Der Theologe Nr. 85, aktualisiert am 30.6.2022
Beim Thema "Katholische Kirche
und Holocaust" wird meist Papst Pius XII. genannt, der in die Geschichte einging
als der Papst, der zum Holocaust schwieg. Nun aber möchte ihn der Vatikan
demnächst gerne selig sprechen, weswegen umfangreiche Geschichtsklitterungen
vorgenommen werden. Dieses Thema wird in einer eigenen Ausgabe des Theologen
behandelt: Der
Theologe Nr. 57 – Papst Pius XII., die Faschisten und der Holocaust.
Nachfolgende Daten zeigen kirchliche Hintergründe und Lehren auf, die dazu
führten, dass der Holocaust (= die Shoah) möglich wurde.
Zum Vergleich die ausführliche Studie Der Theologe
Nr. 4 – Die evangelische Kirche und der Holocaust.
Judenpogrome im Mittelalter: Ein Jude
mit dem vorgeschriebenen Judenstern auf der Brust wird von einem Katholiken aus
Glaubensgründen ermordet.
Das 4. Laterankonzil der Romkirche im Jahr 1215 hatte beschlossen: Juden müssen
an ihrer Kleidung ein Unterscheidungszeichen tragen, so dass jeder sieht, dass
es Juden und keine Katholiken sind.
Papstbesuch 2006 in Auschwitz: |
"[Die
heilige römische Kirche, durch das Wort unseres Herrn und Erlösers
gegründet,] glaubt fest, bekennt und verkündet, dass niemand
außerhalb der katholischen Kirche, weder Heide noch Jude noch Ungläubiger
oder ein von der Einheit Getrennter – des ewigen Lebens teilhaftig wird,
vielmehr dem
ewigen Feuer verfällt, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist,
wenn er sich nicht vor dem Tod ihr
(der Kirche) anschließt ..."
"Die Kirche hat kraft ihrer göttlichen Einsetzung die Pflicht, auf das gewissenhafteste das Gut des göttlichen Glaubens unversehrt und vollkommen zu bewahren und beständig mit größtem Eifer über das Heil der Seelen zu wachen. Deshalb muss sie mit peinlicher Sorgfalt alles entfernen und ausmerzen, was gegen den Glauben ist oder dem Seelenheil irgendwie schaden könnte. Somit kommt der Kirche aus der ihr vom göttlichen Urheber übertragenen Machtvollkommenheit nicht nur das Recht zu, sondern sogar die Pflicht, gleich welche Irrlehren nicht nur nicht zu dulden, sondern vielmehr zu verbieten und zu verurteilen, wenn das die Unversehrtheit des Glaubens und das Heil der Seelen fordern." (Brief des von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 "selig" gesprochenen Papst Pius IX. an den Erzbischof von München und Freising aus dem Jahr 1862; zit. nach Josef Neuner – Heinrich Roos, Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, 13. Auflage, Regensburg 1992, Lehrsatz Nr. 382) |
Bereits in den ersten Jahrhunderten riefen die
"heiligen" Kirchenväter zur Verfolgung der Juden auf. Und der Historiker Friedrich Heer schrieb: "Adolf Hitler beruft sich selbst, so auch im Gespräch mit Kardinal Faulhaber – offenbar, ohne Widerspruch zu finden –, darauf, dass er nur tue, was die Kirche eineinhalb Jahrtausende lang lehrte und den Juden gegenüber praktizierte" (Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Berlin 1981, S. 10). Die Beweise für die Richtigkeit dieser Aussage würden Bücher füllen. Hier nur einige Beispiele.Das Arsenal des kirchlichen Rufmords
"Die acht Predigten des Johannes Chrysostomos (ca. 350-407) im Jahre 387 gegen die Juden in Antiochien haben epochale Bedeutung. Hier ist das Arsenal aller Waffen gegen die Juden bis heute versammelt. Der Jude ist: ein fleischlicher Jude, ein schlüpfriger geiler Jude, ein dämonischer Jude, ein geldgieriger Jude, ein verfluchter Jude. Der Jude ist ein Mörder der Propheten, ein Mörder Christi, ein Gottesmörder. Der Jude verehrt den Teufel. Die Juden sind Trunkenbolde, Hurer, Verbrecher. Sie sind das gottesmörderische Volk." (Heer, a.a.O., S. 67)
"Solche
Tiere, die zur Arbeit untauglich geworden sind, eignen sich zur
Verwendung als Schlachttiere. Das ist den
Juden widerfahren. Sie machten sich selbst zur Arbeit untüchtig und sind so
geeignet zur Schlachtung geworden."
|
Der katholische Anstifter schützt die Täter
Ein bewährtes Mittel kirchlicher Inquisition ist die Anstiftung zu
den Verbrechen. D. h., die Kirche versuchte, sich nicht selbst die Hände
blutig zu machen, sondern Täter zu finden, die den kirchlichen Willen in
die Tat umsetzten.
Karl Thieme schrieb dazu in seinem Buch
Judenfeindschaft, Darstellung und Analysen, Frankfurt 1963: "Dass
von derartiger Schmähung aus dem Mund kirchlicher Autoritäten der Weg
nicht weit war zur Synagogenbrandstiftung, versteht sich von selbst ...
In einem der Fälle, wo das geschehen war – zu Kallinikum am Euphrat 388
– und Kaiser Theodosius den Befehl gab, die Brandlegungen zu bestrafen
und die Schäden an der Synagoge auf Kosten des Ortsbischofs, des
Anstifters, zu reparieren, hat kein Geringerer als [Bischof] Ambrosius
protestiert." (S. 13 f.)
Zwar hatte die Kirche beim Kaiser schon
seit 380 die Erhebung zur einzigen Staatsreligion und die Todesstrafe
für Nichtkatholiken durchgesetzt, doch die jüdischen Mitbürger waren
zeitweise noch geschützt. Allerdings nicht mehr lange. Der später
heilig gesprochene einflussreiche "heilige" Kirchenvater
Ambrosius solidarisierte
sich mit den Brandstiftern und zwingt den Kaiser, den Befehl zur
Reparatur der Synagoge auf Kirchenkosten zurückzunehmen.
Karl Thieme
zitiert dazu zunächst den "heiligen" Ambrosius: "Ich erkläre, dass ich die Synagoge in
Brand gesteckt, ja, dass ich ihnen dazu den Auftrag gegeben habe, damit
kein Ort mehr sei, so Christus geleugnet wird." Und der Historiker fährt
dann fort: "In offener Kirche hat er [Ambrosius] durch Unterbrechung des
Gottesdienstes den Kaiser moralisch gezwungen, seinen Befehl
zurückzuziehen und zuletzt allen Missetätern völlige Straflosigkeit zu
gewähren."
Die Juden bis ca. 1500: 1300 Jahre Opfer der Kirche
Als der Papst im 11. Jahrhundert zum Kreuzzug aufrief, begannen die katholischen Soldaten zunächst mit der Ermordung von Tausenden von europäischen Juden. Später folgten dann die Massaker an den Moslems in Palästina. Bis "zur Zeit Luthers hatte der christliche Antijudaismus die Geschichte Europas seit gut 1300 Jahren beeinflusst. Zu seinen Stereotypen gehörten um 1500 ... Die Juden seien gottlos, christenfeindlich, verstockt, blind gegenüber der göttlichen Wahrheit, verflucht, stammten vom Teufel ab, seien mit dem Antichrist der Endzeit identisch, hätten den Gottesmord begangen, verübten regelmäßig Ritualmorde an christlichen Kindern, begingen Hostienfrevel, Brunnenvergiftung und strebten heimlich nach Weltherrschaft, etwa durch Verrat an feindliche Mächte ... Seit ... Zünfte und Gilden Juden ausschlossen und in das Geldgeschäft abdrängten, schrieb man ihnen Wucher, Arbeitsscheu und Ausbeutung von Christen zu. Seit Erfindung der Druckerpresse (um 1440) verbreiteten neu aufgelegte Adversus-Judaeos-Texte von Kirchenvätern und neu verfasste volkssprachliche Hetzschriften christlicher Theologen oder jüdischer Konvertiten solche Stereotype massenhaft in Europa. Predigtkampagnen der Bettelorden und Judenverfolgung durch die Inquisition gingen Hand in Hand." (Wikipedia; Stand: 23.8.2014)
Martin Luther, der Prophet der Reichspogromnacht
Durch das Auftreten
Martin Luthers wurde auch das kirchliche Verlangen nach neuen Judenverfolgungen
wieder angeheizt. In seinen letzten Lebensjahren widmete sich der
"Reformator" überwiegend diesem Thema, konnte sich jedoch mit seinen
Forderungen bei den Fürsten nicht wie gewünscht durchsetzen. Erst
spätere Generationen setzten dann in die Tat um, was Martin Luther wollte,
vor allem die Nationalsozialisten in Deutschland im 20. Jahrhundert.
Als in Deutschland in der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938
überall die Synagogen in Flammen aufgingen, brach deutschlandweit in der Kirche großer Jubel aus. Und man vergaß nicht, einem der
wichtigsten Inspiratoren der Reichspogromnacht, Martin Luther, zu
danken. So schrieb der evangelische Landesbischof Martin Sasse
wenige Tage später, als von den Synagogen nur noch Schutthaufen übrig
waren: "Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in
Deutschland die Synagogen ... In dieser Stunde muss die Stimme des
Mannes gehört werden, der als der Deutschen Prophet im 16. Jahrhundert
einst als Freund der Juden begann ... der größte Antisemit seiner Zeit
geworden ist." (23.11.1938 im Vorwort zur Neuauflage der bekannten
Lutherschrift "Von den Juden und ihren Lügen")
Dass auch die katholische Kirche den
Judenhass schürte, der zum Holocaust führte, siehe z. B. im
nachfolgenden Teil 2. Und Verteidiger Martin Luthers behaupten oft, dass
Martin Luther ja gar nichts anderes tat als die Kirche seit Hunderten
von Jahren vor ihm. Das ist im Prinzip richtig, doch Landesbischof
Martin Sasse
hatte den Anteil der römisch-katholischen Kirche an den
Judenverfolgungen und der Reichspogromnacht auch gar nicht bestritten.
Er nannte Luther ja "nur" den "größten Antisemiten seiner Zeit". Und auf
welche Weise er viele katholische Theologen und Kirchenväter noch
übertroffen hat, lesen Sie z. B. in einer
Gegenüberstellung zwischen Forderungen Martin Luthers und der
Vollstreckung seiner Forderungen im Deutschland des 20. Jahrhunderts.
Adolf Hitler war Mitglied der römisch-katholischen Kirche und zahlte bis an sein Lebensende seinen "Kirchenbeitrag", d. h. Kirchensteuer. Als junger Mann stand Hitler unter dem Einfluss der von der katholischen Kirche unterstützten Christlichsozialen Partei Österreichs. Obwohl er zeitlebens von Martin Luther fasziniert war, hält er der römischen "Mutterkirche" als Mitglied die Treue. Die Judenverfolgung versteht er später als eine Fortsetzung des "Werkes der Kirche".
Österreich ist vor dem 1. Weltkrieg ein Vielvölkerstaat mit konfessionellen Spannungen und Kämpfen. Der Antisemitismus jedoch ist eine Gemeinsamkeit von Katholiken und Evangelischen. Die Katholiken formieren sich damals vor allem in der Christlichsozialen Partei, die sich bis 1893 "Die Antisemiten" nannte. Und auch nach der Umbenennung behält sie den ursprünglichen Namen intern bei.
Kirchliche Amtsträger wiegeln auf, Bürger stechen zu – Karikatur zur Judenverfolgung aus dem Jahr 1850Der bekannteste christlich-soziale Politiker dieser Zeit ist der Wiener Bürgermeister Dr. Karl Lueger. Zum Umgang mit Juden erklärt das katholische Stadtoberhaupt im österreichischen Reichstag in Wien provozierend, es sei ihm "gleichgültig, ob man die Juden henkt oder köpft". Und das von den Christlichsozialen finanzierte Bukowinaer Volksblatt schreibt, dass man "eine Zacherlinspritze [Zacherlin ist ein Insektenvertilgungsmittel] gegen die Juden erfinden" müsse.
Die Politik Dr. Karl Luegers hat die volle Unterstützung der katholischen Kirche Österreichs, die den Antisemitismus immer wieder schürt und dafür auf zahlreiche Lügen der Kirchengeschichte zurückgreift. Dazu gehören die angeblichen jüdischen Ritualmorde, die in früheren Jahrhunderten schon als Grund für Judenverfolgungen herhalten mussten. Brigitte Hamann schreibt in ihrem Bestseller Hitlers Wien: "Führend in der Verbreitung vieler Schauermärchen waren katholische Geistliche, die auch die nötige Literatur beisteuerten." Und: "Da auch Pfarrer von den Kanzeln herab den Antisemitismus predigten und den ´Abwehrkampf` gegen die Juden als richtig und notwendig darstellten, sahen Luegers Anhänger immer weniger Unrecht darin, diese ´Gottlosen` zu schikanieren" (Hitlers Wien, S. 413.415). Der Wiener Bürgermeister setzt sich im Gegenzug sehr für die katholische Kirche ein. Brigitte Hamann schreibt: "Lueger wiederum rief zum stärkeren Kirchenbesuch auf und umgab sich bei seinen öffentlichen Auftritten mit Vorliebe mit Geistlichen und Nonnen." (S. 419)
Wiens damaliger katholischer Bürgermeister Dr. Karl Lueger: "Gleichgültig, ob man die
Juden henkt oder köpft."
Dr. Lueger umgab sich mit Vorliebe mit
Geistlichen und Nonnen.
Adolf Hitler gelingt schließlich etwas, was es bis dahin in der deutschen
Geschichte noch nicht gegeben hatte: Sowohl die evangelische als auch die katholische
Kirche stehen hinter ihm und seiner antisemitischen Politik.
Während die Evangelische Kirche in der Weimarer Republik den Aufstieg der NSDAP an die Macht tatkräftig fördert, lehnen die katholischen Bischöfe die Mitgliedschaft in der NSDAP zunächst noch ab. Sie unterstützen dafür die rein katholische Zentrumspartei. Das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Nazis ändert sich jedoch, als der neu gewählte Reichskanzler Hitler am 23.3.1933 der Kirche in seiner Regierungserklärung die "Unverletzlichkeit des katholischen Glaubens" zusichert.
Bereits wenige Wochen später koordinieren die Nazis mit Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche das Verbot anderer Glaubensgemeinschaften wie der Zeugen Jehovas, die in den folgenden Jahren zu Hunderten ermordet werden. Und am 20.7.1933 schließt Nazi-Deutschland mit der katholischen Kirche ein Konkordat ab, das der Kirche umfangreiche Privilegien zugesteht. Dazu gehören kirchliche Selbstverwaltung, eigene Gesetzesvollmacht, katholischer Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an staatlichen Schulen und der staatliche Schutz der katholischen Verbände und Vereine. Im Gegenzug erkennt der Vatikan als erster Staat Nazi-Deutschland in vollem Umfang völkerrechtlich an.
Kirchliche Amtsträger schüren unterdessen weiter den Antisemitismus bzw. befürworten eine Verfolgungsmaßnahme nach der anderen. Die Weichen für den Holocaust an den Juden sind gestellt. Und ein Blick in die Konzils- und Synodengeschichte der Kirche gibt Hitler recht, wenn er im Hinblick auf die Judenverfolgung an Papst Pius XII. schreibt: "Wir setzen fort das Werk der Katholischen Kirche" (zit. nach Wochenpost, 12.4.1995; lesen Sie dazu einzelne Synodenbeschlüsse der Kirche gegen Juden). Und bei anderer Gelegenheit rechtfertigt Hitler die Judenverfolgung mit den Worten, "dass er gegen die Juden nichts anderes tue als das, was die Kirchen in den 1500 Jahren gegen sie getan habe". (zit. nach Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Berlin 1981, S. 406)
Katholische Bischöfe, hochrangige Nazis, Minister Goebbels: Privilegien für die Kirche
Dass die Nazis später ihre Ideologie von den kirchlichen Wurzeln abzukoppeln versuchen, kommt den beiden Großkirchen sehr gelegen. In der Nachkriegszeit wird nämlich eine Legende vom "Widerstand" der Kirche gestrickt und dafür das Zeugnis von Einzelnen für die Kirche als Ganzes vereinnahmt.
Unmittelbar nach 1945 ist das noch anders: Beide Kirchen setzen sich mit Engagement vor allem für die Verteidigung von Nazi-Kriegsverbrechern ein. Der Vatikan ist in dieser Zeit Zufluchtsort für Kriegsverbrecher, die aus Deutschland fliehen. Von Rom aus verhilft ihnen die Kirche mit falschen Pässen zur Flucht nach Südamerika.
Einer von ihnen ist Adolf Eichmann, evangelisch und einst Mitglied des
CVJM ("Christlicher Verein Junger Männer"), der Organisator der
"Endlösung" an den Juden. Adolf Eichmann sagt dazu am 14.5.1961: "Ich erinnere
mich in tiefer Dankbarkeit an die Hilfe katholischer Priester bei meiner Flucht aus Europa
und entschied, den katholischen Glauben zu honorieren, indem ich Ehrenmitglied wurde"
(zit. nach Ernst Klee, Persilscheine und falsche Pässe,
Frankfurt am Main 1991, S. 25). Adolf Eichmann, der auch nach seiner
Entführung durch den israelischen Geheimdienst nach Israel sein Tun nicht bereut, bleibt
zwar offiziell evangelisch, trägt aber in seinen argentinischen Pass "katholisch"
ein, was er offenbar als "Ehrenmitgliedschaft" auffasst.
Und Hans-Ulrich Rudel, der höchstdekorierte deutsche Soldat des 2. Weltkriegs, der ebenfalls dank der Hilfe der katholischen Kirche vor der Strafverfolgung ins Ausland fliehen kann, bekennt im Jahr 1948: "Man mag sonst zum Katholizismus stehen wie man will. Was in diesen Jahren durch die Kirche ... an wertvollem Menschentum unseres Volkes gerettet worden ist, soll billigerweise unvergessen bleiben." (Klee, a.a.O., S. 26)
Einführung – Es ist zu bedenken, dass ein großer Teil der Nationalsozialisten evangelische oder
katholische Kirchenmitglieder sind ... Eine klare Unterscheidung "Hier die
Nazis, dort die Kirche" ist aus diesem Grund nicht möglich. Beide Bereiche
überschneiden sich bei Hunderttausenden von Betroffenen, die sowohl NSDAP- als
auch Kirchenmitglieder sind.
Anfang Januar 1894 – Ein
späterer Priester wird zum "Schutzengel" für Adolf Hitler und
rettet dem vierjährigen Kind und späteren Führer das Leben. Die Donau-Zeitung berichtet
am 9.1.1894, dass "ein
Knabe gerade noch rechtzeitig vor dem sicheren Tode des Ertrinkens gerettet"
worden sei, und zwar von "seinen beherzten Kameraden". "Hitler wohnte damals mit
seiner Familie in Passau im Haus der Familie Kühberger, deren fast
gleichaltriger Sohn Johann Nepomuk später Priester, Organist und
Domkapellmeister in Passau wurde. Er soll an jenem Januartag Hitler aus dem
eisigen Inn gezogen haben. Die Episode war zu Lebzeiten Kühbergers stadtbekannt
und wurde auch von ihm selbst weitererzählt." (Sonntagsblatt, Evangelische
Wochenzeitung für Bayern, Nr. 3 vom 19.1.2014)
PS: Im Frühjahr 1898 wurde der dann achtjährige Hitler erneut aus
einem reißenden Gebirgsbach in Österreich gerettet, dann von einem Landwirt.
1924 – In seinem Buch Mein Kampf erklärt Adolf Hitler, die sich auf
Martin Luther berufende Los-von-Rom-Bewegung um die Jahrhundertwende sei
ein "schwerer politischer Fehler" gewesen
(zit. nach Brigitte Hamann, a.a.O., S. 357), auch wenn er Martin Luther
ansonsten weiter bewundert. Hitler sucht als römisch-katholischer Staatsmann
aber gezielt auch das Bündnis mit dem Vatikan.
Im Jahr 1933 gewährt Adolf Hitler der katholischen Kirche in einem "Konkordat"
umfangreiche Privilegien (und führt u. a. die bis heute durch den Staat
eingezogene
Kirchensteuer ein) und wertet damit die römisch-katholische Kirche im
evangelisch geprägten Deutschland in einer Weise auf, die gar nicht hoch genug
einzuschätzen ist. Oder protestantische Reichskanzler Graf Otto von Bismarck
hatte ca. 60 Jahre zuvor noch Privilegien für die katholische Kirche
gestrichen. Umgekehrt ist der Vatikan der erste Staat, der Nazi-Deutschland
anerkennt. Papst Pius XII., dessen Seligsprechung seit einiger Zeit vorbereitet
wird, wird später zum Holocaust schweigen.
1924 – Adolf Hitler
beklagt in Mein Kampf die konfessionelle Zerstrittenheit zwischen
Evangelischen und Katholiken als Schwächung des Antisemitismus. Versuche von
Katholiken oder Evangelischen, Angehörige der jeweils anderen Konfession
überzeugen zu wollen, lehnt er ab:
"Kaum aber, dass es gelungen war, dem deutschen Volk in dieser Frage den großen,
einigenden Kampfgedanken zu schenken, als der Jude auch schon zur Gegenwehr
schritt ... Er ... hat ... den Zwiespalt gesät" zwischen "Katholizismus
und Protestantismus". "Der Jude hat jedenfalls das gewollte Ziel erreicht:
Katholiken und Protestanten führen miteinander einen fröhlichen Krieg, und der
Todfeind der arischen Menschheit und des gesamten Christentums lacht sich ins
Fäustchen ..."
1924 –
Adolf Hitler entwirft ein ökumenisches Zukunftsbild beider Konfessionen:
Katholiken und Protestanten sollen einander achten und schätzen und gemeinsam
gegen den Juden kämpfen.
Und der Kampf wird bald auch auf andere Glaubensgemeinschaften ausgedehnt.
"Für die Zukunft der Erde liegt aber die Bedeutung nicht darin, ob die
Protestanten die Katholiken oder die Katholiken die Protestanten besiegen,
sondern darin, ob der arische Mensch ihr erhalten bleibt oder ausstirbt ...
Darum sei jeder tätig, und zwar jeder, gefälligst, in seiner Konfession, und
jeder empfinde es als seine erste und heiligste Pflicht, Stellung gegen den zu
nehmen, der in seinem Wirken, durch Reden oder Handeln aus dem Rahmen seiner
eigenen Glaubensgemeinschaft heraustritt und in die andere hineinzustänkern
versucht ..."
(Adolf
Hitler, Mein Kampf, München 1933, 70. Auflage, S. 628 ff.)
1924 –
Adolf Hitler, der als Knabe auch Ministrant in der Klosterschule im Benediktinerstift Lambach war, lebt diese Haltung selbst vor und bleibt zeitlebens Katholik und
zahlt immer pünktlich seinen Kirchenbeitrag. Im Buch Mein Kampf erklärt
er weiter, dass sowohl der evangelische als auch der katholische Glaube mit dem
Nationalsozialismus vereinbar ist.
"Es konnte in den Reihen unserer Bewegung der gläubige Protestant
neben dem gläubigen Katholiken sitzen, ohne je in den geringsten
Gewissenskonflikt mit seiner religiösen Überzeugung geraten zu müssen. Der
gemeinsame gewaltige Kampf, den die beiden gegen den Zerstörer der arischen
Menschheit führten, hatte sie im Gegenteil gelehrt, sich gegenseitig zu achten
und zu schätzen."
(Adolf
Hitler, Mein Kampf, München 1933, 70. Auflage, S. 628 ff.)
29.3.1924 – Konkordat zwischen "seiner Heiligkeit" Papst Pius XI. und dem Staate Bayern (bmi.bund.de) – Kardinal Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., schloss das erste Vatikan-Konkordat im 20. Jahrhundert ab, das der Kirche die Fortsetzung der staatlichen Subventionen und Privilegien sicherte. Der Vatikan wählte dazu als ersten "Partner" den Freistaat Bayern, obwohl die Weimarer Reichsverfassung von 1919 auch in Bayern gültig war. Darin wird unter anderem die "Ablösung" = Beendigung der Staatszahlungen an die Kirche gefordert, was bis heute [2018] nicht erfolgte. Das in diesem Sinne verfassungswidrige Konkordat sicherte dem Vatikan beispielsweise den konfessionell-katholischen Religionsunterricht an Staatschulen auf Staatskosten. Es folgten die Konkordate mit Preußen (1929) und Baden (1932). "Pacellis Verhandlungspartner, selbst wenn sie ihm wie im Fall Bayern sehr gewogen waren, waren zum Teil schockiert, mit welcher Unverfrorenheit und Kaltschnäuzigkeit der römische Diplomat Maximalforderungen aufstellte und im Einzelfall sogar vor regelrechten Erpressungen nicht zurückschreckte. So stellte er im Fall des Bayern-Konkordats zwar eine Unterstützung des Vatikans für die Interessen des Deutschen Reiches in Aussicht, und zwar bei der Frage der Bistumsgrenzen in den vom deutschen Reich abgetrennten Flächen wie dem Saarland. Doch er fügte unmissverständlich hinzu, dies werde nur dann eintreten, wenn Bayern zuvor in der Frage der schulischen Erziehung die Forderungen des Vatikans erfüllen würde." (Matthias Holzbauer, Der unselige Papst, Marktheidenfeld 2012, S. 79)
27.10.1928 –
Adolf Hitler wirbt für ein ökumenisches kirchliches so genannten "Christentum":
"In unseren Reihen dulden wir keinen, der die Gedanken des Christentums verletzt
... Diese unsere Bewegung ist tatsächlich christlich. Wir sind erfüllt von dem
Wunsche, dass Katholiken und Protestanten sich einander finden mögen in der
tiefen Not unseres eigenen Volkes." (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1,
a.a.O., S. 65)
1932 – Mit den Stimmen der NSDAP erreicht der katholische Reichskanzler und Ritter vom heiligen Grab zu Jerusalem, Franz von Papen, das Verbot der Freidenker-Bewegung in Deutschland. Franz von Papen wird am 30.1.1933 nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler dessen Vize-Kanzler. 1959 wird er vom Vatikan nach 1923 erneut zum vatikanischen "Geheimkämmerer" erhoben.
23.3.1933
– Adolf Hitler sieht in seiner Regierungserklärung
die evangelische und die römisch-katholische Kirche als die wichtigste Basis für
den Aufbau Nazi-Deutschlands an:
Adolf Hitler im Reichstag in Berlin wörtlich: "Die nationale Regierung sieht
in den beiden christlichen Konfessionen die wichtigsten Faktoren zur Erhaltung
unseres Volkstums ... Ihre Rechte sollen nicht angetastet werden. Sie
erwartet aber und hofft, dass die Arbeit an der nationalen und sittlichen
Erneuerung unseres Volkes, die sich die Regierung zur Aufgabe gestellt hat,
umgekehrt die gleiche Würdigung erfährt ... Der Kampf gegen eine
materialistische Weltauffassung und für die Herstellung einer wirklichen
Volksgemeinschaft dient ebenso sehr den Interessen der deutschen Nation wie
denen unseres [!] christlichen Glaubens." (zit. nach Joachim Beckmann,
Kirchliches Jahrbuch für die Evangelische Kirche in Deutschland, 1933-1944,
Gütersloh 1948, S. 23)
In den
folgenden Monaten koordinieren Nazi- und Kirchenvertreter die Bekämpfung anderer
Gemeinschaften (siehe z. B. Zeitablauf: 9.6.1933).
24.3.1933 – Ermächtigungsgesetz – Der deutsche Reichstag
überträgt mit 2/3-Mehrheit die gesamte, auch die Verfassung ändernde Gesetzgebung
zunächst für vier Jahre auf Adolf Hitler. Das so genannte "Ermächtigungsgesetz" wird später mehrfach verlängert.
Auch die katholische Zentrumspartei stimmte unter der Bedingung zu, dass
Nazi-Deutschland mit dem Vatikan ein Konkordat
abschließt, was die Strategen im Vatikan gerne vorbereiten und was am 20.7.1933
auch verabschiedet wird. Der Vatikan braucht die Zentrumspartei nun nicht mehr,
da man über das Konkordat direkt mit Nazi-Deutschland in
Freundschaft verbunden war.
Die Zentrumspartei löste sich dann auch im Interesse des Vatikan am 5.7.1933 auf.
28.3.1933 – Die katholischen Bischöfe widerrufen ihre frühere Ablehnung des Nationalsozialismus. Nachdem die katholischen Bischöfe bislang – im Unterschied zum Protestantismus – die Mitgliedschaft in der NSDAP verboten hatten, heben sie das Verbot der NSDAP-Parteimitgliedschaft am 28.3.1933 auf. Ausschlaggebend ist die Zusicherung der "Unverletzlichkeit des katholischen Glaubens" durch Adolf Hitler. (in: H. Müller, Katholische Kirche und Nationalsozialismus, dtv-Taschenbuch 1965, S. 88 f.; zit. nach Georg Denzler/Volker Fabricius, Christen und Nationalsozialisten, Frankfurt am Main 1991, S. 60)
7.4.1933 – Arierparagraph bzw. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums: Ausschluss aller Juden aus dem öffentlichen Dienst (vgl. Synode von Clermont im Jahr 535: Juden dürfen keine öffentlichen Ämter bekleiden)
25.4.1933 – Weitgehende Beschränkung der Zahl jüdischer Studenten (vgl. Konzil von Basel im Jahr 1434: Juden dürfen keine akademischen Grade erwerben)
26.4.1933 – Adolf
Hitler beruft sich auf die kirchliche Tradition: Am gleichen Tag, an dem die
Evangelische Kirche ihr neues Gutachten über die "Judenfrage" zunächst intern
veröffentlicht, rechtfertigt Adolf Hitler in einem Gespräch mit dem
katholischen Bischof Dr. Hermann Wilhelm Berning von Osnabrück die
Judenverfolgung damit, "dass er gegen die Juden nichts anderes
tue als das, was die Kirche in 1500 Jahren gegen sie getan habe." (zit. nach
Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Berlin 1981, S. 406)
Und offenbar weist Adolf Hitler auch bei anderen Gesprächen mit den Kirchenführern
darauf hin. So heißt es weiter: "Adolf Hitler beruft sich selbst,
so auch im Gespräch mit Kardinal Faulhaber,
– offenbar, ohne Widerspruch zu
finden – darauf, dass er nur tue, was die Kirche eineinhalb Jahrtausende lang
lehrte und den Juden gegenüber praktizierte."
(Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Esslingen 1967, S. 10)
"Hitler trifft in der Nähe des Klosters Chorin
eine Diakonisse und diese fragt ihn: 'Herr Reichskanzler, woher
nehmen Sie nur die Kraft für Ihr schweres Werk?' Da zieht er ein Neues
Testament aus seiner Rocktasche und sagt: 'Hier, Schwester!'"
|
5.5.1933 – Der römisch-katholische Kardinal Michael Faulhaber bedankt sich in einem Brief an die bayerische Staatsregierung, "dass sich im öffentlichen Leben unter der neuen Regierung manches gebessert hat: Die Gottlosenbewegung ist eingedämmt, die Freidenker können nicht mehr offen gegen Christentum und Kirche toben, die Bibelforscher können nicht mehr ihre amerikanisch kommunistische Tätigkeit entfalten." (Akten Deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, Teil I, Mainz 1968, S. 259, Anm. 17; zit. nach Garbe, a.a.O., S. 9)
10.5.1933 – Öffentliche Bücherverbrennungen jüdischer Bücher (vgl. 12. Synode von Toledo im Jahr 681: Verbrennung des Talmud und anderer jüdischer Schriften)
9.6.1933 – Zusammenkunft von NS-Vertretern der Ministerien in Preußen und der Gestapo mit Vertretern der katholischen und der evangelischen Kirche in Berlin. Viele Kirchenvertreter fordern das Verbot der Zeugen Jehovas. So bittet auf diesem Treffen z. B. der katholische Domkapitular Ferdinand Piontek um "strenge staatliche Maßnahmen" gegen diese Gemeinschaft. Und der anwesende evangelische Oberkonsistorialrat D. Fischer will ein Verbot der Zeugen Jehovas wegen der von ihm beschworenen angeblichen Gefahr für das "deutsche Volkstum". Darüber hinaus vertritt er die Auffassung, dass die Kirche auch "mit ihren eigenen Mitteln" entgegentreten müsse (Protokoll der Besprechung im Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung; Ev. Zentralarchiv, 7 / Generalia XII. Nr. 161; zit. nach Garbe, a.a.O., S. 10). Zwei Wochen später werden die Zeugen Jehovas verboten.
27.6.1933 –
Der katholische Erzbischof Conrad Gröber aus Freiburg verbietet allen
katholischen Pfarrern Kritik am Nationalsozialismus.
3.7.1933 – Der Bischof und spätere Erzbischof von Regensburg Michael
Buchberger erklärt die Zustimmung der römisch-katholischen Kirche zur "geistigen
Gleichschaltung" mit der NSDAP. In einem Brief an Adolf Hitler
schrieb der Bischof: "Wir sind bereit, voll guten Willens und Loyalität ...
zusammenzuarbeiten, das heißt für die geistige und moralische Gleichschaltung
des gesamten deutschen Volkes auf christlicher und patriotischer Basis."
14.7.1933
– Alle Parteien außer der NSDAP sind seit diesem
Tag verboten oder haben sich aufgelöst. Deutschland ist nun auch äußerlich eine
reine Ein-Parteien-Diktatur mit Adolf Hitler als Reichskanzler und
dem parteilosen Franz von Papen als Vizekanzler (bis August 1934). Adolf
Hitler ist bis zu seinem Lebensende Katholik wie sein Vizekanzler Franz von
Papen (1879-1969), der zudem seit 1923 päpstlicher Geheimkämmerer ist sowie
Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und Ritter des
Malteserordens. In dieser Situation erfolgt nun die historische "Stunde"
der römisch-katholischen Kirche, die weltweite Anerkennung des neuen
Nazi-Deutschlands durch den Papst und die Kirche durch das Konkordat.
20.7.1933 – Der Vatikan schließt mit dem Deutschen Reich ein Konkordat ab und
sichert sich weit reichende Rechte (z. B. Selbstverwaltung, Gesetzesvollmacht, katholischer
Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an staatlichen Schulen, Schutz der
katholischen Verbände und Vereine). Darin werden auch die bisher abgeschlossenen
verfassungswidrigen Konkordate mit Bayern (1924), Preußen (1929) und Baden
(1932) bestätigt. Für die katholische Kirche ist es "hoch
erfreulich, dass endlich einmal wieder ihre hierarchische Gliederung vom Reiche
gestützt und anerkannt [und] über alle Länder von den Alpen bis zum Meeresstrand
ausgebaut war", so der katholische Regierungsrat Bauer aus Nürnberg
(zit.
nach "Im Schritt der neuen Zeit", Sonntagsbeilage der Bayerischen Volkszeitung,
17.12.1933, S. 4; zit. bei Helmut Steuerwald, Die Kirchen
im Bann des Nationalsozialismus, hbb-bayern.de). Bis dahin stand die
römisch-katholische Kirche in Deutschland eher im Schatten der evangelischen
Kirche, die seit ihrer Entstehung in Deutschland die am stärksten prägende Kraft
ist.
Michael Kardinal von Faulhaber aus München predigt von
der Freundschaft zwischen der Nazi-Regierung und dem Vatikan und erklärt später,
Papst Pius XI. sei
"der beste Freund, am Anfang sogar der einzige Freund des
neuen Reiches gewesen. Millionen von Menschen im Ausland standen lange
misstrauisch dem neuen Reich gegenüber und haben erst durch den Abschluss des
Konkordats Vertrauen zur deutschen Regierung gefasst." (zit.
nach Karlheinz Deschner, Ein Jahrhundert Heilsgeschichte, Köln 1982, S. 432 f.)
Anmerkung: Das Hitler-Konkordat
oder Reichskonkordat mit dem "Heiligen Stuhl" ist bis heute [2023] in vollem
Umfang auch weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland gültig. Das von
Kirchenmitgliedern in Richterroben besetzte Bundesverfassungsgericht hatte am
26.3.1957 entschieden, dass das Reichskonkordat am 12.9.1933 durch
Bekanntmachung im Reichsgesetzblatt durch Reichskanzler Adolf Hitler,
Außenminister (und späteren Kriegsverbrecher) Freiherr von Neurath und
Innenminister (und späteren Kriegsverbrecher) Wilhelm Frick im Rahmen des
nationalsozialistischen Ermächtigungsgesetzes vom 24.3.1933 zur Abschaffung der
Republik und Errichtung der Diktatur gültig zustande gekommen sei und folglich
auch für die neu gegründete Bundesrepublik Deutschland verbindlich und gültig
sei.
15.9.1935 – Nürnberger
Gesetze: Das neue Reichsbürgergesetz stempelt Juden zu Bürgern zweiter
Klasse. Das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre
"verbietet Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen und
artverwandten Blutes".
Weiterhin: Der Geschlechtsverkehr zwischen Juden und
Deutschen bzw. Menschen artverwandten Blutes wird verboten.
Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes bis
zum Alter von 45 Jahren auch nicht in ihrem Haushalt beschäftigen.
(vgl. Synode von Elvira im Jahr 306: Verbot der Ehe und des
Geschlechtsverkehrs zwischen Christen und Juden)
14.3.1937 – Papst Pius XI. ließ von den
Kanzeln die Enzyklika "Mit
brennender Sorge" vorlesen. Während die Situation für die Juden im Land
immer dramatischer wurde, drehte sich die Kirche nur um die eigenen Belange. So
ging es in der Enzyklika um die Verletzungen des Konkordats zwischen NS-Diktatur
und Vatikan vom 20.7.1933 durch staatliche Stellen und dem daraus resultierenden
"Leidensweg der Kirche" in Deutschland. Konkret wurden z. B. staatliche
Eingriffe in die Priesterausbildung oder den konfessionell-katholischen
Religionsunterricht in staatlichen Schulen beklagt oder die "Gottesleugnung" oder
Aufrufe zum Kirchenaustritt durch einzelne NS-Funktionäre. Demgegenüber sei es "selbstverständlicher
Rechtsanspruch der Eltern und Kinder, dass staatliche Pflichtorganisationen für
die Jugend von allen Betätigungen christentums- und kirchenfeindlichen Geistes
gesäubert würden".
(Wikipedia; Stand: 16.3.2012)
Die Verantwortlichen für den "Leidensweg der Kirche" werden jedoch nie genannt,
auch Hitler und NSDAP werden nicht genannt. "So
blieb das Schreiben an einigen Stellen vage. Auch Antisemitismus und
Judenverfolgung kamen nicht zur Sprache".
In seinem Werk
Die katholische
Kirche und der Holocaust schreibt Daniel
Jonah Goldhagen:
"Diese Enzyklika wird oft fälschlich als
Beweis für die Abneigung der Kirche, Pacellis oder Pius' XI. gegen den
Nationalsozialismus angeführt oder als radikale Verurteilung des
Nationalsozialismus dargestellt. Tatsächlich wandte sich die Enzyklika
klar und volltönend gegen Verletzungen des Konkordats (…) Die Enzyklika
verurteilte den Nationalsozialismus nicht als solchen." (S. 64)
Es ging der Kirche in mittelalterlicher Manier vor allem um Vorrang der Kirche
gegenüber dem Staat, die weltweite Macht des Papsttums und den maßlosen Anspruch
von Kirche und Papst, Gottes "Stellvertreter" auf Erden zu sein. Wörtlich heißt es
in der Enzyklika: "Wer die biblische Geschichte und die Lehrweisheit des
Alten Bundes aus Kirche und Schule verbannt sehen will, lästert das Wort Gottes,
lästert den Heilsplan des Allmächtigen, macht enges und beschränktes
Menschendenken zum Richter über göttliche Geschichtsplanung."
Menschen, die aus der Kirche austreten wollten, werden vom Papst mit aus
dem Zusammenhang gerissenen Jesus-Worten bedroht: "Wer mich vor den
Menschen verleugnet, den werde ich auch vor meinem Vater verleugnen", obwohl
Jesus und Kirche ja völlig verschieden bzw. gegensätzlich sind. Am Ende resümierte der
Papst, "dass ihn kein innigerer Wunsch leite als die Wiederherstellung eines
wahren Friedens zwischen Kirche und Staat in Deutschland".
(zit. nach Wikipedia – Stand: 26.10.2020)
Adolf Hitler kritisiert die Enzyklika und weist im Gegenzug u. a. auf die pädophilen
Verbrechen in der Kirche hin. Adolf Hitler wörtlich:
"Es geht auch nicht
an, von dieser Seite aus die Moral des Staates zu kritisieren, wenn man selbst
mehr als genug Grund hätte, sich um die eigene Moral zu kümmern"
(zit. nach
einestages.spiegel.de, 14.3.2012). Nachdem
der Staat bereits seit 1936 das Ausmaß der Pädophilie in der Kirche nicht mehr
duldete und eine Reihe von Prozessen gegen "sexuellen Missbrauch von Kindern
und Schutzbefohlenen" in der Kirche anstrengte, werden diese
Maßnahmen nach Verlesung der Enzyklika verstärkt. Der Staat lässt der Kirche
nicht mehr durchgehen, dass es sich hier angeblich nur um Einzelfälle handele, sondern
spricht von einer "symptomatischen Erscheinung" (Wikipedia).
Es beginnen nun auch weitere "Sittlichkeits- und Unterschlagungsprozesse" gegen
einzelne Priester und Ordensleute. In Koblenz lässt man z. B. 170 Franziskaner
wegen homosexueller Prostitution und Pädophilie verhaften, wörtlich wegen "Verführung Jugendlicher und Verwandlung des Klosters in ein
Bordell für Männer".
6.7.1938 – Auflösung jüdischer
Grundstücks- und Immobilienagenturen sowie jüdischer
Heiratsvermittlungsinstitute, die an Nichtjuden vermitteln (vgl.
Konzil von Basel im Jahr 1434: Juden dürfen nicht als Unterhändler bei Verträgen
zwischen Christen, insbesondere nicht als Vermittler von Ehen auftreten).
25.7.1938 – Deutsche dürfen nicht mehr zu jüdischen Ärzten (vgl. Trullanische Synode im Jahr 692).
31.7.1938 – Jüdische Testamente, die das "gesunde Volksempfinden" beleidigen, dürfen für nichtig erklärt werden (vgl. 3. Laterankonzil im Jahr 1179: Juden dürfen zum Christentum übergetretene Glaubensbrüder nicht enterben).
8. / 9. / 10.11.1938 – Die Ermordung des Nazi-Diplomaten Ernst Eduard vom Rath
in Paris durch einen jüdischen Bürger löst in Deutschland die
Reichspogromnacht bzw. Reichskristallnacht aus – Die Synagogen
werden in Brand gesteckt ...
(vgl. auch
Konzil von Oxford im Jahr 1222: Verbot des Synagogenbaus)
Ab November 1938 – Weitere Massendeportationen von Juden in
Konzentrationslager
28.11.1938 – Die
Lokalbehörden werden ermächtigt, Juden an bestimmten Tagen von den Straßen zu
verbannen (vgl. 3. Synode von Orleans im Jahr 538: Juden dürfen sich
in der Karwoche nicht auf der Straße zeigen).
3.12.1938 –
Zwangsarisierung jüdischen Haus- und Grundbesitzes
Juden müssen Häuser und Grundstücke zu Spottpreisen verkaufen. Wer vor 1938 ein
"Judenhaus" kaufte, wurde noch als "Judenfreund" verschrien. Jetzt bedienen sich
immer mehr dank der "günstigen" Angebote. Umgekehrt ist es nicht erlaubt, den
jüdischen Mitbürgern zu verkaufen (vgl. Synode von Ofen im Jahr 1279:
Christen ist es nicht erlaubt, Grund und Boden an Juden zu verkaufen oder
zu verpachten).
28.12.1938 – Juden müssen in bestimmten Häusern konzentriert werden (vgl. die Synode von Narbonne im Jahr 1050. Gemäß des Synodenbeschlusses ist es Christen nicht erlaubt, bei Juden zu wohnen).
Mai/Juni 1939 – 937 Juden flohen von Hamburg mit dem Schiff St. Louis
in Richtung Kuba und USA. Doch ihre Einreise wird von beiden Ländern und
von weiteren westlichen Staaten verweigert. "Der Westen will die jüdischen
Flüchtlinge nicht"
(spiegel.de, 17.2.2017). Sie müssen
zurück nach Europa und kommen nach zähen Verhandlungen zunächst in Belgien
unter, das jedoch bald von der deutschen Wehrmacht überrannt wird. "Am Ende
starben mindestens 254 der früheren Passagiere in NS-Vernichtungslagern", die
meisten in Auschwitz. In den USA stemmte sich der damalige
Außenminister und spätere Friedensnobelpreisträger (wg. seiner Verdienste um die
Gründung der UNO) Cordell Hull gegen die Aufnahme der jüdischen Flüchtlinge und
setzte sich durch. Ein Foto von 1935 zeigt ihn zusammen mit seiner Frau bei
seinem Kirchenbesuch in einer römisch-katholischen Kirche.
1.9.1939 – Mit dem Überfall auf Polen beginnt Deutschland den 2.
Weltkrieg. Der vom Papst ernannte römisch-katholische Militärbischof Franz Justus Rarkowski
schwört die Soldaten auf den Krieg ein: "In
ernster Stunde, da unser deutsches Volk die Feuerprobe der Bewährung zu bestehen
hat und zum Kampfe um seine natürlichen und gottgewollten Lebensrechte
angetreten ist, wende ich mich als Katholischer Feldbischof der Wehrmacht an
euch Soldaten, die ihr in diesem Kampf in der vordersten Front steht und die
große und ehrenvolle Aufgabe habt, die Sicherheit und das Leben der deutschen
Nation mit dem Schwerte zu schützen und zu verteidigen
… Der tapfere Aufblick zum Allmächtigen macht euch zu Soldaten, die
unüberwindlich sind. Jeder von euch muß jetzt Kämpfer sein, nicht nur mit der
Waffe in der Hand, sondern auch mit einem starken, tapferen und gläubigen
Herzen. Wer als Soldat den Kampf für sein Vaterland jederzeit in Ehren bestehen
will, muß ein Herz besitzen, das Gott selbst gefestigt und gewappnet hat."
(Verordnungsblatt des katholischen Bischofs der Wehrmacht, 1.9.1939, zit. nach
militaerseelsorge-abschaffen.de)
Seine Exzellenz Bischof Rarkowski war als so genannter "Apostolischer
Pronotator" am 11. August 1936 mit der Leitung der katholischen
Militärseelsorge gemäß Art. 27 des 1933 abgeschlossenen und noch heute [2019]
gültigen Reichskonkordats Deutschlands mit dem Vatikan eingesetzt. Am 7. Januar
1938 hatte ihn Papst Pius IX. auch zum Feldbischof der Wehrmacht in Deutschland
ernannt.
17.9.1939 – Die römisch-katholischen Bischöfe Deutschlands feiern per
Hirtenbrief, dass nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen
Zehntausende katholischer Polen, darunter Hunderte von Priestern ermordet werden.
In einem Hirtenbrief fordern alle römisch-katholischen Bischöfe die katholischen
Soldaten Deutschlands zum weiteren Töten ihrer Glaubensgenossen auf. Wörtlich:
"In dieser entscheidungsvollen
Stunde ermuntern und ermahnen wir unsere katholischen Soldaten, in Gehorsam
gegen den Führer, opferwillig unter Hingabe ihrer ganzen Persönlichkeit ihre
Pflicht zu tun. Das gläubige Volk rufen wir auf zu heißem Gebet, dass Gottes
Vorsehung den ausgebrochenen Krieg zu einem für Vaterland und Volk segensreichen
Erfolg und Frieden führen möge."
(zit. nach Hans Prolingheuer, Thomas
Breuer:
Dem Führer gehorsam: Christen an die Front,
Publik Forum, Oberursel 2005,
S. 185)
September 1939 – Erzbischof Conrad Gröber aus Freiburg verkündet den Soldaten an
der Front in einem weiteren Hirtenbrief, dass sie als "Pflicht vor
Gott" töten müssen: "Ihr leistet diesen alles umfassenden Dienst als Pflicht vor
Gott, übernommen durch einen Eid! ... Fällt der eine oder andere von euch, so
ist das weit mehr als nur die Entrichtung der menschlichen Schuld an den
Allbezwinger Tod. Es ist letzte Hingabe an das Vaterland und Volk. Soldatentod
ist damit Opfertod. Opfertod ist Heldentod. Heldentod ist ehrenvoller Tod, ein
Ruhmeskranz."
(zit. nach Der Spiegel Nr. 12, 17.3.1965)
Anmerkungen: Zur Kriegsbegeisterung auch in der römisch-katholischen Kirche
siehe auch der am
9.10.2005 selig gesprochene Clemens August
Kardinal von Galen aus Münster.
Papst Pius XII. lehnte es bewusst ab, den
Angriff zu verurteilen
und ließ die deutschen Bischöfe wohlwollend gewähren.
21.9.1939 – Juden dürfen nur noch in Judenvierteln wohnen. So hat es auch die Kirche seit dem Mittelalter mit der jüdischen Bevölkerung gehalten (z. B. lt. Beschluss der Synode von Breslau im Jahr 1267).
November 1939 – Nach dem fehlgeschlagenen Attentat auf Adolf Hitler am 8.11.1939 durch Georg Elser im Bürgerbräukeller in München läuten in ganz Deutschland die Kirchenglocken zu "Dankgottesdiensten" für die Bewahrung des Führers. "Nuntius Cesare Orsegnio überbringt die persönlichen Glückwünsche von Papst Pius XII." (Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 46, 15.11.2009). Adolf Hitler und die Parteispitze der NSDAP hatten den Versammlungsort wegen schlechten Wetters früher als geplant verlassen, um zurück nach Berlin zu reisen.
"Es
ist üblich geworden, immer dann, wenn die Haltung der offiziellen
katholischen Kirche in Deutschland der Nazizeit angezweifelt wird,
die Namen der Männer und Frauen zu zitieren, die in Konzentrationslagern und
Gefängnissen gelitten haben und hingerichtet worden sind. Aber jene Männer,
Prälat Lichtenberg, Pater Delp und die vielen anderen, sie handelten nicht
auf kirchlichen Befehl, sondern ihre Instanz war eine andere, deren Namen
auszusprechen heute schon verdächtig geworden ist: das Gewissen." |
30.12.1939 – Juden wird die Benutzung von Speisewagen der Bahn untersagt (vgl. Synode von Elvira im Jahr 306: Verbot der gemeinsamen Speiseeinnahme von Juden und Christen)
1.9.1941 – Einführung des Judensterns (vgl. 4. Laterankonzil im Jahr 1215: Juden müssen ein Unterscheidungszeichen an ihrer Kleidung tragen)
3.9.1941 – Erste Probevergasungen mit "Zyklon B" in Auschwitz
Foto: Einfahrt in Auschwitz (Bundesarchiv, B 285 Bild-04413 / Stanislaw Mucha / CC-BY-SA 3.0)
9.9.1942 – Vorschlag
der Parteikanzlei der NSDAP an das Justizministerium, Juden die Erhebung von
Zivilklagen zu verbieten (vgl. 3. Laterankonzil im Jahr 1179: Juden
dürfen Christen nicht anklagen und können nicht Zeugen gegen Christen sein).
Ab 1945 – "Rom ist
in den Nachkriegsjahren der beliebteste Wallfahrtsort flüchtiger Nazis. In der
Ewigen Stadt finden sie Unterschlupf und falsche Papiere zur Flucht ins Ausland."
(Ernst Klee, in: Persilscheine und falsche Pässe, Frankfurt am Main 1991, S.
25)
Dank katholischer Hilfe können z. B. der Organisator der "Endlösung",
das evangelische Kirchenmitglied Adolf Eichmann, und der Katholik und
Auschwitz-Arzt Josef Mengele nach Südamerika fliehen.
Adolf Eichmann, der als Jugendlicher im CVJM (= Christlicher Verein Junger
Menschen) tätig war, sagt dazu am 14.5.1961: "Ich erinnere mich in tiefer
Dankbarkeit an die Hilfe katholischer Priester bei meiner Flucht aus Europa und
entschied, den katholischen Glauben zu honorieren, indem ich Ehrenmitglied
wurde."
Anmerkung:
Eichmann bleibt offiziell evangelisch, trägt aber in seinen argentinischen Pass
"katholisch" ein, was er als Ehrenmitgliedschaft auffasst.
Bei der Flucht
hochrangiger Nazi-Kriegsverbrecher aus Deutschland war vor allem die
römisch-katholische Kirche helfend tätig, da sie über eine bessere internationale
Infra-Struktur als die evangelischen Kirchen verfügte. In ihrem Anliegen,
schlimmste Verbrecher der Strafverfolgung zu entziehen, waren sich beide Kirchen
aber einig.
Stefan Klemp schreibt in seinem Buch
KZ-Arzt Aribert Heim: Die Geschichte einer Fahndung, Münster 2001:
"Ganz allgemein hat sich insbesonders
die katholische Kirche aktiv an der Organisation der Flucht von
deutsch-österreichischen NS- und kroatischen Ustascha-Verbrechern nach dem 2.
Weltkrieg beteiligt ... Enger Mitarbeiter von [Franziskaner und Ustascha-Verbrecher] Krunoslav Draganovic war der österreichische Bischof Alois
Hudal. Er beschaffte flüchtigen NS-Verbrechern falsche Papiere, ausgestellt von
einem ´Österreichischen Bureau` in Rom. Päpstliche Stellen unterstützen die
Flüchtlinge und beschafften notwendige Visa, das [von der Kirche dominierte]
italienische Rote Kreuz war für Pässe zuständig. Beteiligt war auch die deutsche
´Stille Hilfe`, die zu Beginn ihrer Tätigkeit von [überwiegend evangelischen]
Kirchenvertretern gefördert wurde. Es gab im Wesentlichen drei große
Zielrichtungen der Flucht: Südamerika, Nahost und Spanien."
(S. 129)
Zu den NS-Schwerverbrechern, die dank des Einsatzes der Kirche nie zur
Rechenschaft gezogen wurden, gehörten neben dem bekannten Auschwitz-Arzt Dr.
Josef Mengele z. B. die beiden SS-Ärzte Dr. Aribert Heim und Dr. Hans Eisele.
Dr.
Hans Eisele, Arzt in den KZs in Mauthausen und Buchenwald, starb 1967 in
Ägypten (S. 130). Dr. Heim starb
dort unbehelligt erst 1992. Dr. Eisele, der aus einer bewusst
römisch-katholischen Familie stammte, stellte sich immer als einen "überzeugten
Christen" dar. Er hatte 300 Häftlinge ermordet, sowie experimentelle Operationen
ohne Betäubung an Häftlingen durchgeführt und hat auch anderweitig Häftlinge
misshandelt und gequält.
Die Verbrechensliste von Dr. Aribert Heim, der ebenfalls in Mauthausen
und Buchenwald sowie im KZ Sachsenhausen seine grässlichen Menschenversuche vor
allem an jüdischen Bürgern durchführte, ist noch länger. Auch er war als
Österreicher höchstwahrscheinlich Katholik. Er hat Hunderte von Juden durch Spritzen von
Benzin direkt ins Herz eigenhändig ermordet und hat Häftlingen unbetäubt Organe
heraus geschnitten und sei dabei mit besonderer Heimtücke vorgegangen, indem er
die Häftlinge z. B. ahnungslos ließ. Nach dem Krieg verhalf die Kirche auch "Dr.
Tod" oder dem "Schlächter von Mauthausen" dann erfolgreich zur Flucht.
Der Spiegel schreibt über seine
Taten wie folgt:
"Einen Wiener Juden soll Heim vor einen Spiegel gezerrt haben: ´Schau dir doch
deine Nase an, so etwas kann unser Führer nicht brauchen.` Der Mann habe darauf
bitterlich weinend um sein Leben gefleht, er müsse seine alte Mutter versorgen.
Heim tötete den Häftling mit einer Injektion ins Herz. Der Leiche wurde der Kopf
abgenommen, um ihn auszukochen. Nach einigen Tagen zeigte Heim einem Besucher
stolz seine Trophäe: ´Da schau, wäre um den schönen Kopf doch schade gewesen,
dass er verbrannt wird.` Einem anderen getöteten Häftling soll Heim, so ein
Zeuge, ´große Hautstücke aus Rücken und Brust` geschnitten haben, weil darauf
ein Schiff tätowiert war. Die Haut wurde, erinnert sich der Zeuge, gegerbt, um
daraus einen Lampenschirm für den Lagerkommandanten zu fertigen. Auf welch
perverse Art Heim seine Opfer ermordete, bezeugte 1975 auch Karl Lotter, der als
Pfleger im KZ-Krankenrevier arbeiten musste. Er schildert den Fall eines jungen
Tschechen, der mit einer eitrigen Infektion am Bein auf die Station kam. Heim
habe ihn auf seinen durchtrainierten Körper und sein makelloses Gebiss
angesprochen. Freundlich plauderte er mit dem Mann über die Heimat, bevor er ihn
narkotisierte. Doch statt das verletzte Bein zu operieren, habe Heim mit einem
schnellen Schnitt die Bauchdecke des Tschechen aufgeschlitzt und sich an den
Eingeweiden des Patienten zu schaffen gemacht. Anschließend entfernte er die
Hoden des jungen Mannes, schälte eine Niere, nahm die zweite heraus: alles zu
Übungszwecken. Die Spruchkammer Berlin kam in einem Sühneverfahren 1979 zu dem
Schluss: Heim ´weidete sich an der Todesangst seiner Opfer.`" (Nr.
35/2005)
20.7.1945 – Auf
Initiative der Evangelischen Kirche erfolgt ein scharfer Protest von
Landesbischof Meiser und Kardinal Faulhaber gegenüber der Militärregierung. Die
Forderungen:
– Keine pauschale Verurteilung ehemaliger Parteigenossen der NSDAP
– Keine pauschale Verurteilung von SS-Leuten
– Freilassung der inhaftierten Bankiers und Industriellen
Die Kirchenführer beklagen, "wie schwer diese Industriellen, zum
Teil höheren Alters, unter den Entbehrungen der Gefängnisse und ihre Familien
unter dieser Trennung leiden" (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 14).
Das unsagbare Leid in den jüdischen Familien war Landesbischof Meiser einige
Jahre zuvor jedoch kein einziges Wort wert, und er kritisierte andere scharf,
die wenigstens überlegten, vielleicht etwas zu sagen.
6.10.1945 – Der Berichterstatter der Bayerischen Staatsregierung Etzel schreibt an den ersten Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner, dass in den Kirchen Stimmung zugunsten der Nazis gemacht werde. Am Beispiel seiner Beobachtungen in Bamberg berichtet er, die Pfarrer versuchten "falsches Mitleid" zu erregen, ein katholischer Pfarrer mache z. B. "aus Nazis Märtyrer". Die öffentliche Meinung wird durch die "Klerikalen" "vergiftet und zersetzt." (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S. 139)
1946 – Konrad Adenauer, 1945 Mitbegründer und seither
Vorsitzender der CDU, über die Schuld der Bischöfe:
"Im übrigen hat man aber auch gewusst – wenn man auch die Vorgänge in den Lagern
nicht in ihrem ganzen Ausmaße gekannt hat –, dass die persönliche Freiheit, alle
Rechtsgrundsätze mit Füßen getreten wurden, dass in den Konzentrationslagern
große Grausamkeiten verübt wurden, dass die Gestapo, unsere SS und zum Teil auch
unsere Truppen in Polen und Russland mit beispielloser Grausamkeit gegen die
Zivilbevölkerung vorgingen. Die Judenpogrome 1933 und 1938 geschahen in aller
Öffentlichkeit. Die Geiselmorde in Frankreich wurden von uns offiziell
bekannt gegeben. Man kann also wirklich nicht behaupten, dass die Öffentlichkeit
nicht gewusst habe, dass die nationalsozialistische Regierung und die
Heeresleitung ständig ... gegen die einfachsten Gebote verstießen. Ich
glaube, dass, wenn alle Bischöfe alle miteinander an einem bestimmten Tage
öffentlich von den Kanzeln aus dagegen Stellung genommen hätten, sie vieles
hätten verhindern können. Das ist nicht geschehen, und dafür gibt es keine
Entschuldigung." (zit. nach Der Spiegel Nr. 34/1998)
Anmerkung:
Es hat auch kein Bischof um Verzeihung gebeten. Eine gemeinsame
Kanzelabkündigung in dem von Adenauer genannten Sinne stand nie zur Diskussion.
Weil es zwischen den Verbrechen der Nationalsozialisten (die ja zu weit über 90
% Protestanten und Katholiken waren) und den Interessen der Kirchenführer
letztlich Gemeinsamkeiten gab?
4.7.1946 – 42 jüdische
Mitbürger, die den Holocaust überlebt haben, werden in Kielce in Polen, einem
Bistumssitz, von Katholiken in einem Massaker ermordet. Auch zwei Bürger, die
den Juden helfen wollten, wurden ermordet. Unter den Katholiken
wurde zuvor das "Gerücht" verbreitet, "Juden hätten ein
christliches Kind entführt, um es zu ermorden und dessen Blut für vermeintliche
jüdische Rituale zu nutzen. In einem Pogrom, an dem auch Polizisten und Soldaten
beteiligt sind, werden 42 Überlebende des Holocaust ermordet, rund 80 verletzt"
(deutschlandfunkkultur.de, 27.1.2016).
Ein 8-jähriger katholischer Junge hatte, Berichten zufolge angestiftet von seinem Vater,
behauptet, er sei in einem Keller einige Tage "von Juden" festgehalten worden.
1944 lebten in Kielce von den ursprünglich 25.000 jüdischen Einwohnern keine mehr.
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs
waren jedoch ca. 200 Holocaust-Überlebende bzw. in die Sowjetunion Geflüchtete
in die polnische Stadt zurück gekehrt. Sie waren das Ziel des Massakers.
Die Morde an ihnen zeigen die religiösen Wurzeln des Holocaust in der
evangelischen und katholischen Kirche auf, z. B. den
Rufmord Luthers an den Juden oder
die katholische "Ausmerzungsdoktrin", die
unter anderem von Papst Pius IX. im Jahr 1864 wie folgt zum Glaubensgrundsatz
der Vatikankirche erhoben wurde, nachdem bis dahin im Laufe der
Kirchengeschichte bereits
Millionen von weiteren Opfern
auf Betreiben der Kirche ermordet worden waren:
"Die Kirche hat kraft ihrer göttlichen
Einsetzung die Pflicht, auf das gewissenhafteste das Gut des göttlichen Glaubens
unversehrt und vollkommen zu bewahren und beständig mit größtem Eifer über das
Heil der Seelen zu wachen. Deshalb muss sie mit peinlicher
Sorgfalt alles entfernen und ausmerzen, was gegen den Glauben ist
oder dem Seelenheil irgendwie schaden könnte. Somit kommt der Kirche aus der ihr
vom göttlichen Urheber übertragenen Machtvollkommenheit nicht nur das Recht zu,
sondern sogar die Pflicht, gleich welche Irrlehren nicht nur nicht zu dulden,
sondern vielmehr zu verbieten und zu verurteilen, wenn das die Unversehrtheit
des Glaubens und das Heil der Seelen fordern." (zit. nach Neuner/Roos,
Der Glaube der Kirche, Lehrsatz Nr. 382)
Papst Pius IX. wurde im Jahr 2000 vom polnischen Papst Johannes Paul II.
kirchlich "selig" gesprochen.
Die kommunistische Staatsführung ließ bereits am 12.7.1946 neun der mutmaßlichen
Täter
erschießen. Das "führte zu heftigen Protesten in Teilen der polnischen
Bevölkerung" (Catherine
Epstein: Model Nazi: Arthur Greiser and the Occupation of Western Poland. Oxford
University Press, Oxford 2012, S. 328).
Unter den geschockten Juden löste es eine Auswanderungswelle von mehreren Zehntausend
Bürgern von Polen nach Deutschland (wo kaum Willkommen spürbar
war) oder nach Palästina aus. Manche Katholiken eskalieren deshalb bis heute die
Feindseligkeiten, indem sie behaupten, jüdische "Zionisten" steckten hinter dem
Massaker, um Überlebende zur Auswanderung zu bewegen.
Anmerkung:
In den 80er-Jahren wurde die mit der Sowjetunion verbündete Regierung Polens dann
unter massiver Mitwirkung des Vatikans
gestürzt. Ein mutmaßlicher Haupttäter von in diesem Zusammenhang begangenen
Verbrechen, ein Erzbischof und Vertrauter des Papstes, wurde vom Vatikan nicht
nach Italien ausgeliefert und blieb auf freiem Fuß.
Was die katholische Judenfeindschaft betrifft, erklärt der Historiker Robbi Waks,
dessen Eltern nach dem Massaker von Kielce aus Polen geflohen sind: "Polen
hat eine lange Tradition mit virulentem Antisemitismus, die Wurzeln liegen weit
vor dem deutschen Einmarsch 1939. Mentor dieses Antisemitismus war vor
allem die katholische Kirche, die über die Juden als angebliche "Christusmörder"
predigte. Diese Mentalität sickerte tief in den polnischen Nationalismus ein
... Die Nazis
kalkulierten, dass sie auf eine stillschweigende Akzeptanz für die Ausgrenzung
und Tötung der Juden bei umfangreichen Bevölkerungskreisen rechnen konnten. Die
Verfolgung geschah doch unter den Augen der Polen", wobei es zutreffender wäre,
anstatt von "Polen" von "Katholiken" zu sprechen. (spiegel.de, 2.2.2018;
spiegel.de)
1947 – Der
evangelisch-lutherische Theologieprofessor Walter Künneth, der sich 1933
für Judenverfolgung und Krieg aussprach und mittlerweile als Honorarprofessor in
Erlangen lehrt, veröffentlicht das Buch Der große Abfall. Darin
wirft er den Nazis vor, von Gott abgefallen zu sein. Künneth spricht von
"Imitation der Katholischen Kirche". Der Führer sei dem Papst vergleichbar, die
Nazi-Hierarchie sei ähnlich wie die römisch-katholische Hierarchie gebildet, für
das System des bedingungslosen Gehorsams und den "Orden der SS"
seien die Jesuiten Vorbild gewesen.
Prof. Dr. Walter Künneth wörtlich: "Die durch die Machtherrlichkeit der katholischen Kirche einst
ausgelösten Jugendträume Hitlers finden in dem tief gegliederten Pyramidenbau
der nationalsozialistischen Anti-Kirche ihre Erfüllung." (Der große Abfall,
Hamburg 1947, S. 142; Vergleich mit der katholischen Lehre: S. 142-145)
Anmerkung:
Adolf Hitler ist bis zu seinem Tod treues katholisches Kirchenmitglied und zahlt immer
pünktlich seine Kirchensteuer. Er wird nie exkommuniziert.
1950 – Der Bamberger
Flüchtlingsausschuss wehrt sich in einer Petition gegen die Unterbringung von
Juden zusammen mit deutschen Heimatvertriebenen, "da es den
Heimatvertriebenen nicht zugemutet werden kann, mit Elementen unter einem Dach
zu wohnen, die zu hohem Prozentsatz kriminell sind, keiner geregelten Arbeit
nachgehen und denen weder an einer sittlichen Einordnung noch an einer
Respektierung der staatlichen Autorität liege."
Dazu der römisch-katholische Bamberger Oberbürgermeister, der sonst
von "Gottesfurcht und Nächstenliebe" spricht: Die Juden seien die
"Hauptwanzenträger", die "in einem der großen noch nicht verwendeten
Stallgebäude unterzubringen" seien. (zit. nach Königseder/Wetzel, a.a.O., S.
220 f.; vgl. dazu
Luthers Forderung, die Juden in Ställen unterzubringen)
September 1998 – Die Jüdin Tikva Bat Shalom aus Jerusalem stellt in
einem Brief an die Zeitschrift Der Theologe heraus, dass "der
Gott der Kirche nichts mit dem GOTT" zu tun hat, "der Himmel und
Erde schuf". Sie schreibt: "Die Kirche nahm sich besonders all das [aus der
Bibel] heraus, was gegen Juden zu verwenden war ... Worte GOTTES, mit denen Er
Seine Kinder schalt. Begegneten den Kirchenchristen aber Verheißungen, die der
Ewige Seinem Volk zugesagt hat, so bezogen sie diese auf die Kirche ..."
(shalom_j@netvision.net.il)
11.10.1998 – Papst Johannes Paul II. spricht die Karmeliterin Edith Stein,
die 1942 im KZ ermordet wurde, als "Märtyrerin" heilig. Edith Stein war vom
Judentum zum katholischen Glauben übergetreten. Jüdische Verbände protestieren
gegen die Heiligsprechung. Denn Edith Stein wurde nicht getötet, weil sie
Katholikin, sondern weil sie Jüdin war.
Papst Benedikt XVI. besucht Auschwitz. Am 11.9.2009 erscheint darüber eine Dokumentation der Zeitung Die Welt mit dem Titel: Der Versuch, aus Tätern Opfer zu machen. (welt.de)
11.5.2009 – Papst Benedikt XVI. besucht die Gedenkstätte für Holocaust-Opfer Yad Vashem in Jerusalem. Dabei sagt Joseph Ratzinger "kein Wort über die Haltung der
Kirche zum Holocaust, über den Antijudaismus in der Kirchengeschichte, der
die Shoah erst ermöglicht hat. Er beschränkt sich darauf, das ´Mitleiden` der
katholischen Kirche mit den Opfern zu nennen ... Die nächsten Tage werden
zeigen, wie Israel mit diesem Schweigen eines Papstes leben kann."
(Spiegel online, 11.5.2009)
"Ratzinger hat ja – etwa
in seiner skandalösen Rede in Auschwitz [am 28.5.2006]
– behauptet, der Holocaust sei das Produkt der
Gottlosigkeit, der Judenmord sei im Grunde genommen der Versuch gewesen,
Gott auszuschalten. Nun behauptet Joachim Gauck, die ´Überhöhung des
Holocausts in eine Einzigartigkeit` sei auch das Produkt der Gottlosigkeit".
Wer so denke, habe nach Neu-Bundespräsident Joachim Gauck
"das Koordinatensystem religiöser Sinngebung verloren". "Dass
der Holocaust von Leuten geplant, durchgeführt und geduldet wurde, die zu 99
Prozent Christen
[also Protestanten und Katholiken, die sich "Christen" nennen]
waren, fällt dabei unter den Tisch – und soll wohl
unter den Tisch fallen."
|
Allerdings wurde die Messe
für den Katholiken Erich Priebke am Stammsitz der Piusbrüder in Albano Laziale in
Italien abgebrochen. Zunächst kam es im Vorfeld zu Auseinandersetzungen und
Schlägereien zwischen
trauernden und den Toten ehrenden Neo-Nazis und Demonstranten, die jeweils auch
ihre Parolen anstimmten. Nur "eine Handvoll rechtsradikaler Priebke-Fans" sollte
der Messe beiwohnen, doch schließlich drängten immer mehr Neo-Nazis nach, was
zum Abbruch geführt haben soll.
Die Exkommunikation der Piusbrüder wurde durch Papst Benedikt XVI. aufgehoben,
und die konservativen Katholiken wurden wieder in die Kirche aufgenommen. Dass
einer ihrer Bischöfe, Richard Williamson, den Holocaust leugnet, soll Josef
Ratzinger "nicht gewusst" haben. Doch auch der ehemalige italienische
Regionalleiter Pater Florian Abrahamowicz sagte:
Die Nationalsozialisten
haben nach anfänglichem Bekenntnis zum kirchlichen Christentum den
Antisemitismus von seinen kirchlichen Wurzeln zu lösen versucht. Dies hat es der
Kirche erleichtert, sich nach 1945 als "Opfer" darzustellen anstatt sich als
Anstifter bzw. Vorläufer zu erkennen.
Doch die "Endlösung" des Holocaust
steht in vieler Hinsicht in Verbindung zum evangelischen und katholischen
Glauben.
Mehrere Jahrhunderte lang werden die Juden als angebliche "Christusmörder"
verfolgt. Zu unterschwelligen Rachegefühlen kommt aber noch ein wesentlicher
Aspekt der kirchlichen Lehre hinzu, der die kirchliche Verfolgung ihrer Gegner bis zum Tod erst
begründet: Der katholische und der evangelische Glaube wähnen sich gemäß ihrer
Dogmen und Bekenntnisschriften im Besitz der selig machenden Wahrheit, und
katholische und evangelische Kirche lehren bis heute die mögliche ewige
Verdammnis für viele Andersgläubige. Deshalb lautet eine wesentliche Frage auch:
In welcher Beziehung stehen der Holocaust und die Lehre von der ewigen
Verdammnis?
In der Vergangenheit
wurden Millionen der vermeintlich ewig Verdammten auf Veranlassung der Kirche
auch hingerichtet. Der kirchliche Glaube an die ewige Verdammnis ihrer Opfer
trägt dabei entscheidend zum Abbau der Hemmschwelle gegenüber Folter und Mord
bei. Was seien schon die paar Minuten Qual auf dem Scheiterhaufen gegenüber
dem ewigen Höllenfeuer, das Gott angeblich dem Opfer sowieso bald bereitet? Das
vermeintlich "Positive" dabei aus kirchlicher Sicht: Die Hingerichteten können
andere Katholiken und Evangelische nicht mehr "verführen", und ihr qualvoller
Tod sei auch eine Abschreckung für Schwankende. Und außerdem hätte ihnen die
Kirche die große Chance gegeben, sich noch in letzter Minute, während die
Flammen z. B. schon am Körper hoch züngeln, zum kirchlichen Glauben zu bekehren
und auf dieser Weise ihrer angeblichen ewigen Verdammnis zu entgehen (vgl.
dazu auch
Der Theologe Nr. 19).
... So gesehen wäre der
Holocaust aus römisch-katholischer Sicht nur das vergängliche irdische Feuer vor
dem unvergänglichen "ewigen Feuer" gewesen, wobei die Juden in Deutschland vor
jenem bewahrt worden wären, wenn sie kurz vor ihrer Vergasung oder Erschießung
noch die Religion ihrer katholischen Peiniger angenommen hätten. Hätten sie
stattdessen die Religion ihre evangelischen Peiniger angenommen, hätte ihnen das
nach römisch-katholischer Lehre auch im Jenseits nichts genützt. Und im
Diesseits hatte es den jüdischen Mitbürgern sowieso nichts genützt, wenn sie
evangelisch oder katholisch geworden sind, wie ja auch in der Dokumentation
deutlich wurde. Sie wurden von den Kirchen in der Regel fallen gelassen und von
den Machthabern genauso umgebracht wie alle anderen Juden.
Für beide Großkirchen ist die Bibel verbindliches, reines und abschließendes Gotteswort ... Auch haben sich die Kirchen bis heute nicht von nachfolgenden Bibelstellen distanziert, von denen sie sich in der Vergangenheit u. a. zu wüstem Antisemitismus inspirieren ließen und zur geistigen Vorbereitung des Holocaust
. Sollen z. B. nachfolgende Stellen wirklich verbindliches, reines und abschließendes Gotteswort sein? Und wenn ja, kann dann ausgeschlossen werden, dass sich Kirchenanhänger irgendwann wieder darauf berufen?
Paulusschüler: "Denn es gibt
viele Freche, unnütze Schwätzer und Verführer, besonders die aus der
Beschneidung, denen man
das Maul stopfen muss, weil sie ganze Häuser verwirren und lehren, was nicht
sein darf ..." (Titus 1, 10 f.;
die evangelisch-katholische Einheitsübersetzung verwendet für "die aus der
Beschneidung" die sinngemäße Formulierung "die aus dem Judentum kommen";
Luther schreibt "die aus den Juden")
Unser Vorschlag: Wenn es den Kirchen mit ihrer Distanzierung vom
Antisemitismus ernst ist, dann sollten sie sich zumindest von den oben
ausgewählten sieben Bibelstellen distanzieren und diese aus den "Gottesworten"
herausnehmen oder sie entsprechend korrigieren.
Die Juden sind Sklavennaturen, Wahnsinnige, Teufelsdiener, Mörder, ihre Führer Verbrecher, ihre Richter Schurken, "sie sind neunundneunzigmal so schlecht wie Nichtjuden" – Kirchenlehrer Ephraim
Juden dürfen an christlichen Feiertagen nicht auf die Straße – 3. Synode von Orleans, 538
Juden dürfen keine christlichen Mitarbeiter beschäftigen – 3. Synode von Orleans, 538
Jüdische Bücher müssen verbrannt werden – Die 12. Synode von Toledo, 681
Christen ist es untersagt, jüdische Ärzte zu konsultieren – Trullanische Synode, 691
Christen
dürfen nicht bei Juden wohnen – Synode von Narbonne, 1050Juden dürfen Christen nicht vor Gericht bringen oder gegen sie als Zeugen aussagen – 3. Laterankonzil, 1179
Christen, die sich erdreisten, mit Juden zu leben, sind dem Kirchenbann verfallen – 3. Laterankonzil, 1179
Auch darin begeht die Kirche kein Unrecht, dass sie, da die Juden Sklaven der Kirche sind,
über deren Güter verfügen kann – Thomas von Aquin, Kirchenheiliger, Summa theologiaeJuden müssen an ihrer Kleidung ein Unterscheidungszeichen tragen – 4. Laterankonzil, 1215
Juden müssen besondere Kleidung tragen, damit den Ausschweifungen einer so abscheulichen fleischlichen Vermischung in Zukunft die Ausflucht des Irrtums abgeschnitten werde – 4. Laterankonzil, 1215
Juden dürfen
keine Synagogen mehr bauen – Konzil von Oxford, 1222Juden dürfen nur noch in Judenvierteln wohnen – Synode zu Breslau, 1267
Christen ist es untersagt, Grund und Boden an Juden zu verkaufen oder zu verpachten – Synode von Ofen, 1279
Jüdische Forderungen gegen christliche Schuldner
werden konfisziert – Nürnberg, 14. JahrhundertJuden können
keine akademischen Grade erwerben – Konzil von Basel, 1434Es ist strenge Gewissenspflicht eines jeden Christen, das entartete Judentum zu bekämpfen – Der katholische Bischof Gföllner von Linz, 20. Jahrhundert
So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn – Der Katholik Adolf Hitler
Ich erinnere mich in tiefer Dankbarkeit an die Hilfe katholischer Priester bei meiner Flucht aus Europa und entschied, den katholischen Glauben zu honorieren, indem ich Ehrenmitglied wurde – Der Organisator der "Endlösung", der Protestant Adolf Eichmann, 1961
Ich tat reinen Gewissens und gläubigen Herzens meine Pflicht – Adolf Eichmann (1906-1962), SS-Obersturmbannführer, organisierte im Zuge der Endlösung den Transport der Juden in die Vernichtungslager; Lutheraner, der für seinen Glauben eine private katholische "Ehrenmitgliedschaft" annahm.
Lieber Freund, vergessen Sie nicht, dass in den deutschen Heeren Millionen Katholiken sind.
Soll ich sie in Gewissenskonflikte bringen? – Antwort von Papst Pius XII. auf die Frage, warum er nicht gegen die Judenvernichtung protestiert
Es gibt im Tun, Handeln und Reden der Nazis nichts, was nicht seine
Vorstufe, seinen Präzedenzfall in den Kirchen gehabt hätte.
Prof. Dr. theol. Hubertus Mynarek
Quellen- und Literaturverzeichnis:
Die Hinweise auf die
katholischen Synodenbeschlüsse finden sich in Juden-Christen-Deutsche, Band
1, S. 28-30.
Das ausführliche
Quellen- und Literaturverzeichnis finden Sie in der Ausgabe
Der Theologe Nr. 4
|
|
Startseite mit
Inhaltsverzeichnis
Impressum
E-Mail an info@theologe.de
Datenschutzerklärung
Die Zeitschriften DER THEOLOGE, Ausgaben Nr. 3, 8, 70, 100 und 119 sind kostenlos auch in gedruckter Form erhältlich. Ebenfalls das Heft Freie Christen Nr. 1. Dazu einfach eine E-Mail an info@theologe.de mit Ihrer Postadresse senden und die gewünschten Hefte anfordern. Über eine finanzielle Unterstützung freuen wir uns natürlich: IBAN: DE06 6739 0000 0002 0058 08 bei der Volksbank Main-Tauber, BIC: GENODE61WTH, Kontoinhaber: Dieter Potzel, Verwendungszweck: "Der Theologe". Vielen herzlichen Dank! Leider wurden die Seiten von der Suchmaschine Google in den letzten Jahren abgewertet und ihre Auffindbarkeit auf diesem Weg erschwert. Bei anderen Suchmaschinen sind die Seiten vielfach deutlich besser platziert. Möchten Sie die Verbreitung der Inhalte des "Theologen" im Internet fördern, dann setzen Sie einfach einen Link zu unserer Hauptseite oder zu anderen Seiten. |