche Trennung zwischen Gott und den Menschen zu verkünden. Doch Jesus von Nazareth lehrte: "Das Reich Gottes ist in euch" (Lukas 17, 21). Und: "Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen [Anmerkung: die Zeitgenossen Jesu standen in Synagogen; in unserer Gesellschaft würde man schreiben: "Sie setzen sich gern in die vorderen Bänke der Kirchen"] und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden ... Du aber geh in dein stilles Kämmerlein, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten." (Matthäus 6, 5-6)

Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Grüfte und Grabmäler [ihres] [Kirchen-]Gottes sind
(Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, 1887, III. Buch, Nr 125; Präzisierung in eckigen Klammern von theologe.de) 


Wenn Sie Gott also näher kommen wollen, dann halten Sie sich nicht länger an das, was Ihnen die Priester gleich welcher Konfession oder Religion hinter und vor ihren steinernen Mauern vorschreiben wollen. Betreten Sie das "Allerheiligste" in Ihrem Inneren und halten dort Zwiesprache mit Gott. Nicht nur einmal im Jahr, sondern so oft und so lange, wie Sie wollen. Treten Sie aus der Kirche aus und treten Sie ein in Ihren eigenen Tempel, denn Sie selbst sind der Tempel des Heiligen Geistes, in dem Gott wohnt. Und so hat Gott auch keinen Stellvertreter hier auf der Erde, denn Er ist auf der Stelle vertreten in Ihnen. Kommen Sie also Gott näher in Ihrem eigenen Herzen und in jedem Menschen, ja in jedem Tier und in abgestufter Weise in jeder Lebensform. In allem Leben wohnt derselbe Geist, der Schöpfergott in allem Leben. Es ist der Odem Gottes in unserem Atem, der das ganze Universum durchströmt.  
 

Der Tempelkult und der Fleischkonsum heute

Nachfolgend Einige Zitate aus dem Artikel Schimmernde Pracht von Gil Yaron in Der Spiegel – Geschichte Nr. 6/2011 – Jesus von Nazareth und die Entstehung einer Weltreligion, S. 54-59

"Sie waren seit Tagen, manche schon seit Monaten unterwegs ... Trotz aller Erschöpfung wurden die Gruppen immer euphorischer, je näher sie ihrem Ziel kamen. Mal schritten Musikanten am Kopf der Prozessionen, mal war es ein Stier, der mit vergoldeten Hörnern und Olivenzweigen um den Kopf zu seiner Schlachtung getrieben wurde, dahinter die Menge, die Psalmen sang. An den Gürteln der mit Leinenponchos bekleideten Männer baumelten scharfe Messer, mit denen bald ein Opfertier geschächtet wurde. ´Viele ergriff wohl schon weit vor der Stadt eine religiöse Ekstase`, sagt der Archäologe Shimon Gibson."

"Während droben in der Stadt rund 200.000 Gläubige die wohl größten Grillfeste der Geschichte feierten und das Pessachlamm verspeisten, strömte aus dem Abwasserkanal das Blut von mindestens 5000 Schafen, die auf dem Tempelberg seit Mittag geschlachtet worden waren ... Da Opfertiere makellos sein mussten, brachten viele Pilger Geld mit und kauften in Jerusalem Vieh – eine sichere Einnahmequelle für Bauern und Hirten der Umgebung ... ´Wer den Tempel des Herodes gesehen hat, hat in seinem Leben kein schöneres Gebäude gesehen`, heißt es später im Talmud".

"Geldwechsler warben um Kundschaft, Opfertiere blökten ängstlich. Die meisten Pilger gingen wohl erst einmal um das hohe, vergoldete Gebäude des Allerheiligsten herum und verbeugten sich vor den 13 Eingängen an der über einen Meter hohen Brüstung ... Durch die Öffnungen in der Balustrade gelangte man zu den 14 Stufen vor der Tempelplattform. Die Armen brachten Turtel- und Feldtauben, Wohlhabende zerrten ein Rind, Schaf oder eine Hausziege hinter sich her, Opfer dienten oft der Buße, und die Opfergaben waren genau geregelt ... Es gab auch Opfer, die rein aus Dankbarkeit erbracht wurden ...  Darüber hinaus brachten Priester das Daueropfer dar, für das die Leviten mit Gesang und Trompeten die Menge in Stimmung brachten und ihr bedeuteten, wann sie sich zu verbeugen hatten."

"Besonders beeindruckend war ´das Außentor des eigentlichen Tempels, das sogar aus korinthischem Erz war und die versilberten und vergoldeten [Tore] ganz bedeutend an Wert übertraf`, so Josephus. Hier bot sich ein Blick auf den Opferkult, der nur im Tempel von Jerusalem begangen werden durfte ... Die Priester sollten die Menschen durch ihr elegantes Auftreten beeindrucken und in eine Art Ekstase versetzen, mutmaßte später der jüdische Gelehrte Moses Maimonides ... Die Priester akzeptierten nur fehlerfreie Opfertiere, banden sie fest und schächteten sie. Das Blut wurde in einem goldenen Gefäß, dem Masrek, aufgefangen. In manchen Fällen war besondere Fertigkeit von Nöten: Geflügelopfern wurde der Hals mit dem Daumennagel aufgeschlitzt. Blut war als Sitz der Seele wichtigster Teil der Opfergabe. Es wurde auf die Ecken des Altars geschüttet ... Nach dem Blutvergießen wurden die Innereien und das Fett auf dem Altar verbrannt, der Rest des Tieres von Priestern und den Opfernden verspeist."

"´Ich ... habe kein Gefallen am Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke ... Das Räucherwerk ist mir ein Gräuel`, sprach Jesaja im Namen Gottes. ´Und wenn ihr auch viel betet, höre Ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut`. Jesaja riet: ´Wascht euch, reinigt euch, lasst ab vom Bösen! Lernt Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten ...`
Der Popularität Jerusalems und ihres Tempels tat das keinen Abbruch ... In Häusern, Straßen und auf den Dächern der Heiligen Stadt kamen Menschen aus aller Welt zusammen und brieten gemeinsam das Pessachopfer. Nach den vorgeschriebenen vier Gläsern Wein war die Stimmung ausgelassen fröhlich ... ´Nächstes Jahr in Jerusalem!` Es ist vielleicht der älteste touristische Werbespruch der Welt. Er überdauerte auch die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr., als die Römer ... den Tempel nieder brannten."

So weit der Auszug aus dem Artikel von Gil Yaron. Und wie ist es heute?
Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit werden Tiere mehr gequält und geschlachtet als in unserer Zeit und dies besonders zu den Festtagen der so genannten Christenheit.
Und diejenigen, die bis heute behaupten, Kirche Jesu Christi zu sein, rechtfertigen die weltweite Massentierhaltung und die Massenschlachtungen, wobei es heute unermesslich schlimmer zugeht als es je im Alten Testament beschrieben sein könnte, nur meist versteckt hinter Mauern und in verschlossenen Ställen und weniger in der Öffentlichkeit wie damals in Jerusalem.

Anstelle der Opfer für einen Gott auf einem Räucheraltar dürfe das Fleisch nach Lehre der Kirche vom Menschen jetzt von vorne herein komplett selbst verzehrt werden. Und was nicht verkauft oder an andere Tiere verfüttert werden könne, wird eben auf den Müll geworfen. Und anstatt aufwändiger Gebete und Rituale vor einem Fleischmahl wie im früheren Tempel wird nur noch ein kurzes Lippengebet am Tisch empfohlen.
Die heutigen Priester der Institutionen Kirche bringen die Tiere dabei nicht mehr selbst um, sondern sie segnen die Metzger und Schlachtfabriken mit ihrem heidnischen Baals-Segen, verbrämt als angeblicher Segen ihres so konstruierten "dreieinigen" "Gottes". Und dies Metzger und Schlächter schmücken ihre Zunftfahne mit dem "Lamm Gottes", einem Symbol für Jesus, das die Auferstehungsfahne trägt. Und wie zu früheren Zeiten sitzen Priester und vor allem die kirchlichen Exzellenzen und Eminenzen auch heute bei öffentlichen Fleischgelagen auf den Ehrenplätzen.

Dazu kann man nur sagen: Hohn und Spott! Was macht man nur mit Jesus von Nazareth, der das Mitgefühl für die Tiere lehrte und das Gebot "Du sollst nicht töten", das auch gegenüber den Tieren gilt?
Das, was dabei heute an Grausamkeiten geschieht, ist gegenüber der Vergangenheit eine Steigerung ins Unermessliche. Vor allem die kirchlichen Feste Weihnachten und Ostern stellen das jüdische Pessachfest in Sachen Tiermord und Fleischkonsum um ein Vielfaches in den Schatten. Sie zählen mittlerweile zu den größten und grausamsten Schlachtfesten der Welt.
 
Und die Kirche lehrt in ihrem Katechismus ausdrücklich die Erlaubnis zum Fleischgenuss als angeblicher Bestimmung der Tiere. Und wie die Tiere dabei gehalten werden und wie sie getötet werden, das spielt weder für den katholischen noch für den evangelischen Katechismus eine Rolle.

Allein im kirchlich geprägten Deutschland ist der Fleischkonsum im Jahr 2010 gegenüber 2009 um 302.000 Tonnen gestiegen auf in diesem Jahr acht Millionen Tonnen pro Jahr, bei weiter steigender Tendenz. Und um die rasant wachsende weltweite Nachfrage nach Fleisch zu befriedigen, müsse die Fleischproduktion von heute 228 auf 463 Millionen Tonnen steigen, so der Jahresbericht 2009 der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der UNO.

Die Institutionen Kirche lehren den Menschen einen Gott, der sich in der Zeit vor Jesus von Nazareth Jahrhunderte lang im Tempel am Blut unschuldiger Tiere gelabt haben soll. Und der heute die Tierschlachtungen seit Jesus zwar nicht mehr für sich selbst fordere, der jedoch stattdessen das Morden an den Tieren alleine für die menschliche Gaumenlust millionenfach absegnet. Doch dies ist nicht der Schöpfergott, der "Himmel und Erde gemacht hat", sondern ein anderer.
 

 




Vielleicht nehmen Sie sich einmal etwas Zeit und schauen diesen Film. Eventuell nur in Ausschnitten, weil man nicht alles auf einmal verkraftet. https://www.youtube.com/watch?v=WqT5g9y4dmE

Und bedenken Sie dazu immer wieder die Lehre der Kirche, welche besagt:
 
"Wenn wir also das Verbot des Tötens nicht auf das Pflanzenreich anwenden, weil es da keine Empfindung gibt, desgleichen nicht auf die unvernünftige Tierwelt mit ihren fliegenden, schwimmenden, laufenden und kriechenden Geschöpfen, weil ihnen im Unterschied von uns keine Vernunft verliehen ist, weswegen auch nach der gerechten Anordnung des Schöpfers ihr Leben und Tod unserem Nutzen dienen muss."
(Der "Heilige" Augustin, De Civitate Dei I, 20)

"Keiner sündigt davon her, dass er irgendein Ding zu dem gebraucht, wozu es da ist ... so  ... sind die Tiere um des Menschen willen da ... Unter allen Gebrauchmachungen aber scheint die am meisten notwendig zu sein, dass die Tiere die Pflanzen und die Menschen die Tiere zum Speisen gebrauchen, was nicht geschehen kann ohne sie zu töten. Darum ist es erlaubt ..."
(Der "Heilige" Thomas von Aquin, Summa theologica III. 64. I)

"Ich rufe auch die Heiligen an. Ich bin mit Augustinus, mit Bonaventura, mit Thomas von Aquin befreundet. Man sagt dann auch zu solchen Heiligen: ´Helft mir!`" (Papst Joseph Ratzinger in Licht der Welt, Freiburg 2010, S. 32)

"Hatte nicht schon der junge Theologieprofessor Ratzinger, damals also noch nicht Bischof, Kardinal oder Papst, in seinen Vorlesungen vor seinen Theologiestudenten vollmundig getönt, es könne dem Reh oder Hasen gar nichts Besseres passieren, als geschossen zu werden und auf dem Teller des Menschen zu landen, denn damit erfülle das Tier seine Bestimmung, die der Schöpfergott ihm zugeteilt habe."
(Der ehemalige katholische Theologieprofessor Hubertus Mynarek in: Papst ohne Heiligenschein, Sonderdruck, Odernheim 2006, S. 4)

"Man darf Tiere gern haben, soll ihnen aber nicht die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt."
(Katechismus der Katholischen Kirche, verfasst von Joseph Ratzinger, Lehrsatz Nr. 2418)


"Unter Gefühle verstehe ich Sympathie, Schuld, Verzeihung, Gewissen, Barmherzigkeit, Liebe. All das kann ein Tier nicht empfinden. Gott hat den Menschen die Welt geschenkt. Eine Welt, in der nur der Mensch lachen, lieben und denken kann."
(Der Kapuziner-Abt Bruder Paulus, Nachfolger des Franz von Assisi, erklärt den heutigen Menschen im Auftrag der Kirche den angeblichen Unterschied zwischen Mensch und Tier, Bild, 22.2.2003)
 

 


Der Text kann wie folgt zitiert werden
:
Zeitschrift "Der Theologe", Herausgeber Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 37, Der blutige Tempel-Kult und der Schöpfergott im eigenen Herzen, Wertheim 2008, zit. nach theologe.de/tempel_kirchen.htm, Fassung vom 18.8.2024,
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