Der Theologe Nr. 57, aktualisiert am 22.8.2022
Einleitung:
Papst Joseph Ratzinger ("Benedikt XVI.") versuchte, die Verbrechen des Dritten Reiches einer "neuheidnischen
Weltanschauung"
in die Schuhe zu schieben. Doch das ist eine der vielen katholischen
Geschichtsfälschungen. Im Jahr 1933 betrug der Bevölkerungsanteil der
Evangelischen 62,7 % und der der Katholiken 32,5 %, zusammen 95,2 %. Die
Gesellschaft war also um einiges intensiver durch die Kirche geprägt als
heute und die Kirchenbindung und der Gottesdienstbesuch der Mitglieder
war um einiges intensiverals heute. Im Jahr 2010 sind es dann noch 29,7
% Protestanten und 29,9 % Katholiken, zusammen 59,6 %, mit weiter
fallender Tendenz und abnehmender Kirchenbindung. Und die verstärkten
Kirchenaustritte in den Jahren 1937-1939 waren z. B. geringer als im
Jahr 1992. Im Jahr 1961 war die Anzahl der Kirchenmitglieder in
Westdeutschland gar wieder auf 96,6 % der Bevölkerung angestiegen.
Zusammenfassend kann man sagen: Das gesellschaftliche Leben in
Deutschland der 30er-Jahre, das dem Faschismus und dem Holocaust den
Boden bereitete, war vor allem kirchlich geprägt, überwiegend
protestantisch, aber auch katholisch. Das "germanische
Neuheidentum"
der damaligen Zeit, das von der Kirche heute hoch gespielt wird, war im
Vergleich mit der kirchlichen Dominanz eher eine Randerscheinung. Die
übergroße Mehrheit der Nationalsozialisten waren gleichzeitig überzeugte
Evangelische oder Katholiken.
Am Beispiel der damals dominierenden evangelischen Kirche zeigt die
Dokumentation Der Theologe Nr. 4 – Die evangelische Kirche und der Holocaust
auf, wie das protestantische Kirchentum Zug um Zug in den Holocaust
führte. Der Theologe Nr. 57 beleuchtet nun am Beispiel von Papst
Pius XII. die Verantwortung der katholischen Kirche an Faschismus und
Shoa (= Holocaust). Beides ist bis heute noch nicht aufgearbeitet und
wird im Geschichtsunterricht in den Schulen weit gehend verschwiegen.
Und mehr noch: Pius XII. soll von Papst Jorge Mario Bergoglio sogar "selig"
gesprochen werden.
Und während der Anteil der Protestanten an der Gesamtbevölkerung seit
1933 um mehr als die Hälfte zurück gegangen ist, sind die Katholiken
seither nur wenig geschrumpft, und es gibt mittlerweile im so genannten "Land
der Reformation"
mehr Katholiken als Protestanten, während beide von den Konfessionslosen (34,6 % Bevölkerungsanteil)
bereits deutlich überholt wurden (hinzu kommen noch 4,4 %
Muslime und 1,7 % Andersgläubige).
Als Gegengewicht zu dieser Entwicklung wurde von Politikern und
Kirchenführern der millionenschwere so genannte "Staatsbesuch"
von Papst Benedikt XVI. in Deutschland im Jahr 2011 organisiert, bei dem
der Großteil der verantwortlichen Politiker dem Kirchenoberhaupt auf
beängstigende Weise zu Füßen lag. Sogar im demokratisch gewählten
Bundestag durfte der Kirchenführer sprechen, obwohl die vatikanische
Regierungsform der Alleinherrschaft (Vereinigung der
Legislative, Exekutive und Judikative in einer einzigen Person)
des Papstes dazu im krassen Gegensatz steht.
Dieser Besuch wurde von vielen Bürgern auch deshalb als bedrohlich
empfunden, da Papst Joseph Ratzinger wieder die Zeiten beschwor, die so
mancher sich "liberal" wähnende Katholik schon für "überwunden" hielt. Etwa wenn
der Papst im Berliner Olympiastadion mit dem Höllenfeuer
drohte, in Erfurt jeden Kompromiss mit den Evangelischen ablehnte oder
in Freiburg die deutschen Verfassungsrichter zu einer Audienz bestellte.
Man könnte sagen:
Während diese Zivilisation mehr und mehr aufgrund menschlicher
Fehlentwicklungen zugrunde geht, steuert man im Vatikan mit
Nachdruck zurück ins Mittelalter, in die Zeit der totalitären
Zwangsherrschaft der römisch-katholischen Kirche über Europa.
Daran ändert auch der neue Papst, der gewiefte Jesuit Jorge Mario
Bergoglio, nichts. Vordergründig passt man sich aus Nützlichkeitserwägungen und
Machtpolitik an den Zeitgeist an, doch mit großer Vorsicht, jedoch
immer weniger verhohlen, zeigte zuletzt Joseph Ratzinger als Papst Benedikt XVI.
nun wieder diesen Kurs der Kirche Richtung Mittelalter auf. Und dieser Kurs
wird von Papst Jorge Mario Bergoglio alias "Franziskus" fortgesetzt trotz vordergründiger
"Volksnähe". Denn die Kirche würde sich nur wirklich "ändern",
wenn sie auch offiziell ihre Lehren, z. B. ihre Höllen- und
Verdammnislehren, ändert. Und das wird nicht geschehen.
In diesem Zusammenhang muss auch der
von Rom geförderte Personenkult um Papst Eugenio Pacelli, Pius XII.
(1876-1958) verstanden werden, an dessen Höhepunkt seine
"Seligsprechung"
und spätere "Heiligsprechung"
stehen soll.
Das teilweise Taktieren des Vatikan um die geplante "Seligsprechung" hängt damit zusammen,
dass der Pacelli-Papst auch als der Papst, der zum Holocaust schwieg, in
die Geschichte eingegangen ist. Zurecht, doch die Meister der
Geschichtsfälschung in Rom wollen hier noch einiges umschreiben, um eine
Auseinandersetzung mit dem Judentum in dieser Sache zu vermeiden. Wohl
nur dieser Umstand hat die Seligsprechung bis jetzt verzögert.
Lesen Sie
nachfolgend in Der Theologe Nr. 57, wer Papst Pius XII. war, welchen Glauben
er hatte und welche Politik er damit machte, z. B. den faschistischen
Schreckensherrschaften in Europa an die Macht zu verhelfen und mit ihnen
zu paktieren.
Und wenn ein Mann wie Pius XII. zum katholischen "Seligen"
und "Heiligen"
für das 21. Jahrhundert aufgebaut werden soll, dann ist eine solche
Richtungsanzeige immer auch ein deutliches Zeichen dafür, wohin die
Kirche insgesamt zusteuert. Und die Vorbereitung der "Seligsprechung"
sagt vielleicht mehr über den heutigen Vatikan aus als
über Papst Eugenio Pacelli ("Pius XII."). Auch die Verwicklungen des argentinischen Papstes in den Pakt der Kirche
Argentiniens mit der Militärdiktatur (1976-1983) und in den Pakt der Kirche
Chiles mit der Militärdiktatur (1973-1988) bedürfen in diesem
Zusammenhang noch der Aufarbeitung.
Krönung von Papst Pius XII. 1939 (Lizenz: J. Specht, Wikimedia-Commons)
Zur Einstimmung auf die Informationen Der Theologe Nr. 57 sehen Sie
hier Bilder von der Krönung des angeblichen
"Rektors der Welt" und "Lenkers des Erdkreises": |
Am Abend des katholischen Feiertags Allerheiligen, dem 1.11.2010, wurde um 20.15 Uhr im
Ersten Deutschen Fernsehen ARD
und parallel auf dem italienischen Sender RAI
1
zur besten Sendezeit ein Film mit dem schlichten Titel
Pius XII.
ausgestrahlt. Und genauso schlicht oder vielmehr platt wie der Titel war
auch die Handlung des Filmes. Es ging nämlich ausschließlich darum, dass
Pius als
"Wohltäter
der Juden"
dargestellt wurde, weil er dafür sorgte, dass einige römische Juden
Unterschlupf in Klöstern und Pfarrhäusern fanden.
Aber ist Pius XII. nicht d e r Papst, der dafür verantwortlich gemacht
wird, dass der Vatikan zum Holocaust geschwiegen hat?
Das spielte in diesem Film keine Rolle. Kein Wunder, der Film wurde ja
auch produziert im Auftrag der italienischen
RAI
und des
Bayerischen Rundfunks.
Und beide Sender sind ja nicht gerade als besonders kirchenkritisch
bekannt; und mit von der Partie war auch die italienische
Produktionsfirma
Lux Vitae,
in der – wie Insider berichten – einiges an Geld aus dem Vatikan steckt.
Das heißt also: Zwei öffentlich rechtliche Fernsehsender aus Italien und
Deutschland stecken Millionen an Geldern aus öffentlichen
Rundfunkgebühren in einen Film, der diesen äußerst umstrittenen Papst
verherrlicht und die kritischen Seiten seines Lebens konsequent
ausblendet. Wird hier also nicht wieder einmal die Geschichte verfälscht und
verklärt, und zwar von den Tätern und ihren Verbündeten? Und werden hier nicht die Opfer ein
zweites Mal zum Opfer, indem man das Leiden oder deren volles Ausmaß
verschweigt? Und wie man Geschichte verfälscht und verklärt, damit hat
gerade der Vatikan Jahrhunderte lange Erfahrung.
Und wer wüsste das besser als die jüdischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger, die auf eine lange, leidvolle und tragische Erfahrung
zurückblicken, gerade mit dieser Kirche, die über viele Jahrhunderte die
Menschen zum Hass auf die
Juden anstachelte und damit den Boden für den
Holocaust mehr oder weniger vorbereitete?
Der Ober-Rabbiner der Stadt Rom, Ricardo di Segni, protestierte umgehend
in der Novemberausgabe der Zeitschrift
Shalom
gegen diesen Film, der nach seiner Meinung einen ganz bestimmten Zweck
verfolgt habe, nämlich "die absolute Güte dieses Pontifex zu zeigen und
all das, was er getan hat, politisch und moralisch, zu rechtfertigen."
Doch "man könne", so der Ober-Rabbiner weiter, "die historische
Kontroverse nicht durch eine den Glauben verteidigende Absolution
einfach verkürzen. Er bedaure es persönlich, dass die Produktionsfirma
Lux Vitae
diesmal einen so einseitigen Film voller historischen Ungenauigkeiten
herausgebracht habe".
Der Film spielt in Rom und handelt fast ausschließlich von der
Deportation eines großen Teils der jüdischen Gemeinde im Oktober 1943
und der nachfolgenden Rettung einiger Juden in katholischen Klöstern und
anderen Einrichtungen. Und es ist klar, dass die heutige, die wieder
erstandene jüdische Gemeinde Roms diese Vorgänge sehr genau kennt.
Verschwiegen wurde in dem Film zum Beispiel, dass Pius XII gegen die
Deportation selbst – die praktisch vor seiner Haustüre stattfand –
keineswegs protestiert hat, obwohl er sogar von einzelnen Vertretern der
deutschen Besatzungsmacht unter der Hand dazu gedrängt wurde. Diese
befürchteten einen Volksaufstand in Rom, wenn die Deportationen weiter
gingen.
Es war auch nicht der Vatikan, der erreichte, dass einige der zunächst
in Rom eingesperrten Juden wieder frei kamen – wie es in dem Film
fälschlicherweise dargestellt wird –, sondern es waren die betreffenden
Gefangenen selbst, die mit ihren Papieren beweisen konnten, dass sie gar
keine Juden waren oder dass sie gar keinen jüdische Ehepartner hatten.
Auch die Pläne Adolf Hitlers zu einer Entführung des Papstes, die es
tatsächlich gab, wurden nicht, wie im Film dargestellt, durch eine
melodramatische Begegnung eines SS-Mannes mit dem Papst verhindert,
sondern sie wurde dadurch verhindert, dass dieser Mann Adolf Hitler
persönlich davon überzeugen konnte, dass dieser Schuss für die deutsche
Armee nach hinten losgehen würde.
Doch nicht nur melodramatisch, sondern fast schon gotteslästerlich war
die Szene, in der Pacellis Haushälterin ihn aufforderte, gegen die
Judenverfolgung zu protestieren, sonst werde man ihn später kreuzigen.
Worauf dann der Film-Pius antwortet: "Das ist eben mein Kreuz, und ich
muss es alleine tragen." Was hat dieser Papst, der Vertreter einer in
der Geschichte über und über mit Blut besudelten Machtinstitution, mit
Jesus von Nazareth zu tun, mit dem er hier verglichen werden
soll? Soll er am Ende noch zum Märtyrer hochstilisiert werden? Und
beachten wir auch den gravierenden Unterschied:
Pacelli trägt das Kreuz, weil er nicht geholfen hat.
Jesus trug das von der Priesterkaste auferlegte Kreuz, weil er seinen
Mitmenschen geholfen hat und für sie da war.
Im Gegensatz zu Italien nahm man diesen Film in Deutschland eher
gelangweilt zur Kenntnis, trotz bester Sendezeit mit enttäuschenden 8 %
Quotenanteil, bei den jüngeren Zuschauern unter 50 gar nur mit 4,5 %.
Doch täuschen wir uns nicht:
Gerade in Deutschland sollte vor allem auch
die jüngere Generation wachsam sein und genau beobachten, was der
Vatikan hier möglicherweise wieder im Schilde führt. Denn wenn man eines
aus der Geschichte lernen kann, dann ist es die Einsicht, dass die
Schachzüge dieser fast zwei Jahrtausende alten Institution niemals
ausschließlich auf die Vergangenheit, sondern immer auch auf die
Gegenwart und auf die Zukunft gerichtet sind.
Und deshalb soll hier der Frage nachgegangen werden: Weshalb ist
ausgerechnet dieser Papst dem Vatikan so wichtig, dass er alle Hebel in
Bewegung setzt und allen Einfluss geltend macht – den er ohne Zweifel
noch immer in den Massenmedien besitzt – um diesen Mann, Eugenio Pacelli
mit bürgerlichem Namen, von allen Vorwürfen reinzuwaschen? Und
Reinwaschen, das geht heutzutage eben am besten durch einen aufwändig
gemachten, rührseligen Film einschließlich Liebesgeschichte und mit
allem Drum und Dran. Warum also ist dieser Papst und sein Leumund so
wichtig? Das ist eine sehr spannende Frage. Und um der Antwort auf diese
Frage auf die Spur zu kommen, hier zunächst eine Rückblende in den April
2010: Damals wurde in Italien eine Vorab-Schau dieses Filmes vorgeführt,
und zwar in Castelgandolfo, also der Sommerresidenz des Papstes, und in
Anwesenheit von Papst Josef Ratzinger. Zur Erinnerung: Die Auftraggeber
des Films waren der
Bayerische Rundfunk
und die italienische
RAI.
Und warum hat ihn wohl der Papst als Erster
vorgeführt bekommen? So könnte man die Frage stellen, ob er
ihn etwa absegnen musste? Oder man war gewiss, dass man ganz so gefilmt
hat wie der Papst das wollte, und man konnte den Film dann quasi dem
Papst zum Geschenk machen.
Aber noch interessanter als diese Tatsache sind die Kommentare, die
Papst Ratzinger dazu gemacht hat: "Pius XII. war ein barmherziger
Papst", sagte er laut
Radio Vatikan (10.4.2010).
Der Pacelli-Papst sei in dieser Zeit ein "Vater für alle" gewesen. Der
Papst habe für die Rettung Roms und vieler Verfolgter in den Jahren 1943
und 1944 eine "fundamentale Rolle" gespielt.
Weiter sagte Papst Ratzinger:
"Pius XII war der Papst unserer Jugendzeit.
Mit
tiefem Wissen hat er den Menschen seiner Zeit viel weitergegeben.
Damit zeigte er den Weg der Wahrheit.
Und mit seiner Weisheit hat er der Kirche die Richtung in das dritte
Jahrtausend gezeigt.
Insbesondere liegt mir
am Herzen, Pius XII. als den barmherzigen Papst in Erinnerung zu
behalten.
Das war in einer sehr schwierigen Zeit."
Dies ist zunächst einmal der typische Sprachgebrauch von Josef Ratzinger. Er
verwendet viele schöne und süße Worte, aber er sagt nicht, was er damit meint. So sagt er, Pius hätte den Menschen
"viel
weitergegeben". Doch was hat er weitergegeben? Er sagt, damit "zeigte er
den Weg der Wahrheit auf". Doch womit? Der Papst sagt kein Wort, wie dieser Weg der
Wahrheit ausschaut? Er spricht weiterhin von Barmherzigkeit und sagt nicht, was
barmherzig im Leben des Pius XII. gewesen sein soll. Das ist typisch Josef Ratzinger.
Aber das war nicht die erste Lobhudelei von Josef Ratzinger in Richtung
seines Vorgängers Eugenio Pacelli. Im November 2008 hatte er sich sogar zu der
Behauptung verstiegen, Papst Pius XII. sei ein Geschenk Gottes gewesen.
Wörtlich sagte er: "Mit der Persönlichkeit von Pius XII.
hat der Herr
seiner Kirche ein außerordentliches Geschenk gemacht, für das wir ihm
dankbar sein müssen."
(zit. nach Südtirol online, 8.11.2008)
Doch welcher "Herr" ist hier gemeint? Wer die blutige Kirchengeschichte
kennt, der weiß: Jesus von Nazareth war nie der "Herr" dieser Kirche.
Aber welcher "Herr" könnte dann hinter diesem "Geschenk" stecken? Und um diese Frage besser zu
beantworten, werden hier zunächst weitere Fakten zusammen getragen. Und
es lässt sich dabei heraus finden, für wen der Papst ein "Geschenk" war und ob er
tatsächlich ein "Vater für alle" gewesen ist, wie Josef Ratzinger so
vollmundig behauptet hat. Doch bleiben wir zunächst noch bei der Frage:
Weshalb ist dieser Mann für den Vatikan so wichtig? Und da kommen wir an
einem Umstand nicht vorbei. Für diesen Papst läuft seit langem – genauer
gesagt schon seit 1965 – ein so genannter "Seligsprechungsprozess". Und der
kommt und kommt einfach nicht voran. Warum?
Für die von der Kirche voran getriebene "Seligsprechung" gibt es eine
Blockade. Vor allem jüdische Mitbürgerinnen und
Mitbürger fühlen sich verhöhnt, wenn sie sich vorstellen: Ausgerechnet
d e r Papst, der zum Holocaust geschwiegen hat, würde zur katholischen
"Ehre der Altäre" erhoben. Und trotzdem setzt der Vatikan mit seinem zähen
und langen kalten Atem, für den er nun einmal bekannt ist, immer wieder
alle Hebel in Bewegung, um genau diesem Ziel näher zu kommen. Kurz vor
Weihnachten 2009 tat Papst Ratzinger einen weiteren wichtigen Schritt in diese
Richtung, als er nämlich gleich zwei Päpste auf einmal – nämlich
Johannes Paul II. und Pius XII. – den so genannten "heroischen
Tugendgrad" zuerkannte. Der "heroische Tugendgrad" ist traditionell eine
wesentliche Voraussetzung für eine Seligsprechung. Was jetzt noch fehlt,
ist ein Wunder, das durch die Betreffenden bewirkt worden sein soll;
dass zum Beispiel jemand gesund geworden ist, der zuvor die verstorbenen
Päpste um Beistand gebeten hatte. Und irgendeine zur Hysterie neigende
Nonne, die solches bezeugt, wird sich doch wohl irgendwo finden lassen
...
Doch Fürbitten an Verstorbene, das ist blanker Spiritismus. Und
überhaupt:
Weshalb braucht der Mensch eigentlich Mittler, wenn er Gott
um etwas bittet?
Das
hat die Kirche doch nur so eingefädelt, weil sie seit Jahrhunderten die
Vorstellung eines grausamen und strafenden Gottes verbreitet, der durch
Rituale oder Opfer besänftigt werden müsse oder eben durch die
Fürsprache eines Kontaktmanns, der angeblich besonders gute Beziehungen
habe.
Im Grunde sieht dieser katholische
"Himmel" doch
aus wie ein durch und durch korrupter Staat, in dem auf dem
"normalen
Dienstweg" nichts läuft.
Und der "normale Dienstweg", das wäre im übertragenen Sinn doch die
direkte vertrauensvolle Hinwendung des Menschen zum Schöpfergott und zu
Christus, die mit Ihrer Kraft in jedem
Menschen und in jeder Seele gegenwärtig sind. Aber warum einfach, wenn
es auch kompliziert geht?
Die Vatikankirche hindert seit Jahrhunderten die Menschen daran, sich
direkt an Gott zu wenden und ein e c h t e s Vertrauensverhältnis zu
Gott aufzubauen, indem sie aus dem Gott der Liebe, Den Jesus, der
Christus, uns lehrte, einen im Prinzip strafenden, unberechenbaren Gott gemacht
hat, der ein blutiges Opfer benötigte, um seinen Zorn zu besänftigen.
Und
warum sollen die Menschen keine direkte unmittelbare Beziehung des
Kindes zum Vater-Mutter-Gott
aufbauen? Weil sie dann keine Vermittler mehr bräuchten, keine Heiligen
als Fürsprecher, aber auch keine Priester und keine Bischöfe, keine
Kardinäle und erst recht keinen Papst. Denn
Gott, der Ewige, benötigt keinen Stellvertreter auf Erden, denn Er
selbst ist vertreten in jedem Menschen. Und Jesus, der Christus,
hat ja auch gar keine Heiligenverehrung ins Leben gerufen – ganz im
Gegenteil: Er sagte sinngemäß: Geht in das "stille Kämmerlein" und wendet euch nach Innen, denn das Reich Gottes ist
inwendig
in euch.
Und Er lehrte uns, dass wir wieder "vollkommen" werden sollen, dass wir
also Kinder Gottes sind und auf dem Weg zurück zu Ihm sind. Und auch heilig
ist nur Einer, so sprach Er, nämlich Gott, unser Vater. Und er lehrte
uns im Vaterunser, dass wir einfach
"Vater"" zu unserem Vater im Himmel sagen können, dass wir Ihn, den
Allmächtigen, also mit "Du" anreden dürfen. Doch Seine angeblichen
Nachfolger im Priester- und Bischofstalar, im Kardinalspurpur und im
weißen Papstgewand, das den Schein heiligen soll, sind beleidigt, wenn
man sie nicht mit "Hochwürden", "Eminenz", "Exzellenz" oder gar
"Heiliger Vater" anspricht.
Wenn Jesus von Nazareth also lehrte, es gebe nur einen "heiligen" Vater,
dann bleibt doch die Frage, warum es dann in der Kirche so viele
so genannte "Heilige" gibt? Vordergründig sind das Menschen, die dieser
Kirche gut gedient haben, und die Kirche ehrt dafür ihre Diener und
beruft sie zu "Heiligen".
Aber wenn es doch nur einen "Heiligen Vater"
gibt, den im Himmel, so wie Jesus von Nazareth es uns sagte, dann ist
die weitere Frage, wo die vielen Heiligen der Kirche dann sein werden?
Im Himmel können sie sicher nicht sein, denn dort gibt es ja nur einen
Heiligen, das ist Gott, der Schöpfergott und "Vater", so wie es uns
Jesus, der Christus, gesagt hat. Wo aber werden dann die Heiligen der Kirche
wohl sein?
Und dazu passt noch eine weitere Frage: Was ist denn mit den vielen
guten Menschen, die nicht katholisch sind? Warum werden also immer nur
Katholiken heilig gesprochen? Vielleicht, weil die anderen bereits an der
Hand von Christus Richtung "Himmel" gehen und eine solche kirchliche Prozedur nicht
benötigen.
Doch wie dem auch sei: Die Verehrung von Heiligen oder die Vorstufe
davon, der Seligen, hat nichts mit Jesus von Nazareth zu tun. Sie stammt
aus dem Heidentum, wo es diverse Götter und Halbgötter zu verehren galt,
und dort hat es sich die Kirche abgeschaut.
Überdies ist es ja auch äußerst merkwürdig, dass im Falle der Päpste
diese schon zu Lebzeiten mit
"Heiliger
Vater"
angeredet werden sollen.
Da sind sie also angeblich schon heilig.
Sind sie aber dann verstorben, dann werden sie offenbar zurückgestuft.
Da müssen sie sozusagen die Ochsentour von ganz unten herauf wieder
antreten und erst einmal mühsam erst einmal wieder selig werden und
später dann wieder heilig. Und wie mühsam das ist, das sieht man
gerade an Pius XII.
In diesem Zusammenhang ist das Doppelpack von Papst Ratzinger Ende 2009
sehr interessant: Pacelli und Wojtyla bekommen beide den "heroischen
Tugendgrad" und sollen auch
gemeinsam selig werden. Das erinnert an das Jahr 2000. Da hat Papst
Karol Wojtyla selbst einen ähnlichen Doppelpack auf den Weg gebracht,
und es wurden dann tatsächlich die beiden Päpste Pius IX und Johannes XXIII. selig
gesprochen.
Und
Pius IX., das war der Papst, der im Jahr 1870 das Dogma der päpstlichen
Unfehlbarkeit postulierte und der außerdem ein Antisemit war,
der sich
weigerte, ein jüdisches Kind seinen Eltern wieder zu geben, weil ein
katholisches Dienstmädchen dieses Kind heimlich römisch-katholisch getauft hatte. Johannes
XXIII., Papst Angelo Guiseppe Roncalli, der Papst des 2. Vatikanischen Konzils, war
hingegen sehr beliebt. Irgendwie kommt einem das so vor wie bei einem Arzt, der
einem kranken Kind eine bittere Medizin verabreichen soll; er nimmt
dazu ein Stückchen Zucker. Und so ist es offenbar auch hier bei diesem
Doppelpack: Der
beliebte Johannes Paul II wird der Weltöffentlichkeit offeriert, damit
sie Pius XII. mit dem bitteren Beigeschmack millionenfachen Leides
endlich ebenfalls schluckt.
Wobei auch die Seligsprechung des Vorgängers von Benedikt XVI. erheblich ins Stocken
geraten war. Denn Johannes Paul II hatte den mexikanischen Priester und
Ordensgründer der Legionäre Christi, den Bigamisten und Kinderschänder
Marcial Maciel, Zeit seines Lebens gedeckt und offenbar auch verhindert,
dass die Affären des Kinderschänders Kardinal Groer in Österreich
wirklich aufgedeckt und aufgearbeitet werden konnten. Und trotzdem hat
er von Josef Ratzinger schon mal vorab den "heroischen Tugendgrad"
zugesprochen bekommen. Und das ist kein Wunder: Ratzinger und Wojtyla
verbindet ja so manches. So war Josef Ratzinger unter seinem Vorgänger als
Kardinal der Glaubenskongregation viele Jahre lang über die Vertuschung
ungezählter Kinderschänderverbrechen durch pädokriminelle Unholde im
Priestertalar unterrichtet.
Aber die geplante Seligsprechung von Pius
XII. geht noch zäher vonstatten. Davon war nach seinem Tod im Oktober
1958 zunächst kaum etwas zu spüren. Dieser Papst hatte ja die Aura eines
unnahbaren Aristokraten um sich verbreitet. Man nannte ihn wegen seiner
blassen asketisch anmutenden Gestalt auch Pastor Angelicus, den
engelgleichen Hirten. Doch mit der Verehrung war es schlagartig vorbei,
als im Jahr 1963 der deutsche Dramatiker Rolf Hochhuth sein Stück
Der Stellvertreter
in die deutschen Theater brachte. Nichtsdestotrotz wurde im Jahr 1965
das Seligsprechungsverfahren für Pius XII. eröffnet.
Rolf Hochhuth bezeichnet Papst Pacelli bis heute als erbärmlichen
Feigling, weil er es unterlassen hat, klar gegen die Vernichtung der
Juden Stellung zu beziehen. Und im Grunde hat sich der geistige Kampf um
die Deutungshoheit bezüglich dieses umstrittenen Papstes bis heute
weiter
verschärft.
Bereits in den 60er Jahren des 20.
Jahrhunderts begann der preisgekrönte Schriftsteller Karlheinz Deschner
in mehreren Büchern die umfangreiche Verstrickung dieses Papstes in die
historische Schuld des 20.
Jahrhunderts aufzuzeigen.
Doch um die Jahrtausendwende spitzte es sich dann noch einmal zu.
Der britische Journalist und Buchautor John Cornwell veröffentlichte
1999 sein Buch
Hitler´s Pope,
also
Hitlers Papst,
dessen deutsche Ausgabe den Titel trägt
Pius XII, der Papst, der geschwiegen hat.
Cornwell, ein praktizierender Katholik, war nach eigenem Bekunden
angetreten, Pius zu entlasten, doch je länger er sich mit dem Thema
beschäftigte, je mehr musste er einsehen, dass dies um der Wahrheit
willen nicht möglich war. Und so schreibt er im Vorwort seines
Buches:
"Mitte 1997, als ich meine Recherchen beinahe abgeschlossen
hatte, befand ich mich innerlich in einem Zustand, den ich nur als
moralische Erschütterung bezeichnen kann. Das Material, das ich
gesammelt hatte und das mir einen umfassenden Überblick über Pacellis
Leben lieferte, führte nicht zu einer Entlastung, sondern zu einer
weitreichenden Anklage. Meine Untersuchungen", so schreibt Cornwell
weiter, "über die Laufbahn Pacellis seit Beginn des Jahrhunderts",
gemeint ist natürlich das 20. Jahrhundert, "erzählen
die
Geschichte eines Strebens nach beispielloser päpstlicher Macht, das 1933
dazu geführt hat, die Kirche in eine Komplizenschaft mit den dunkelsten
Kräften des Jahrhunderts hineinzuziehen".
(S. 10 f.)
Und
"das Streben nach beispielloser päpstlicher Macht", das ist in der Tat
ein Schlüsselbegriff, den man im Auge behalten sollte, wenn man die
Vorgänge rund um diese historische Figur Pius XII. tiefer verstehen
will. Denn dieses Streben nach "beispielloser päpstlicher Macht", das
ging im Zweifelsfall auch über Leichen, und deshalb war auch Karlheinz
Deschner bereits im Jahr 1965 zu dem Schluss gekommen: "Erwägt man das
Verhalten Eugenio Pacellis zur Politik von Mussolini, Franco, Hitler und
Pavelic, so scheint es kaum eine Übertreibung, zu sagen:
Pius
XII. ist wahrscheinlich mehr belastet als jeder andere Papst seit
Jahrhunderten.
Mittelbar und unmittelbar ist er so offensichtlich in die ungeheuersten
Gräuel der faschistischen Ära und damit der Geschichte überhaupt
verstrickt, dass es bei der Taktik der römischen Kirche nicht
verwunderlich wäre, spräche man ihn heilig."
(Mit Gott und den Faschisten, S. 257)
Und genau das ist geplant.
Doch man würde die Vatikankirche schlecht kennen, wenn man annehmen
würde, dass sie sich den damit verbundenen historischen Tatsachen ehrlich stellen
würde, um sie dann einmal gründlich aufzuarbeiten. Stattdessen erleben
wir in den letzten Jahren, dass mindestens fünf katholische Journalisten
und Historiker gerade über dieses Thema weitere Bücher herausgebracht
haben, die allesamt das Ziel haben, die Vorgänge um Pius XII zu
verharmlosen und zu relativieren. So, als könnte man durch viel Reden
und Schreiben und theologisches, intellektuelles Argumentieren den
klaren Blick auf die äußerst umstrittene Grundlinie dieses Pontifikats
ein wenig vernebeln. Und es scheint auch angesichts des verbissenen Eifers,
der hier zur Verteidigung Eugenio Pacellis an den Tag gelegt wird,
dringend geboten, einmal einen näheren Blick auf das Leben dieses
angeblichen "Stellvertreters Christi" zu werfen.
War er wirklich so barmherzig, wie uns sein Nachfolger Josef Ratzinger
glauben machen möchte, oder war er nicht in Wahrheit ein kaltherziger
Papst, der kaum in der Lage war, sich überhaupt in die Menschen
einzufühlen, die er mit seinen Taten und mit seinem Schweigen
gleichermaßen Menschen in Leid und Not stürzte? War er wirklich ein
"Vater
für alle",
wie Papst Ratzinger vollmundig behauptet? Und war er dann auch der Vater
der sechs Millionen Juden, die in den Konzentrationslagern ermordet
wurden, ohne dass er seine Stimme dagegen erhob? War er der Vater der
orthodoxen Serben, die zu Hunderttausenden von katholischen kroatischen
Faschisten umgebracht wurden
–
obwohl Pacelli darüber genau Bescheid wusste und nicht dagegen
einschritt und obwohl katholische Priester federführend bei der
Ermordung waren? War er der Vater der im spanischen Bürgerkrieg und im
Abessinienkrieg Italiens hingemetzelten Männer und Frauen und Kinder?
Er, der damals als Kardinal-Staatssekretär
der zweitwichtigste Mann einer Kirche war, die in beiden Kriegen klar
für die faschistische Seite Partei ergriff und deren Gewaltexzesse
rechtfertigte und segnete? War er der Vater der Soldaten, die im Zweiten
Weltkrieg auf beiden Seiten der Front mit Hilfe seiner Militärpfarrer in
den Tod geschickt wurden? Oft genug auch noch fast bis zum so genannten
"Endsieg",
angespornt von den katholischen Bischöfen, die von den Kanzeln die
Hingabe des Leibes und des Lebens forderten?
(siehe z. B. Kardinal von Galen)
Vielleicht war er der Vater der Kriegsverbrecher katholischen Glaubens
bis hin zu Adolf Hitler, die Pacelli nie exkommunizierte, im Gegensatz
zu den Mitgliedern und Wählern der Kommunistischen Partei Italiens nach
dem Krieg. Das war er wohl. Doch der "Vater aller" war er sicherlich nicht. Und
wenn ihm in dem eingangs erwähnten Film die sinngemäßen Worte in den
Mund gelegt werden "Adolf Hitler habe das Christentum misshandelt,
ebenso wie die moralische Norm, und er habe die Gleichheit aller
Menschen verachtet", so haben die Macher dieses Huldigungsfilms offenbar
nicht bemerkt, dass solche Worte direkt auf Pius und seine Kirche
zurückfallen, denn sie haben über blutigste Jahrhunderte das w a h r e
Christentum misshandelt, unter anderem durch Ketzerverfolgung und
Inquisition.
Wenn wir nun tiefer in den Lebenslauf dieses Papstes einsteigen, dann
wird man sehen, welche Fülle an Anschauungsmaterial gerade das
Erdenleben dieses Kirchenfürsten über die Politik der Päpste liefert,
nicht nur im 20. Jahrhundert, sondern auch bis in das 21. Jahrhundert hinein.
Eugenio Pacelli wurde am 2. März 1876 in Rom geboren. 1876, das
erscheint uns heute so weit weg. Doch rückt dieses Datum vielleicht etwas näher, wenn
man hinzufügt, dass im selben Jahr – nur zwei Monate früher – in der
Nähe der mindestens ebenso katholischen Stadt Köln der wichtigste
Vertreter des so genannten "Rheinischen Katholizismus" der Nachkriegszeit
zur Welt kam, nämlich Konrad Adenauer, der die Bundesrepublik
Deutschland 1½ Jahrzehnte lang entscheidend geprägt hat. Und der kleine
Eugenio, der im selben Jahr in Rom geboren wurde, sollte später einmal die
Vatikankirche – wie sie heute ist – in unterschiedlichen Positionen bis
hinauf zum Papst, mehr als vier Jahrzehnte lang entscheidend mitprägen
und damit auch indirekt die Geschichte Mittel- und Südeuropas und der
ganzen Welt.
Und wir dürfen auch nicht vergessen: Der spätere Papst wurde in eine
entscheidende und stürmische Zeit der italienischen Geschichte
hineingeboren. Nur sechs Jahre vor seiner Geburt, im September 1870,
hatte das erst neun Jahr zuvor geeinte italienische Königreich sein
Territorium vervollständigt, indem es den so genannten "Kirchenstaat" mit
seiner Hauptstadt Rom fast kampflos eroberte. Damit war der Vatikan
endlich auf dem Boden der historischen Tatsachen angelangt. Er hatte
"seinen" Kirchenstaat verloren, den er sich mehr als 1000 Jahre zuvor
durch eine der größten Betrugsaktionen der Weltgeschichte – nämlich der
sogenannten "Konstantinischen Schenkung" ergaunert hatte. Durch eine
gefälschte Urkunde war im 8. Jahrhundert behauptet worden, Kaiser
Konstantin habe bereits im 4. Jahrhundert der römischen Kirche riesige
Ländereien übereignet, und die fränkischen Könige waren darauf
hereingefallen. Seitdem hatte der Vatikan von seinem Gebiet in der Mitte
Italiens aus zahlreiche Kriege angezettelt und die verschiedenen
Nachbarstaaten immer wieder gegeneinander ausgespielt, um seine eigene
Macht zu mehren.
Doch damit war jetzt endlich Schluss, und was für den Vatikan noch
ärgerlicher war:
Kaum ein Italiener weinte offenbar diesem Staat eine Träne nach.
Es war ein durch und durch morscher Feudalstaat, gegründet auf
Ausbeutung und Zensur und zudem mit einem Ghetto, in dem die Juden über
Jahrzehnte bis aufs Blut schikaniert und gequält worden waren.
Doch wie reagierte nun der Vatikan? Nun: Er hat dem italienischen Staat
diese Niederlage nie wirklich verziehen. Die
Päpste
zogen sich schmollend in ihren Palast auf dem Vatikanhügel zurück und
spielten fast 60 Jahre lang die Beleidigten.
Sie
untersagten den italienischen Katholiken, mit diesem verhassten
italienischen Staat irgendwie zu kooperieren oder sich an Wahlen zu
beteiligen.
Auch
wenn sich natürlich keineswegs alle Italiener daran hielten, so wirken
doch die Folgen dieses Boykotts des Staates durch die Kirche in Italien
in gewisser Weise bis heute nach.
Sie
äußern sich in einer weit verbreiteten Geringschätzung des Staates und
seiner Gesetze.
Und auch der Aufstieg der Mafia in bestimmten Teilen des Landes fand
hier einen geeigneten Nährboden.
Und gleichzeitig orientierte sich der Vatikan neu. Schon ein Jahr
vor Eroberung des Kirchenstaats durch italienische Truppen hatte Papst
Pius IX. das 1. Vatikanische Konzil einberufen. Und im Sommer 1870
drückte er gegen alle innerkirchlichen Widerstände das Dogma der
päpstlichen Unfehlbarkeit durch. Gleichzeitig – und das ist weniger
bekannt – wurde auf demselben Konzil noch ein weiteres Dogma
beschlossen, wonach dem Papst
der
universale Jurisdiktions-Primat
zukomme. Darunter versteht man, "dass der ... römische Pontifex den
Vorrang" – lateinisch: ´primatum` – "´über den ganzen Erdkreis inne hat,
dass er Haupt der gesamten Kirche, Vater und Lehrer der gesamten
Christenheit ist`..."
(Hubertus Mynarek, Verrat an der Botschaft Jesu, S. 39)
"Die römische Kirche besitzt ´den Vorrang der ordentlichen Gewalt über
alle anderen Kirchen`". Und dieser Gewalt gegenüber "´... sind Hirten und
Gläubige jeglichen Ritus und Rangs ... zur Pflicht hierarchischer
Unterordnung und wahren Gehorsams gehalten ...`"
Der Papst – so dieses
Dogma weiter – ist "´der Oberste Richter aller Gläubigen’, dessen Gewalt
die allerhöchste auf Erden ist, sodass er selbst von keinem gerichtet
werden kann."
Und
"es wird noch eigens betont", so der Religionswissenschaftler
Hubertus Mynarek weiter, "dass
dies ´die Lehre der katholischen Wahrheit` sei, ´von der niemand
abweichen kann, ohne Schaden zu leiden an seinem ... Heil`"
(S. 40).
Dieser Text von 1870 ist bis heute gültig.
Und das ist doch nichts anderes als der Anspruch auf die Weltherrschaft!
Das ist Größenwahnsinn in Potenz! Das ist ohne Zweifel eine katholische
Wahrheit, aber mit der Wahrheit Gottes, des Allerhöchsten, hat sie
nichts, aber auch gar nichts zu tun. Denn der Schöpfergott ist die
absolute Liebe, und Er verdammt keines Seiner Kinder. Und Er lässt jedem Seiner Kinder
auch die absolute Freiheit. Und vor
Gott gibt es keine Hochgestellten und keine Niederen. Es gibt auch keine
Dogmen und verdammungsbewahrenden Glaubenssätze.
Und dieses Dogma des Jurisdiktionsprimats ist weiterhin absolut verbindlich und gültig.
Jeder
Katholik muss es glauben, wenn er nicht Schaden an seinem Heil nehmen
wolle, und das heißt auf deutsch: Wenn er nicht in der ewigen Hölle
landen möchte. Die Vatikankirche hat es von alters her so eingerichtet,
dass sie ihre wesentlichen Glaubenssätze gar nicht mehr zurücknehmen
kann, selbst wenn sie es wollte. Denn dann würden die Päpste sich ja in
wesentlichen Glaubensfragen widersprechen. Und das kann ja nach
katholischer Lehre einfach nicht sein! Und was nicht sein darf, das kann
einfach nach katholischer Lehre nicht sein, und wenn es hundertmal so
wäre.
Das heißt also:
Gerade in einer Situation, in der die Kirche ihre unmittelbare weltliche
Macht verliert
–
nämlich während der Bildung der italienischen Nation
–
erhebt die Vatikankirche so deutlich wie kaum je zuvor ihren Anspruch
auf die absolute Weltherrschaft. Und vielleicht
erkennt jetzt so mancher Zeitgenosse aufgrund dieses Dogmas des
"universalen Jurisdiktionsprimats", warum sich die Institution
Katholisch bis heute erlaubt, ihr eigenes Kirchenrecht über die Gesetze
der Staaten – auch der demokratischen Staaten – zu stellen, und zum
Beispiel die Verfolgung von Straftaten in den eigenen Reihen, wie der Pädokriminalität, einfach zu unterlassen.
Und was hat nun Papst Pius XII. mit all dem zu tun? Dies alles erfolgte ja vor seiner
Geburt. Papst Pius XII. war nun aber der Papst, der wie kaum ein anderer
diese von seinem Vorgänger Pius IX. vorgegebene Linie weiter verfolgte,
und zwar kompromisslos und ohne jede Rücksicht auf das Schicksal ganzer
Völker, auch ohne Rücksicht auf die eigenen katholischen Gläubigen. Und,
wenn es sein musste, buchstäblich auch nur, indem es Tote geben musste, wobei er natürlich
niemanden eigenhändig umbrachte. Doch sein Lebensweg führte ihn an
Millionen von Leichen vorbei und über viele Leichen hinweg, von denen er
wohl zumindest einen großen Teil hätte retten können.
Man sieht also: Gerade durch die Hartnäckigkeit, mit der heute Papst
Joseph Ratzinger – übrigens ebenso wie sämtliche seiner Vorgänger der
letzten 50 Jahre – ausgerechnet diesen Papst Pius XII. selig und später
wohl auch noch heilig sprechen wollen, hat er uns sozusagen auf eine
heiße Spur gesetzt. Und wenn wir bedenken, dass Jesus von Nazareth sagte
"Mein
Reich ist nicht von dieser Welt" (Johannes 18, 36),
dann können wir das gut vergleichen mit dem, was der Papst und die
Vatikankirche im Gegensatz dazu tun.
Das
schwarze Rom greift nach der Macht über die Seelen. Wir betrachten dazu
die Politik von Papst Pius XII., der von Papst Benedikt XVI. demnächst
selig gesprochen werden soll. Der Anlass, hier genauer hinzuschauen, war
ein Film über Pius XII., der am 1. November 2010 parallel im deutschen
und im italienischen Fernsehen lief, der aber offenbar nur dazu diente,
diesen Papst von dem Vorwurf reinzuwaschen, er habe sich durch sein
Schweigen zum Holocaust historisch schwer belastet. Im 1. Teil gingen
wir der Frage nach, weshalb denn der Vatikan in Gestalt des derzeitigen
Papstes Joseph Ratzinger diesen äußerst umstrittenen Papst unbedingt
seligsprechen will. Und wir sind am Ende des 1. Teils ein wenig
eingetaucht in das Italien des ausgehenden 19. Jahrhunderts, also in die
Zeit, in die Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., hineingeboren
wurde. Der Vatikan hatte durch die Einigung Italiens 1861 seinen
Kirchenstaat verloren, doch der damalige Papst Pius IX. reagierte auf
den sich anbahnenden Verlust seiner weltlichen Macht mit einer geradezu
größenwahnsinnig anmutenden Trotzreaktion: Auf dem ersten Vatikanischen
Konzil 1870 unterzog er seine eigene Kirche einer beispiellosen
Zerreißprobe und drückte zwei Dogmen durch, die bis heute gültig sind:
Das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit und das Dogma des
universalen Jurisdiktionsprimats des Papstes, was, wie wir ausführlich
erläutert haben, nichts Geringeres als einen erneuten Anspruch der
Päpste auf die Weltherrschaft bedeutet. Und wir haben am Ende der
letzten Teils auch darauf hingewiesen, was Jesus von Nazareth zu all dem
sagte, nämlich: "Mein
Reich ist nicht von dieser Welt!"
Nur sechs Jahre nach dem 1. Vatikanischen Konzil, am 2. März 1876, kam
in Rom im Haus des Kirchenanwalts Filippo Pacelli der kleine Eugenio zur
Welt. Man muss sich Rom damals als eine Stadt vorstellen, durch die ein
unsichtbarer Riss ging: Das "neue
Rom"
als die neue Hauptstadt des vereinigten Königreichs Italien stand dem
"schwarzen
Rom"
gegenüber. Und auf welcher Seite die Familie Pacelli stand, deren
Ernährer für die Kurie arbeitete, und das bereits in dritter Generation,
das verstand sich von selbst. Die Bürger des päpstlich gesinnten
"schwarzen Rom"
protestierten vielfach gegen einen Staat, der die Jahrhunderte alte
unheilvolle absolutistische Macht des
Vatikans einfach beenden wollte. Manche von ihnen trugen zum Beispiel nur
einen Handschuh, sie stellten im Wohnzimmer einen Stuhl mit der
Sitzfläche zur Wand oder sie hielten ihre Fensterläden provozierend geschlossen.
Wir haben im 1. Teil auch darauf
hingewiesen, dass diese Jahrzehnte lange Opposition der Kirche gegen den
neu entstandenen italienischen Nationalstaat bis hin zur Sabotage keine
bloße Spielerei war, sondern unterschwellig gravierende Folgen hat bis
in die Gegenwart hinein. So schreibt zum Beispiel die Süddeutsche
Zeitung am 9. November 2010 über den italienischen
Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi: "Er wollte nie akzeptieren, dass
eine parlamentarische Demokratie nach anderen Regeln funktioniert als
eine Firma ... Berlusconi erscheint auch so gut wie nie im Parlament.
Das ist nicht der einzige Ausdruck seiner Verachtung und Missachtung der
Staatsinstitutionen."
In Deutschland oder der Schweiz wäre so eine
Haltung eines maßgeblichen Politikers undenkbar. In Italien ist sie noch
immer, 150 Jahre nach der Gründung des italienischen Staates, weit
verbreitet.
Der kleine Eugenio war "spindeldürr und von zarter Konstitution", so
schreibt John Cornwell in seinem Buch Der Papst, der geschwiegen hat,
doch er zeigte "von frühem Alter an ein beeindruckendes Maß an
Intelligenz und Gedächtnisstärke" (S. 33). Und er fährt
fort: "Als Kind bestand sein liebstes Spiel darin, Priestergewänder
anzuziehen und in seinem Schlafzimmer die Messe zu zelebrieren. ... Als
eine Tante nicht zur Maiandacht gehen konnte, weil sie krank war,
veranstaltete der kleine Eugenio für sie eine Ersatzandacht
einschließlich der Predigt." (S. 35)
Es ist schon merkwürdig, wenn wir mal vergleichen: Der kleine Joseph
Ratzinger hatte ganz ähnliche Anwandlungen. In seinem Buch
Papst-Entzauberung zitiert der Religionswissenschaftler Hubertus Mynarek den derzeitigen Papst
mit den Worten: "Als später einmal der Kardinal Faulhaber in unsere
Gegend kam, mit seinem gewaltigen Purpur, hat der mir natürlich um so
mehr imponiert, so dass ich gesagt habe, so was möchte ich werden." Und
an anderer Stelle erinnert sich Ratzinger: "Meine Eltern hatten mir
schon in der zweiten Schulklasse mein erstes Missale gekauft."
Und Hubertus Mynarek kommentiert das wie folgt: "Man vergegenwärtige sich: Der
Junge ist gerade mal sieben oder acht Jahre alt und kriegt schon das
Messbuch, das der Priester am Altar benutzt’" (S. 17). Sein
Bruder Georg, der später auch Priester wurde, soll ja auch fleißig mit
Priester gespielt haben.
Dazu ein weiterer Gedanke: Wie ist das, wenn z. B. berühmte Musiker
schon als Kleinkinder auf erstaunliche Weise zu musizieren und zu
komponieren begonnen haben? Und zukünftige Päpste halten eben schon als
Kinder Predigten. Könnte das nicht mit der Reinkarnation zusammenhängen?
Die Möglichkeit wiederholter Einverleibungen gehört ja zum Urwissen der
Menschheit, und dieses Wissen war auch im frühen Christentum durchaus
präsent. Es ist also denkbar, dass die Seele eines Papstes sich nach dem
Tod des Körpers einige Zeit später gezielt wieder eine
hundertfünfzigprozentig katholische Familie aussucht – wie sie z. B. bei Pacelli und Ratzinger vorhanden war
– und genau dort wieder anfängt, wo
sie aufgehört hat. Als Pacelli mit 18 Jahren nach dem Abitur seinen
Eltern mitteilte, er wolle Priester werden, wunderte sich in der Familie
jedenfalls niemand darüber. Seine ältere Schwester Elisabetta
kommentierte es im Nachhinein mit den Worten: "In unseren Augen war er
bereits als Priester zur Welt gekommen." (Cornwell, a.a.O., S. 38)
Aber was bedeutet das? Es geht in dieser Studie ja darum, warum ein bestimmter Papst
unbedingt selig und später heilig gesprochen werden soll. Und damit das
möglich wird, soll er zunächst von aller historischen Schuld, die ihm im
Falle Pius ohne Zweifel anhaftet, reingewaschen werden. Und da steht
man dann wieder vor der Frage: Weshalb will der Vatikan, dass ganz
bestimmte Päpste heiliggesprochen werden? Ist das nur ein merkwürdiges
Ritual oder eben der katholische Kult? Oder geht es noch um etwas ganz anderes? Wenn das wirklich so wäre
– denn man kann das ja nicht beweisen –, aber wenn das wirklich so
wäre, dass im Zuge der Reinkarnation bestimmte Seelen sich immer wieder
in solche Umstände auf der Erde einverleiben, dass sie später Papst
werden können, dann wäre das womöglich nur ein relativ kleiner Club von Seelen, die sich immer wieder
abwechseln und die gesamte Papstgeschichte abdecken würden.
Aber
könnte es auch nicht sein, dass man durch eine Heiligsprechung ganz
bestimmten Päpsten, die die Macht er Kirche besonders
wirkungsvoll vermehrt haben, einen größeren Einfluss auch vom Jenseits
aus ermöglichen will? Zu einem so genannten Heiligen kann und soll ein
Katholik ja beten, und was passiert dabei? Er ruft doch die Seele eines
Verstorbenen um Beistand an, er nimmt Kontakt mit ihr auf. Und dadurch kann
doch diese Seele vom Jenseits aus vermehrt Einfluss nehmen – natürlich
wieder im Sinne der Kirche!
Das könnte einen fast an schwarze Magie oder an Spiritismus erinnern.
Und könnte nicht noch etwas Zusätzliches geschehen? Ein selig oder heilig
gesprochener Papst erfährt besondere Verehrung, seine Seele bekommt
durch die Gebete, durch die Fürbitten, sozusagen vermehrt Energie von
braven Katholiken – etwa, damit er um so rascher wieder den Landeplatz
für die nächste Einverleibung findet? Wird also gleichzeitig durch
die Verehrung hier auf der Erde sozusagen eine Art Magnet aufgebaut, der
die Seele wieder in das nächste Erdenkleid ziehen kann? Das sind jetzt
natürlich Spekulationen, die ein bestimmtes geistiges Wissen bzw. einen
solchen Glauben voraus setzen, den man nicht beweisen kann. Aber fest steht
jedenfalls: Eine Selig- und Heiligsprechung ist auch unabhängig von
solchen gruseligen Überlegungen eine immense Aufwertung für einen Papst,
und dahinter steckt ganz unverblümt die Botschaft: "So wie derjenige sollen es
seine Nachfolger auch machen. Und nicht nur die, sondern auch alle
anderen Kleriker. Er ist ein Vorbild im katholischen Sinne. Und genau
unter diesem Aspekt ist es interessant, den Lebenslauf von Papst Pius XII.
weiter zu verfolgen.
Im Jahr 1901 wurde der junge
Priester Eugenio Pacelli bereits im Alter von 25 Jahren für den Vatikan
rekrutiert. Pietro Gasparri, ein damals 49jähriger Experte für
Kirchenrecht, kam persönlich in die elterliche Wohnung, in der der junge
Priester noch immer wohnte, und er lud ihn ein, mit ihm gemeinsam die
Kirche "gegen den Ansturm des Säkularismus und Liberalismus in Europa"
zu verteidigen (Cornwell, S. 51). 29 Jahre später, im Jahr 1930,
sollte dann der Lehrling Pacelli seinem Meister Gasparri auf den Stuhl
des Kardinalstaatssekretärs, des zweitwichtigsten Mannes im Vatikan,
folgen.
Der junge Vatikanbeamte Pacelli erlebte also noch die beiden letzten
Jahre des Pontifikats von Papst Leo XIII. aus nächster Nähe mit. Dieser
Papst wird bis heute in katholischen Kreisen als "Arbeiterfreund"
gehandelt, weil er 1891 eine Enzyklika zur sozialen Frage herausgebracht
hatte. In Wahrheit hatte der Vatikan nur Angst vor dem Sozialismus und
möglichen Arbeiterunruhen und wollte dieser Gefahr durch die Gründung
eigener katholische Arbeitervereine vorbeugen. Die Kirche hat in ihrer
Geschichte immer zu den Mächtigen gehalten und die Ausgebeuteten
ermahnt, die angeblich gottgegebene Ordnung nicht umzustürzen, und da
machte auch Leo keine Ausnahme. Wie der absolute Monarch im
Vatikanpalast wirklich über soziale Dinge dachte, das sieht man an
seinem Verhalten, wie es John Cornwell beschreibt: "Von katholischen
Besuchern wurde erwartet, bei der Begrüßung zu seinen Füßen zu knien,
und währende seines Pontifikats sprach er nie auch nur ein einziges Wort
zu seinen niederen Dienern" (S. 49 f.). Er war eben der über ihnen
thronende "Nachfolger Petri".
Auf Leo XIII. folgte 1903 Papst Pius X., und
unter der Ägide dieses Papstes stieg der junge Pacelli rasch die
vatikanische Karriereleiter empor. Was dies bedeutet, kann man ermessen,
wenn man weiß, dass Giuseppe Sarto alias Pius X. ein ausgesprochener
Inquisitor auf dem Papstthron war. Er führte 1910 die so genannten
"Antimodernisten-Eide" ein: Jeder Priester musste unter anderem
schwören, dass Christus selbst die Kirche eingesetzt habe, und er musste
jegliche kritische und historische Untersuchung der Kirchenlehre und der
Bibel rundheraus ablehnen. Das kirchliche Personal sollte also unter
allen Umständen von dem "Gift" abgeschottet
werden, das insbesondere aus den USA oder Frankreich in die Reihen der
Kleriker einzusickern drohte; der Gedanke etwa, dass Demokratie
etwas in der Kirche zu suchen haben könnte. Etliche Priester wurden auch exkommuniziert, so etwa der
französische Theologe Alfred Loisy, von dem der bekannte Satz stammt:
"Jesus verkündete das Reich Gottes, und gekommen ist die Kirche."
Dabei war dies die schlichte Wahrheit. Dass Jesus von Nazareth keine
Kirche gegründet und auch keine Priester eingesetzt hat, das ist doch
eine historische Tatsache! Wie kann man das einfach leugnen?
Man kann, wenn man Papst ist.
Der Antimodernisteneid wurde übrigens erst 1967 abgeschafft, nicht ohne
anschließend durch ein verbindliches "Glaubensbekenntnis" ersetzt zu
werden. Dass die Gehirnwäsche der Kleriker durch ihre eigene Kirche im
Grunde noch immer dieselbe ist wie vor hundert Jahren und früher, das zeigt ein
Vorgang aus dem Jahr 1997, als nämlich Kardinal Joseph Ratzinger, der
heutige Papst, in seiner Eigenschaft als Präfekt der
Glaubenskongregation, der Nachfolgebehörde der Heiligen Inquisition, den
Theologen Tissa Balasuriya aus Sri Lanka exkommunizierte. Dieser hatte
sich geweigert, ein ihm vom Vatikan vorgelegtes Schriftstück zu
unterschreiben. Darin stand unter anderem der Satz: "Außerdem nehme ich
mit religiöser Unterwerfung des Willens und des Intellekts sowohl alle
Lehren, die der Papst, als auch alle Lehren, die das Bischofskollegium
verkündet, an, wenn sie das ordentliche Lehramt ausüben und auch wenn
sie diese Lehren in einer nicht endgültigen Art und Weise vortragen."
(Wer sitzt auf dem Stuhl Petri?, Band 2, S. 41)
Hier wird das eigene Gewissen völlig ausgeschaltet und auch der
Verstand. Aber genau darum geht es ja. Pius IX., der X., der XI. und der
XII. hätten es nicht
besser formulieren können. Von den Exegeten, also den Theologen, die die
Bibel auslegen sollen, verlangte Pius X. einen zusätzlichen Eid. Der
Schwörende gelobte, "die Grundsätze ... und Dekrete, die durch den
Apostolischen Stuhl und die päpstliche Bibelkommission veröffentlicht
sind oder noch veröffentlicht werden (!), als die oberste Richtschnur
und Norm treu und aufrichtig zu bewahren und unverletzlich zu beschützen
und dass ich sie niemals durch die Lehre oder durch Wort und Schrift
bekämpfen werde". (Karlheinz Deschner, Die Politik der Päpste im 20.
Jahrhundert, Teil 1, S. 178)
Für den unverbogenen gesunden Menschenverstand ist das unfassbar! Die
Priester mussten also im 20. Jahrhundert etwas beschwören, das sie noch
gar nicht kannten, denn sie mussten auch geloben, diejenigen Dekrete
anzuerkennen, die noch gar nicht veröffentlicht waren! Also sozusagen
ein Maulkorb im voraus, ein vorauseilender Gehorsam in Potenz, ein
totaler Verzicht auf eigenständiges Denken, und zwar für ein ganzes
Theologen-Leben!
Aber diese Eide genügten Papst Pius X. immer noch nicht. Er richtete
zusätzlich einen eigenen vatikanischen Geheimdienst ein, eine
"Kurial-Gestapo", wie Karlheinz Deschner sie nennt, und zwar zur
Bespitzelung der eigenen Leute! Und dass der junge Pacelli diesem
antimodernistischen Spitzelnetzwerk, wie der katholische Priester und
Historiker Hubert Wolf es unverblümt nennt, während der gesamten
Amtszeit Pius X., also elf Jahre lang, unbeschadet entging, sagt schon
einiges über seinen Charakter aus. Der katholische Priester und
Historiker Hubert Wolf erklärt in seinem Buch Papst und Teufel, dass einiges dafür spreche, dass Pacelli selbst in den
Geheimdienst mit dem klingenden lateinischen Namen "Sodalitium pianum"
verwickelt war. Er sei nämlich "immerhin fünf Jahre unmittelbarer
Zuarbeiter" des Leiters dieses Geheimdienstes, Umberto Benigni, gewesen
"und wurde sein Nachfolger auf dem Posten als Untersekretär".
(S. 45)
Doch auch wenn Pacelli selbst nicht mitgespitzelt hat, so hat er sich
auf jeden Fall stromlinienförmig angepasst. Und dieser Inquisitorenpapst
Pius X. war ihm immerhin so wichtig, dass er, Pacelli, ihn als Pius XII.
1954 persönlich als bisher letzten Papst heiliggesprochen hat – und
dabei den Ausspruch tat: "Himmlische Freude überströmt Unser Herz!"
(Cornwell, S. 61) Und genau dieser Papst, Pius X., ist bis in die
Gegenwart der geistige Anführer der berüchtigten Bruderschaft St. Pius,
wozu auch der Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson in führender
Position gehört. Und Führer dieser ultrareaktionären Gruppierung wurden von Papst Ratzinger im Jahr
2010 eigens wieder vollumfänglich in die römisch-katholische Amtskirche
aufgenommen.
Wer also Papst Pius XII. selig und heilig sprechen will, wie es Papst
Benedikt XVI. plant, der spricht auch den Inquisitorenpapst Pius X.,
seinen von Pius XII. persönlich heilig gesprochenen ehemaligen Vorgesetzten,
ein zweites Mal heilig. Und das alles zusammen ist nichts anderes als eine
massive Kampfansage an jegliche Verfassung eines modernen
demokratischen Rechtsstaats, in der Meinungsfreiheit und
Glaubensfreiheit und Entscheidungsfreiheit, also der freie Wille des
Menschen verankert sind. Und genau dorthin entwickelt sich offenbar
wieder die Kirche. Da ist es auch kein Hinderungsgrund, dass
Pius-Bruder-Bischof Richard
Williamson auch 2011 die Juden einmal mehr als "Haupttäter des Gottesmordes"
bezeichnete (bild.de, 24.10.2011) – eine Anklage, welche immer
wieder die
Jahrhunderte lange Verfolgung und Vernichtung des Judentums durch die
Kirche begründete.
Und eine solche Seligsprechung von Pius XII. wäre dann auch ein Signal, dass der Vatikan die
Menschenrechts-Verhinderungs-Politik fortsetzen will, die die Päpste
seit Jahrhunderten praktizieren. Denken wir an Gregor XVI., der 1832 die
Gewissensfreiheit des Menschen wörtlich als "Wahnsinn", lateinisch
"deliramentum", bezeichnete. Und auch der angeblich so
liberale Leo XIII., der angebliche Arbeiterfreund, hat erklärt, "dass
es niemals erlaubt ist, die Gedankenfreiheit, Pressefreiheit,
Lehrfreiheit sowie die unterschiedslose Religionsfreiheit zu fordern". Und noch
Papst Paul VI.
hat die Welt beschworen, die "rechte Freiheit des Gewissens" nicht mit
einer "falschen Gedankenfreiheit" zu verwechseln. (Deschner, Die
Politik der Päpste im 20. Jahrhundert, Teil 1, S. 176)
Und was falsch und richtig ist, das bestimmt natürlich immer der jeweilige
Papst und niemand sonst. Wir werden in dieser Studie noch
herausarbeiten, welcher Staat das Ideal von Pius XII. war. Das war eben
auf keinen Fall
der demokratische Rechtsstaat mit einer Vielzahl gleichberechtigter
Religionen, mit Glaubens- und Gewissenfreiheit. Das das war der
katholisch geprägte Ständestaat mit faschistischen Zügen, wie er mehr
als 35 Jahre im Spanien Francos bestand, oder eine kurze Zeit in
Österreich unter Kanzler Dollfuß; oder wie es das Italien Mussolinis war oder
das
katholische Kroatien während des 2. Weltkriegs, wo hunderttausende von
orthodoxen Serben von Katholiken bestialisch umgebracht wurden, ohne
dass Papst Pacelli auch nur mit einem Wort eingegriffen oder das Morden
gebremst hätte. Doch dazu später mehr.
Als der mittlerweile "heilige" Papst Pius X. im August 1914, also kurz
nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs, verstarb, da war der intelligente
und zielstrebige Vatikanbeamte Pacelli längst mit seinem Lebensthema
befasst: Zusammen mit seinem Mentor Gasparri arbeitete er an der
Ausarbeitung von Konkordaten, also von Verträgen zwischen Staat und
Kirche. Solche Verträge gab es in der Geschichte immer wieder, doch
jetzt wurden sie für den Vatikan besonders wichtig: Weil er nicht mehr
über einen eigenen Staat verfügte, also nicht mehr mit einer Armee
drohen konnte, um seine Ziele durchzusetzen, verlegte er sich mehr aufs
Verhandeln. Wobei man sagen muss: Wer bei solchen Verhandlungen bis
heute über den Tisch gezogen wird, das ist niemals die Kirche, das ist
immer der Staat, und immer geht es dabei um zwei Dinge: um die
Erziehung der Kinder und um das Geld, das der Staat an die Kirche zahlen
soll.
Es geht den Vatikan dabei also ausschließlich um seinen Vorteil, um
seine Macht, um sein Geld. Hier war Pacelli rasch in seinem Element, und
bereits mit dem ersten Konkordat, das er aushandelte, schrieb er
Geschichte. Allerdings nicht im positiven Sinne. Er heizte nämlich durch
seine Rücksichtslosigkeit und Kaltschnäuzigkeit massiv die Spannungen
an, die wenig später zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führen sollten.
Am 24. Juni 1914 schloss der Vatikan nach 18-monatigen
Geheimverhandlungen unter Pacellis Federführung ein Konkordat mit
Serbien ab, wobei all die traditionellen Rechte missachtet wurden, die
bis dahin auf dem Balkan der Hegemonialmacht Österreich-Ungarn
zugekommen waren. Die Habsburger-Monarchie war es nämlich bis dahin
gewesen, die sich für den Schutz der versprengten katholischen
Minderheiten auf dem überwiegend orthodox geprägten Balken zuständig
fühlte. Doch für derlei althergebrachte Befindlichkeiten war in der
rigorosen neuen Linie des Vatikan kein Platz mehr. Der römischen Kurie
ging es ausschließlich darum, ihre Macht über die Katholiken in aller
Welt ohne Umwege in ihren eigenen Händen zu bündeln. Zentralisierung
hieß das neue Zauberwort. Was dieses Vorgehen in den betroffenen Ländern
und Völkern an Diskussionen und Spannungen auslöste, wie es die
politische Großwetterlage beeinflusste, war dem vatikanischen
Verhandlungsführer Eugenio Pacelli offenbar völlig gleichgültig.
Warnungen auch aus den eigenen Reihen ließ er unbeachtet. Das
Ergebnis dieses Konkordats war dann tatsächlich eine erhebliche
Verschärfung der Spannungen zwischen Österreich-Ungarn und
Serbien. In Wien geriet die anti-serbische Stimmung auf einen
Siedepunkt. Alle politischen Kräfte
von links bis rechts waren sich darin einig, dass dieses Konkordat mit
dem Vatikan ein Affront, eine Demütigung Österreichs durch Serbien war,
die man so nicht einfach hinnehmen könne.
Und als dann nur vier Tage nach Abschluss dieses Konkordats, nämlich am
28. Juni 1914, das habsburgische Thronfolger-Ehepaar in Sarajevo
ermordet wurde, dann waren, so schreibt John Cornwell, "die Emotionen
bereits hoch gepeitscht. Das serbische Konkordat trug ohne Zweifel zu den
kompromisslosen Forderungen Österreichs an Serbien bei, die den Krieg
unvermeidlich machten". (S. 73)
Doch den Vatikan trifft nicht nur eine indirekte Mitschuld am Ausbruch
des Ersten Weltkriegs Ende Juli 1914. Karlheinz Deschner hat in seinem
umfassenden Werk Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert heraus
gearbeitet, dass der von Pius XII. so hochverehrte und 1954
von ihm heiliggesprochene Papst Pius X. und der von ihm 1953 selig
gesprochene Kardinalstaatssekretär Merry
del Val
(der auch den Index der verbotenen Bücher betreute und
den
"Modernismus" bekämpfte, einen Versuch einer Harmonisierung zwischen Wissenschaft und Kirche) mit zu den direkten Kriegstreibern gehörten. Zwei Tage vor
Ausbruch des Krieges, am 26. Juli 1914, schickte nämlich der bayerische
Geschäftsträger beim Römischen Stuhl, Baron von Ritter, ein Telegramm
nach München mit folgendem Wortlaut: "Baron Ritter an die bayerische
Regierung. Der Papst billigt ein scharfes Vorgehen Österreichs gegen
Serbien. Der Kardinalstaatssekretär hofft, dass dieses Mal
Österreich standhalten wird. Er fragt sich, wann es denn sollte
Krieg führen können, wenn es nicht einmal entschlossen wäre, mit den
Waffen eine ausländische Bewegung zurückzuweisen, die die Ermordung des
Erzherzogs herbeigeführt hat, und die in Rücksicht auf die gegenwärtige
Lage Österreichs dessen Fortbestand gefährdet" (S. 163 f.).
Dieses Diplomaten-Kauderwelsch kann auch übersetzt werden mit: Der Papst
will den Krieg.
Wie brisant der Inhalt dieses Telegramms ist, das zeigt sich auch darin,
dass der Staatssekretär Felix Fechenbach, der in der bayerischen
Staatskanzlei zur Zeit der Münchner Räterepublik 1919 dieses Telegramm
fand und veröffentlichte, noch im Jahr 1926 für dessen Freigabe von einer rechtskonservativ beeinflussten Justiz
zu
zehn Jahren Festungshaft verurteilt wurde. Was Papst und Vatikan
also wirklich dachten, das sollte der Öffentlichkeit natürlich
verschwiegen werden.
Man muss sich dazu auch
vergegenwärtigen, dass die Zeichen unmittelbar nach dem Attentat von
Sarajevo keineswegs eindeutig auf Krieg standen. Der Thronfolger Franz
Ferdinand war innerhalb der Monarchie nicht gerade beliebt, und man war
mancherorts insgeheim sogar froh, in auf diese Weise los geworden zu
sein. Doch im Verlauf weniger Wochen gewannen dann die Kriegstreiber die
Oberhand. Für den Vatikan brachte der Krieg die Aussicht, mit Hilfe
des katholischen Österreich-Ungarn nach Osteuropa vorzustoßen und
dort die orthodoxen Kirchen nach einem gewonnenen Krieg auf die eine
oder andere Weise von Rom abhängig zu machen. Es ist ein uralter Traum der
Vatikankirche, die im Jahr 1054 erfolgte Trennung zwischen römischer und
orthodoxer Kirche wieder rückgängig zu machen – natürlich unter Führung
des Vatikans, das versteht sich von selbst. Und dieser uralte Traum des
Vatikans wird nach dem Ersten Weltkrieg auch einer der wichtigsten
Gründe sein, weshalb die Romkirche unter dem späteren Papst Pacelli dann sämtliche faschistischen Diktatoren
Europas fördern und unterstützen wird.
Doch unabhängig von solchen strategischen Erwägungen ist jeder Krieg
immer auch Wasser auf die Mühlen der Kirche. Die Menschen sind
auf existentielle Weise mit Leid und Tod konfrontiert und suchen den
Halt dort, wo man sie von Kindesbeinen an hin dirigiert und
indoktriniert hat: in den Kirchen aus Stein und bei den Mittlern,
die Gott angeblich zwischen sich und die Menschen gesetzt hat, also bei
den Pfarren und Priestern. Und diese sind dann auch sogleich zur Stelle und schicken die
Soldaten auf beiden Seiten der Front in den Tod, indem sie den Krieg auf
beiden Seiten jeweils als "gerecht" und von Gott gewollt hinstellen.
Wohlgemerkt: Auf beiden Seiten! So, als ob Gott sich selbst
widersprechen oder sich selbst ad absurdum führen könnte!
Dabei war doch Jesus von Nazareth ein durch und durch friedliebender
Pazifist, der die Gewaltlosigkeiten und die Feindesliebe lehrte und der uns Menschen
ermahnte: "Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen!" Der
nicht nur zum Frieden zwischen den Menschen aufrief, sondern auch zum
Frieden zwischen Mensch und Natur! Und bis zum Beginn des
vierten Jahrhunderts konnte in der urchristlichen Bewegung, die er ins
Leben rief,
kein Soldat, kein Metzger, kein Jäger ein Glied einer urchristlichen
Gemeinde werden, wenn er nicht seinen Beruf aufgab. Erst durch die
verhängnisvolle Konstantinische Wende im 4. Jahrhundert, in deren Folge
die katholische Kirche einzige Staatsreligion des Römischen Reiches
wurde, wurde dies dann alles gründlich auf den Kopf gestellt und ins Gegenteil verkehrt.
Und mit Kaiser Konstantin hielten auch die Juristen Einzug in die
Kirche, die im Auftrag des Kaisers die Dogmen und Glaubenssätze
formulierten, die ab sofort jeder Katholik wortwörtlich zu glauben
hatte, wenn er nicht ausgeschlossen und damit angeblich auch ewig
verdammt werden wollte. So, als ob man die
absolute Wahrheit Gottes in intellektuell ausgefeilten Sätze einfangen
und ein für allemal festlegen könnte. Im Grunde ist es ja bis heute so
geblieben. Denken wir an die Anti-Modernisten-Eide von Pius X., die
vorhin erwähnt wurden. Oder denken wir an die Glaubensbekenntnisse, die
der jetzige Papst Ratzinger als Leiter der Glaubenskongregation
abtrünnigen Theologen vorgelegt hat. Genau dieses Kirchenrecht war nun
auch die Domäne des jungen Vatikanbeamten Eugenio Pacelli. Während
Millionen seiner Altersgenossen auf den europäischen Schlachtfeldern mit
Billigung und auf Betreiben seiner Kirche verbluteten, stellte Pacelli
gemeinsam mit seinem Mentor Gasparri im Jahr 1917 die erste Fassung
einer neuartigen Rechtssammlung fertig: den Codex Iuris Canonici,
die Zusammenfassung des Kirchenrechts.
Zwar gab es auch bis dahin schon ein Kirchenrecht und eine teilweise
Zusammenfassung im so genannten Corpus Iuris Canonici, dem
Vorläufer des von Pacelli verfertigten Codex. Doch aufs Ganze
gesehen war das Kirchenrecht verstreut über eine Fülle von Verordnungen
und Verfügungen, die je nach Land und Umständen voneinander abweichen
konnten. Doch nun war die absolute Bündelung und Zentralisierung der
päpstlichen Macht angesagt. Alle Katholiken weltweit sollten
direkt und ohne Zwischeninstanzen auf den Papst als ihren obersten Chef
eingeschworen und verpflichtet werden.
John Cornwell nennt die
Herausgabe und weltweite Verbreitung dieses Kirchengesetzbuches "das
vielleicht wichtigste Ereignis in der neueren Geschichte der
katholischen Kirche" (S. 62), denn: "Seine Überzeitlichkeit und
Universalität verlieh einer neuen und beispiellosen Auffassung von
höchster päpstlicher Autorität ewige Gültigkeit." (S. 63)
Wir
erinnern uns: Auf dem ersten Vatikanischen Konzil 1870 hatte Papst Pius
IX. nicht nur die Unfehlbarkeit des Papstes in Lehrfragen als Dogma
verkündet, sondern auch den Jurisdiktionsprimat des Papstes, dass also
der Papst oberster Richter aller Menschen ist. Und dieses Dogma wurde
nun auch im Kirchenrecht fest verankert.
Im Kanon 218 steht zu
lesen: "Der römische Papst ... hat... die höchste und umfassendste
jurisdiktionelle Vollmacht in der universellen Kirche, in
Angelegenheiten des Glaubens und der Sitten sowie auch in jenen, die
sich über die Disziplin und Verwaltung der Kirche in der ganzen Welt
erstrecken." (S. 63)
Also auf Deutsch: Der Papst bestimmt alles. Er ist nicht nur der
absolute Diktator im Vatikan, sondern er herrscht im Grunde über alle
Katholiken weltweit, und zwar nicht nur über Priester, sondern auch über
die Laien. Die Generalsekretärin der SPD in Deutschland, die Katholikin
Andrea Nahles, hat das also ganz richtig erfasst, als sie in einem
Interview über den Papst sagte: "Er ist der Chef vom Ganzen."
(Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung,
24.1.2010)
Jesus von Nazareth hingegen beanspruchte keine weltliche Macht. Er sagte
"Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Und er ließ allen Menschen die
Freiheit, über ihr Leben selbst zu entscheiden. Denn wir alle sind freie
Kinder Gottes, denen Gott, unser aller Vater, den freien Willen
geschenkt hat.
Und wenn man sich einmal
klar macht, wie es dem Vatikan gelungen ist, innerhalb von nur etwas
mehr als hundert Jahren von einem absoluten Tiefpunkt wieder zu einer
weltpolitischen Bedeutsamkeit aufzusteigen, dann weiß man, was der
Vatikan Leuten wie Eugenio Pacelli zu verdanken hat. Im Jahr 1861 hatte der
Vatikan seinen weltlichen Staat verloren, zehn Jahre später auch noch
die Stadt Rom. Die Päpste waren bekannt als erbitterte Feinde jeder
Bestrebung, Demokratie oder Menschenrechte einzuführen, und unzählige
Menschen atmeten nun auf. Die Vatikanherrscher waren zu
Bedeutungslosigkeit herab gesunken und der Lächerlichkeit preis gegeben,
denn man diskutierte nun auch offen über die Blutspur, die die Kirche in der
Geschichte hinter sich hergezogen hat. Und obwohl diese Blutspur der
Kirche im 20. Jahrhundert, wie wir noch sehen werden, keineswegs zu Ende
war, im Gegenteil, gelang es den Päpsten bis heute, sich in der
Welt wieder zu einer Art moralischen Autorität aufzuspielen. Und je mehr
Kinderschänderskandale von Priestern, je mehr Verwicklungen des Vatikans
in mafiöse Geldgeschäfte aufgedeckt werden, desto mehr pocht der Papst
auf diese angemaßte, im Grunde aber zutiefst hohle Autorität. Und
desto mehr versucht er anzuknüpfen an Männer wie Pacelli, deren zäher
Sturheit und verbissener Durchtriebenheit er diese angemaßte Autorität
letztlich zu verdanken hat. Und nicht zuletzt deshalb soll Pius
XII. heute selig und heilig gesprochen werden.
Im Grunde könnte man sagen: Dass der Vatikan es geschafft hat, sich
innerhalb von einem runden Jahrhundert wieder das Etikett des
Moralischen umzuhängen, das ist so etwas von unglaublich, das ist ein
derartiger Etikettenschwindel, dass sich dieses Betrugsmanöver durchaus
messen kann mit dem anderen großen Betrug der Weltgeschichte, mit der
die Geschichte des sogenannten Kirchenstaates einst begann, nämlich mit
der Konstantinischen Schenkung. Zur Erinnerung: Im 8. Jahrhundert
behauptete der damalige Papst mit Hilfe einer dreist gefälschten
Urkunde, Kaiser Konstantin habe der Kirche im 4. Jahrhundert ganz
Italien mit all seinen Provinzen zum Geschenk gemacht. Damals war es der
Frankenkönig Pippin, der auf den Betrug hereinfiel. Heute sind es weite
Teile der Weltöffentlichkeit, 2011 z. B. die meisten deutschen
Bundestagsabgeordneten, die sich blenden lassen von einem angeblichen
Stellvertreter Christi – obwohl doch Jesus von Nazareth nie eine Kirche
gegründet, nie Priester eingesetzt hat, geschweige denn einen Papst.
Einer, der sich nicht blenden ließ, sondern der ganz genau hinschaute
und die Geschichte der Kirche so gründlich untersuchte wie kaum ein
zweiter, das ist der preisgekrönte Schriftsteller Karlheinz Deschner,
und er kam zu dem Schluss: "Nach intensiver
Beschäftigung mit der Geschichte des Christentums kenne ich in Antike,
Mittelalter und Neuzeit einschließlich und besonders des 20.
Jahrhunderts keine Organisation der Welt, die zugleich so lange, so
fortgesetzt und so scheußlich mit Verbrechen belastet ist wie die
christliche Kirche, ganz besonders die römisch-katholische Kirche." (Die
beleidigte Kirche, S. 42 f.)
Wobei man noch hinzufügen müsste: Mit
"christlich" und Christus hat diese Kirche mit Sicherheit nichts, aber
auch gar nichts zu tun. Das belegen die Tatsachen zur Genüge.
Und weshalb soll von dieser Kirche nun ausgerechnet Pius XII. selig
gesprochen werden? Das ist die Ausgangsfrage und gleichzeitig der rote
Faden dieser Studie. Und es bleibt auch in den nächsten Teilen spannend.
Denn dann wird untersucht, wie Eugenio Pacelli, der spätere Papst
Pius XII., das vom ihm maßgeblich zusammengefasste Kirchenrecht in
konkrete Konkordate umsetzt, also in Vereinbarungen zwischen Kirche und
Staat, vor allem in Deutschland. Und weshalb ausgerechnet in
Deutschland? Auch dieser Frage werden wir in der nächsten Folge
nachgehen. Denn: "Wer schweigt, macht sich schuldig."
Papst
Pius XII., mit bürgerlichem Namen Eugenio Pacelli, saß von 1939 bis 1958
auf dem Stuhl Petri und ist heute vor allem dadurch bekannt, dass er
wahrend des Zweiten Weltkriegs zum Holocaust geschwiegen hat. Dennoch
soll ausgerechnet dieser Papst nach dem Willen des Vatikans unbedingt
selig und später auch heilig gesprochen werden. Und wir gehen in dieser
Studie der spannenden Frage nach, weshalb fast alle Päpste seit Pius XII.
– von Paul VI. über Johannes Paul II. bis hin zu Benedikt XVI. – mit
erstaunlicher Beharrlichkeit, man könnte schon fast sagen: mit Sturheit
– an diesem Ziel festhalten. Weshalb also ist dieser Papst für den
Vatikan so bedeutsam? Weshalb war er auch so wichtig für die Romkirche?
So wichtig, dass man ihn gleichsam zum Vorbild für künftige Päpste
erheben will. Welche besonderen Verdienste hat sich der Pacelli-Papst für seine Kirche
erworben? Denn von einer Vorstellung kann man sich rasch verabschieden:
dass nämlich eine Selig- oder Heiligsprechung durch die römische Kirche
irgendetwas mit besonderen Tugenden ethischer und moralischer Art zu tun
haben könnte, gar noch im Sinne des Jesus, des Christus. Nein: Hier geht
es vor allem um Unterwerfung, um die Mehrung der Macht, des Reichtums und des
Ansehens der Kirche selbst. Und wenn ein Papst selig gesprochen werden
soll, dann erst recht!
Das heißt auch: Für einen echten Nachfolger des Jesus von Nazareth, der in
seinem Leben die hohe Ethik und Moral des Jesus, des Christus – also die
Hoheitslehre der Bergpredigt – anstrebt, wäre es alles andere als
erstrebenswert, unter die katholischen Heiligen aufgenommen zu werden,
im Gegenteil! Zumal ja Jesus von Nazareth keine Heiligen ernannt hat,
sondern er hat sinngemäß gesagt: Nur Einer ist heilig, und das ist euer Vater im
Himmel. Und Helvetius, der bekannte französische Philosoph der
Aufklärungszeit, hat schon im 18. Jahrhundert über die katholische
Kirche gesagt: "Liest
man ihre Heiligenlegenden, so findet man die Namen von tausend
heiliggesprochenen Verbrechern!"
Bereits in den vorangegangenen Teilen wurden einige Anhaltspunkte für
das "Warum Papst Pius XII selig gesprochen werden soll" aufgezeigt;
auch
die steile Karriere des jungen Priesters und Vatikanbeamten Pacelli,
woraus deutlich wird, dass er schon in jungen Jahren eine wichtige
Rolle gespielt hat bei der Neufassung des Kirchenrechts, das im Jahre
1917 dann als Codex Iuris Canonici neu veröffentlicht wurde. In diesem Codex
wurde nochmals klar festgelegt, was Papst Pius IX bereits 1870 auf dem
Ersten Vatikanischen Konzil als Dogma verkündet hatte: Dass nämlich der
Papst oberster Richter über alle Menschen ist. Pacelli hat also schon in
jungen Jahren an maßgeblicher Stelle mitgeholfen, den absoluten
Herrschaftsanspruch des Papsttums und die Zentralisierung der
päpstlichen Gewalt auf Rom hin neu zu formulieren und in konkrete
Gesetze umzumünzen.
Und die konkrete Umsetzung des päpstlichen Herrschaftsanspruchs in allen
Bereichen, das blieb auch die Aufgabe Pacellis im weiteren Verlauf
seiner Karriere. Er wurde nämlich 1917 zum Nuntius, also zum
päpstlichen Boschafter, in München ernannt.
Man muss sich dazu die
Situation am Ende des Ersten Weltkriegs vor Augen halten: Die großen
Monarchien Mitteleuropas – das Habsburger Reich und das deutsche
Kaiserreich – waren zusammengebrochen. Überall entstanden Demokratien.
Doch die Demokratie mitsamt der Menschenrechte hatte der Vatikan immer
bekämpft. Die Kaiser und Könige, über die der Vatikan dem Volk die Lüge
verbreitete, sie wären von Gottes Gnaden eingesetzt, die hatten der
Kirche meist großzügige Privilegien eingeräumt. Jetzt tauchte überall in
den Verfassungen der neu entstehenden Staaten die Forderung nach einer
Trennung von Staat und Kirche auf, auch in der Weimarer Republik in
Deutschland. Doch gerade diese Situation bot der päpstlichen
Machtpolitik, die in sehr langen Zeiträumen zu denken pflegt, auch eine
neue Chance: Wenn der demokratische Staat weniger in die Kirche
hineinregiert als die bisherige Monarchie, dann kann der Vatikan –
sprich: der Papst – in diesen Ländern nun umso leichter seinen
absolutistischen Machtanspruch auf die gesamte Kirche, einschließlich
aller Priester und Laien, durchsetzen.
Und genau dies war die Aufgabe Pacellis in Deutschland: so viele
Konkordate wie möglich abzuschließen, und zwar nicht nur mit dem
Deutschen Reich als Ganzem – das sollte Pacelli erst mit der
Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 gelingen – sondern, entsprechend der
föderalistischen Struktur Deutschlands, auch mit einzelnen Regionen,
Länder genannt. In seinem Buch Die Politik der Päpste im 20.
Jahrhundert beschreibt der preisgekrönte Schriftsteller Karlheinz
Deschner die Stoßrichtung der römischen Konkordatspolitik wie folgt:
"Da der Kurie seit dem Verlust des Kirchenstaats die üblichen weltlichen
Machtmittel mangelten, wurde allmählich die Konkordatspolitik –
besonders nach dem Ersten Weltkrieg – Mittelpunkt ihrer Diplomatie.
Damals, am 19. Mai 1918", schreibt Deschner weiter, "trat auch der Codex Iuris Canonici in Kraft. Und brachte dies gewaltige, alle
innerkirchlichen Verhältnisse systematisch erfassende und im engen
Anschluss an das Papsttum disziplinierende Werk ... auch wenig Neues,
... so involvierte doch die hier erreichte radikale interne
Verrechtlichung auch nach außen Konsequenzen: besonders die Beseitigung
jeder Staatskirchenhoheit und dafür die Verankerung gewisser
Verordnungen des ´kanonischen` Rechts im ´weltlichen`. Im Grunde nichts
anderes als der alte Kampf um die Macht, die Sicherung und Ausweitung
klerikaler Vorrechte mit neuen Mitteln, mit, ´legalen`" – so Deschner.
(Teil 1, S. 413)
Und Karlheinz Deschner fährt fort: "Ein Konkordat also, schon im
Mittelalter bekannt, wurde für die Päpste unter den veränderten
Umständen ihres Machtkampfes immer mehr das erstrebenswerteste Ziel.
Denn schließt die Kurie einen solchen Vertrag, hat fast immer sie den
Vorteil – warum anders sollte sie einen Vertrag schließen!"
Im Grunde ist das bis heute so geblieben. Und man muss sich wundern,
wieso sich die Politiker bis heute immer wieder reihenweise von den
schlauen Prälaten über den Tisch ziehen lassen. Karlheinz Deschner
verfasste den hier gerade vorgetragenen Text in den achtziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts, also noch vor dem Fall der Berliner Mauer. Doch
seine Warnung und seine bestechend scharfe Analyse verhallte vollkommen
ungehört. Sämtliche aus
der DDR hervorgegangenen so genannten "neuen Bundesländer" schlossen nach
der Wende Konkordate und Staatsverträge mit den beiden Großkirchen ab
und verpflichteten sich zu jährlichen Millionenzahlungen – an die
steinreichen Kirchenkonzerne wohlgemerkt –, so wie dies in den alten
Bundesländern der Bonner Republik längst der Fall ist.
Die deutschen Steuerzahler zahlen seither auch in den neuen
Bundesländern z. B. den Bischöfen und Landesbischöfen samt Gefolge ihre
fürstlichen Gehälter von acht- bis zehntausend Euro monatlich.
In ganz
Deutschland zahlen die Bundesländer auf diese Weise fast eine halbe
Milliarde Euro pro Jahr an die Kirchen. Begründet werden diese dreisten
jährlichen Raubzüge – man kann es kaum anders nennen – mit der Auflösung
kirchlicher Fürstentümer in napoleonischer Zeit. Dabei ist eines klar:
Selbst wenn diese Neuordnung der politischen Verhältnisse durch Napoleon
eine derartige Entschädigung rechtfertigen würde – was sehr fraglich ist
– so wäre der damalige Verlust für die Kirche inzwischen längst mehrfach
zurückbezahlt.
Und weil die Kirchen das sehr genau wissen, obwohl sie es nie zugeben
würden, haben sie vorgesorgt und sich so genannte "Ewigkeitsklauseln"
oder "Freundschaftsklauseln" in
die Verträge einbauen lassen. Da steht dann drin, dass diese Konkordate
und Staatsverträge nur im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragspartner
geändert werden können. Mit anderen Worten: Der Staat gibt die
Gesetzgebung hier freiwillig aus der Hand und verspricht der Kirche,
neue Gesetze und ihre Ausführungen nur mit Zustimmung der Kirche zu
erlassen. Und die damit verbundenen astronomischen Zahlungen an die
Kirche sind noch immer nur ein Teil
der Summe, die der deutsche Staat den Kirchen jährlich an Subventionen und
Steuerbefreiungen zugute kommen lässt. Alles in allem sind
das rund 15 Milliarden Euro im Jahr!
Der deutsche Kabarettist Hagen
Rether brachte es auf den Punkt: "Seht die Bischöfe und Kardinäle
unter dem Himmel! Sie säen nicht, sie ernten nicht, und wir erhalten sie
doch!"
Und was sagte Jesus von Nazareth dazu? (Mt 6, 19) "Häuft euch
keine Schätze an, die Motten und Rost fressen." Die Dreistigkeit, mit
der die Kirchen Jahr für Jahr den Staat ausplündern, hat übrigens
bereits im 19. Jahrhundert ein Vertrauter Bismarcks in gewisser Weise
vorhergesehen, Kurd von Schlözer, der zeitweise als preußischer
Gesandter beim Vatikan tätig war und die vatikanische Politik rasch
durchschaut hatte. Er sagte kurz vor seinem Tod: "Die politische
Dummheit der Deutschen ist so riesengroß, dass man sie nicht zu fassen
vermag." (zit. nach Deschner, Teil 1, S. 415)
Ob diese Aussage auch heute zutreffend ist, das muss jeder für sich
selbst beantworten. Und noch früher hat dies der große Deutsche Johann
Wolfgang von Goethe vorausgesehen:
"Ist Concordat und Kirchenplan / Nicht glücklich durchgeführt? / Ja,
fangt einmal mit Rom nur an, / da seid ihr angeführt!" – Also: In
Rom würden die dummen Politiker schon richtig angeleitet, wie so ein
Konkordat abzufassen ist. Und in seinem
Faust sagt Goethe: "Den Teufel spürt das Völkchen nie, und
wenn er sie beim Kragen hätte". (zit. nach Deschner, Teil 1, S.
349)
Dass solche "Ewigkeitsklauseln",
wie es in den Verträgen ausgehandelt wurde, in einem Vertrag von
vornherein juristisch sittenwidrig sind, kümmert bis heute weder die
Kirchen noch die Politiker, die mit diesen auf Kosten der Steuerzahler
bis heute gemeinsame Sache machen.
Der Staat bzw. die deutschen Bundeslänger könnten aber jederzeit aus diesen Verträgen
aussteigen, ohne noch einen Cent zu bezahlen. Ja, sie m ü s s t e n
sogar endlich aussteigen, würden sie die Verfassung des deutschen
Staates ernst nehmen. Denn im deutschen Grundgesetz steht
eindeutig, dass die finanziellen Leistungen des Staates an die Kirchen
"abzulösen" sind. Wenn der Staat stattdessen aber wie in Ostdeutschland
immer neue finanzielle
Verpflichtungen eingeht, dann handeln die Staatsvertreter eklatant gegen
ihre eigene Verfassung. Und das ist nicht erst seit heute so,
auch nicht erst seit der Geltung des deutschen Grundgesetzes n a c h
dem Zweiten Weltkrieg, sondern das gilt schon seit dem Ende des Ersten
Weltkriegs. Denn genau diese Passage, dass die Staatsleistungen
abzulösen sind, wurde aus der Weimarer Verfassung des Jahres 1919 unverändert in das
Grundgesetz übernommen.
Man muss sich das einmal vorstellen: Seit mehr als 90 Jahren steht ein
eindeutiger Auftrag an die Politiker in der deutschen Verfassung. Doch
kein Politiker, keine Partei macht bis heute ernsthafte Anstalten,
diesen Auftrag umzusetzen und dies endlich einmal durchzuziehen. Die
Kirche ist offenbar noch immer zu mächtig, und sie setzt bis heute immer
weitere, zusätzliche Zahlungen durch – alle natürlich auf die "ewige
Freundschaft"
ausgerichtet.
Und wer hat mit allem dem begonnen? Das war niemand anderes als Kardinal Eugenio
Pacelli, damals der päpstliche Nuntius in München. Im März 1924 schloss er nämlich
ein bis heute gültiges Konkordat des so genannten Heiligen Stuhls mit dem
Land Bayern ab. Und auch damals schon verstießen die neu vereinbarten
Zahlungen Bayerns an die Romkirche gegen die Weimarer Verfassung. Wenn
also Papst Ratzinger Pius XII. selig sprechen will, so würde ein
deutscher Papst nun den "Papst der Konkordate" selig sprechen, der den Raubzug
der Kirche gegen den Steuerzahler im 20. Jahrhundert erneut eingeläutet
und wieder salonfähig gemacht hat – und zwar unter permanenter
Missachtung der deutschen Verfassung. Doch was kümmert die Kirche eine
staatliche Verfassung? Doch die Politiker geloben der Verfassung Treue
und dürfen sich nicht zu Bütteln der Kirchenhierarchie degradieren
lassen, was aber seit Jahrzehnten geschieht.
Und nicht umsonst hat sich der schlaue Pacelli als erstes Opfer den
Freistaat Bayern herausgesucht und dort eine Art "Musterkonkordat"
ausgehandelt. Er tat es, weil dort die rechtsgerichteten und klerikalen
Kräfte sehr stark waren. Er versäumte es auch nicht, in diesem Konkordat
die kirchlichen Privilegien bei der Kindererziehung zu sichern, also die
Subventionierung der Konfessionsschulen und den Religionsunterricht an
staatlichen Schulen. Karlheinz Deschner kommentiert das in seinem Buch
Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert wie folgt: "Muss die
Kirche doch, Inbegriff alles Totalitären, den Menschen, kaum geboren,
durch die Taufe vergewaltigen, um ihn bis zum Tod gängeln zu können."
(Teil 1, S. 416)
Dem Nuntius Pacelli gelang es während der Weimarer Zeit, nicht nur mit
Bayern ein solches Konkordat abzuschließen, sondern noch mit zwei
weiteren deutschen Ländern: 1929 mit Preußen, dem damals mit Abstand
größten deutschen Landesteil, und 1932 mit Baden. Pacellis
Verhandlungspartner, selbst wenn sie ihm wie im Fall Bayern sehr gewogen
waren, waren zum Teil schockiert, mit welcher Unverfrorenheit und
Kaltschnäuzigkeit der römische Diplomat Maximalforderungen aufstellte
und im Einzelfall sogar vor regelrechten Erpressungen nicht
zurückschreckte. So stellte er im Fall des Bayern-Konkordats
zwar eine Unterstützung des Vatikans für die Interessen des Deutschen
Reiches in Aussicht, und zwar bei der Frage der Bistumsgrenzen in den
vom deutschen Reich abgetrennten Flächen wie dem Saarland. Doch er
fügte unmissverständlich hinzu, dies werde nur dann eintreten, wenn
Bayern zuvor in der Frage der schulischen Erziehung die Forderungen des
Vatikans erfüllen würde.
In Baden wiederum drückte Pacelli 1932 das Konkordat durch, obwohl er
genau wusste, dass dies in diesem Bundesland die Koalition zwischen der
katholischen Zentrumspartei und den Sozialdemokraten sprengen würde –
was dann auch eintrat. Wie gesagt: Rücksichtnahme auf das Wohlergehen
oder die politische Zukunft eines Landes oder Volkes – das existierte
für Pacelli nicht. Entscheidend war einzig und allein, was der so genannte
"Heilige Stuhl" beabsichtigte und was den
politischen Zielen des Vatikans dienlich war.
Das erinnert vielleicht so manchen an den Gründer des dubiosen
katholischen Geheimbundes Opus Dei, Jose Maria Escrivà de Balaguer. Er
hat seinen Schülern als Lehrsatz folgendes mit auf den Weg gegeben:
"Die Ebene der Heiligkeit, die der Herr von uns fordert, wird durch drei
Punkte bestimmt: heilige Unnachgiebigkeit, heiliger Zwang, heilige
Unverschämtheit". (zit. nach
Hubertus
Mynarek, Der polnische Papst, S. 93)
Vielleicht hat der
Opus-Dei-Gründer ja von d e m Papst gelernt, der während seiner
römischen Jahre ab 1946 dort regierte – das war nämlich Pius XII. Wie
stark der Einfluss dieses Geheimbundes Opus Dei noch immer ist – auch
heute noch – das sieht man daran, dass der heutige Papst Ratzinger Jose
Maria Escrivà de Balaguer eine fünf Meter hohe Marmorstatue im Vatikan
gewidmet hat, mit eigenem Wappen.
Interessant wäre jetzt natürlich noch die Frage: Weshalb war Deutschland
so wichtig, dass der Vatikan einen seiner besten Leute, den mit allen
theologischen und intellektuellen Wassern gewaschenen Pacelli, dort
hingeschickt hat? Nun, Deutschland ist bis heute das
bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Land in Mitteleuropa
und von daher von strategischer Bedeutung, vor allem, wenn man, wie der
Vatikan, darauf spekuliert, die abtrünnigen Brüder und Schwestern im
Osten Europas, die seit dem Jahre 1054 von der römischen Kirche
getrennten orthodoxen Christen, eines Tages wieder unter die
Oberherrschaft des Papstes zu bekommen. Und natürlich parallel dazu oder
anschließend die Lutheraner,
die vor allem in Deutschland verbreitet sind. Und wenn der Erste
Weltkrieg anders ausgegangen wäre, dann wäre der Vatikan dem Ziel der
"Rückholung" der Orthodoxen mithilfe deutscher und österreichischer
Truppen wohl ein ganzes Stück näher gekommen.
Aber es gibt noch eine weit banalere Erklärung, weshalb Deutschland für
den Vatikan so wichtig ist; und die liefert John Cornwell in seinem Buch
Der Papst, der geschwiegen hat. Dort lesen wir:
"Deutschland
hatte vor dem Krieg" – gemeint ist der Erste Weltkrieg – "einen
größeren Beitrag zur Finanzierung des Heiligen Stuhls geleistet als alle
anderen Nationen der Welt zusammen". (S. 107)
Und
vermutlich zahlen die Deutschen bis heute mehr als jedes andere Land der
Welt für die Aufrechterhaltung dieses "Stuhls".
Zudem hat der Vatikan Deutschland schon immer sehr aufmerksam beobachtet,
inwieweit es den vatikanischen Plänen dienlich sein konnte. Als im Jahr
1888 Kaiser Wilhelm II in Rom auf Papst Leo XIII. traf, sagte dieser zu
ihm: "Deutschland muss einmal das Schwert der katholischen Kirche
werden." (Walter Löhde, Das
päpstliche Rom und das deutsche Reich, S. 246)
Damit wollte er wohl sagen: "Ich könnte euch Deutsche gut gebrauchen, um
mir, wenn es sein muss, mit Waffengewalt, meinen Kirchenstaat
zurückzuholen."
Daraus wurde zwar nichts, aber der Vatikan erreichte
dieses Ziel auf andere Weise. Im Jahr 1929 schloss nämlich der
so genannte Heilige Stuhl mit dem italienischen Faschistenführer Benito
Mussolini ein Konkordat ab, die sogenannten Lateranverträge, wodurch der
Kirchenstaat wiederhergestellt wurde; zwar nur als Kleinststaat mit
weniger als tausend Einwohnern. Dafür erhielt der Vatikan aber eine hohe
Millionensumme als finanzielle "Entschädigung" für den bei der Gründung
des italienischen Königreichs erlittenen Gebietsverlust – was übrigens
den Grundstock bildete für das immense Vermögen, das der Vatikan durch
geschickte Geldanlage seither aufgehäuft hat.
Doch wie gelang es dem Vatikan, den faschistischen Duce zu diesem
ungewöhnlichen Schritt zu bewegen? Diese Frage führt uns zwar auf den
ersten Blick ein wenig weg von dem Lebenslauf des späteren Papstes Pius
XII., der zu dieser Zeit ja noch nicht wieder in Italien, sondern noch in Berlin und
München tätig war. Und doch sind diese Vorgänge in Rom äußerst
aufschlussreich für das, was sich zehn Jahre später – nämlich im Juli
1933 – unter Pacellis Ober-Regie in Deutschland abspielen sollte: nämlich der
Abschluss des so genannten Hitler-Konkordats, das bis heute [2023]
ununterbrochen in Kraft ist.
Die Vorgänge in Italien wickelte zudem ein
alter Vertrauter Pacellis ab: Sein Mentor und Lehrmeister, der damalige
Kardinalstaatssekretär Pietro Gasparri. Und auch mit Papst Pius XI. war
dessen späterer Nachfolger Pius XII. schon damals sehr gut bekannt, denn
Achille Ratti (Pius XI.) war vor seiner Wahl zum Papst im Jahr 1922
päpstlicher Nuntius in Warschau, also in einem Nachbarland des Deutschen
Reiches gewesen. Ratti und Pacelli reichten sich also als
Nuntius-Nachbarn die Hand. Und man davon ausgehen, dass Pacelli als Teil
dieser vatikanischen Seilschaft über alles genauestens informiert war.
Was also hat der Vatikan dem Duce Mussolini als Gegenleistung für dessen
großzügiges Entgegenkommen angeboten? Denn irgendwie war es auch hier
ein
Tauschgeschäft, wie meist in der Politik. Der Vatikan hatte seinen
"Teil" der Vereinbarung schlauerweise bereits sieben Jahre zuvor geleistet,
so dass er nicht nachlegen musste. Im Gegenteil: Er konnte nun den Preis
dafür fordern, dass der 1922 frisch gewählte Papst Achille Ratti, Pius XI., Mussolini nichts
weniger als die Machtergreifung in Italien ermöglichte.
Karlheinz Deschner schreibt in seinem Buch Die Politik der Päpste im
20. Jahrhundert über Mussolini, als er erst einfacher
Parlamentarier war und noch ohne jede Regierungsverantwortung:
"Am 21. Juni 1921 distanzierte er
sich im Parlament derart von seinem Klerushass, dass Kardinal Ratti,
wenige Monate vor seiner Papstwahl, jubelte: ´Mussolini macht
schnelle Fortschritte und wird mit elementarer Kraft alles niederringen,
was ihm in den Weg kommt. Mussolini ist ein wunderbarer Mann.
Hören Sie mich? Ein wundervoller Mann! ... Die Zukunft gehört
ihm!`" (Teil 1, S. 322)
Wobei dieses Zitat weniger etwas über Mussolini aussagt, als über
Kardinal Ratti, den späteren Papst Pius XI., und auch über die Politik
des Vatikan überhaupt: Ein Machtmensch wie Mussolini, der schon damals,
so Deschner, ein "Propagandist systematischer Gewaltanwendung" war
(S. 322), so ein Typ fasziniert die Kirchenbosse und weckt ihren untrüglichen
Instinkt dafür, wie man solche Machtmenschen für die eigene Machtmehrung
einspannen könnte.
Karlheinz Deschner analysiert in dem erwähnten Buch, woraus die
Gemeinsamkeiten und damit die Anziehungskräfte zwischen Papsttum und
Faschismus bestehen:
"Überhaupt wurden für Papst und
Mussolini nicht nur Sozialismus und Liberalismus zu Spielarten des
Kommunismus, sondern sogar Sozialdemokratie und Rationalismus ... Für
beide war das Führerprinzip zentral. Beide traten für Autorität,
Gehorsam, Disziplin ebenso ein, wie sie individuelle Freiheit und
soziale Gleichheit bekämpften, von Kritik und Diskussion nichts wissen
wollten und überhaupt den Menschen zum bloßen Befehlsempfänger
entmündigten" (S. 326).
Und diese Analyse von Deschner ist so prägnant, dass man sie sich auch
für andere Situationen
merken sollten. So tickten nämlich die Päpste Pius XI. und auch Pius XII.,
und so tickt der Vatikan im Grunde bis heute. Wir werden im weiteren
Verlauf dieser Studie immer wieder auf diese Elemente stoßen, und
weil sie so wesentlich sind, sollte man es noch einmal wiederholen:
"Überhaupt wurden für Papst und Mussolini" – schreibt Deschner
– "nicht
nur Sozialismus und Liberalismus zu Spielarten des Kommunismus, sondern
sogar Sozialdemokratie und Rationalismus."
An dieser Stelle ist es sinnvoll, kurz inne zu halten, denn diese Einstellung,
die wird immer wieder dazu führen, auch und gerade in Deutschland – wir
werden es noch sehen – dass der Vatikan politischen Koalitionen
katholischer Parteien und Sozialdemokraten und Liberalen äußerst
distanziert gegenübersteht und sie teilweise sogar sabotiert.
Diese Einstellung wird während des Zweiten Weltkrieges weiter dazu
beitragen, dass Papst Pius XII., nicht zuletzt aus Furcht vor
einem kommunistischen Aufstand, nichts gegen den Abtransport der Juden
aus Rom unternehmen wird. Sie wird auch dazu führen, dass derselbe Papst
nach dem Zweiten Weltkrieg in Italien allen Katholiken strengstens
untersagen wird, die Kommunistische Partei zu wählen, was einer
Exkommunikation gleichkommt – während derselbe Papst und auch sein
Vorgänger nie etwas Ähnliches gegen die faschistischen Diktatoren
Mussolini, Franco oder Hitler unternommen haben.
Deschner analysiert, wie bereits erwähnt, weiter:
"Beide" – also Papsttum und Faschismus – "traten für Autorität, Gehorsam
und Disziplin ebenso ein, wie sie individuelle Freiheit und soziale
Gleichheit bekämpften, von Kritik und Diskussion nichts wissen wollten
und überhaupt den Menschen zum bloßen Befehlsempfänger entmündigten".
(S. 326)
Dies wird, wie wir gleich sehen werden, dazu führen, dass die
katholischen Parteien, sowohl in Italien als auch in Deutschland, dem
Faschismus geopfert wurden. Und dies wiederum wird einer der wesentlichen
Gründe dafür sein, dass Papst Pius XII. zum Holocaust schweigen wird. Denn das politische Instrument einer selbstständigen und selbstdenkenden
katholischen Laienschaft, vor der Hitler hätte Angst haben müssen, hatte
der Vatikan längst aus der Hand gegeben. Und diese faschistoide
Gesinnung, die Deschner hier beschreibt, wird noch in unseren Tagen dazu
führen, dass der jetzige Papst Ratzinger und sein Vorgänger Wojtyla
gemeinsam die "Theologie der Befreiung "Südamerikas
zum Untergang verurteilten, ebenso wie sie sämtliche
Kirchenvolksbegehren und dergleichen bis heute wie Luft behandeln.
Die Kirche sah – wir haben es im 2. Teil dieser Studie schon
ausgeführt – in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im faschistischen
Ständestaat ihre ideale politische Ausprägung. Und auch wenn sie sich
seither notgedrungen mit dem demokratischen Rechtsstaat irgendwie
arrangieren musste, sei die Frage erlaubt, ob sich diese Affinität unter der
Oberfläche wirklich geändert hat. Schließlich ist diese innere
Verwandtschaft zwischen Faschismus und Katholizismus sogar nachzulesen
in den offiziellen Lehrverkündigungen der Vatikankirche.
So steht in dem Buch Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung
von Neuner und Roos unter der Randnummer 394
folgender Lehrsatz:
"Die Kirche Christi ist jedoch nicht eine Gemeinschaft
von Gleichgestellten, in der alle Gläubigen dieselben Rechte besäßen.
Sie ist eine Gesellschaft von Ungleichen, und das nicht nur, weil unter
den Gläubigen die einen Kleriker und die anderen Laien sind, sondern vor
allem deshalb, weil es in der Kirche eine von Gott verliehene Vollmacht
gibt, die den einen zum Heiligen, Lehren und Leiten gegeben ist, den
anderen nicht … So führen und leiten sie die Kirche Gottes mit aller
Machtvollkommenheit: mit Gesetzen ..., mit richterlichen Entscheidungen
und schließlich mit heilsamen Strafen gegen Schuldige, auch wenn sie
Widerstand leisten ... So ist es Gegenstand des Glaubens, dass die
Kirche Christi eine vollkommene Gesellschaft darstellt. Und diese wahre
und so glückliche Kirche Christi ist keine andere als die eine, heilige,
katholische und apostolische römische Kirche".
Und an dieser Stelle muss zur Verdeutlichung auch auf Folgendes hingewiesen werden: Der
dogmatische Lehrsatz aus der kirchlichen Dogmen- und Lehrsatzsammlung kommt nicht von Gott.
Und das hat auch nicht
Jesus von Nazareth gesagt. Das haben alte Männer der Vatikankirche sich
ausgedacht, um das Volk zu unterjochen und in die Irre zu führen.
Jeder
Mensch kann glauben, was er will, aber wenn jemand einem Papst
nachfolgt, dann ist er ein Papist und noch lange kein Christ.
Denn Jesus, der Christus, sagte: "Ihr aber seid alle Brüder und
Schwestern". Er sprach nicht: "Ihr seid Brüder und Schwestern von
Ungleichen." Die katholische Kirche lehrt also einmal mehr das krasse
Gegenteil von dem, was Jesus, der Christus, gelehrt hat.
Und unwillkürlich kommt einem da auch die Novelle Der
Großinquisitor in den Sinn. Sie stammt von Fjodor Dostojewski, der wie
kaum ein anderer erfasst hat, was den Vatikan und seine Päpste im
Innersten antreibt. Dostojewski lässt den Großinquisitor zu Christus,
der überraschend wiedergekehrt ist, sagen, dass nach Auffassung der
Kirche das Glück der Menschen gerade darin bestehe, auf die Freiheit zu
verzichten.
Der Großinquisitor sagt: "Fünfzehn
Jahrhunderte haben wir uns mit dieser Freiheit abgequält – jetzt ist es
mit ihr zu Ende, gründlich zu Ende. Du glaubst das nicht? ... Doch
wisse, dass diese Menschen gerade heutzutage mehr als je überzeugt sind,
vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit
gebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt".
Der Großinquisitor rechnet es sich und den
Seinen geradezu als Verdienst an, dass sie endlich die Freiheit
überwältigt haben, und zwar, um die Menschen glücklich zu machen.
"Denn
erst jetzt", sagt er, und meint natürlich die Inquisition, "erst jetzt
ist es zum ersten Mal möglich geworden, an das G l ü c k der Menschen
zu denken". "Wir haben deine Tat verbessert", sagt der Großinquisitor
weiter, "und sie auf das Wunder, das Geheimnis und die Autorität
gegründet. Und die Menschen freuten sich, dass sie wieder wie eine Herde
geleitet wurden und dass endlich das furchtbare Geschenk, das ihnen so
viel Qual bereitet hatte, von ihren Herzen genommen war". Damit war wiederum die Freiheit gemeint.
Es ist also kein Zufall, dass der Vatikan in den meisten Fällen der
Wegbereiter der Faschisten war, z. B. in Italien. Dort witterte die Kurie
auch die Chance, ihren Einfluss im italienischen Königreich, das ja
gegen den erbitterten Widerstand des Vatikans entstanden war, wieder zu
vergrößern. Papst Pius XI. wurde jedenfalls nicht müde, den
Faschistenchef Benito Mussolini auch weiterhin in den höchsten Tönen zu
loben. Im
August 1923 sagte er dem belgischen Botschafter:
"Für Italien hat Gott einen solchen Mann erweckt ... er
allein hat erfasst, was sein Land benötigt, um es aus der Anarchie zu
befreien, in die ein impotenter Parlamentarismus und drei Kriegsjahre es
geworfen hatten" (zit. nach Deschner, Teil 1, S. 328). Und 1926 verkündete der angebliche Stellvertreter
Christi ganz offiziell: "Mussolini wurde uns von der göttlichen
Vorsehung gesandt!" (S. 342) Der Diktator ist nach
Ansicht des selbsternannten Stellvertreters Gottes also ein
"Auserwählter Gottes". Welchem Gott dient also der Papst? Und die
Vorsehung welchen Gottes ist hier am Werk?
Machen wir an dieser Stelle noch einmal einen kurzen Sprung in die
Gegenwart: Im Dezember 2010 lobte Papst Joseph Ratzinger die
Lateranverträge von 1929, die Pius XI. mit seinem "Auserwählten"
Mussolini abgeschlossen hat. Denn, so Benedikt XVI: "Die mit den
Lateranverträgen verbundene Gründung des Vatikanstaates habe dem
Papsttum die Souveränität und Unabhängigkeit gegeben, die es zur Leitung
der Weltkirche brauche" (Radio Vatikan, 17.12.2010). Wir
sehen also: Kein Wort darüber, dass der Vatikan sich diese Geschenke
dadurch erkauft hat, dass er einem brutalen Faschisten zur Macht
verholfen und die Demokratie in Italien für 23 Jahre ausgelöscht hat.
Liebe Leserinnen, liebe Leser, was hätte wohl Jesus von Nazareth zu all´
dem gesagt? Er, der dem Hohepriester sagte (Joh. 18, 36):
"Mein Reich ist nicht von dieser Welt"! Als
hingegen der Widersacher Gottes ihn, Christus, versuchen wollte mit den
Worten "Dies alles will ich Dir geben, wenn Du niederfällst und mich
anbetest" (Mt. 4, 9), da wies Jesus diesen von
sich: "Weiche von Mir, Satan!" (Mt.
4, 10)
Und wie war es bei Papst
Pius XI.? Benito Mussolini
winkte mit staatlichen Privilegien, er holte gleich sechs katholische
Priester (!) in sein erstes Kabinett.
Der Faschistenchef
erhöhte die staatlichen Zuschüsse für kirchliche Bauten und den Klerus,
machte 1929 den Katholizismus zur Staatsreligion und stellte den
Kirchenstaat wieder her. Die Kirche setzte weiterhin bei ihm durch, dass z. B.
abtrünnige Priester keinerlei öffentliche Ämter mehr bekleiden durften,
usw. usf. "Dies alles will ich Dir geben ..." – Der Papst
reagierte gegenteilig als der Nazarener. Er schmeichelte dem Diktator bei
jeder sich bietenden Gelegenheit. Und nicht nur das: Der Vatikan
verpflichtete sich im Konkordat von 1929, dass alle seine Priester sich
aus der faschistischen Politik heraushalten würden und die
Faschisten mit dem Segen der Kirche frei Hand hätten. Aber die Weichen dorthin hatte der
Papst schon viel früher gestellt, nämlich bereits 1924, als er nämlich
die eigene katholische Partei, den Partito Popolare, fallen ließ. Dessen
populärer Vorsitzender Don Sturzo musste im Oktober 1924 ins Exil gehen.
Er wäre mit seiner Partei zwar in der Lage gewesen, gemeinsam mit den
Sozialisten die Faschisten an der Machtergreifung zu hindern.
Doch
Papst und Vatikan wollten keine katholische Partei. Sie wollten
Mussolini.
Und so kann man auch verstehen, warum für den Vatikan bis heute
selbstständige katholische Laienbewegungen, Kirchenvolksbegehren, "Wir
sind Kirche" und dergleichen keine große Bedeutung haben bzw. nichts
bedeuten oder bei ihren strategischen Überlegungen nur Störfaktoren
sind. Und deshalb wurde beim Deutschlandbesuch von Benedikt XVI. auch
kein einziger Katholik in das Freiburger Konzerthaus eingeladen, der
auch nur die leiseste Kritik am Führungsstil des Papstes geäußert hatte.
Keiner bekam eine Eintrittskarte und alle schluckten es. Denn es ist
eben so. Es zählt nur die Unterwerfung unter den Pontifex maximus, sonst
gar nichts. Das ist das Wesen der Kirche und das i s t
Kirche. Sonst nichts.
Und was Pius XI. im Einklang mit seinem späteren Nachfolger Pius XII. in
Italien einfädelte, das wiederholte sich
später in Deutschland und in Spanien, in Kroatien und der Slowakei: Der
Vatikan als Steigbügelhalter der Faschisten. Italien war also nur der Anfang, der Auftakt.
Und was 1923 in Italien
ausgeführt wurde, das wiederholte sich zehn Jahre später auch in
Deutschland. Nur dass es diesmal nicht Kardinalstaatssekretär Gasparri
war, der das Konkordat für Papst Pius XI. aushandelte, sondern Kardinal
Pacelli, der spätere Pius XII., der 1930 Gasparris Nachfolger geworden war, also
nun bereits der
zweitmächtigste Mann im Vatikan nach Pius XI.
Und wie sich die Verhältnisse gleichen: Auch in Deutschland gab es
damals eine katholische Partei, das Zentrum, das aufgrund seiner
Mittelstellung im politischen Spektrum häufig an Regierungen beteiligt
war. Doch auch dieser Partei begegneten Papst Pius XI. und
sein Nuntius Pacelli mit tiefem Misstrauen. Die deutschen
Laienkatholiken, die ein halbes Jahrhundert zuvor den so genannten
Kulturkampf gegen die deutsche Regierung unter Otto von Bismarck
gewonnen hatten, waren der Kurie schlicht zu selbstbewusst und zu
eigenständig, und in Rom wurden deren Tage vermutlich schon gezählt. Koalitionen des
katholischen Zentrums mit den Sozialdemokraten sahen
die Kirchenoberen immer nur als vorüber gehende Notlösung an, denn von
links, so die kirchliche Sichtweise, drohte ja die eigentliche Gefahr
für die Kirche.
Der katholische Journalist Hanspeter Oschwald kommt in seinem Buch Pius XII, der letzte Stellvertreter zu dem Schluss, dass Hitler
sehr wohl hätte verhindert werden können, aber nur dann, wenn Zentrum
und Sozialdemokratie eng und dauerhaft zusammengearbeitet hätten.
Und er
schreibt weiter:
"Ohne die autoritären Denkstrukturen in der
katholischen Kirche hätten Zentrum und SPD zur Zusammenarbeit geführt
werden können" (S. 125). Doch das war nicht im Sinne Roms:
"Für Pius gab es nur die Richtung nach rechts. Nach links bedeutete für
ihn, den Kommunismus zu fördern und die Interessen der Kirche zu
verraten" (S. 124). Das heißt: Papst und Vatikan wollten auch in
Deutschland keine katholische Partei im Zentrum einer Demokratie. Sie
wollten eine andere Entwicklung.
Politiker des Zentrums und der ebenfalls katholischen Bayerischen
Volkspartei versuchten dennoch, das Beste aus der Situation zu machen.
Doch der Vatikan kam ihnen dabei ständig in die Quere. Zu Ostern 1931
versuchte der Reichsinnenminister Joseph Wirth, in Rom Papst Ratti und
seinen Kardinalstaatssekretär Pacelli davon zu überzeugen, dass es
angesichts der instabilen politischen Verhältnisse nicht durchsetzbar
sei, ein Konkordat des Deutschen Reiches mit dem Vatikan abzuschließen.
Denn man müsse dann den Protestanten etwas Ähnliches gewähren, was der
Vatikan aber ablehnte. Würden sich also Papst und Laienkatholiken
zusammen auf ein raffiniertes Vorgehen einigen, um die Protestanten aus
dem Boot zu werfen? Der Vatikan war noch eine Stufe raffinierter. Und
nur wenig später, im August 1931, kam es folglich in Rom zu
einer erregten und dramatischen Auseinandersetzung zwischen Kardinal
Pacelli und dem deutschen Zentrums-Reichskanzler Heinrich
Brüning.
Heinrich Brüning, einem der letzten Kanzler der deutschen Demokratie,
berichtet in seinen Erinnerungen, dass Kardinalstaatssekretär Pacelli
von ihm verlangt habe, eine Regierung mit den Rechtsparteien zu bilden,
um dann mit diesen ein Konkordat durchzusetzen. Brüning war
erschrocken. Und er verabschiedete sich dann vom Kardinal mit der
spitzen und gleichzeitig prophetischen Bemerkung, er hoffe dass "der Vatikan mit Hitler und Hugenberg einen größeren
Erfolg haben werde als mit dem Katholiken Brüning" (Cornwell,
S. 158). Und genauso ist es dann gekommen.
Von Seiten der Verteidiger des späteren Papstes Pius XII. hört man
jedoch häufig, das Reichskonkordat mit Hitler von 1933 sei vorrangig eine Idee
Hitlers gewesen, um das Image seiner Regierung aufzubessern. Die eben
geschilderten Vorgänge belegen hingegen, dass der Vatikan und
insbesondere Pacelli schon sehr viel länger und intensiver, ja geradezu
wie besessen auf dieses Ziel hingearbeitet hatten. Und die Frage, ob
der Vatikan Hitler zur Macht verholfen hat oder nicht, ist zumindest in
Deutschland genauso heikel wie die Frage, weshalb Pius XII.
später zum Holocaust geschwiegen hat. Denn ohne die
Machtübernahme Hitlers hätte es auch keinen Holocaust gegeben. Und eine Frage ist, wenn wir einmal auf
das Konkordat mit Italien zurückblenden: Was war diesmal der Preis, den
die Kirche für ein Konkordat mit Deutschland zu zahlen bereit war? Und
jetzt wird es spannend.
Am 30. Januar 1933 übernahm Adolf Hitler als neuer Reichskanzler die
Macht im Deutschen Reich. Nachdem das katholische Zentrum sich widerspenstig gezeigt
hatte, war es der katholische ehemalige Zentrumspolitiker Franz von
Papen, der die Bildung einer Rechtsregierung unter Führung von Adolf
Hitler eingefädelt hatte, in der
er selbst Vizekanzler wurde. Doch noch hatte Hitler nicht ganz gewonnen. Denn
noch stand, so Karlheinz Deschner, "der deutsche Katholizismus fast
geschlossen gegen Hitler; die Parteien, die Verbände und der größte Teil
der Gläubigen" (Teil 1, S. 435).
Nur die Evangelischen und
ihre Pfarrer hatte
Hitler zum allergrößten Teil schon auf seiner Seite. Die katholischen Bischöfe hielten
jedoch noch kurze Zeit an
ihrer Haltung fest, dass eine Mitgliedschaft in der NSDAP nicht mit
dem katholischen Glauben vereinbar sei. Und bei der Reichstagswahl am 5.
März 1933 konnten die Nationalsozialisten zwar ihre Stimmenzahl leicht
erhöhen, sie erreichten jedoch nicht die absolute Mehrheit. Die
katholischen Parteien blieben weiterhin "stabil". Doch im Vatikan setzte
man nicht auf die katholischen Parteien, sondern auf ein anderes "Pferd".
Doch was tat seinerseits das "Pferd"? John Cornwell schreibt:
"Angesichts seiner Entschlossenheit, einen neuen Kulturkampf mit dem
Risiko eines erfolgreichen katholischen Widerstands zu vermeiden, wollte
Hitler sich nicht direkt mit den Bischöfen anlegen. Es musste jedoch
etwas geschehen, um sie zu neutralisieren. Und genau an diesem Punkt kam
Pacellis Streben nach einem Reichskonkordat Hitler zu Hilfe." (Cornwell,
S. 167)
Und Hitler gelang weit mehr als eine "Neutralisierung" der katholischen
Bischöfe. Er hat auch sie – wie schon zuvor die Protestanten –
schließlich ganz auf seine Seite gezogen. Dabei kam Hitler zu Hilfe, dass mit dem Prälaten Ludwig Kaas an der
Spitze der Zentrumspartei nun ein katholischer Priester stand, noch dazu ein
enger Vertrauter Kardinal Pacellis, der ständig nach Rom fuhr und dort
sich darüber beriet, was er tun solle. Und
dieser Prälat Kaas kam schon einen Tag nach der Märzwahl zu Vizekanzler
Papen und erklärte – so beschreibt es Deschner – er komme zwar "ohne
zuvorige Fühlungsnahme mit seiner Partei" doch er sei "nunmehr bereit,
einen Strich unter die Vergangenheit zu setzen" (Teil 1, S. 436). Als dann
Ende März das so genannte Ermächtigungsgesetz im Reichstag zur Abstimmung
stand, mit dem Hitler den Parlamentarismus abschaffte und sich
diktatorische Vollmachten sicherte, gab es in der Zentrumspartei
zunächst erbitterte Meinungsverschiedenheiten. Am Ende setzte sich jedoch Prälat
Kaas in seiner Partei durch, indem er rief: "Bin denn nun ich der Führer der Partei oder
wer sonst?" (zit. nach Cornwell, S. 169) Jeder wusste natürlich, dass
Zentrumsführer Prälat Kaas mit den
obersten Führern der Katholiken in Rom in ständigem Kontakt stand. Das Zentrum
stimmte folglich dem Ermächtigungsgesetz zu und löste sich später selbst auf,
damit es nur noch die NSDAP gebe. Und die deutschen Bischöfe zogen ihre
Kritik am Nationalsozialismus eine knappe Woche später zurück. Und an
diesem 28.3.1933 verkündeten die deutschen Bischöfe, dass nun auch jeder
Katholik Mitglied der NSDAP sein könne.
Verteidiger von Pius XII. führen an dieser Stelle an, dass der spätere
Papst diese Entscheidungen der Politiker und der Bischöfe zugunsten der
Nationalsozialisten nicht selbst herbeigeführt habe. Dafür gebe es
keinen Beleg. Im Gegenteil, so etwa der katholische Priester und
Kirchengeschichtler Hubert Wolf: Pacelli sei sogar erbost gewesen, als er von
der Auflösung des Zentrums erfahren habe. Er habe die Bemerkung gemacht:
"Schade, dass es zu diesem Zeitpunkt gekommen ist" (Cornwell,
S. 184). Doch
selbst wenn diese Aussage stimmen sollte, dann würde sie nur eines
belegen: Dass nämlich der Kardinal die Auflösung des Zentrums nur
sozusagen als Verfügungsmasse in den Verhandlungen mit Hitler
betrachtete, und als nichts sonst.
Und auch wenn man davon ausgehen muss, dass Pacelli und Kaas sehr wohl alles
absprachen, ohne es immer im Detail aufzunotieren: Eines direkten
Befehls hätte es gar nicht bedurft. Denn der Vatikan hatte seine Laien
und auch seine Bischöfe in Deutschland aus seinen taktischen Erwägungen
heraus zunächst schlicht im Stich gelassen. Sie
hingen sozusagen solange in der Luft, bis sie sich gleich ihrer Zentrale
in Rom ebenfalls mit dem faschistischen Regime arrangierten.
John Cornwell schreibt: "Meine Untersuchungen über die Laufbahn Pacellis seit
Beginn des Jahrhunderts – also des 20. Jahrhunderts – erzählen die
Geschichte eines Strebens nach beispielloser Macht, das 1933 dazu
geführt hat, die Kirche in eine Komplizenschaft mit den dunkelsten
Kräften des Jahrhunderts hinein zu ziehen." (S. 11)
Die Verhandlungen für ein Reichskonkordat zwischen dem Deutschen Reich
und dem Vatikan hatten inzwischen längst
begonnen. Zeitgleich wurde aus der neuen Komplizenschaft zwischen
Katholizismus und Nationalsozialismus immer mehr eine
Verbrüderung.
So bedankte sich in einem Brief an die bayerische Staatsregierung vom
5.5.1933 der römisch-katholische Kardinal Michael Faulhaber, der Joseph
Ratzinger später zum Priester weihte, "dass sich im öffentlichen Leben
unter der neuen [Nazi-]Regierung manches gebessert hat: Die Gottlosenbewegung ist eingedämmt, die
Freidenker können nicht mehr offen gegen Christentum und Kirche toben [sie
wurden verboten] ..."
(Akten Deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, Teil I, Mainz
1968, S. 259, Anm. 17). Und fünf Tage nach diesem
Brief, am 10.5.1933, wurden überall in Deutschland auf Scheiterhaufen
unliebsame Bücher
verbrannt. Und am 9.6.1933 forderte der katholische Domkapitular
Ferdinand Piontek "strenge staatliche Maßnahmen" gegen die Zeugen
Jehovas (Protokoll der Besprechung im Ministerium für
Wissenschaft, Kunst und Volksbildung; Ev. Zentralarchiv, 7 / Generalia XII. Nr.
161). In der Folge wurden ca. 1500 der "Zeugen" in den
Konzentrationslagern erschossen, erhängt oder geköpft. Und am 27.6.1933
verbietet Erzbischof Conrad Gröber aus Freiburg allen katholischen
Priestern gar eine Kritik am Nationalsozialismus. Nationalsozialismus und
Katholizismus waren nun enge Verbündete. Und als Höhepunkt dieser
Entwicklung kam nun im Sommer 1933 das Konkordat.
Am 20.7.1933 wurde das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und
Nazi-Deutschland feierlich unterzeichnet. Auf Seiten des Vatikans
unterzeichnete dessen Drahtzieher Eugenio Pacelli, der spätere Papst
Pius XII. Und das für die Inkrafttretung notwendige Gesetz zur
Durchführung des Konkordats vom 12.9.1933 trug die Unterschrift von
Adolf Hitler persönlich. Dieses Konkordat brachte
dem nationalsozialistischen Regime nicht nur unschätzbares
internationales Renommé ein, sondern auch die Zusage der Kirche, dass
die katholischen Geistlichen sich wie in Italien fortan jeglicher politischen
Betätigung enthalten würden. Die Kirche hatte sich –
ähnlich wie in Italien – mit dem faschistischen Regime arrangiert
und wurde dafür mit der Zusage belohnt, dass die staatlichen Zuschüsse
und Steuerbefreiungen an die Kirche unverändert weiter bestehen sollten. Und sie bestehen in
Deutschland bis heute, und
zwar in Höhe von jährlich ca. 20 Milliarden Euro. Zudem wurden
unabhängig davon sämtliche Wirtschaftsunternehmen dazu verpflichtet, die
Kirchensteuer automatisch vom Gehalt ihrer Beschäftigten abzuführen und
über die staatlichen Behörden der Kirche zukommen zu lassen.
Zu diesem Zweck wurde jeder deutsche Arbeitnehmer verpflichtet, seine
Konfession auf der Lohnsteuerkarte anzugeben. Diese für die Kirche einzigartige Regelung
wurde auch der Bundesrepublik übernommen und ist
neben dem Reichsjagdgesetz von 1934 das einzige Gesetz aus der
Hitlerzeit, das weiterhin Gültigkeit hat.
Aber genauso schlimm wie das Konkordat selbst ist seine politische
Funktion, denn als Gegenleistung der Kirche
verabschiedeten sich aufgrund des Drucks aus Rom große Teile des deutschen Volkes selbst aus der
Politik. Die Kirche überließ dem Diktator Hitler uneingeschränkt das
Feld und gab ihm mit kirchlichem Segen politisch freie Hand, indem es
den eigenen Amtsträgern durch das Konkordat jede politische Betätigung
und natürlich erst recht jede "kritische" politische
Betätigung untersagte.
Und das alles nur, um den Reichtum der Kirche zu erhalten und um ihre
Macht über die Seelen unumschränkt weiter aufrecht zu erhalten.
Und das ist doch eine Seligsprechung für Pacelli wert. Oder
nicht?
Liebe Leserinnen, liebe Leser, im nächsten Teil der Studie
werden wir sehen, wohin diese Bündnisse mit den faschistischen
Diktatoren Europas praktisch führten, wie viel Leid und Grausamkeit dadurch
heraufbeschworen wurde, und was davon zu halten ist, wenn sich die
beiden deutschen Großkirchen dann später, nach dem großen Krieg, selbst
heuchlerisch zu
angeblichen "Widerstandskämpfern" hochstilisierten.
In den ersten drei Teilen über Papst Pius XII., der nach dem Willen von Papst Joseph Ratzinger demnächst selig gesprochen wird, haben wir den Werdegang dieses Papstes mitverfolgt, der als Eugenio Pacelli im Jahr 1876 in Rom zur Welt kam und schon bald im Vatikan Karriere machte. Wir sahen auch, wie der Vatikan sich zunächst ohne Berührungsängste mit dem italienischen Faschistenführer Benito Mussolini arrangierte, der zum Dank dafür 1929 den Vatikanstaat zumindest als Kleinstaat wiederherstellte. Und wie er dann auch mit dem Diktator Adolf Hitler bereits 1933 ein Konkordat abschloss und damit den Nazi-Staat international enorm aufwertete und international überhaupt erst salonfähig machte. Doch weshalb verhielt sich der Vatikan so? Weil der Feind für die Päpste immer links stand und nur dort. Die Kommunisten und Sozialisten, die die traditionelle Gesellschaftsordnung und vor allem die alte feudale Besitzordnung verändern wollten, das war für sie die eigentliche Gefahr. Schließlich hat der Vatikan traditionell sehr viel Besitz und Reichtum zu verlieren – bis heute! Der Vatikan hatte auch immer das Ziel vor Augen, möglichst viel der im 19. Jahrhundert eingebüßten Macht wieder zurückzuerobern. Um dieses Ziel zu erreichen, schreckte er auch vor dem Pakt mit dem faschistischen Teufel nicht zurück, gleich in welchem Land.
"Gleich und gleich gesellt sich gern",
sagt schon eine bekannte Volksweisheit. Doch Italien und Deutschland
waren erst der Anfang. Die nächste Station auf diesem verhängnisvollen
Weg war Österreich. Fast zeitgleich mit der Machtübernahme der
Nazis in Deutschland etablierte sich hier im März 1933 eine
klerikalfaschistische Diktatur unter der Führung des Bundeskanzlers und
Katholiken Engelbert Dollfuß. Dollfuß setzte die junge Demokratie in
Österreich schon bald außer Kraft und schuf unter enger Anlehnung an die
Vatikankirche und an Mussolini einen austrofaschistischen Ständestaat.
Auf dem Katholikentag 1933 in Wien erläuterte Dollfuß dieses Vorhaben
mit folgenden Worten: "Ja, wir wollen einen christlich-deutschen Staat
in unserer Heimat errichten! Wir brauchen uns nur an die letzten
Enzykliken des Heiligen Vaters zu halten; sie sind uns Wegweiser für die
Gestaltung des Staatswesens in unserer Heimat. Die jetzige Regierung ist
einmütig entschlossen, im christlich-deutschen Geist die Erneuerung von
Staat und Wirtschaft in die Wege zu leiten."
Gemeint war dabei die Enzyklika
Quadragesimo Anno von Papst Pius XI. aus dem Jahr 1931, die die
päpstliche Empfehlung für den Aufbau einer Gesellschaft nach ständischem
Muster formulierte. Pius XI. sprach in dieser Enzyklika von einem
Bild des faschistischen
Korporationsstaates mit sympathischen Zügen. (gedenkdienst.at)
Dollfuß
schloss seine Rede dann mit dem Satz
"Gott will es". Genau so, wie auch schon
die Kreuzfahrer im Mittelalter riefen, als sie gegen Moslems
und Juden zu Felde zogen. Auch das Kruckenkreuz, das der
austrofaschistische Ständestaat in der Folge als Symbol verwendete
(Bild links), war schon das alte Symbol der mittelalterlichen
Kreuzfahrer gewesen. Die österreichischen Bischöfe sahen in der
faschistischen Regierung Dollfuß die Garantie für die künftige
ungeschmälerte Wahrung ihrer Interessen. Für
die junge österreichische Demokratie hatten sie nicht die geringste
Sympathie. Das Wiener Diözesanblatt schrieb dazu im Dezember 1933
wörtlich: "Die Phrase von der falsch
verstandenen Volkssouveränität ist nicht nur gedankenlos, sondern auch
unchristlich, ja im tiefsten Grunde atheistisch, das heißt
gottesleugnerisch."
(gedenkdienst.at)
Linke Regimegegner wurden in Konzentrationslagern
interniert, der Widerstand der sozialdemokratisch orientierten
Arbeiterbewegung in Wien wurde mit Militärgewalt niedergeschlagen.
Gleichzeitig griffen aber auch die von Deutschland aus gesteuerten
österreichischen Nationalsozialisten bereits nach der Macht. Der
austrofaschistische Ständestaat überlebte zwar die Ermordung von
Bundeskanzler Dollfuß im Juli 1934 durch österreichische Nazis, doch auf
Dauer war dieser Staat durch den Zweifronten-Bürgerkrieg gegen
Sozialisten und Nationalsozialisten so geschwächt, dass er dem Anschluss
Österreichs durch Hitler im Jahr 1938 nichts mehr entgegensetzen konnte.
Zuvor schon gab es aber in der Kirche in
Österreich Gruppierungen und Personen, die im Hintergrund bereits an
einer Annäherung an den Nationalsozialismus arbeiteten. Der Wiener
Kardinal Theodor Innitzer hatte schon frühzeitig Geheimverhandlungen mit
Repräsentanten des Nationalsozialismus von höchster Ebene aus in Auftrag
gegeben, so die bekannte österreichische Historikerin Erika
Weinzierl. Man wollte Übereinstimmungen in der Ideologie von
Katholizismus und Nationalsozialismus herausarbeiten und entsprechend
verbreiten. Katholisch-nationale Politiker, aber auch mit dem
Nationalsozialismus sympathisierende Theologen und Bischöfe wie Alois Hudal,
führten die Kirche in Österreich vom klerikal-faschistischen
Ständestaat hin zum Nationalsozialismus.
Die Kirche hatte also wieder
in bewährter Weise begonnen, sich den rasch verändernden
Machtverhältnissen anzupassen und diese auch noch zu fördern. Noch
1933 standen die obersten Repräsentanten des österreichischen
Katholizismus dem Nationalsozialismus im benachbarten Deutschen Reich
deutlich reserviert gegenüber. Unmittelbar nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten in Österreich im März 1938 war davon nicht mehr viel
übrig. Bis auf den zwischenzeitlich verstorbenen Salzburger
Fürst-Erzbischof Ignatius Rieder unterzeichneten alle gemeinsam im März
1938 eine feierliche Erklärung, mit der sie den Anschluss Österreichs an
des Deutsche Reich begrüßten und die Katholiken dazu aufforderten, bei
der Volksabstimmung am 10. April 1938 mit "Ja" zu stimmen. Der
steirische Fürstbischof Ferdinand Pawlikowski gab außerdem seiner
Hoffnung auf ein positives Verhältnis von Staat und Kirche Ausdruck, da
aus Sicht der katholischen Kirche viele Anliegen des Nationalsozialismus
durchaus fördernswert seien. Dazu gehörte für ihn beispielsweise die
"Unterdrückung des verderblichen Einflusses des Weltjudentums in
Wirtschaft und Kultur." Adam Hefter, der Fürstbischof von Klagenfurt.
ließ er es sich nicht nehmen, Adolf Hitler bei seinem Besuch im April
1938 in Klagenfurt in vollem Ornat zu begrüßen.
(gedenkdienst.at)
Die katholische Kirche
wechselte also ganz rasch die Seiten und lief ohne viel Federlesens zu
den neuen Machthabern von Hitlers Gnaden über. Kardinal Theodor Innitzer
ließ im März 1938 in der neu angegliederten "Ostmark" sämtliche
Kirchenglocken läuten und übersandte dem neu ernannten Gauleiter von
Wien die Versicherung, dass die österreichischen Bischöfe "freiwillig
und ohne Zwang unsere nationale Pflicht erfüllt haben. Ich weiß, dass
dieser Erklärung eine gute Zusammenarbeit folgen wird. Mit dem Ausdruck
ausgezeichneter Hochachtung und Heil Hitler! Theodor Innitzer"
(Deschner, Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert, Band 1, S. 487).
Durch Hitler, den, so Kardinal Innitzer wörtlich, "von Gott
gesandten Führer", werde "die tausendjährige Sehnsucht
unseres Volkes erfüllt" (Deschner, Band 1, S. 525). In der Folge trug die Kirche das ihre dazu
bei, dass Widerstand gegen die neuen Machtverhältnisse kaum noch möglich
war. Die neue Losung, mit der sie sich den geänderten
Machtverhältnissen anpasste, lautete: "Ein Volk
– ein Reich – ein Führer – ein Herrgott." So das Erdberger Pfarrblatt im Mai
1938.
(gedenkdienst.at)
Für den späteren
sozialdemokratischen Bundeskanzler Bruno Kreisky hingegen waren die
Klerikalfaschisten, die ihn 1936 wegen "illegaler Agitation eingesperrt
hatten, damals die "Totengräber der parlamentarischen Demokratie
Österreichs" (Süddeutsche Zeitung, 22.1.2011). Doch auch die heutige Demokratie Österreichs hat noch
immer mit diesem Erbe zu kämpfen. So wie in Deutschland noch immer das
Hitlerkonkordat von 1933 in Kraft ist, so gilt dasselbe für das
Dollfußkonkordat, das im selben Jahr 1933 zwischen Österreich und dem
Vatikan unter Federführung von Eugenio Pacelli geschlossen wurde.
Immerhin gibt es in Österreich mittlerweile – 65 Jahre nach Ende des
Zweiten Weltkriegs – eine mutige Initiative von Bürgern, die mit einem
Volksbegehren im Jahr 2011 die noch immer aus diesem Konkordat
resultierenden Privilegien und staatlichen Zahlungsverpflichtungen des
Staates an die Kirche endlich abschaffen wollen. Nicht nur Deutschland,
auch Österreich zahlt also bis heute Unsummen an die Kirche. Allein das
ist für den Vatikan ohne Zweifel schon Grund genug, Eugenio Pacelli
seligzusprechen, da er diese Konkordate maßgeblich eingefädelt und
ausgehandelt hat!
Gerade durch die Anbiederung an die
faschistischen Diktatoren hat die Kirche also ihren Besitzstand an
Reichtum und Privilegien sichern und weiter ausbauen können. Und zu
dieser Anbiederung an die Diktatoren gehörte ganz selbstverständlich
auch die Rechtfertigung ihrer zahlreichen Kriege. Dabei schreckten der
Papst und sein Kardinalstaatssekretär Pacelli auch nicht davor zurück,
vor aller Ohren Gewalt und Krieg als angeblich gottgefällig zu
rechtfertigen. Es war zunächst Papst Pius XI., der im August
1935 verkündete, ein "Verteidigungskrieg" zum Zwecke der "Expansion
einer wachsenden Bevölkerung" könne "gerecht und richtig"
sein, was sich sowohl auf die deutschen Pläne nach Eroberung
Osteuropas als auch auf die italienischen Kriegspläne in Abessinien
anwenden ließ. Und diese scheinheiligen und in sich vollkommen
widersprüchlichen Worte, die dem Pazifisten Jesus von Nazareth direkt
ins Gesicht schlagen, kamen nicht von ungefähr. Zu dieser Zeit liefen
nämlich ´die Vorbereitungen Mussolinis für den Überfall des
faschistischen Italien auf das wehrlose afrikanische Land Äthiopien,
damals Abessinien genannt, bereits auf Hochtouren.
Als der hässliche und
ungleiche Krieg dann begann, begrüßten ihn die italienischen Bischöfe
und spendeten sogar Kirchenglocken, goldene Halsketten und
Bischofskreuze für den Sieg der "gerechten und heiligen Sache".
"Der Erzbischof von Neapel veranstaltete von Pompeji nach Neapel eine
Prozession mit dem Bild der Madonna, während gleichzeitig
Militärflugzeuge Flugblätter abwarfen, in denen die heilige Jungfrau,
der Faschismus und der abessinische Feldzug im selben Satz verherrlicht
wurden." Soweit Karlheinz Deschner in seinem Buch Abermals krähte
der Hahn. (S. 598)
Und in seinem historischen Werk Die Politik der Päpste im 20.
Jahrhundert berichtet derselbe Autor, dass der Erzbischof von Tarent
eine Messe auf einem italienischen Unterseeboot feierte und dabei
verkündete: "Der Krieg gegen Äthiopien sollte als heiliger Krieg
angesehen werden, als ein Kreuzzug"; ein italienischer Sieg werde
"Äthiopien, das Land der Ungläubigen und Schismatiker, dem
katholischen Glauben öffnen". (Deschner, Band 1, S. 503)
Wohlgemerkt: Die Äthiopier
bekennen sich in ihrer Mehrheit bis heute zum Christentum, allerdings
sind sie eben keine Katholiken. Der Mailänder Kardinal Ildefons Schuster
sagte 1936 bei einer Segnung heimgekehrter Soldaten: "Wir
arbeiten mit Gott zusammen in dieser nationalen und katholischen Mission
des Guten – vor allem in diesem Augenblick, in dem auf den
Schlachtfeldern Äthiopiens die Fahne Italiens im Triumph das Kreuz
Christi vorwärts trägt." (Deschner, Band 1, S. 503)
Kann man sich eine größere
Gotteslästerung vorstellen? Von Oktober 1935 bis Mai 1936 veranstalten
die italienischen Klerofaschisten mit modernsten Waffen einschließlich
Giftgas ein grausames Massaker an einem hoffnungslos unterlegenen Volk,
ein Massaker, bei dem mehrere 100.000 Menschen brutal
umgebracht wurden – und Kardinal Schuster beruft sich zur Rechtfertigung dieses
Gemetzels auch noch auf Gott, auf den liebenden Vater aller Menschen?!
Und was habe dieser "Gott" nun
bewerkstelligt: "Überall, unter allen Bäumen, liegen Menschen. Zu
tausenden liegen sie da. Ich trete näher, erschüttert. An ihren Füßen,
an ihren abgezehrten Gliedern sehe ich grauenhafte, blutende
Brandwunden. Das Leben entflieht schon aus ihren von
Yperit
[Senfgas]
verseuchten Leibern." (Wikipedia, Italienisch-Äthiopischer Krieg
– Stand: 25.10.2011)
Das schrieb ein Vertreter des Roten Kreuzes nach dem Besuch auf einem
der Schachtfelder Abessiniens, nachdem dort Giftgas eingesetzt worden
war. Doch die überfallenen Äthiopier starben auf vielfältige Weise:
durch Bombardements, in Konzentrationslagern, durch standrechtliche
Geisel-Erschießungen nach Partisanenaktionen oder ganz einfach durch
Hunger und Entbehrung, nachdem man zuvor ihre Dörfer zerstört hatte. Und
das alles im Namen Gottes!
Und auch Eugenio Pacelli, zu
dieser Zeit vor seinem Aufstieg an die Spitze noch der zweitmächtigste
Mann im Vatikan, trug seinen Teil zur Kriegsverherrlichung bei, sprach
mitten im Abessinien-Krieg über "Roms heilige Bestimmung" und trat,
"stets für ein gutes Verhältnis zu Mussolini und zum faschistischen
Italien ein ... Insbesondere hat er im Abessinien-Konflikt die
nationale Haltung des italienischen Klerus gefördert und unterstützt."
So jedenfalls urteilte 1939 der Leiter des Referats für Angelegenheiten
des Vatikan im deutschen Auswärtigen Amt. (Deschner, Band 1, S. 503)
Und dieser Mann, Pius XII.,
soll selig- und heilig gesprochen werden? Für wie vergesslich, dumm und
für wie manipulierbar halten die Oberen im Vatikan, allen voran der
derzeitige Papst Joseph Ratzinger, eigentlich ihre Mitmenschen, dass sie
ihnen zutrauen, diese unglaubliche Dreistigkeit einfach so zu schlucken?
Doch wir befinden uns in unserer Rückschau
erst im Jahr 1936, und Eugenio Pacelli wird noch weitere 22 Jahre Zeit
haben, seine Eignung für eine Seligsprechung nach katholischem Muster
unter Beweis zu stellen. "Der Abessinienkrieg hat die Verfestigung der
Achse Rom-Berlin bewirkt und damit die Katastrophen Ende der dreißiger
Jahre entscheidend vorbereitet", schreibt der Historiker Karlheinz
Deschner. Und er fügt hinzu: "Direkt vom abessinischen Kriegsschauplatz
schifft man italienische Truppen nach Spanien ein" (Deschner,
Band 1, S. 508). Der nächste
Kreuzzug, und auch dieser voll im Sinne der Kirche.
Hier baut sich also das nächste
Drama des an Tragödien so reichen 20. Jahrhunderts auf, und wieder ist
es die Kirche, ist es insbesondere der Vatikan, der dafür die
Hauptverantwortung trägt. Liebe Leserinnen, liebe Leser, Sie ahnen es
vielleicht. Es geht um den Spanischen Bürgerkrieg. Er begann am
18. Juli 1936, als Teile der spanischen Armee gegen die von der Mehrheit
des Volkes gewählte Regierung der Volksfront putschten und damit einen
drei Jahre dauernden grausamen Bürgerkrieg auslösten. Doch die Gewalt
und der Hass, die in diesem Krieg wie eine Eruption zum Ausbruch kamen,
die hatten eine lange Vorgeschichte. Man kann dazu wieder Karlheinz
Deschner zitieren, der diese Vorgeschichte in seinem Buch Die Politik
der Päpste im 20. Jahrhundert sehr prägnant zusammenfasst:
"Die Ursache des Spanischen Bürgerkrieges war weder ein politischer noch
religiöser Konflikt, sondern ein sozialer: der schreiende Gegensatz
zwischen einer kleinen Oberschicht und dem oft bis aufs Blut
ausgebeuteten Volk. Die spanische Kirche aber partizipierte daran – seit
der ausgehenden Antike schon mächtig und reich, durch Jahrhunderte
langen Terror, durch Sklaverei, Judenpogrome, Inquisition. Um die Wende
zur Neuzeit soll ihr die Hälfte des Volkseinkommens zugefallen sein. Im
frühen 19. Jahrhundert gehörten ihr immerhin noch 6 Millionen Hektar
Land, 17 Prozent der Bodenfläche; neben Schenkungen hochgeborener
Granden meist konfiszierte ´Ketzerländereien.` Und zu Beginn des 20.
Jahrhunderts kontrollierten die Jesuiten – nominell ein ´Bettelorden`,
der von Spenden und Almosen leben soll – ein Drittel des spanischen
Kapitals" (Deschner, Band 1, S. 508).
Karlheinz Deschner schreibt
dann weiter:
"Unter 18 1/2 Millionen Spaniern waren noch im frühen 20. Jahrhundert
12 Millionen Analphabeten, fast zwei Drittel aller Einwohner. Und zwei
Drittel litten an endemischer Unterernährung, ganze Landstriche
verfielen dem Hunger. Während 96 Prozent der Spanier nur ein Drittel
des bebauten Bodens besaßen, hatte die Kirche ihr Vermögen in Banken
investiert, in Straßenbahnen, Eisenbahnen, Schifffahrtgesellschaften,
Reedereien, Wasserkraftwerken, Bergwerken, Textilfabriken,
Bauunternehmen u. a., sonnte sich der Klerus, verfilzt mit Großkapital
und Adel, im Glanz seiner gesellschaftlichen Beziehungen. ... Die Kirche
aber ließ das Volk im Dreck verkommen." (Deschner, Band 1, S. 509 ff.)
Ende. Kein Wunder, dass damals ein geflügeltes Wort lautete: "El dinero
es muy catolico" – "Das Geld ist sehr katholisch." Noch in den 20er
Jahren des 20. Jahrhunderts sagte ein Politiker, als er eine Schule für
Arbeiter genehmigen sollte: "Wir brauchen keine Menschen, die denken,
sondern Ochsen, die arbeiten können" (Deschner, Band 1, S. 509 ff.).
Und auch dazu gibt es ein
geflügeltes Wort, diesmal allerdings aus Deutschland: "Der Minister
nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: "Halt du ist dumm, ich halt sie
arm!"
Und das passt hier sehr gut, weil ja in Spanien über Jahrhunderte die
Schulen fest in der Hand der Kirche lagen. Doch diese himmelschreienden
Verhältnisse führten letztlich dazu, dass die Bevölkerung sich in
Scharen von der Kirche abwandte. Um 1910 waren über zwei Drittel der
Spanier keine praktizierenden Katholiken mehr. Dennoch war der
Katholizismus aufgrund eines Konkordats von 1876 noch bis 1931 alleinige
Staatsreligion unter Ausschluss aller andern Konfessionen, und der Staat
bezahlte trotz des immensen kirchlichen Reichtums noch immer Kirche und
Klerus aus allgemeinen Steuermitteln!
Kein Wunder, dass es im Volk brodelte und
gärte, vor allem unter den Armen. Es kam immer wieder zu Unruhen und zu
Streiks, so z. B. 1917 in Oviedo, wo sich bei der blutigen Niederwerfung
eines Generalstreiks durch das Militär ein Major namens Francisco Franco
zum ersten Mal einen Namen machte. Aber erst die langen Schatten der
Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts ließen die
soziale und wirtschaftliche Rückständigkeit des Landes so ungeschminkt
hervortreten, dass ein Wechsel der Verhältnisse eintrat: Die Spanier
schickten 1931 erst den Militärdiktator Miguel Primo de Rivera und dann
den König Alfons XIII. ins Exil und riefen die Republik aus. Eine neue,
vom Volk gewählte Regierung krempelte die Ärmel hoch und machte sich mit
Hochdruck an die Arbeit: Scheidungsgesetz, Frauenrechte, Mindestlöhne,
48-Stunden-Woche, Agrarreform, Enteignung großer Güter, Verdoppelung der
Löhne für Landarbeiter, der Bau von 10.000 neuen Schulen. All dies hätte
bereits genügt, um die Kirchenhierarchie gegen diese linksliberal
orientierte Regierung aufzubringen, doch die Reformen gingen noch
weiter: Staat und Kirche wurden getrennt. Die Spanier haben es
tatsächlich gewagt – im Bild gesprochen –, die an den Brüsten des
Staates saugende Schlange dort zu entfernen. Die staatlichen
Subventionen für kirchliche Vereine wurden gestrichen und der Kirche
wurde auch die Einflussnahme auf die Schulen genommen.
Doch wer die Kirchengeschichte kennt, der weiß: Wer so etwas tut, der
riskiert Kopf und Kragen. Und die Reaktion ließ auch nicht lange auf
sich warten. Papst Pius XI. rief in einer Enzyklika schon kurz darauf zu
einem "heiligen Kreuzzug für die vollständige Wiederherstellung der
kirchlichen Rechte" auf. Gemeint sind damit natürlich die alten feudalen
Rechte und Privilegien, die sich die Kirche im Laufe von Jahrhunderten
angeeignet hatte.
Und Papst Pius XI. zeigte mit
dieser Äußerung unmissverständlich, auf welcher Seite er stand – und auf
welcher Seite der Vatikan, trotz aller frömmelnder Worte und
Beteuerungen, bis heute steht: auf der Seite der Reichen und Mächtigen.
Und es deutet sich hier schon an: Während sich die römische Kurie in
anderen Ländern wenigstens einige Mühe gab, ihre Intrigen und
Manipulationen nicht allzu offensichtlich werden zu lassen – im Fall
Spanien gab sie jegliche Zurückhaltung auf und mischte sich ganz offen
und ungeniert in die Innenpolitik eines fremden Staates ein. Kein
Wunder: Kenner der Mittelmeerpolitik des Vatikans bezeichnen bis heute
Spanien als eines der Länder, die der Vatikan als seine "angestammten
Feudalgüter" betrachtet, sozusagen als althergebrachtes Eigentum der
Päpste.
Und diese Einstellung galt
natürlich nicht nur für den damaligen Papst Pius XI. selbst, sondern
auch für seine rechte Hand, für den zweitmächtigsten Mann im Vatikan,
Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, der als Pius XII. der nächste
Papst werden sollte. Pacelli hatte sich im Jahr 1933 persönlich darum
gekümmert, in Spanien eine rechtsgerichtete Sammelpartei zu gründen, die
CEDA, die auch für Spanien einen katholisch-faschistoiden Ständestaat
nach österreichischem oder italienischem Vorbild anstrebte und welche
die zwischenzeitliche Demokratie nach offizieller Aussage ihres
"Führers" Gil Robles nur als Sprungbrett zur Macht benützen wollte, um
sie dann anschließend abzuschaffen. Gil Robles war vom katholischen
Orden der Salesianern erzogen worden und er bewunderte den katholischen
Führer Deutschlands, Adolf Hitler.
Das propagandistische
Trommelfeuer der gesamten Kirchenhierarchie aus Spanien und aus Rom
gegen die "gottlose" spanische Linksregierung verfehlte seine Wirkung
nicht. Bereits 1933 wurde eine Rechtsregierung gewählt, die ihre
Hauptaufgabe darin sah, die Gesetze der Vorgängerregierung umgehend
wieder abzuschaffen. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass diese
Rechtsregierung unter anderem deshalb zustande kam, weil die Linke zuvor
das Wahlrecht für Frauen eingeführt hatte, die jedoch insbesondere auf
dem Lande noch überwiegend auf die Anweisungen ihrer Beichtväter hörten,
welche Partei sie denn nun wählen sollen.
Zum rechten Lager gehörte
damals auch eine rein faschistische Partei, die Falange, die nach
Aussage von Karlheinz Deschner insbesondere von den Jesuiten gefördert
wurde und deren Führer Ramón Serrano Suñer, ein Schwager Francos und ein
Freund Mussolinis und Hitlers, später im Jahr 1942 von Papst Pius XII.
mit dem Großkreuz des Ordens Pius IX. ausgezeichnet werden sollte. Wir
erinnern uns: Pius IX. hatte im Jahr 1870 nicht nur die Unfehlbarkeit
der Päpste, sondern auch deren Vorrangstellung in der Welt als oberste
Richter aller Richter zum Dogma erhoben. Wie eng Kirche und
faschistische Partei miteinander verfilzt waren, zeigt sich auch daran,
dass jedes Mitglied der faschistischen Falange damals regelmäßig zur
Messe gehen, beichten und die Kommunion empfangen musste. Nach
dem Bürgerkrieg stieg die Falange dann zur einzigen in Spanien noch
zugelassenen Partei auf.
Als die so geprägte Rechtsregierung die
sozialen Errungenschaften der Vorgänger rückgängig zu machen beginnt und
das soziale Elend wieder zunimmt, kommt es erneut zu Aufständen, die vom
Militär blutig unterdrückt werden. Tausende werden ohne Prozess
eingesperrt, aber noch immer ist Spanien eine Demokratie. Bei den Wahlen
im Januar 1936 siegt wiederum die Volksfront, und zwar klar. Das Volk
hat entschieden, wie es regiert werden möchte. Doch Kirche und
Faschisten wollten das nicht hinnehmen. Und dieser "überwältigende
Wahlsieg der Volksfront", so Karlheinz Deschner, "war der tiefere Grund
für den Ausbruch des Bürgerkriegs" noch im Juli desselben Jahres. Die
Ermordung des Führers der Monarchistenpartei, José Calvo Sotelo, Mitte
Juni 1936 war, so Deschner weiter, "allenfalls ein Signal. Der Aufstand
war längst vor dem Mord geplant". (Deschner, Band 1, S. 519)
Und so ein Aufstand kostet
Geld. Finanzier der Erhebung, an deren Spitze sich sehr rasch der Major
Francisco Franco setzte, war der mallorquinische Schmugglerkönig,
Immobilienspekulant und rechtsgerichtete Medienzar Juan March, der sich
vor dem Putsch rechtzeitig mit seinem Vermögen nach Frankreich abgesetzt
hatte, um von dort aus geschickt die finanziellen Fäden zu ziehen. Der
katholische Moraltheologe Johannes Ude, als Vegetarier, Pazifist und
Atomkraftgegner eine absolute Ausnahmeerscheinung unter seinen
Priesterkollegen, zog aus diesen Vorgängen den Schluss: "Die nationale
Front besorgte also unter kapitalistischer Finanzierung vom Ausland her
die Geschäfte der Großgrundbesitzer, um das Vaterland – gemeint ist
natürlich der Großgrundbesitz – vor dem Kommunismus zu retten" (Deschner, Band 1, S. 520).
Dies waren also die Vorgänge hinter den Kulissen – und man kann sich
auch ohne viel Phantasie vorstellen, dass die gerade in Spanien
steinreiche Kirche an dieser Bestandssicherung mit Waffengewalt
lebhaften Anteil nahm.
Von Beginn an unterstützte
der spanische Klerus nicht nur den Militäraufstand gegen die
demokratisch gewählte Regierung, die Bischöfe stilisierten ihn sogar zu
einem "Kreuzzug" hoch. "Dies ist kein Krieg", schreib
beispielsweise Marcelino Olaechea, Bischof von Pamplona, in einem
Hirtenbrief vom 23. August 1936, "dies ist ein Kreuzzug, und die
Kirche kann gar nicht anders, als alles, was sie hat, für die
Kreuzfahrer in die Waagschale zu werfen." Oder der Bischof von
Salamanca, Pla y Deniel. Er schrieb am 30. September: "Es handelt sich
nicht mehr um einen Bürgerkrieg, sondern um einen Kreuzzug für die
Religion, für das Vaterland und die Zivilisation". Und derselbe
Bischof Pla y Deniel, inzwischen Kardinal und Erzbischof von Toledo und
damit Primas von Spanien, verkündete noch im Jahr 1958, also fast
20 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs: "Die Kirche hätte niemals
einen reinen Militärputsch gesegnet, noch eines der Lager in einem
Bürgerkrieg. Sie segnete, jawohl, einen Kreuzzug!"
(lascrucesdelasespadas.blogspot.com)
Wohlgemerkt: Wir befinden uns
hier nicht im Mittelalter, sondern mitten im 20. Jahrhundert. Doch was
die Bischöfe hier wiedergaben, das war eins zu eins auch die Meinung des
Vatikans. Papst Pius XI. segnete am 14. September 1936 "alle, die sich
die schwierige Aufgabe vorgenommen haben, die Rechte Gottes und der
Religion wiederherzustellen" (Deschner, Band 1, S. 534). Und der zweitmächtigste Mann, noch im
Hintergrund, stimmte zu.
Und auch hier wird wieder Gott verhöhnt. Denn Er, unser himmlischer
Vater, hat weder eine Religion gegründet, auch nicht Sein Sohn Christus,
noch beansprucht Er hier auf der Erde irgendwelche Rechte – weder das
Recht auf Grundbesitz, noch auf Indoktrination von Kindern noch auf
Ausbeutung von Erwachsenen. Er befürwortet auch keine Kriege und keine
Gewalt, denn Er liebt alle seine Kinder gleich.
Und doch ist das, was Papst Pius XI. hier
von sich gibt, noch geradezu diplomatisch verklausuliert im Vergleich zu
dem, was interessanterweise die deutschen Bischöfe schon im August 1936
in einem Hirtenbrief dazu schreiben, den sie übrigens auf
direkte Anweisung von Kardinalstaatsekretär Pacelli verfasst haben.
Hier wird das Thema Spanien direkt angesprochen, und zwar wie folgt:
"Welche Aufgabe damit unserem Volk und Vaterland zufällt"
–
gemeint ist der Krieg in Spanien – "ergibt sich von selbst.
Möge es unserem Führer" – gemeint ist Adolf Hitler
– "mit
Gottes Hilfe gelingen, dieses ungeheuer schwere Werk der Abwehr"
–
gemeint ist die angebliche Gefahr des Bolschewismus – "in
unerschütterlicher Festigkeit und treuester Mitwirkung aller
Volksgenossen zu vollbringen". (Deschner, Band 1, S. 526)
Noch deutlicher werden die
deutschen katholischen Bischöfe dann im Januar 1937, als sie in
einem weiteren Hirtenbrief schreiben: "Geliebte Diözesanen! Der
Führer und Reichskanzler Adolf Hitler hat den Anmarsch des Bolschewismus
von weitem gesichtet und sein Sinnen und Sorgen darauf gerichtet, diese
ungeheure Gefahr von unserem deutschen Volk und dem Abendland
abzuwehren. Die deutschen Bischöfe halten es für ihre Pflicht, das
Oberhaupt des Deutschen Reiches in diesem Abwehrkampf" – in
Wirklichkeit wurde in Spanien eine rechtmäßige Regierung von Militärs
angegriffen, es ist also genau umgekehrt – "... in diesem Abwehrkampf
mit allen Mitteln zu unterstützen, die ihnen aus dem Heiligtum zur
Verfügung stehen. So gewiss der bolschewistische Todfeind ... seine
ersten Angriffe immer gegen die Diener der Heiligtümer des kirchlichen
Lebens richtet, wie die Vorgänge in Spanien aufs neue beweisen ..., so
gewiss ist die Mitarbeit an der Abwehr dieser satanischen Macht auch
eine religiöse und kirchliche Zeitaufgabe geworden". (Deschner, Band 1, S. 526)
Das ist ungeheuerlich! Das ist
nicht nur eine Gotteslästerung, denn Gott wird hier für einen blutigen
Bürgerkrieg vereinnahmt, und der politische Gegner wird als "Satan"
gebrandmarkt. Dieser Hirtenbrief ist zugleich auch eine offizielle
kirchliche Rechtfertigung des Eingreifens der faschistischen Mächte
Deutschland und Italien auf der Seite der Franco-Faschisten in Spanien.
Und eines ist gewiss: Ohne diese Hilfe aus Deutschland und Italien
hätte Franco diesen Bürgerkrieg nie gewinnen können. Schon allein
der Transport der Franco-Truppen vom damals spanisch besetzten Marokko
auf das spanische Festland wäre ohne die Flugzeuge Hitlers nicht möglich
gewesen. Dieser Hirtenbrief ist daher zugleich auch eine
Generalabsolution für alle deutschen Soldaten, die von deutschen
Flugzeugen aus Bomben auf die wehrlose Zivilbevölkerung warfen, zum
Beispiel auf die baskische Stadt Guernica, und die dabei das deutsche
Militärgerät im Auftrag Hitlers und Görings bereits für den späteren
Zweiten Weltkrieg ausprobierten. Wo der "Satan" also wirklich zu finden
ist, das mag jeder selbst beurteilen.
Doch dieser Hirtenbrief der
Deutschen Bischofskonferenz von 1937 ist noch in anderer Hinsicht
entlarvend. Er zeigt nämlich in aller Deutlichkeit, dass die Legende vom
angeblichen Widerstand der Vatikankirche gegen das Hitlerregime eine
glatte Lüge ist. Deutlicher als hier kann man einen Diktator gar nicht
hofieren und unterstützen. Und auch die bis heute von Theologen und
katholischen Historikern häufig geäußerte Ausflucht, Papst Pius XII.
habe nur deshalb zum Holocaust, also zur millionenfachen Ermordung der
Juden, geschwiegen, weil er eine gewählte deutsche Regierung nicht so
direkt hätte angreifen können und weil er damit die deutschen Katholiken
hätte beschützen wollen, erweist sich als billige Ausrede, ja als glatte
Lüge. Denn hier, im Spanien des Jahre 1936, hat der Vatikan mitsamt
seinen Bischöfen sehr wohl eine vom Volk gewählte Regierung angegriffen.
Und Pius XI. und sein späterer Nachfolger Pacelli nahmen dabei sehenden
Auges in Kauf, dass insbesondere auch die spanischen Katholiken einen
erheblichen Teil der Zeche dieser Kriegstreiberei bezahlen mussten.
Dieser Bürgerkrieg wurde nämlich mit
erheblicher Grausamkeit von beiden Seiten geführt, und zu den 600.000
Todesopfern gehörten auch mehrere tausend Priester und Nonnen. Sie
wurden ermordet, weil sich gerade zu Beginn des Bürgerkrieges der über
Jahrhunderte angestaute Hass auf die Kirche, die für diesen Krieg ganz
offensichtlich eine der treibenden Kräfte war, auf entsetzliche Weise
entlud. Auch Klöster und Kirchen wurden zu hunderten niedergebrannt.
Doch für die Zyniker der Macht in Rom waren dies offenbar nur
"Kollateralschäden", die man in Kauf nehmen musste. Schließlich ging es
hier ums Eingemachte: um den Grund- und Immobilienbesitz der Kirche, um
ihre üppige Finanzierung durch den Staat, um die staatliche
gesicherte Einflussnahme auf die Kinder – all dies stand auf dem Spiel.
Und es ging in Spanien gegen eine Linksregierung, die man im Vatikan,
wie wir gehört haben, von vorne herein als "satanische Macht" ansah. Dem
nationalsozialistischen Deutschland oder dem faschistischen Italien
hingegen bot man nicht die Stirn – denn diese ließen schließlich die
Privilegien und den Besitzstand der Kirche weitgehend unangetastet. Und
die Faschisten, die brauchte man ja auch für den Kampf gegen den
Bolschewismus, und insgeheim vielleicht auch, um sich dadurch endlich
auch den großen Jahrhunderte alten Traum des Vatikan zu erfüllen: die
Orthodoxen Russlands eines Tages wieder katholisch zu machen.
Der Vatikan lieferte auf diese
Weise einen Teil seines treuesten Personals ans Messer. Doch es gehört
zur vatikanischen Logik, auch aus dieser Tragödie noch im übertragenen
Sinne Kapital zu schlagen. Am 28.10.2007 wurden
in der größten Seligsprechungszeremonie der Kirchengeschichte 498
spanische "Märtyrer"
selig gesprochen, die zu Beginn des von der Kirche zum Kreuzzug
erklärten Krieges gegen die demokratisch gewählte Regierung getötet
worden waren. Katholische Priester, die von Franco-Truppen ermordet
wurden, weil sie mit der Republik sympathisierten – auch solche gab es
durchaus – waren natürlich keine dabei. Nicht ein einziger.
Auch das muss man sich einmal noch bewusster machen: Im Jahr 2007 (!)
spricht der Vatikan durch den Präfekt der Heiligsprechungskongregation,
Kardinal José Saraiva Martins nahezu 500 Katholiken selig, die im
Zusammenhang des von der Kirche und den Faschisten angezettelten
bewaffneten Kampfes gegen die Demokratie ums Leben gekommen sind.
Benedikt XVI. hielt sich dabei schlau im Hintergrund und zog hinter den
Kulissen die Fäden. Das Spektakel überließ er Kardinal Martins. Wer
Ohren hat zu hören, der höre.
Zurück ins Jahr 1936. Durch
seine massive Einflussnahme auf internationaler Ebene trug der Vatikan
nicht nur dazu bei, dass Hitler und Mussolini den Militärputsch in
Spanien massiv unterstützen. Dieser Propagandafeldzug gegen die
angebliche bolschewistische Gefahr und zur angeblichen Rettung des
christlichen Abendlandes führte auch maßgeblich dazu, dass die
demokratischen Staaten Europas mehr oder weniger die Hände in den Schoß
legten. Die einzige Macht, die die spanische Republik wirklich
unterstützte, das war die Sowjetunion. Und hier stoßen wir auf eine
weitere Ironie der Geschichte: Zu Beginn des Bürgerkrieges waren nämlich
die Kommunisten auf republikanischer Seite entgegen aller Propaganda der
Rechten eine verschwindende Minderheit. Doch nun nahm der Einfluss
Moskaus immer mehr zu. Und dieser Einfluss führte dann gegen Ende des
Bürgerkriegs zu kräftezehrenden internen Bruderkämpfen auf
republikanischer Seite, zu einem regelrechten Krieg im Krieg. Denn auch
Moskau ging es um die Macht und um sonst nichts. Das Wohl der Völker
war Stalin ganz offensichtlich völlig gleichgültig. Und genau das
hatte er mit den Mächtigen im Vatikan gemeinsam.
Die flammenden Hirtenbriefe und
Kanzelpredigten des spanischen Klerus landauf, landab blieben natürlich
nicht ohne Wirkung. Wie porentief Katholizismus und Faschismus während
des spanischen Bürgerkriegs und auch danach zusammengehörten, das sieht
man z. B. am offiziellen Reglement des faschistischen Rebellenheeres:
"Denke daran", heißt es da, "dass du berufen
bist, Christus die Nation seiner Auserkorenen wieder zu erobern, die ihm
von anderen entrissen wurde. Wenn du dich ganz in den Dienst
dieser hehren Aufgabe stellst und dein Leben dafür opferst, so lobpreise
die göttliche Barmherzigkeit, die das Gewissen mit dem erhabenen Licht
des Märtyrerscheins überstrahlt. ... Du trägst in deinem Herzen
das Feuer eines Apostels, und deine Hände müssen das Werkzeug der
göttlichen Allmacht sein". (Deschner, Band 1, S. 522 f.)
Das ist in Wahrheit eine einzige Gotteslästerung! Der Name Gottes, des
Vaters aller Menschen, wird hier für einen abscheulichen und brutalen
Brudermord und für Massaker missbraucht!
Und wie sehr es nötig war, auf
diese geradezu satanische Weise das Gewissen der Franco-Soldaten zu
vernebeln und abzutöten, das beschreibt Karlheinz Deschner in dem Buch
Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert so: "Selbst das
katholische Irland mobilisierte eine Brigade für den ´christlichen
Kreuzzug`, bei dem schon am ersten Tag General Queipo de Llano das
Arbeiterviertel von Sevilla dem Erdboden gleich machen ließ, nachdem man
zuvor alle – so gut wie waffenlosen – Männer auf den Straßen
zusammengetrieben und abgestochen hatte." (Deschner, Band 1, S. 522)
Ähnliches geschah im Februar 1937, als Zehntausende von Menschen vor den
Truppen der nationalen Front flüchteten, die doch angeblich kam, um sie
vor dem Bolschewismus zu retten. Drei Tage lang bombardierten Flugzeuge
und Kriegsschiffe die Straßen, 10.000 flüchtende Menschen kamen um.
Franco selbst stilisierte sich
alsbald zum "Kämpfer Christi" und – ähnlich wie Adolf Hitler
– zum
"Werkzeug der Vorsehung". Und der Generalissimus wurde nicht müde zu
betonen: "Dieser Krieg ist kein Bürgerkrieg, sondern ein Kreuzzug gegen
die Weltrevolution." Der Erzbischof von Santiago de Compostela
pflichtete ihm bei: "Christus und der Antichrist bekämpfen sich auf
unserem Boden." (Deschner, Band 1, S. 524)
Ja, der Antichrist, der uralte
Gegenspieler Gottes, hat immer schon großen Gefallen daran, wenn
Menschen, sich gegenseitig foltern, verstümmeln und ermorden, möglichst
noch im Namen Gottes, damit dessen Name gleich mit besudelt wird. "Viva
Cristo Rey, es lebe Christus, der König" – das war der Schlachtruf, mit
dem die faschistische Falange und die Carlisten aus Navarra in die
erbarmungslosen Schlachten des Bürgerkriegs zogen – letztere mit einem
Herz-Jesu-Amulett über dem Herzen, das wie ein afrikanischer
Voodoo-Fetisch die Kugeln des Feindes abhalten sollte.
Doch das Abschlachten war mit der
Niederlage der Republik noch keineswegs vorbei. Noch sechs Jahre
lang, bis 1945, wurden verdächtige "Linke" im ganzen Land
aufgespürt und ermordet. Man rechnet mit weit mehr als 100.000
Menschen, vielleicht sogar 200.000, die noch nach dem Ende der Kämpfe
durch das Franco-Regime umgebracht wurden. Die meisten wurden
irgendwo am Straßenrand verscharrt, und erst seit wenigen Jahren trauen
sich ihre Familien, diese Gräber aufzuspüren und die Toten zu exhumieren.
Das "Werkzeug der katholischen
Vorsehung", Francisco Franco, hat dieses grausame Nachspiel offenbar
schon von Anfang an so geplant. Als er kurz nach dem Staatsstreich 1936
von einem britischen Journalisten gefragt wurde, was er damit meine,
wenn er sage, er werde Spanien "um jeden Preis vom Marxismus befreien",
ob das nicht bedeute, dass er "halb Spanien erschießen lassen" müsse, da
antwortete der Caudillo: "Ich wiederhole: um jeden Preis!" (Deschner, Band 1, S. 537)
Durch ein "Blutopfer", so schreibt der Journalist Jürgen Schaefer über
den Bürgerkrieg, wollte Franco Spanien "läutern" – auch dies eine durch
und durch katholische, aber absolut unchristliche Vorstellung
(Geo Nr.
10/2010, S. 106).
Durch den Tod und das Blut der Ketzer wird das Land geläutert und von
der gefährlichen Ansteckung der Häresie gereinigt – das war auch
schon die furchtbare Weltanschauung der spanischen Inquisition, die über
Jahrhunderte ihren Terror im Land verbreitete, die alles Nicht-Katholische
ausmerzte und zum Schweigen brachte. Solche
"Blutopfer" und Massaker an Andersgläubigen sind also seit je her
römisch-katholische Tradition, besonders in Spanien.
Inzwischen wurde Eugenio Pacelli am
2.3.1939 zum neuen Papst Pius XII. gekrönt. Pius XI. war am 10.2.1939
nach langer Krankheit "plötzlich" gestorben und der neue Papst knüpfte
nahtlos an den alten an. Einer seiner ersten Amtshandlungen: Er
gratulierte am 1.4.1939 Franco mit warmherzigen Worten zum Sieg im Krieg
und er sprach dabei wörtlich von einem "von der katholischen Kirche so
ersehnten Sieg": "Indem wir unser Herz zu Gott erheben,
freuen wir uns mit Ehrwürdiger Exzellenz [dem Bischof]
über den von der katholischen Kirche so ersehnten Sieg. Wir hegen die Hoffnung,
dass Ihr Land nach der Wiedererlangung des Friedens mit neuer Energie
die alten christlichen Traditionen wieder aufnimmt." (Deschner, Band 1, S. 536)
Wie gesagt, Franco enttäuschte umgekehrt den Papst nicht. Er hielt als
Diktator eines katholischen Ständestaats die "katholische Tradition"
hoch bis zum seinem Tod im Jahr 1975. Sein Grab befindet sich bis heute
in einer monumentalen Kirche im Valle des los caídos, im "Tal der
Gefallenen". Dessen Monumentalbauten wurden nach dem Krieg allerdings
nur für die Gefallenen der nationalen Seite errichtet – und zwar von
republikanischen Zwangsarbeitern. Die Orte, an denen die Gefallenen der
anderen Seite verscharrt wurden, sind – wie gesagt – bis heute oft noch
gar nicht gefunden.
Papst Pius XII. sprach
von
"der von der katholischen Kirche
so ersehnte Sieg" Francos in Spanien.
Es folgten
Säuberungen mit bis zu 200.000 Morden. Später wünschte der Papst Adolf Hitler nach dem Überfall auf Russland
"nichts sehnlicher als den Sieg".
Wer also Pius XII. unter solchen Umständen
selig sprechen will, der plant, einen Mann selig zu sprechen, der nicht
nur zum Holocaust schwieg, sondern der auch für einen der blutigsten und
grausamsten und längsten Bürgerkriege des 20. Jahrhunderts
maßgeblich mitverantwortlich war. Denn die treibende Kraft hinter
dem spanischen Bürgerkrieg, wie schon hinter ungezählten Kriegen der
Geschichte, das war der Vatikan.
"Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen" – das sagte
hingegen der Nazarener, der uns die Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit
vorlebte. Und um Krieg, um einen noch größeren Krieg, wird es auch in
der fünften Folge unserer Reihe gehen – und um die Rolle, die der
Vatikan darin spielte.
Doch es lohnt sich, zuvor noch einen
kurzen Blick auf diese Wahl selbst zu werfen, genauer gesagt auf das
Krönungsritual, das ihr unmittelbar folgte. Denn hier erleben wir etwas, das zwar heute nicht mehr in dieser Weise an die
große Glocke gehängt wird, das aber deshalb noch lange nicht außer Kraft
gesetzt ist: Kardinal Caccia Dominioni setzte dem neu gewählten Papst
die Papst-Krone, die Tiara, aufs Haupt und sagte dazu: "Empfange die mit
einer dreifachen Krone geschmückte Tiara und wisse, dass du der Vater
der Fürsten und Könige bist, der Lenker des Erdkreises!" (Karlheinz Deschner,
Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert,
Teil 2, S. 18)
Der katholische Journalist und Buchautor
Hanspeter Oschwald hat Pius XII. in seinem Buch über diesen Papst als
den "letzten Stellvertreter" bezeichnet. Er meint damit aber nicht, dass
die Päpste seither den Anspruch des angeblichen "Stellvertreters Jesu"
aufgegeben hätten oder auch den vatikanischen Größenwahn, der in dem
Dogma zum Ausdruck kommt, das Papst Pius IX. im Jahr 1870 verkündete:
dass nämlich die Päpste die obersten Richter des Erdkreises seien, über
die niemand richten könne. All diese Ansprüche bleiben bis heute
unverändert bestehen. Oschwald meint damit etwas anderes. Er meint die
uneingeschränkte Autorität eines Papstes, dem innerhalb der Kirche bis
weit in die 50er Jahre hinein niemand zu widersprechen wagte.
Der Vatikan hat es nach dem Zweiten
Weltkrieg nicht mehr gewagt, bei der Krönung eines neuen Papstes diese
uralte Macht-Formel vom "Lenker des Erdkreises" zu verwenden. Sie klingt
offenbar nicht mehr modern genug. In der schwülen und aufgeheizten
Atmosphäre der späten 30er Jahre, als ringsum in Europa zahlreiche
faschistische, mit dem Vatikan eng befreundete Diktaturen am Ruder
waren, klang derartiger Größenwahn aber noch ganz normal.
Vielleicht hat der Vatikan auch gespürt,
dass die Völker nach dem großen Krieg etwas schlauer geworden sind und
zwei und zwei zusammenzählen können. Denn: Wäre der Papst wirklich der
"Lenker des Erdkreises" – weshalb konnte oder wollte er dann die große
Menschheitskatastrophe des Zweiten Weltkriegs mit 60 Millionen Toten
nicht verhindern? Weshalb konnte oder wollte er nichts gegen die vielen
Kriege und Naturkatastrophen danach tun? Was bewirkt dann bis heute der
Segen "Urbi et Orbi", der Stadt und dem Erdkreis, den der jeweils
amtierende Papst zweimal im Jahr spendet? Und in der Welt sieht es immer
schlimmer aus! Da kann doch etwas nicht stimmen!
Aber vielleicht will ja Papst Joseph
Ratzinger gerade deshalb seinen Vorgänger Pius XII. unbedingt selig und
später auch heilig sprechen, weil er ganz bewusst an diesen Anspruch
"Lenker des Erdkreises", "Richter aller Richter" wieder anknüpfen will?
Nicht umsonst wird Pius XII. in dem äußerst lesenswerten Buch Die
Politik der Päpste im 20. Jahrhundert von Karlheinz Deschner so
beschrieben:
"Der Pacellipapst, verliebt in Macht und Herrlichkeit, ein
bühnenreifer Aristokrat, der dem Persönlichkeitskult schwirrende Flügel
verlieh, der die Wirkung seiner Auftritte berechnete ´wie eine Primadonna`,
der sich in Menschenansammlungen badete, obwohl er sie gefürchtet hat,
der dabei vor Erregung zu vibrieren, zu zittern begann, der sich, wie
keiner seiner Vorgänger, ´lebendiger Petrus` nennen ließ, ...
dieser Papst gerierte sich derart pharaonisch-hieratisch, dass es selbst
den vieles verkraftenden Monsignori missfiel: ´bis in die letzte
Faser seines Herzens ein Alleinherrscher`, der keine Mitarbeiter wollte,
sondern bloß Ausführende, Befehlsempfänger." (Deschner, Teil 2, S. 19)
Insofern könnte dieser Papst tatsächlich
einem katholischen Idealbild entsprechen. Nur: Mit Jesus von Nazareth,
dem großen Liebe- und Weisheitslehrer, der ein bescheidenes Leben führte
und alle seine Mitmenschen als seine Brüder und Schwestern ansprach, hat
das alles jedenfalls nicht das Geringste zu tun.
Der neu gewählte Papst, zuletzt als
Kardinalstaatssekretär ohnehin die rechte Hand seines Vorgängers Pius
XI., setzte dessen Politik nahtlos fort. Dazu gehörte auch,
faschistische Diktatoren äußerst wohlwollend zu behandeln. Kurz nach
seiner Thronbesteigung erflehte er für den Diktator Adolf Hitler "mit
den besten Wünschen den Schutz des Himmels und den Segen des
allmächtigen Gottes". (Deschner, Teil 2, S. 25)
Wohlgemerkt: Das geschah im Jahr 1939, nach siebenjähriger
Terrorherrschaft der Nazis mit den Nürnberger Rassegesetzen, mit
Judenpogromen und Reichspogromnacht. Zu all dem hatte Eugenio Pacelli
geschwiegen, obwohl er ganz genau wusste, wer Adolf Hitler war – er
hatte dessen Buch Mein Kampf schon lange vor dessen
Machtergreifung genau gelesen. Das hinderte ihn aber nicht daran,
1939 zu betonen, dass der "Führer" das "legale
Oberhaupt der Deutschen sei und jeder sündige, der ihm den Gehorsam
verweigere" (zit. nach Karlheinz Deschner, Opus Diaboli, S. 167 f.).
Und nachdem Adolf Hitler 1941 die Sowjetunion überfielt, wünschte Papst
Pius XII. ihm "nichts sehnlicher als den Sieg". Doch dazu später
mehr.
Adolf Hitler brauchte sich jedenfalls
keine Sorgen über Widerstand von Seiten der Kirche zu machen, als er zwei
Wochen nach Pacellis Thronbesteigung seine Truppen in Prag
einmarschieren ließ und damit dem gerade einmal 20 Jahre alten Staat der
Tschechoslowakei schon wieder den Todesstoß versetzte. Der neue Papst
äußerte vielmehr Ende April 1938 damals noch als Kardinalstaatssekretär gegenüber deutschen Rom-Reisenden: "Wir
haben Deutschland" – "Wir", das ist der so genannte "Pluralis
majestatis" – "Wir haben
Deutschland, wo Wir Jahre unseres Lebens verbringen durften, immer
geliebt, und Wir lieben es jetzt noch viel mehr (!). Wir freuen Uns der
Größe, des Aufschwungs und des Wohlstandes Deutschlands, und es wäre
falsch, zu behaupten, dass Wir nicht ein blühendes, großes und starkes
Deutschland wollen." (S. 29)
Und zu diesem "großen und starken Deutschland", das der Papst so enthusiastisch begrüßte, gehörte nunmehr als Marionettenstaat auch die gesamte Tschechoslowakei – von der aber umgehend wiederum die Slowakei als neuer eigener Staat von Hitlers Gnaden abgetrennt wurde. Die Tschechische Republik und die Slowakei, die seit 1993 wieder getrennte Wege gehen, unterscheiden sich bis heute in historischer und konfessioneller Hinsicht stark voneinander. Das böhmische Kernland war als Hochburg der Ketzerei des 1415 in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannten Jan Hus dem Vatikan schon immer suspekt, und deshalb weinte er dem tschechischen Staat auch keine Träne nach. Die Slowakei hingegen ist bis heute stark vom Katholizismus geprägt. Und so wurde der erste Ministerpräsident und wenig später der erste Staatspräsident der neuen Republik von Hitlers Gnaden niemand anderes als Jozef Tiso, ein katholischer Priester und Theologieprofessor.
Papst Pius XII. unterstützte diese neuerliche Allianz von Kirche und Faschismus von Anfang an voll. Der Vatikan erkannte den neuen Marionettenstaat als einer der ersten an, empfing den neuen Staatschef Tiso im Vatikan und verlieh ihm den Titel eines "päpstlichen Kammerherrn" – woraufhin dieser frischgebackene Kammerherr vollmundig verkündete: "Katholizismus und Nationalsozialismus haben viel Gemeinsames und arbeiten Hand in Hand für die Verbesserung der Welt." (S. 31)
Und was verstehet ein katholischer Prälat
unter der "Verbesserung der Welt"? Der päpstliche
Kammerherr Jozef Tiso hob als erstes Meinungs-, Presse- und
Redefreiheit auf und verbot alle Parteien außer seiner
"Volkspartei". Die slowakischen Juden ließ er in
den sicheren Tod deportieren. Als der Priester Tiso gefragt wurde, ob dies christlich und human sei,
antwortete er: "Ist es christlich, wenn die Slowaken sich von ihren
ewigen Feinden, den Juden, befreien wollen? Die Liebe zu unserem
Nächsten ist Gottes Gebot. Seine Liebe macht es mir zur Pflicht, alles
zu beseitigen, was meinem Nächsten Böses antun will." (S. 31 f.)
Der Priester und
von Pius XII. zum päpstlichen Kammerherrn ernannte slowakische Diktator
Jozef Tizo im Jahr 1941 bei seinem Verbündeten Adolf Hitler in Berlin.
Tiso wurde 1947 in der Tschechoslowakei als Kriegsverbrecher
hingerichtet. Große Teile der katholischen Kirche in der Slowakei sehen
ihn jedoch als Märtyrer und betreiben seine Selig- und Heiligsprechung.
(Bild: Gemeinfrei nach Wikiemedia Commons, Narodowe Archiwum
Cyfrowe, Sygnatura: 2-12457, Erstveröffentlichung Oktober 1941)
Wer jetzt denkt, hier sei ein katholischer
Priester übergeschnappt und habe sich seine eigene Version der
Katholizismus ausgedacht, der kennt die katholischen Dogmen nicht, die
bis heute in Kraft sind. Was Josef Tiso hier vortrug, das erinnert bis in die
Wortwahl hinein an ein Dogma, das bis heute für jeden Katholiken
maßgeblich ist, vor allem für diejenigen, die in politischen Ämtern
stehen. In der katholischen Lehrsatz-Sammlung von Neuner und Roos mit
dem Titel Der Glaube der Kirche in den Urkunden der
Lehrverkündigung lesen wir unter Randnummer 382 folgendes:
"Die Kirche hat kraft ihrer göttlichen Einsetzung die Pflicht, aufs
gewissenhafteste das gut des göttlichen Glaubens unversehrt und
vollkommen zu bewahren und beständig mit größtem Eifer über das Heil der
Seelen zu wachen. Deshalb muss sie mit peinlicher Sorgfalt alles
entfernen und ausmerzen, was gegen den Glauben ist oder dem Seelenheil
irgendwie schaden könnte."
Wem läuft es da nicht kalt den Rücken
hinunter? "... mit peinlicher Sorgfalt alles entfernen und ausmerzen
..." – wer denkt da nicht an die Scheiterhaufen der Inquisition und der
Hexenverfolgung? Auch wenn Joseph Ratzinger immer versucht, die
Ermordung der Juden im 20. Jahrhundert allein den Nazis anzulasten – bei
den eben zitierten Worten aus dem Mund des katholischen Priesters Jozef
Tiso ahnt man, dass auch die Verbrennungsöfen von Auschwitz ohne die
Jahrhunderte lange Vorbereitung durch die kirchliche Judenfeindschaft
gar nicht denkbar gewesen wären. Und für diese verbrecherische Ideologie
wird dann auch noch Gott, der liebende Vater aller Menschen und Wesen,
in Anspruch genommen!
"Für den Vatikan aber", so schreibt Karlheinz Deschner, "war Tisos
klerofaschistische Slowakei ´Liebkind` über das Kriegsende hinaus, ihr
Präsident selbst ´ein vorbildlicher
Priester, der ein unbescholtenes Leben führte`" (S. 34). Auch
hier laufen Vorbereitungen für eine Seligsprechung.
Als Hitlerdeutschland dann am 1. September
1939 Polen überfiel, kam kein Wort des Protestes aus dem Vatikan. Und
das kam nicht von ungefähr. Bereits Mitte August hatte Pius XII.
dem Botschafter Hitlers im Rom versichert, er werde sich jeder
Verdammung Deutschlands enthalten, wenn es Polen bekriege. Polen war und ist bis
heute zwar ein sehr katholisches Land – doch der Strategie des Vatikan
stand es dennoch im Wege. Das Ziel des Vatikan war die Niederschlagung
der Sowjetunion, letztlich um die Orthodoxen mit militärischer Gewalt
wieder in die Romkirche zurückholen zu können.
So haben sie es in der Geschichte immer gemacht. Schon der "heilige" Bonifatius zog im
Auftrag des Papstes im Gefolge fränkischer Truppen im 8.
Jahrhundert durch Germanien, um das Land katholisch zu machen.
Ebenso
hielt es Karl der Große mit den Sachsen, von denen er Tausende umbringen
ließ. Mit Feuer und Schwert zogen die Kreuzzügler gegen die
Muslime, aber auch gegen Hussiten, Slawen und Katharer. Mit Feuer
und Schwert wurden die Ureinwohner Amerikas katholisch gemacht, wobei
die katholischen Eroberer mit Billigung des Papstes den größten
Völkermord aller Zeiten verursachten. "Taufe
oder Tod" – das war die Devise. Wobei wir gleich noch
sehen werden, dass es im 20. Jahrhundert noch eine Steigerung gibt, die
da lautet: "Taufe und Tod!"
Am liebsten hätte der Papst es also gesehen, wenn Polen gemeinsam
mit Deutschland nach Russland marschiert wäre. Doch die Polen wussten
genau, dass sie von Hitler so oder so nichts Gutes zu erwarten hatten
und suchten lieber die Nähe der Westmächte. "Polen focht nicht, wie
es sollte, mit Deutschland gegen die gefürchtete Sowjetunion",
schreibt Deschner (S. 49). Und deshalb
wurde es mehr oder weniger geopfert.
Kein Protest war aus dem Vatikan zu hören gegen die
Bombardierung polnischer Städte, gegen die Inhaftierung, Folterung und
Ermordung polnischer Lehrer, Professoren, Offiziere und auch
Priester durch die deutschen Besatzer, ganz zu schweigen von der
Ausrottung von Juden, Roma und Behinderten.
Vier polnische Bischöfe, fast 2000 Priester und mehr als 200 Nonnen
wurden getötet, Tausende von katholischen Klerikern wurden in
Konzentrationslagern eingesperrt –
doch der Papst schwieg.
Doch ist es nicht genau dieses Schweigen,
das redet und das den Vatikan Lügen straft, wenn er immer wieder
anführt, das Schweigen des Papstes zum Holocaust sei aus Angst
geschehen, dass die Katholiken in Deutschland es ausbaden müssten? Wenn
es seinen strategischen Erwägungen entsprach, dann war dem Papst und war
dem Vatikan das Schicksal Tausender, ja Millionen von Katholiken
offenbar gleichgültig.
Das musste auch der polnische
Außenminister Józef Beck erkennen, der im September 1939 dem
Zangenangriff der deutschen und sowjetischen Truppen auf Polen durch die
Flucht nach Rumänien entkam. Beck sagte dem italienischen Botschafter in
Bukarest: "Einer der Hauptverantwortlichen für die Tragödie
meines Landes ist der Vatikan. Zu spät erkannte ich, dass wir
eine Außenpolitik betrieben haben, die lediglich der egoistischen
Zielsetzung der katholischen Kirche diente." (Deschner, Teil 2, S. 39)
Diese Zielsetzung der Kirche wurde durch den Pakt zwischen Hitler und Stalin zunächst erheblich gebremst. Doch dann entschloss sich Hitler im Juni 1941 zum Angriff auf die Sowjetunion. Und schon eine Woche später, am 29. Juni 1941, meldete sich der Papst mit einer Rundfunkansprache zu Wort. "Mitten im Dunkel des Gewitters", so der Pontifex, fehle es nicht "an Lichtblicken, die das Herz zu großen, heiligen Erwartungen erheben: Großmütige Tapferkeit zur Verteidigung der Grundlagen der christlichen Kultur und zuversichtliche Hoffnungen auf ihren Triumph" (Deschner, Teil 2, S. 164). Jeder, der das hörte, wusste genau, was mit diesen Metaphern gemeint war: der Kampf gegen den Bolschewismus. Und genau dies ließ Pius XII. auch z. B. dem spanischen Botschafter mitteilen: "Pius XII. habe freundschaftliche Gefühle für das Reich. Er wünsche dem Führer nichts sehnlicher als einen Sieg über den Bolschewismus." (S. 167)
Während der Papst als Oberhaupt aller
Katholiken in der Öffentlichkeit noch den Schein ein klein wenig wahrte und in
Metaphern sprach (worin ja die Päpste Meister sind), nahmen die deutschen Bischöfe kein Blatt vor den Mund.
"Mit Genugtuung verfolgen wir den Kampf gegen die Macht des
Bolschewismus", schreibt die Deutsche Bischofskonferenz am 10. Dezember
1941. (S. 150)
Und ein Jahr später lassen sie verlauten: "Ein Sieg über den
Bolschewismus wäre gleichbedeutend mit dem Triumph der Lehren Jesu über
die der Ungläubigen" (Karlheinz Deschner, Abermals krähte der Hahn, S. 647). Womit
sie die friedvolle Lehre des Pazifisten Jesus einmal mehr in ihr genaues Gegenteil
verkehrt haben. Der Bischof von Eichstätt, Michael Rackl, schrieb gar in
einem Hirtenbrief Ende September 1941, dieser Krieg sei "wirklich ein
Kreuzzug, ein heiliger Krieg für Heimat und Volk, für Glauben und
Kirche, für Christus und sein heiliges Kreuz" (S. 148).
Doch diese Ungeheuerlichkeit ist kein Einzelfall – war es doch in
allen Kriegen so, dass die Kirchen und ihre Feldgeistlichen, die
katholischen wie die lutherischen, nichts dabei fanden, die Soldaten zu
beiden Seiten der Front gegeneinander in den Tod zu schicken, jeweils
mit dem Hinweis, dies sei Gottes Wille.
Und die römisch-katholischen Bischöfe
waren es auch, die bis zum Schluss, als das katastrophale Ende des
Krieges bereits mit Händen zu greifen war, die Soldaten noch zum
Durchhalten aufforderten. "Noch 1944 und 1945", so schreibt Karlheinz
Deschner in Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert, "noch 1944
und 1945 predigt der Bamberger Erzbischof Kolb, nach dem die Stadt
dankbar eine Straße nennt: ´Wenn Armeen von Soldaten kämpfen, dann muss eine Armee von
Betern hinter der Front stehen` ... Noch am 22. Januar 1945 eifert auch
der Bischof von Würzburg seine Diözesanen an: ´Stellt euch aber auch auf
Seiten der staatlichen Ordnung! ... Im Geiste des heiligen Bruno darf
ich euch zurufen: Erfüllet gerade in Notzeiten eure Pflichten gegen das
Vaterland! Denkt an die Mahnung des heiligen Paulus: ´Jedermann
unterwerfe sich der obrigkeitlichen Gewalt.` ... Nehmet alle
Heimsuchungen auf euch, Gott zulieb! Diese Opfer werden dann Sprossen in
eurer Himmelsleiter. Im Opfer wirket ihr euer Heil!`" (S. 203)
Im Januar 1945 war das, man muss sich das
einmal vorstellen! Und dieser Würzburger Bischof Matthias Ehrenfried
wird bis heute von kirchlichen Kreisen in Würzburg als eine Art
Widerstandskämpfer verehrt, nach ihm ist ein katholisches Bildungshaus
benannt. Und auch der sogenannte "heilige Bruno", auf den er sich berief, war ein
Würzburger Bischof des Mittelalters, der sehr gerne und häufig Krieg
führte. Nur dass eben dieser "Geist des heiligen Bruno" nichts, aber
auch gar nichts mit dem friedvollen Geist des Christus zu tun hat, der
sagte: "Stecke dein Schwert in die Scheide! Wer zum Schwert greift, wird
durch das Schwert umkommen!"
Und der von Papst Ratzinger im Jahr 2005 selig gesprochene Clemens
August Kardinal von Galen aus Münster beschwor die deutschen Soldaten
als "Blutspender" für den katholischen Kreuzzug unter Führung Adolf
Hitlers:
"Sie wollen Blutspender sein, auf dass das an
Altersschwäche und anderen Übeln erkrankte Volk wieder jugendlich gesunde
und aufblühe. Sie wollten in einen neuen Kreuzzug mit dem
Feldgeschrei ´Gott will es` den Bolschewismus niederringen, wie es vor
wenigen Jahren der spanische Befreier Franco in einer Rede zu Sevilla mit
christlicher Zielsetzung rühmte" (Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert, Teil
2, S. 581). Der Bischof von Münster trieb bis in die letzten
Kriegstagen 1944 und 1945, als der Krieg längst entschieden war, die
deutschen Soldaten in Mord und Totschlag hinein und forderte die
"Verteidigung" Nazi-Deutschlands "bis zum letzten Blutstropfen" (S.
77), was Papst Pius XII. nicht hinderte, von Galen 1946 wegen seiner
Kritik an der Euthanasie-Politik der Nationalsozialisten die
Kardinalswürde zu verleihen.
Diese vereinzelten Lichtblicke kirchlicher Würdenträger (wie Galens
einsamer Protest gegen die Euthanasie; die anderen Bischöfe
protestierten nicht) ändern jedoch nichts an dem abgrundtiefen Gegensatz zwischen
Jesus von Nazareth und der Politik der Kirche und der Päpste durch die Jahrhunderte.
Dieser schroffe Gegensatz bleibt auch bestehen, wenn zwischendurch, je nach Wetterlage, wieder
einmal andere Töne angestimmt werden. Papst Pacelli war hier immer einen
Tick voraus. So sprach er sprach in seiner Weihnachtsbotschaft 1944, als
der Sieg der Alliierten absehbar war, nicht ganz überraschend
plötzlich von den "Grundlehren über die wahre Demokratie". (Deschner, Teil 2,
S. 100)
Zwei Jahre zuvor und vor der Kriegswende in Stalingrad im Jahr 1942 hatte
der Papst noch in martialischem Ton ausgerufen:
"Ihr freiwilligen Kreuzfahrer einer neuen und edlen Gesellschaft, erhebt
die neue Standarte der moralischen und christlichen Erneuerung, erklärt
der Finsternis einer sich von Gott lösenden Welt den Krieg ...
Durchdrungen von Kreuzfahrergesinnung kommt es den besten und
auserwähltesten Gliedern der Christenheit zu, sich zu vereinigen im
Geist der Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe zu dem Ruf: Gott will es!,
bereit zu dienen, sich zu opfern wie die alten Kreuzfahrer" usw. usf.
(S. 178f.)
Konnte, ja musste das nicht jeder Soldat, der tief in der
Sowjetunion, wie ihm gesagt wurde, in einem heiligen "Kreuzzug" gegen die Macht des Bolschewismus
kämpfte und tötete, dies direkt auf sich beziehen? Und so war es wohl
auch gemeint. Und erst recht musste er es auf sich beziehen, wenn er
nicht in Hitlers Armee in der Sowjetunion, sondern z. B. in der
kroatisch-katholischen Ustascha-Armee kämpfte.
Und damit
sind wir bei einem weiteren dunklen Kapitel in der an moralischen
Tiefpunkten, ja Tiefschlägen so reichhaltigen Kirchengeschichte des 20.
Jahrhunderts. Denn zwischen 1941 und 1943 entstand auf dem Gebiet des
zerschlagenen Königreichs Jugoslawien ein deutsch-italienischer
Vasallenstaat: das faschistisch-katholische "Kroatien Gottes und
Marias", so wurde es genannt, in dem sich dann unter wohlwollender
vatikanischer Schirmherrschaft Jahrhunderte alte religiöse Spannungen und
Konflikte mit unvorstellbarer Grausamkeit blitzartig entluden.
Doch der Reihe nach. Eugenio Pacelli, der
vatikanische Spitzendiplomat mit dem hervorragenden Gedächtnis, hatte in
Jugoslawien noch eine Rechnung offen. Obwohl es den Katholiken Mitte der
30er Jahre im Königreich Jugoslawien sehr gut ging, wollte der Vatikan
auch mit diesem Land unbedingt ein Konkordat aushandeln, das aber dann
am Widerstand der orthodoxen Kirche scheiterte. Pacelli, der als
Kardinalstaatssekretär an der Aushandlung dieses Konkordats maßgeblich
beteiligt gewesen war, fühlte sich zutiefst gekränkt und stieß im
Dezember 1937 eine bemerkenswerte Drohung aus, und ich zitiere: "Es
kommt der Tag, ... so die Zahl jener nicht gering sein wird, die sehr
bedauern werden, ein großmütiges und großherziges gutes Werk
ausgeschlagen zu haben, das der Statthalter Christi ihrem Land anbot."
(Deschner, Teil 2, S. 213)
Und Karlheinz Deschner kommentiert das wie folgt: "Pacelli
wusste offenbar, was er sagte. Seine Drohung war nicht in den Wind
gesprochen. 1941 erfüllte sie sich in einem Maß, das die schlimmsten
Massaker des christlichen Mittelalters fast übertrifft."
(Teil 2, S. 213)
Der Alptraum begann, als deutsche Truppen im April 1941 in Jugoslawien
einmarschiert waren. Das Land wurde aufgeteilt, und in Kroatien wurde ein eigener Staat errichtet, der auch das heutige
Bosnien-Herzegowina mit umfasste. Die Herrschaft in diesem Staat
übernahm die faschistische Miliz der Ustascha, der "Aufständischen", wie
es übersetzt heißt, unter ihrem Anführer Ante Pavelić. Der "Poglavnik",
so das kroatische Wort für "Führer", war zu diesem Zeitpunkt bereits ein
wegen mehrfachen Mordes gesuchter Verbrecher und Terrorist. Das hinderte
aber den Erzbischof von Zagreb, Alojzie Stepinac, nicht daran, von
Anfang an engstens mit diesem faschistischen Regime zusammenzuarbeiten.
Und das hinderte auch Papst Pius XII. nicht, den kroatischen
Faschistenboss bereits Mitte Mai 1941 im Vatikan in besonders
feierlicher Privataudienz zu empfangen und ihn mit besonderer
Herzlichkeit und mit den "besten Wünschen für die weitere Arbeit" wieder
zu entlassen. (S. 219)
"Mit den besten Wüschen für die weitere Arbeit" – Man muss dazu wissen,
dass nur wenige Tage vor dieser Audienz in Rom die Ustascha in der
kroatischen Stadt Glina an die 500 orthodoxe Serben ermordet hatte,
andere wurden zwangsweise zum Katholizismus "bekehrt". Die Massaker in der orthodoxen Kirche von Glina, von denen es im Verlauf des Jahres 1941 noch weitere geben
sollte, gehören zu grausamsten, die dokumentiert sind. Und nicht nur
das: Ein Gesandter des gerade zerschlagenen Königsreichs Jugoslawien
hatte den Papst unter Hinweis auf diese schrecklichen Vorgänge dringend
aufgefordert, Pavelić nicht zu empfangen, was dieser aber ignorierte. (Julia Gorin, Mass Grave of
History, Jerusalem Post, 22.2.2010)
Papst Pius XII. war also immer aufs genaueste über die Vorgänge in
Kroatien und Bosnien informiert, so wie der Vatikan meist über die
Vorgänge in aller Welt sehr gut informiert ist, besonders, was
überwiegend katholisch geprägte Länder angeht. Doch dieser hervorragende Kenntnisstand
hinderte den römischen Pontifex keineswegs daran, während der gesamten
zwei Jahre, in der dieses alptraumhafte Regime Bestand hatte, aufs
Engste mit diesem zusammenzuarbeiten und die Amtsträger dieses Regimes
immer wieder seiner Wertschätzung zu versichern und seinen katholischen
Segen zu erteilen.
Um die Vorgänge in Kroatien zu verstehen,
muss man wissen, dass der Religionskonflikt auf dem Balkan schon viele
Jahrhunderte alt ist. Die Vatikankirche hat es nie akzeptiert, dass die
orthodoxe Konfession seit dem Jahr 1054 eigene Wege geht. Und im
katholischen Kroatien war im 19. Jahrhundert eine
katholisch-nationalistische Bewegung entstanden, deren Führer Ante
Starčević die Ansicht vertrat, dass alle orthodoxen Serben verschwinden
müssten. Die Serben seien, so wörtlich, "eine Arbeit für den
Schlachthof". Und diese Bewegung war nun an der Macht und
setzte ihr "Programm" ohne jedes Zögern in die Tat um.
Und mit dieser Bewegung war gleichzeitig auch die katholische Kirche
an die Macht gekommen. Ustascha-Bewegung und Kirche ließen sich nicht
voneinander trennen, sie bildeten eine unauflösliche Einheit. Jeder
Ustascha musste einen Eid des Gehorsams schwören "bei dem allmächtigen
Gott und bei allem, was mir heilig ist". Die Ustascha-Kapläne leisteten
den eigenen Schwur vor zwei Kerzen, dem Kruzifix, einem Dolch und einem
Revolver. Einer dieser Kapläne, Pater
Šimić, erklärte einem entsetzten italienischen Truppenkommandeur im Mai
1941das Ziel der Ustascha-Politik mit dem kurzen Satz: "Alle Serben in
möglichst kurzer Zeit zu töten."
Und dies waren keine leeren Worte. Die
faschistischen Horden zerstörten in zwei Jahren nicht nur fast sämtliche
Kirchen der orthodoxen Serben, die unter ihnen lebten, sie massakrierten
auch Hunderttausende von ihnen. Und eine große Anzahl Serben zwang
man zuvor noch zum Übertritt zum Katholizismus und teilte ihnen dann
zynisch mit, man habe nun zwar ihre Seelen gerettet, für ihre Körper
treffe das aber leider nicht zu. Und man brachte sie dann um. Statt "Taufe oder Tod" wie im
Mittelalter gegenüber "Heiden" und Juden, hieß es nun: "Taufe und Tod".
Und der Ablauf dieser Schlächtereien war derart grauenhaft, dass sogar
deutsche und italienische Truppen, die ja selbst für so manches Massaker
auf dem Balkan verantwortlich waren, protestierten und teilweise damit
begannen, die serbische Bevölkerung mit Waffengewalt vor dem Blutrausch
der katholischen Schlächter zu schützen.
Es ist das Verdienst des jugoslawischen
Schriftstellers Vladimir Dedijer und des deutschen Buchautors Karlheinz
Deschner, diesen Völkermord mitten im 20. Jahrhundert der kollektiven
Vergesslichkeit entrissen zu haben. Dedijer schrieb das Buch
Jasenovac – das jugoslawische Auschwitz und der Vatikan, und auch
Deschner berichtete mehrfach detailliert über diese Vorgänge, unter
anderem in den Büchern Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert
und Mit Gott und den Faschisten. Dort schildert er im Detail
einiges von dem, was dokumentiert ist.
Karlheinz Deschner also schreibt: "Ungezählte serbische Geistliche erlitten
grausame Foltern. In Zagreb ... schlug und quälte man den orthodoxen
Metropoliten Dositej so bestialisch, dass er davon wahnsinnig wurde ...
Ende April 1941 umzingelten Ustaschen" mehrere serbische Dörfer.
"Dann ließen sie ... 250 ... Männer und Frauen
einen Graben ausheben, banden ihnen die Hände auf den Rücken und
begruben sie lebendig. ...
In Kosinj, wo die Ustaschen sechshundert Serben zusammengetrieben
hatten, musste eine Mutter mit einer Schüssel das Blut ihrer vier Söhne
auffangen. ... Die Kirche von Glina ... wurde ... in einen Schlachthof
verwandelt. Das Blutbad dauerte von abends 10 Uhr bis morgens 4 Uhr und
ging acht Tage weiter. Die Uniformen der Schlächter mussten gewechselt
werden, weil sie vom Blute durchnässt waren ... Der italienische
Schriftsteller Curzio Malaparte interviewte Pavelić in Zagreb. ´Während
er sprach`, schreibt Malaparte, ´schaute ich auf einen Weidenkorb, der
zur Rechten des Poglavnik auf seinem Schreibtisch stand. Der Korb
wurde geöffnet und eine Menge Meeresgetier oder dergleichen kam zum
Vorschein. ´Austern von Dalmatien?` fragte ich. Ante Pavelić hob den Deckel und
zeigte mir das Zeug, das aussah wie eine Masse klebriger, gallertartiger
Austern. Mit einem müden, freundlichen Lächeln sagte er: ´Ein Geschenk meiner treuen Ustaschen.
Vierzig Pfund menschliche Augen!` Das war der Mann, den Pius XII.
gesegnet hatte.`"
(Karlheinz Deschner, Mit Gott und den Faschisten, S. 236-238)
Und es geht noch viele Seiten lang so
weiter, da stockt einem wirklich der Atem beim Lesen, und oft waren es
nur ein oder zwei Überlebende, die später von den Details dieser
Scheußlichkeiten berichten konnten. Aber es ist wichtig, dass dies der
Nachwelt nicht vorenthalten wird – nicht nur, um den Opfern
Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sondern auch, um zu dokumentieren,
zu welch infernalischem Hass auf alles Andersgläubige eine entfesselte
Ideologie fähig ist, die sich mit dem angeblichen Segen des
Allerhöchsten über alle Regeln der Menschenwürde hinwegsetzt. Denn
machen wir uns bewusst: All dies, was wir gehört haben, und noch viel
mehr geschah im Namen des katholischen Gottes!
Und mitten in diese Mordorgien hinein ließ
sich Erzbischof Alojzije Stepinac von diesem Mann, Ante Pavelić,
mit allen kroatischen Bischöfen feierlich empfangen und sicherte dem
Faschistenboss seine volle Unterstützung zu: "Wir bezeugen von ganzem
Herzen Ehrerbietung", sagte der Erzbischof, "und versprechen ergebene
und treue Mitarbeit für die strahlendste Zukunft unseres Vaterlandes".
(Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert, Teil 2, S. 223)
Wenn schon der oberste kroatische Kirchenmann so dachte und redete – und
dies in vollem Einklang, wie wir gehört haben, mit dem Papst – wie
konnten dann die anderen kroatischen Kleriker zurückstehen? Bereits am
ersten Tag der Machtübernahme der Faschisten gaben diese über Radio
bekannt, dass die Bevölkerung auf dem Land von niemand anderem als den
Priestern weitere Direktiven erhalten würden. Deschner schreibt über
diese enge Zusammenarbeit: "Bischöfe und Priester saßen im Sobor, dem
Ustascha-Parlament, das den Heiligen Geist mit dem Gesang ´Veni Creator` anrief, Geistliche dienten als Offiziere
in Pavelićs Leibwache, Franziskaner kommandierten in
Konzentrationslagern ..." (S. 230)
Der Franziskanerpater Miroslav
Filipović-Majstorović war zeitweise der Kommandant des berüchtigten
Todeslagers Jasenovac, in dem Zehntausende von Serben, Juden und Roma
ermordet wurden. Jasenovac war berüchtigt wegen seiner
Massenenthauptungen, und auch dabei taten sich verschiedene Geistliche
besonders hervor. Der Franziskaner-Stipendiat Brzica etwa enthauptete
in nur einer Nacht, am 29. August 1942, 1360 Menschen mit einem
Spezialmesser. Klöster dienten unter anderem als Waffenlager und
Befehlszentralen der Ustascha, und katholische Priester waren die
Anführer bei diversen Mordaktionen. Der Franziskaner Srečko Perić
etwa befahl an einem Sonntag von der Kanzel aus den Dorfbewohnern: "Kroatische
Brüder, geht und schlachtet alle Serben ab. Zuerst tötet meine
Schwester, die mit einem Serben verheiratet ist, und dann der Reihe nach
alle Serben. Wenn ihr damit fertig seid, kommt zu mir in die
Kirche, damit ich euch die Beichte abnehmen kann und eure Sünden
vergeben werden." (Dedijer,
Jasenovac – das jugoslawische Auschwitz und der Vatikan, S. 133)
So funktioniert also ein katholisches Massaker. Die Menschen werden erst zum
Töten aufgehetzt, und anschließend können sie alles gleich wieder
beichten und erhalten die sofortige Absolution. Das ist wahrhaft katholischer Zynismus in Aktion!
Der Primas, also der oberste Bischof
Kroatiens, Erzbischof Alojzije Stepinac, ließ seine Priester in ihrer Mordlust
nicht nur gewähren, er unterstützte das Regime von Beginn an
bedingungslos, sprach bereits kurz nach der Machtergreifung in einem
Hirtenbrief salbungsvoll von der "Hand Gottes", die "in diesem Werk zu
erkennen" sei, lobte den Obermörder Pavelić als "ergebenen Katholiken"
und ließ sich im Januar 1942 zum offiziellen Militärvikar der
faschistischen Ustascha ernennen. Noch 1943, als sich die Niederlage
der Faschisten bereits abzeichnete, betonte er ausdrücklich die
"Verdienste" der Franziskaner bei der "Bekehrung" von Orthodoxen und
beschwor den Papst, sich den Kroaten zuzuwenden, zeige ihr junger Staat
doch "bei jeder Gelegenheit, dass er seinen herrlichen katholischen
Traditionen treu zu bleiben wünscht".
Und Papst Pius XII.? Der protestierte die ganze Zeit über mit keinem
Wort gegen die Mordaktionen, sondern unterstütze das Völkermord-Regime
bei jeder sich bietenden Gelegenheit und lobte dessen Führer Pavelić,
als, so wörtlich, "praktizierenden Katholiken".
(Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert, Teil 2, S. 252)
Und diese Fürsorge ging auch nach dem
Krieg unverändert weiter. Pavelić und mit ihm sage und schreibe weitere
1827 kroatische Kriegsverbrecher fanden in katholischen Klöstern
Unterschlupf und gelangten, wie auch viele deutsche Nazis, über die
so genannte "Rattenlinie" nach Spanien und Südamerika. Pavelić selbst
starb 1959 in Madrid mit einem Rosenkranz in der Hand, den er von Papst
Pius XII. persönlich erhalten hatte. Und auch um seinen Primas Stepinac
kümmerte sich Pius XII. persönlich. Dieser wurde nach dem Krieg von den
Behörden Jugoslawiens vor Gericht gestellt, mit detaillierten
Zeugenaussagen der Beihilfe zum Massenmord überführt und zu 16 Jahren
Zwangsarbeit verurteilt. Pius XII. jedoch ernannte ihn daraufhin 1953
demonstrativ zum Kardinal, stellte ihn als Märtyrer hin und rühmte vor
aller Welt seine, so wörtlich, "großen Verdienste".
Und aufgrund dieser "großen Verdienste",
die in dieser Studie aus Zeitgründen nur ansatzweise geschildert werden
konnten, wurde derselbe Alojzije Stepinac, der Kollaborateur einer
blutrünstigen faschistischen Mörderbande, 1998 von Papst Johannes Paul
II. auch noch selig gesprochen. Und Papst Joseph Ratzinger ließ
es sich nicht nehmen, anlässlich seines Besuchs in Kroatien im Juni 2011
neben dem Sarg dieses Faschistenfreundes öffentlich und innig zu beten und ihn
als einen "Verteidiger ´des wahren Humanismus`" zu loben.
(spiegel.de, 5.6.2011)
Kann man diesen Zynismus noch überbieten?
Und dann will dieser Papst Joseph Ratzinger auch noch Pius XII. selig
sprechen, also den Papst, der nicht nur zum Völkermord der Nazis an den
Juden schwieg, sondern auch zum katholischen Völkermord an den
orthodoxen Serben; den Papst, mit dessen stillschweigender Billigung
diese grausigen Schlachtfeste stattfanden. Und der damit schon wieder
den Grundstein legte für den nächsten blutigen Religionskrieg, den wir
in den 90er Jahren auf dem Balkan erlebten.
Eines steht fest: Die Entschuldigung, oder
besser besagt: der Entschuldigungsversuch, den kirchliche Historiker
meist für das Schweigen des Pacelli-Papstes zum Holocaust anführen, dass
er nämlich Angst um das Wohlergehen der Katholiken vor allem in
Deutschland gehabt habe, dieses Argument ist nicht nur für sich genommen
schon äußerst fragwürdig. Im Fall Kroatiens läuft es vollends ins Leere.
Die US-amerikanische Journalistin und Buchautorin Julia Gorin, selbst
aus einer jüdischen Familie stammend, schreibt in der Jerusalem Post:
"Es sind nicht die Juden, denen die Kirche die größte Entschuldigung
wegen des Zweiten Weltkriegs schuldig ist, sondern es sind die Serben.
Wenn Pius tatsächlich hoffte, eine Gefahr für Millionen von Katholiken
dadurch zu vermeiden, dass er nichts über die europäischen Juden sagte –
was könnte dann der Grund dafür gewesen sein, nichts über Kroatien zu
sagen ...? Und worin hätte die Gefahr für die Gläubigen innerhalb des
katholischen Kroatien bestanden?"
(22.2.2010)
Damit entlarvt Julia Gorin das heutige
"Verständnis" für das Schweigen des Papstes als zynische Heuchelei.
Foto
(domi12345, 2004; GNU-Lizenz, Wikimedia-Commons):
Die mit Wachs überzogene Leiche von Kardinal
Alojzije Stepinac, dem Militärvikar der Völkermörder der faschistischen
Ustascha. Er ist schon "selig", Pius XII. steht die
Prozedur noch bevor. Papst Joseph Ratzinger betete 2011 neben dieser
Leiche im Dom in Zagreb.
Wir sehen an all dem, dass eine
Seligsprechung im katholischen Sinne nichts, aber rein gar nichts mit
besonderen Charakterstärken oder gar einem christlichen Lebenswandel zu
tun hat, sondern immer nur mit den strategischen Zielen der
Vatikankirche
und mit dem vielen Geld, das die Anhänger des
Seliggesprochen für die Seligsprechung bereit sind zu bezahlen, eine
Summe im sechsstelligen Bereich.
Und wer die strategischen Ziele der vatikanischen Machtpolitik fördert, indem er z. B. die Orthodoxie auf
dem Balkan oder in Russland schwächt oder zurückdrängt, der hat sich aus
Sicht der Kirche das Etikett "selig" verdient. Mit Jesus, dem Christus,
dem großen Liebe- und Weisheitslehrer, hat das alles jedenfalls nicht
das Geringste zu tun, im Gegenteil: Gott, unser liebender Vater, wird
durch solche Taten, wie sie in dieser Sendung geschildert wurden, am
laufenden Band auf´s Allerschändlichste verhöhnt.
Und in diesem Sinne ist es dann
sogar verständlich, dass gerade Pius XII. selig gesprochen werden soll.
Karlheinz Deschner erkannte dies bereits im Jahr 1965, denn er beendete sein
Buch Mit Gott und den Faschisten mit dem Satz: "Erwägt man das
Verhalten Eugenio Pacellis zu Politik von Mussolini, Franco, Hitler und
Pavelić, so scheint es kaum eine Übertreibung, zu sagen: Pius
XII. ist
wahrscheinlich mehr belastet als jeder andere Papst seit Jahrhunderten.
Mittelbar und unmittelbar ist er so offensichtlich in die ungeheuersten
Gräuel der faschistischen Ära und damit der Geschichte überhaupt
verstrickt, dass es bei der Taktik der römischen Kirche nicht
verwunderlich wäre, spräche man ihn heilig." (S. 257)
An dieser Stelle sollten sich auch einmal die deutschen Politiker fragen: Wie lange noch wollen sie einem Papsttum
den Rücken stärken, einem Papsttum, das nur durch Verbrechen zu dem
wurde, was es heute ist? Wie lange noch wollen sie, die Politiker, den
kirchlichen Institutionen mit jährlich mehr als 15 Milliarden Euro an
Subventionen und Steuerbefreiungen aus dem allgemeinen Steuertopf unter
die goldbehangenen Arme greifen – diesen Institutionen, deren
Grundaussagen in ihren Dogmen und Lehrsätzen der Verfassung
zuwiderlaufen, weil sie den freien Willen des Menschen leugnen und die
Drohbotschaft einer ewigen Verdammnis lehren? Wie lange noch wollen die
Politiker die deutsche Verfassung ignorieren, die von ihnen seit mehr
als 90 Jahren verlangt, endlich die Trennung von Staat und Kirche
herbei zu führen und diesen uferlosen Staatsleistungen für die Kleriker ein Ende zu machen? Und wie
lange noch wollen deutsche Politiker am Hitlerkonkordat von 1933
festhalten, das bis heute in Kraft ist? Ist das nicht eine Schande für
das deutsche Volk?
Auf das Schweigen dieses Papstes zum
Holocaust, also zu Ermordung der Juden, wurde in diesem 4. Teil nur
am Rande eingegangen, obwohl die Kritik an diesem Papst heute meist
allein an diesem Punkt festgemacht wird. Doch wenn wir allein auf das
zurückblicken, was wir hier dargelegt haben: Dieser Mann hat
buchstäblich so viele Leichen im Keller, dass schon jetzt das Urteil der
Geschichte verheerend ist.
In der letzten Folge unserer Studie über Pius XII. werden wir uns näher
mit dem Holocaust und mit der Nachkriegszeit befassen – immer in der
Frage: Wer um Himmels Willen soll da selig gesprochen werden?
"Wer schweigt, macht sich schuldig," lautet ein bekanntes Sprichwort. Und wenn man den Namen Pius XII. irgendwo erwähnt, so kommt meistens sogleich die Aussage: "Ach ja, das ist doch der Papst, der zum Holocaust geschwiegen hat." So richtig diese Aussage auch ist, so falsch wäre es, das Leben von Eugenio Pacelli alias Pius XII. auf diesen einen Aspekt zu beschränken. Wer die bisherigen vier Teile der Studie über diesen Papst gelesen hat, der weiß, dass in jeder dieser Folgen Aspekte zur Genüge enthalten sind, die bei einer Seligsprechung dieses Mannes berücksichtigt werden müssten – auch ohne den Holocaust. Doch bei diesem schrecklichen Thema kommt nun weiteres hinzu:
Als Papst Joseph Ratzinger im September 2011 nach Deutschland kam,
schrieb der mehrfach preisgekrönte Autor Karlheinz Deschner einen
Artikel in der Frankfurter Rundschau mit der Überschrift Wie
man Seliger wird (21.9.2011). "Mit Benedikt XVI. kommt jener
Papst nach Deutschland, der den Faschistenkomplizen Pius XII. selig
sprechen will", so beginnt Deschner seinen Artikel. Er erwähnt dann
zunächst das Konkordat, das Pacelli als Kardinalstaatssekretär 1933 mit
dem Diktator Adolf Hitler ausgehandelt hatte, "ein ´unbeschreiblicher
Erfolg` für Hitler", so Deschner, "verschaffte es ihm doch vor aller
Welt Legalität. Pacelli hatte Hitler den Weg gebahnt, indem er die mit
rheinischen Großindustriellen verbundene Zentrums-Partei, das politische
Instrument der Kurie in Deutschland, ´mehr nach rechts` sich
orientieren, ´eine Regierung der Rechten` bilden hieß. Verfechter eines
autoritären Staates und einer autoritären Kirche, hatte er Hitler
schließlich ... auch entscheidend mit zur Macht verholfen."
Obwohl er zwei ganze Zeitungsseiten zur Verfügung hat, muss Deschner
dieses überaus dramatische und folgenschwere Kapitel der deutschen
Geschichte im Telegrammstil abhandeln, weil es über Pius einfach so viel
Belastungsmaterial gibt. Und so geht es weiter:
"Kurz darauf unterstützte Pacelli, nun einflussreicher
Kardinalstaatssekretär Pius (des) XI., Mussolinis abessinische
Expansion, jenen traurig schmutzigen Triumph über ein hoffnungslos
unterlegenes Volk mittels der Segnungen auch einer vatikanischen
Munitionsfabrik, mittels Bombenflugzeugen, Madonnenbildern, Giftgas und
Flammenwerfern, während er dies alles zugleich durch die Bischöfe
Italiens als heilig, als Kreuzzug, Evangelisation und große
zivilisatorische Wohltat an den äthiopischen ´Barbaren` propagieren
ließ. Und weiter gleich, Schlag auf Schlag, ein noch grandioseres, noch
gnadenreicheres, 600.000 Spaniern das Leben kostendes Gemetzel, der
Bürgerkrieg, global in eine ´rote Weltrevolution` umgelogen (unter 473
spanischen Parlamentsabgeordneten saßen 15 Kommunisten). Ein gar frommes
Schlachten somit wieder, in dem Staatssekretär Pacelli die ´sehr edlen
christlichen Gefühle` Francos feierte, eines Rebellen, der sich selbst
´Kämpfer Christi` und ´Werkzeug der Vorsehung` nannte und noch nach dem
Krieg, laut Schätzungen des italienischen Außenministers Graf Ciano,
täglich in Sevilla 80, in Barcelona 150, in Madrid 200 bis 250 Gefangene
hinrichten, der allein in den ersten Jahren nach Ende des Bürgerkrieges
bis zum Frühjahr 1942, da er auf Wunsch Pius XII. begann, ´die alten
christlichen Traditionen` wieder aufzunehmen, mehr als 200.000 Menschen
erschießen ließ."
Karlheinz Deschner berichtet ebenfalls, dass Papst Pius XII. weder
gegen die Zerschlagung der Tschechoslowakei protestierte noch gegen die
kriegerischen Überfälle der deutschen Wehrmacht auf Polen und die
Sowjetunion. Und er fährt dann fort: "... ja, mitten im großen Krieg
verlockte ihn jetzt die Vernichtung des Kommunismus, verlockte die
Katholisierung des Balkans, wo die Pavelić-Ustascha bereits kaum
ausdenkbar blutrünstig missioniert hatte, verlockte die Unterwerfung der
Russisch-Orthodoxen Kirche.
So war der Papst voller "Bewunderung großer Eigenschaften des Führers"
und wünschte, wie er gleich durch zwei Nuntien (in Vichy und in Madrid)
zum Ausdruck brachte, ´dem Führer nichts sehnlicher als einen Sieg`"
(siehe oben).
Zum Massenmord an der jüdischen Bevölkerung schreibt Karlheinz Deschner in diesem
Artikel in der Frankfurter Rundschau nur einen einzigen Satz. Pius protestierte, so Deschner, " ...
nicht einmal – vor allem wohl infolge oft deklarierter
kirchenpolitischer Interessen und Rücksichten – gegen die Verfolgung der
Juden, ihre, bald schon europaweite, Massenvernichtung."
"Kirchenpolitische Interessen und Rücksichten" ... die werden in der Tat
immer wieder angeführt, um das Verhalten Pacellis zu erklären. Warum hat
er zum Holocaust geschwiegen? Sicher nicht, weil er die Weltanschauung Adolf Hitlers bewundert hätte. Für einen Papst in Rom kann es nun
mal außer seiner eigenen vatikanisch-katholischen Weltanschauung nichts
geben, was er bewundert. Er schwieg wohl auch nicht, weil er in
besonderem Maße antisemitisch oder antijüdisch eingestellt gewesen wäre
– jedenfalls nicht mehr, als es damals innerhalb der Kirche üblich war.
Nein, er schwieg aus "kirchenpolitischen Interessen und Rücksichten"
–
und die waren ihm offensichtlich wichtiger als das Leben von Millionen
Menschen, von denen er wusste, dass sie in unmittelbarer Lebensgefahr
schwebten. Denn der Vatikan war, wie immer, frühzeitig und genau darüber
informiert, was sich in Mittel- und Osteuropa mit den Juden abspielte.
Doch woraus bestanden nun diese "kirchenpolitischen Interessen und
Rücksichten", die Pius solange zaudern und zögern ließen, bis kaum noch
jemand zu retten war? Nun, es waren im Grunde kaltherzige strategische
Erwägungen, die den Vatikan bereits zwei Jahrzehnte zuvor in mehr oder
weniger offene Bündnisse mit sämtlichen faschistischen Diktatoren
Europas hineingeführt hatten, denn: Der Faschismus in all seinen
Spielarten war für die Kirche ein Gegengewicht gegen den sowjetischen
Bolschewismus, aber auch gegen Sozialismus und Kommunismus in all
seinen Spielarten – denn darin sah der Vatikan den Antichristen am Werk. Die
römische Kirche hielt sich in ihrer Geschichte schließlich immer auf
Seiten der Mächtigen und Reichen – und sie hat ja selbst auch ein
gewaltiges Vermögen zu verlieren. Und genau deshalb vermied es Pius XII.
buchstäblich bis zuletzt, sich in irgendeiner Weise gegen Hitler zu
stellen. Erst als alles vorbei war, als Deutschland besiegt war und
Hitler Selbstmord begangen hatte, schwenkte der Papst um und erklärte in
einer Ansprache, es sei eine "gute Tat" gewesen, den "satanischen
Nazismus" zu vernichten.
Natürlich passt diese bittere Wahrheit über die zutiefst
menschenverachtende strategische Partnerschaft zwischen Vatikan und
Faschismus nicht zu einer Seligsprechung, wie man sie sich im
Katholizismus des beginnenden 21. Jahrhundert vorstellt. Deshalb
serviert uns die katholische Geschichtsschreibung seit vielen Jahren in
Dutzenden von Büchern und Filmen eine etwas andere Version. Pacelli habe
geschwiegen, um schlimmeres Unheil zu verhindern, heißt es da.
Wobei dann immer noch die Frage wäre, was es denn Schlimmeres gibt als
den Mord an ca. sechs Millionen Menschen wegen ihrer jüdischen
Abstammung.
Aber
bleiben wir einmal bei dieser Version der Geschehnisse. Sie wird meist
festgemacht an einer einzigen Aussage.
Schwester Josephina Lehnert, die sich später Pascalina nennt (andere
Schreibweise: Pasqualina), die
bayerische Haushälterin Pacellis, erzählt, Pius habe im Juli 1942 einen
öffentlichen Protest vorbereitet, und zwar gegen die Deportation der
Juden in den Niederlanden. Zuvor hatten unter anderem die katholischen
Bischöfe der Niederlande gegen den Abtransport der Juden protestiert.
Als Pius aber erfahren haben soll, dass die deutschen Besatzer als Reaktion auf diese
Proteste auch diejenigen Juden mit abtransportierten, die katholisch
getauft waren, habe er seinen Protest aber Feuer geworfen.
"Mutter" Pascalina galt im übrigen als die "beherrschende Figur" (was auch immer
das bedeutete) im Umfeld von Pius XII. (so Roger Peyrefitte in
seinem Buch Die Schlüssel von Sankt Peter, zit. nach Der
Spiegel, 21.11.1983), was ihr den Spitznamen "virgo potens"
einbrachte ("starke Jungfrau"). Sie war die starke Frau an der
Seite des Papstes, was offenbar dazu führte, dass sie
nach dem Tod von Pius XII. 1958 "unverzüglich" die
päpstliche Sommerresidenz Castelgandolfo "verlassen" musste
(Wikipedia, Stand: 5.11.2011). Für ihre Dienste an Eugenio Pacelli, der
– wie hier nachgewiesen – in
zahllose Verbrechen und Völkermorde verwickelt ist, erhielt sie später den
katholischen Orden Pro Ecclesia et Pontifice (1958), das
Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1969), den
Bayerischen Verdienstorden (1983), das Goldene Ehrenzeichen für
Verdienste um die Republik Österreich (1981) und ein Grab am Campo Santo
Teutonico in Rom (1983); einem Gelände, wo schon die römischen Kaiser
Nero und Caligula gelegen haben sollen.
Und Papst Joseph
Ratzinger lobte die "Virgo potens", weil sie es verstanden
habe, "für Pius XII. den menschlichen Lebensraum zu
schaffen, den er brauchte", so ein Zitat aus Martha Schad, Gottes mächtige
Dienerin, Schwester Pascalina und Papst Pius XII. (München 2007; siehe
rechts),
wobei sie natürlich überhaupt nicht "Gott" gedient hat, sondern Papst Pacelli,
faktisch dem obersten Baalspriester
der Welt. Und
so lautet auch der Titel ihres 1962 erschienenen eigenen Buches: Ich
durfte ihm [also Pacelli] dienen, Erinnerungen an Papst Pius XII.
Und da die hoch dekorierte Haushälterin Pascalina die einzige
"Zeugin" des eventuellen Protestversuchs von Pius XII. im Jahr
1942 ist, und sonst offenbar niemand im Vatikan und der ganzen Kirche etwas davon
mitbekommen hat, macht den Wahrheitsgehalt der Geschichte natürlich sehr
fraglich. Es könnte allerdings auch aufzeigen, dass der Papst solche wichtigen
Dinge gar nicht mit seinen Kardinälen besprach, sondern nur mit Pascalina
Lehnert, der "virgo potens". Und es muss mangels Einblicken offen bleiben,
ob päpstliche Entscheidungen von 1939-1958 möglicherweise vor allem
Entscheidungen von Pascalina waren. In diesem Zusammenhang ist auch
interessant, dass Papst Pius XII. nach dem Tod seines
Kardinalstaatssekretärs keinen Nachfolger für dieses vakante Führungsamt
ernannte, sondern auch dieses Amt zusätzlich selbst ausfüllte. Kritiker
mutmaßen, er hatte ja Pascalina.
Doch selbst wenn die Haushälterin hier die
Wahrheit sagt, was alles in der Welt soll daran heroisch, selig oder
heilig sein, wenn jemand darüber nachdenkt, sein Missfallen gegenüber
der Abschlachtung von Millionen Menschen zum Ausdruck zu bringen und
dann doch lieber schweigt! Dann könnte man geradezu alle Katholiken, die
in verantwortlicher Position zu Verbrechen geschwiegen haben, zu
Kandidaten einer Seligsprechung machen, denn ihnen allen müsste zugute
gehalten werden, dass sie ja gleich dem Papst nur den Mund gehalten
haben, um angeblich den Täter nicht noch zu weiteren Taten zu
provozieren. Und dabei könnte man auch gleich einige Mafiosi
mit einbeziehen, die aufgrund der "Omerta" (dem Schweigen)
Mafia-Rache-Morde verhindert haben. Dann würde das Schweigen zu Verbrechen
also offiziell zu einer tugendhaften katholischen Norm.
Falsch an der ganzen Geschichte zur "Rechtfertigung" des Papstes ist ohnehin, dass meistens die Zahl von 40.000
Menschen ins Spiel gebracht wird, welche auf die Proteste in den
Niederlanden hin zusätzlich
ermordet worden sein sollen, was den angeblichen Protestwunsch des Papstes
zum Holocaust verhindert hätte. In Wahrheit waren es 114.
Doch bleiben wir bei bei der Frage: Kann es wirklich sein, dass Pius XII. nur
deshalb schwieg, weil er die Sorge hatte, die Katholiken in Deutschland
könnten im Falle seines Protestes von einer zornigen Reaktion des Nazi-Regimes getroffen werden?
Dagegen spricht auch der Tatbestand, dass die Nationalsozialisten
auch in Deutschland ohnehin alle Juden, die katholisch oder evangelisch getauft
waren, aufgrund ihrer Abstammung in die Gaskammern deportierten, wie die
Juden jüdischen Glaubens auch. Und das
war schon lange vor 1942 bekannt. Es waren also ohnehin schon Tausende
von getauften Katholiken dabei, die deportiert, vergast und verbrannt
wurden, während der Papst weiter schwieg. Und parallel dazu wurden
Kirchenmitglieder aufgrund ihrer jüdischen Abstammung auch in ihren
jeweiligen Kirchengemeinden vielfach ausgegrenzt. Und dass die Nazis früher oder später in den Niederlanden genauso vorgehen
würden, war also zu erwarten gewesen. Fast zynisch hierbei die spätere
Heiligsprechung des katholischen Holocaust-Opfers Edith Stein;
einer Jüdin, die zum Katholizismus übergetreten war. Wohlgemerkt: Sie
wurde vergast, weil sie Jüdin war, nicht weil sie gleichzeitig
Katholikin war. Aber die Kirche reklamierte Edith Stein als "ihr" Opfer.
Gegen die These von der "Sorge" des Papstes um die deutschen Katholiken spricht weiter, dass die Vatikankirche
auch in weiteren Fällen
keinerlei Skrupel hatte, ihre eigenen Gläubigen in höchste Gefahr zu
bringen oder in einer Gefahr zu belassen, wenn sie bestimmte
strategische Absichten verfolgte – etwa, als sie zu Beginn des
Spanischen Bürgerkriegs für die faschistische Seite General Francos
Partei ergriff und dabei in Kauf nahm, dass Tausende von Priestern und
Nonnen umgebracht wurden. Außerdem war dies eine offene Kriegserklärung
an alle die Priester, welche die spanische Republik und Demokratie
befürworteten und die dann auch von den mit dem Vatikan verbündeten
Faschisten umgebracht wurden. Oder denken wir an das katholische Polen,
wo im Zweiten Weltkrieg durch die deutschen Besatzer Tausende von
Akademikern, Offizieren und Priestern umgebracht wurden, ohne dass der
Vatikan auch nur ein Wörtchen des Protestes erhoben hätte. Weshalb
sollte der Papst jetzt so um das Wohl der deutschen Katholiken besorgt
sein, die er erst zehn Jahre zuvor, wie wir in den vorhergehenden
Sendungen gehört haben, durch seine eigenen strategischen Winkelzüge mit
in die Hände Hitlers manövriert hatte?
Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass Eugenio Pacelli mitunter
tatsächlich Gedanken der Sorge hatte. Man kann ja in seinen Kopf nicht
hineinblicken. Und sehr wahrscheinlich hatte er, je länger der Krieg
dauerte und je näher die Front und die deutsche Besatzung sich dem
Vatikan näherten, auch schlichtweg Angst davor, das Deutsche Reich zu
brüskieren. Bezeichnenderweise erhob der Papst erst dann seine Stimme
gegen Bombenangriffe auf große Städte, als es um Rom ging und die Bomben
schon in Hörweite seiner Schlafgemächer einschlugen. Zuvor war das für
ihn kein Thema gewesen.
Und in Juli 1942, als die von der dominanten Haushälterin geschilderte Szene
gespielt haben soll, gab es in Rom jedoch weder deutsche
Besatzungstruppen noch Bombenangriffe. Und Pacelli war ein versierter
Spitzendiplomat, der ganz genau wusste, dass es ein Unterschied war, ob
katholische Bischöfe in den Niederlanden gegen die deutsche
Besatzungsmacht protestierten, oder ob der Papst den Millionen von
Katholiken in Hitlers eigenem Land etwas zu sagen gehabt hätte. Und so
saß er das Thema aus.
Doch selbst dann, wenn Pius XII. von seinen Anhängern sein
Schweigen zur Vernichtung der Juden gar nicht angelastet wird, so fehlt für
seine geplante Seligsprechung immer noch ein notwendiges
"Wunder". Bei Papst Johannes Paul II. fand sich bekanntlich die Nonne
Marie Simon-Pierre, die von Johannes Paul II. aus dem Jenseits von der
Parkinsonschen Krankheit geheilt worden sei, nachdem die Nonne ihn
im Jahr 2005 deswegen angefleht habe. Bei Pius XII. bleibt noch abzuwarten, welches
"Wunder" man noch findet oder welches Wunder er eventuell aus
dem Jenseits angeblich noch tut.
Dass durch Protest bei den Nationalsozialisten aber durchaus etwas bewegt werden konnte, das zeigt der
Streit um die Kruzifixe in bayerischen Schulen im Jahr 1941. Nach
stürmischen Protesten mussten die Behörden ihren Plan zurücknehmen, die
Kreuze aus einigen bayerischen Schulen zu entfernen. Da suchten z. B. 120 empörte Frauen das Landratsamt in Bad Kissingen auf und
kündigten an, ihre im Krieg kämpfenden Männer und Söhne zum Widerstand
aufzurufen, denn ihr "Vertrauen zum Führer" sei erschüttert
(Katholisches Sonntagsblatt Würzburg, 14.8.2011). Die
Nationalsozialisten waren beeindruckt und gerührt. Und durch diesen
spontanen Protest kam niemand zu Schaden, es wurde niemand verhaftet
oder bestraft, und er hatte außerdem noch "Erfolg".
Einen ähnlichen Erfolg
feierten die deutschen Protestanten schon 1934, als ihr bayerischer
Landesbischof Hans Meiser durch die Reichskirche kurzfristig abgesetzt
worden war. Nach einer Protestdemonstration in München wurde Meiser sogar von Hitler persönlich
empfangen und vom Führer wieder ohne Wenn und Aber in sein Amt eingesetzt.
Und was wäre also geschehen, wenn ein Protest gegen die Massenmorde durch ganz
Deutschland gegangen wäre, und zwar nicht spontan, sondern von höchster
katholischer Stelle angeregt? Hätte das wirklich nichts bewirken können?
Millionen von katholischen Soldaten standen an der Front. Wären sie
nicht verunsichert gewesen? Oder hätten die Machthaber sich gar an den
katholischen Frontsoldaten im Dienst des Führers gerächt? Mit Sicherheit
nicht.
Aber all das sind nichts weiter als theoretische Gedankenspiele. Denn
in dem erwähnten Fall mit den Kruzifixen ging es um das Eingemachte der
katholischen Kirche, es ging um die kirchliche Macht über die Erziehung
der Kinder. Da musste reagiert werden. Im anderen Fall
hingegen ging es um das Leben von Millionen Menschen, die wegen ihres
Glaubens
–
der sie
nach katholischer Lehre sowieso bald in die ewige Hölle bringen würde
–
und wegen ihrer Abstammung verfolgt wurden. Da ließ man als Papst besser
die Finger davon.
Und weshalb ließ er die Finger davon? Vielleicht auch deshalb, weil ihm
schon die bloße Möglichkeit eines politischen Protestes der katholischen
Gläubigen im Grunde zutiefst zuwider war. Die Aktionen der Frauen in Bad
Kissingen und anderswo zeigen ja, dass es hier noch immer ein Potenzial
in Deutschland gegeben hätte.
Doch Pacelli hatte schon in seiner Zeit
als Nuntius in München und Berlin in den 20er Jahren dieses Potenzial
keineswegs unterstützt, im Gegenteil: Er hatte die katholischen
Parteien, vor allem das Zentrum, immer wieder zu gängeln versucht und
ihnen eine Koalition mit den Rechtsparteien nahegelegt. Und 1933, als
Hitler die Macht ergriff, hatte der damalige Kardinalstaatssekretär
Pacelli die eigene Partei, das katholische Zentrum, so in der Luft hängen lassen, dass ihr gar
nichts anderes übrig blieb, als sich selbst aufzulösen. Das Konkordat
mit Hitler war dem Kirchenfürsten Pacelli (und seiner deutschen
Haushälterin Pascalina) wichtiger gewesen als der
aktive politische Katholizismus in Deutschland, der eine Generation
zuvor immerhin im "Kulturkampf" mit Bismarck stand – und der in der
Weimarer Zeit, wäre der Vatikan ihm nicht in den Rücken gefallen,
gemeinsam mit den Sozialdemokraten womöglich die Machtergreifung Hitlers
hätte verhindern können.
Doch Papst Pacelli hatte anders entschieden. Und das war kein Zufall.
Dahinter steht nämlich Pacellis Auffassung von Kirche: Da gibt es den
Papst, die Bischöfe und die Priester – und dann gibt es eine Kluft,
und dann kommt erst das Volk. Das Volk, das andächtig auf das zu
lauschen hat, was die Kircheoberen ihnen zu sagen haben, und das
gehorcht, und zwar bei Androhung der ewigen Verdammnis. Die
Eigenverantwortung katholischer Gläubiger, die eigene Ideen entwickeln,
die eigene Entscheidungen treffen – all das war schon dem Kurienkardinal
Pacelli so fremd, dass er auch später als Papst nicht im Traum daran
dachte, dieses Potenzial in irgendeiner Weise zu nützen. Statt dessen
gab er lieber diplomatisch verklausulierte und geschraubte Erklärungen
von sich, aus denen dann heute seine Verteidiger an manchen Stellen
in einer Art Kaffeesatzleserei den Hauch eines Protestes herauszulesen
versuchen. Doch vergebens: Weder die Nationalsozialisten als Täter noch
die Juden als Opfer hat Pacelli jemals klar benannt. Und den politischen Katholizismus, der auf diese
Untaten hätte reagieren können, den hatte er ohnehin bereits Jahre zuvor
den absolutistischen Machtansprüchen seiner Kirche geopfert.
Vielleicht ist das ja auch einer der Hauptgründe, weshalb Papst
Ratzinger seinen Vorgänger Pacelli unbedingt selig sprechen möchte:
Weil er nämlich selber eine ähnlich mittelalterliche Auffassung von
Kirche vertritt und katholische Laien wie auch unbotmäßige progressive
Theologen ähnlich herablassend behandelt wie fast alle seiner Vorgänger
es taten.
Der britische Buchautor John Cornwell bringt es in seinem Buch Pius
XII., der Papst der geschwiegen hat, so auf den Punkt: "Pacellis
Schweigen angesichts der Ungeheuerlichkeit des Holocaust bedeutete nicht
nur ein persönliches Versagen, sondern ein Versagen des Papsttums als
Institution und der von ihm geprägten Kultur des Katholizismus."
Und Cornwell schreibt weiter: "Es war ein Grundzug von Pacellis
Ideologie der päpstlichen Macht, dass Katholiken ihr soziales und
politisches Denken einer Instanz ´überantworten` sollten, dass sie ihre
Verantwortung als Katholiken für das, was auf der Welt geschah, aufgeben
und nach oben blicken sollten zum Heiligen Vater ..." (345 f.)
Es geht also um das Versagen des katholischen "Petrusamtes", das alle "Petrusjünger" zu gehorsamen
Untertanen entmündigt, die im Küssen des Fischer-Rings an der Hand des
Papstes der Erfüllung ihrer religiösen Sehnsucht am nähesten kommen,
nicht jedoch im Tun des Rechten und Guten.
Oder, wie es der deutsche
Germanist Walter Jens im Jahr 1999 bei der Besprechung des eben
erwähnten Buches von Cornwell auf den Punkt brachte: "Jesus, der
Jude mit dem gelben Fleck auf dem zerschlissenen Rock: zur Seite
geschoben beim Aufbau unumschränkter römischer Macht." (Die Woche, 29.10.1999)
Der Versuch, Pacellis Schweigen zum Holocaust damit zu erklären, er habe
damit ja nur Schlimmeres verhindern wollen, ist also nichts anderes als
eine billige Ausrede. Auch, wenn man bedenkt, wie nur kurze Zeit später
die meisten deutschen Städte mit ihren Millionen von Katholiken in
Schutt und Asche gelegt worden sind. Und nicht nur das: Dieser Versuch,
das Schweigen des Papstes als ethisch wertvoll darzustellen, ist
gleichzeitig eine Abwertung, ja eine Verhöhnung von all den mutigen
Menschen, die auch in scheinbar aussichtsloser Lage versucht haben,
einem verbrecherischen Regime die Stirn zu bieten – und die dann unter
Lebensgefahr tatsächlich so manches Menschenleben gerettet haben. Und
wenn Pacelli tatsächlich ein reines Gewissen gehabt hätte – weshalb hat
er es dann auch nach dem Krieg bis zu seinem Tode vermieden, zum
Holocaust Stellung zu beziehen?
Doch die katholische Geschichtsschreibung ist erfinderisch und
– symbolisch gesprochen – einfallsreicher als ein Dutzend Schlangen.
Nachdem man das Schweigen von
Pius zum Holocaust insgesamt nicht mehr leugnen kann, versucht man ihn
nun zum stillen Retter zumindest einiger Tausend römischer Juden hoch zu
stilisieren. Wahr daran ist nur, dass tatsächlich zahlreiche Juden, die
der Razzia der SS im Oktober 1943 entgangen waren, später in Kirchen und
Klöstern bis zum nahen Kriegsende Unterschlupf fanden. Doch war das
nicht ohnehin ein schlichtes Gebot der Menschlichkeit, zumal wenn man
sich Christ nennt? Zumal das für den Papst mit keinerlei Einschränkung
oder einem persönlichen Risiko verbunden war.
Und was war dem vorausgegangen? Die Vorgänge im Rom des Oktober 1943
sind trotz aller Beschönigungsversuche wiederum alles andere als ein
Ruhmesblatt für Eugenio Pacelli. Denn anders, als es heute oft
dargestellt wird, auch in von der katholischen Kirche teuer bezahlten
Fernsehfilmen, hat der Papst keineswegs durch seine Intervention weitere
Deportationen gestoppt. Es waren vielmehr schlichtweg keine
weiteren mehr vorgesehen (!). Und zu der voraus gegangenen Deportation nach
Auschwitz, die praktisch vor seiner Haustüre geschah und sich über
mehrere Tage hinzog, schwieg Pacelli ebenso wie zum Holocaust insgesamt.
Doch Eugenio Pacelli und Pascalina waren mit Sicherheit nicht dumm, und
sie wussten zu
diesem Zeitpunkt natürlich, dass die Deutschen den Krieg nicht mehr
gewinnen konnten. War das mit ein Grund dafür, dass der Papst am Ende dann doch
noch ein gewisses kalkuliertes Risiko einging und die Klöster für
flüchtende Juden öffnen ließ? Denn die Kirche denkt natürlich auch über
das Kriegsende hinaus. Oder war es tatsächlich ein schlechtes Gewissen,
weil er nicht schon zuvor etwas unternommen hatte? Wir wissen es nicht.
Sicher ist nur, dass diese Schutzaktion für einige wenige in letzter
Minute nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war im Vergleich zu dem, was
ein klares Wort des Oberhaupts vor mehreren hundert Millionen Katholiken
zur rechten Zeit hätte bewirken können.
Doch dann hätte der Papst auch eingestehen müssen, dass die Kirche die
Hauptschuld trägt an der Verfolgung der Juden durch die Geschichte und
damit mitschuldig daran ist, dass es überhaupt zum Holocaust kommen
konnte. Doch von einem solchen Eingeständnis ist die Kirche bis heute
weit entfernt. Noch im August 2005 sprach Papst Joseph Ratzinger bei
seinem Besuch in der Synagoge von Köln von einer "wahnwitzigen
neuheidnischen Rassenideologie", die zur Auslöschung des europäischen
Judentums geführt hätte. Als ob diese Ideologie ohne die Jahrhunderte
lange Vorbereitung durch die kirchliche Judenfeindschaft überhaupt
denkbar gewesen wäre!
Adolf Hitler selbst rechtfertigt
in einem Gespräch mit Bischof Hermann Wilhelm Berning von Osnabrück vom 26.4.1933 die Judenverfolgung damit,
"dass er
gegen die Juden nichts anderes tue als das, was die Kirche in 1500 Jahren gegen sie getan
habe."
(zit.
nach Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Berlin 1981, S. 406)
Und im Mai 2006 versuchte Papst Ratzinger bei seinem Besuch im
ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz den Holocaust so darzustellen,
als ob die Deutschen, die dabei mitmachten, allesamt von einer "Schar
von Verbrechern" missbraucht worden seien. Damit wiederholte er die
Zwecklüge ungezählter Deutscher, die nach dem Krieg von ihrer eigenen
Schuld ablenken wollten.
Und das wollten auch die deutschen Bischöfe. Unmittelbar nach dem Krieg
stilisierten sie sich nachträglich alle zu "Widerstandskämpfern" hoch,
obwohl nicht wenige von ihnen, wie wir in den voran gegangenen Teilen
beschrieben haben, die deutschen Soldaten bis fast zum Schluss zum
Weiterkämpfen und zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit aufgefordert
hatten.
Und nach dem Krieg stießen Vertreter jüdischer Organisationen, die
jüdische Kinder, die in katholischen Einrichtungen versteckt worden
waren, wieder abholen wollten, auf erheblichen Widerstand. Der
Historiker Saul Friedländer war so ein Kind, und er berichtet in einem
Interview mit der Süddeutschen Zeitung (10.1.2011), dass
sein Onkel erst die Polizei einschalten musste, um ihn, seinen Neffen,
zurückzubekommen. Erst Jahre später erfuhr Friedländer, weshalb das so
war. Er berichtet: "Von Papst Pius XII. kam die
Anweisung, dass man die getauften jüdischen Kinder in katholischen
Institutionen, deren Eltern nicht zurückgekehrt waren, nicht mehr
zurückgeben solle. Meine Eltern sind nicht zurückgekommen." Allein die katholische
Zwangstaufe von einzelnen jüdischen Kindern, mit deren "Rettung" man
sich heute brüstet, ist ein unvorstellbarer Skandal mit verbrecherischem
Beigeschmack. Man hat damit bereits bewusst die Ermordung der Eltern
einkalkuliert, denen es bei der Vorstellung einer Zwangskatholisierung
ihrer Kinder sicher das Herz gebrochen hätte.
Auch der kleine Saul war inzwischen im Internat katholisch getauft
worden und hatte von seinen katholischen "Rettern" den Namen "Paul"
erhalten (was den Wandel vom Juden "Saulus" zum Kirchenlehrer "Paulus"
symbolisieren soll) und sollte zu einem strammen Katholiken erzogen
werden.
Dies erinnert in furchtbarer Weise auch an den
Kinderraub von Papst Pius IX.,
der das jüdische Kind Edgardo Mortara 1859 von seinen Eltern in den
Vatikan entführen ließ, es adoptierte und zu einem unterwürfigen
katholischen Priester machte, nachdem er erfahren hatte, dass das
katholische Kindermädchen den kleinen Edgardo ohne Wissen von dessen
Eltern katholisch "notgetauft" hatte, um dessen Seele vor der "ewigen
Hölle" zu retten. Das Dienstmädchen wurde dafür ausdrücklich gelobt.
Und
Pius IX. wurde von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 selig
gesprochen.
Während also die gerade erst den Gaskammern entronnenen Verwandten von
ermordeten Juden in der Nachkriegszeit um die Herausgabe von deren
Kindern durch die Kirche an die Familien kämpfen mussten,
gelang Tausenden von Kriegsverbrechern aus Deutschland, Kroatien und
anderen Ländern wie von Zauberhand die Flucht nach Spanien und
Südamerika. Sie bedienten sich dabei der sogenannten "Rattenlinie", auf
der sie von Kloster zu Kloster (im übertragenen Sinne von einem
"Rattenloch" zum nächsten) geschleust und von katholischen Geistlichen
geschützt und betreut wurden. Auch dies geschah unter dem Pontifikat von
Pius XII. Und dieser Mann soll jetzt selig gesprochen werden.
Man will weiter einen Mann selig sprechen, der zwar weder Hitler noch
andere katholische Nazis aus der Kirche ausschloss, der aber im Jahr
1949 nicht zögerte, allen Italienern mit der Exkommunikation zu drohen,
die auch nur in Verbindung mit der Kommunistischen Partei Italiens
standen. Man will einen Mann seligsprechen, der zwar 1946 gegen die
Verhaftung des kroatischen Faschistenkollaborateurs Erzbischof Stepinac
öffentlich protestierte, dem aber die Ermordung von Millionen Juden
weder einen öffentlichen Protest noch eine einzige Solidaritätsmesse
wert war.
Man will im 21. Jahrhundert einen Mann selig sprechen, der noch 1953
verkündete, dass die Religionsfreiheit, also ein grundlegendes
Menschenrecht, gegenüber dem Wahrheitsanspruch der Kirche nicht gelte.
Wörtlich sagte er: "Was nicht der Wahrheit oder Sittennorm entspricht,
hat objektiv kein Recht auf Existenz, Propaganda und Aktion."
Und dass
dies keine leeren Worte waren, zeigte sich im August 1953 in Spanien.
Mit der Franco-Diktatur schloss der Vatikan nämlich ein Konkordat
ab, das die katholische Religion zur "einzigen Religion der
spanischen Nation" erklärte und alle anderen Religionen
extrem benachteiligte, ja fast in den Untergrund trieb, wie Karlheinz
Deschner schreibt. Dass der spanische Staat sich in diesem Konkordat
enorme finanzielle Opfer für die Kirche aufbürden ließ, versteht sich
fast schon von selbst.
Wer also glaubt, die Kirche habe sich geändert, der verwechselt ganz
offenbar "Änderung" mit raffinierter Anpassung an den jeweiligen
Zeitgeist. Und möglicherweise gibt der Zeitgeist die Seligsprechung von
Pius XII. schon bald her.
Gleichzeitig erklärte auch Kurienkardinal Alfredo Ottaviani im Hinblick
auf protestantische Minderheiten Italiens und Spaniens: "In den Augen
eines wahren Katholiken ist die so genannte Duldsamkeit nicht am Platz"
(Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert, Teil 2, S. 583). Und
noch 1955 bezeichnete Papst Pius XII. die Reformation "als das schwerste Verhängnis, welches das christliche
Abendland und seine Kultur treffen konnte" (zit. nach Main-Post,
10.11.2010). Schon 1948 hatte der Vatikan Religionsgespräche und
gemeinsame Gottesdienste mit den Protestanten ausdrücklich verboten.
Eine Seligsprechung Pacellis durch Ratzinger wäre also auch ein weiteres
Signal dafür, dass für den Vatikan "Ökumene" Unterwerfung unter den
Stuhl Petri bedeutet, auch wenn man dies aus den gespreizten
Wortgeflimmere der entsprechenden Verlautbarungen nicht immer sofort
heraus hört.
Papst Pius XII. ist zudem ein Mann, der wie kein zweiter dafür
verantwortlich ist, dass Deutschland nur wenige Jahre nach dem
verlorenen Zweiten Weltkrieg wieder aufrüstete. Es war der Kölner
Kardinal Frings, der im März 1950 als erster öffentlich die
Wiederaufrüstung der Deutschen forderte, und zwar, wie er selbst
betonte, in Übereinstimmung mit dem Papst, der seinerseits bereits 1948
gefordert hatte: "Ein Volk, das von einem ungerechten Angriff
bedroht ... ist, kann, wenn es christlich handeln will, nicht in
passiver Gleichgültigkeit verharren, und noch mehr verbietet die
Solidarität der Völkerfamilie den anderen, sich in gefühlloser
Neutralität als einfache Zuschauer zu verhalten." Karlheinz Deschner
fragt hier zurecht: "Statt gefühlloser Neutralität also gefühlvoller
Krieg?" (Deschner, Teil 2, S. 373)
"... wenn es christlich handeln will ..." Mit der Lehre des Jesus
von Nazareth hat das alles nichts, aber auch gar nichts zu tun, denn
dieser sagte klar und eindeutig: "Wer zum Schwert greift, wird durch das
Schwert umkommen." Was aber sagt Kardinal Frings auf dem
Katholikentag in Bochum? "Der Papst lässt keinen Zweifel darüber, dass
es eine verwerfliche Sentimentalität, ein falsch gerichteter
Humanitätsdünkel wäre, wenn aus Furcht vor den Leiden des Krieges jemand
Unrecht geschehen lässt. Nach den Gedanken des Papstes ist also eine
Kriegsführung, die gegen Unrecht gerichtet ist, nicht nur ein Recht,
sondern sogar die Pflicht aller Staaten." (S. 373)
Und in
einem Hirtenbrief fügte er hinzu, "dass eine Propaganda für eine
uneingeschränkte und absolute Kriegsdienstverweigerung mit dem
christlichen Gedanken nicht vereinbar ist, dass auch diejenigen auf
einem Irrweg sind, die der Jugend solches Denken beibringen". (S.
373 f.)
Damit die Jugend also nicht auf den pazifistischen "Irrweg"
gebracht wird, trägt z. B. auch das Kardinal-Frings-Gymnasium in Bonn-Beuel den Namen der Eminenz.
Und die Umbenennung der großen Rheinbrücke in Düsseldorf von Südbrücke
in "Josef-Kardinal-Frings-Brücke" im Jahr 2006 zeigt auf, welche Kräfte
in Deutschland wieder nach oben drängen. In Düsseldorf wurde von der
CDU-Mehrheit im Stadtrat im Jahr 2011 übrigens auch das Todesurteil gegen
zwei Frauen im Jahr 1738 bestätigt (sie wurden bei lebendigem Leib
verbrannt), da die beiden Frauen "in abergläubische Praktiken"
verwickelt waren.
Kardinal Frings erklärt hier Jesus von Nazareth also zu einem
"Irrlehrer"! Und Papst Pacelli erklärte ihn, Christus, den großen Liebe-
und Weisheitslehrer, für "gemeingefährlich", denn als "gemeingefährlich"
verwarf er, der Papst den "extremen Pazifismus", "also den", so
Karlheinz Deschner, "der allein und eigentlich im Sinne Jesu Pazifismus
ist". (Deschner, Teil 2, S. 404)
Das alles mag ja katholisch sein oder lutherisch, christlich ist es
jedenfalls nicht. Doch wie könnte die Kirche auch anderes lehren, hat
sie doch durch die Jahrhunderte hindurch Kriege nicht nur befürwortet,
sondern auch immer wieder selbst angezettelt. Zu allen Zeiten hat die
katholische Kirche die Völker dieser Erde mit Füßen getreten und nur
ihrem Gott gedient, dem Mammon, und ihm zu Ehren, geraubt, geplündert,
gefoltert und gemordet. Immer ging es nur darum den Reichtum und den
Einfluss der Kirche zu mehren. Dafür ging man allzu gerne und
freiwillig, oftmals federführend, auch Bündnisse mit teuflischen
Diktatoren ein. Einen Menschen zu töten ist ein Verbrechen.
Millionen Soldaten mit angeblich Gottes Segen den Kriegen
aufeinanderzuhetzen hingegen gilt als ein gottgefälliges Werk.
Und die Verdammung des Pazifismus, also der Friedfertigkeit, die der
Nazarener lehrte, zieht sich ebenfalls wie ein roter Faden bis heute
durch die Verlautbarungen der angeblichen Stellvertreter Christi. "Wir
sind keine Pazifisten!" erklärte z. B. Johannes Paul II. 1991 während
des Krieges gegen den Irak, und auch sein Nachfolger, Papst Josef
Ratzinger alias Benedikt XVI., lehnte noch im November 2004, also wenige
Monate vor seiner Wahl zum Papst, Pazifismus als "unchristlich" ab.
(Wer sitzt auf dem Stuhl Petri? Band 3, S. 25)
Der katholische Bundeskanzler Konrad Adenauer jedenfalls machte sich
die Aufrüstungspolitik des Vatikan voll zu eigen und erklärte 1952 die
Frage der Wiederbewaffnung Deutschlands zu einer "Weltanschauungsfrage".
Es gehe darum so Adenauer wörtlich, "ob Europa christlich
bleibt oder ob Europa heidnisch wird" (Deschner, Teil 2, S. 344). So
als ob es nicht gerade die Romkirche gewesen wäre, die von Anfang an das
ursprüngliche Urchristentum in sein Gegenteil verwandelt hätte, indem es
heidnische Rituale und Bräuche zuhauf aus antiken Kulten übernahm.
Übrigens: Der Katholik Adenauer, während der Weimarer Zeit
Oberbürgermeister von Köln, hatte sich zwar während des Dritten Reiches
aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen, zuvor jedoch 1929 Mussolini
begeistert zum Abschluss der Lateranverträge gratuliert und sich 1932 an
die Nazis angebiedert, indem er erklärte, "dass nach meiner Meinung eine
so große Partei wie die NSDAP unbedingt führend in der Regierung
vertreten sein müsse" (Deschner, Teil 1, S. 461). Auch der erste deutsche
Bundespräsident Theodor Heuss, ein Protestant, hatte 1932 "neben
allerlei Tadelnswertem viel Positives am Nazismus gefunden, vor allem
Hitler selbst auffallend geschont", wie Deschner schreibt (Teil 1, S.
461). Und auch Heuss war für die Wiederbewaffnung, so wie ja auch
beide Großkirchen Kriege und Gewalt immer gerechtfertigt haben.
In einem Hirtenwort gab der oben bereits genannte Joseph Kardinal Frings
1951 auch noch die Strategie preis, die hinter all dem steckte, nämlich:
"Die Verwirklichung des Ideals, das Reich Karls des Großen zu
errichten, ist noch nie so nah gewesen wie jetzt" (Deschner, Teil 2, S.
374). Darum geht es also der römisch-katholischen Kirche, ob sie nun
von Pacelli, Wojtyla oder Ratzinger angeführt wird.
Und Großmachtträume sind es, die die Kirche leiten. Man könnte es auch
Größenwahn nennen: die Errichtung eines europäischen Großreichs mit
Waffengewalt – denn bei Licht besehen war Karl der so genannte Große
ein brutaler Gewaltherrscher, der in 46 Regierungsjahren fast 50
Feldzüge führte. Und fast immer waren es Angriffskriege, die der von
der katholischen Kirche "heilig gesprochene" Kaiser anzettelte.
Besonders brutal die Massakrierung und Zwangskatholisierung der Sachsen
von 772 bis 804. Allerdings hat Kardinal Frings bei seiner Schwärmerei über den
"heiligen" Karl die Ironie der Geschichte außer Acht gelassen, die darin
besteht, dass die Anbiederung der Kirche an alle faschistischen
Diktatoren Europas maßgeblich zur Katastrophe des Zweiten Weltkriegs
beigetragen hat. Und nach dessen Ende fanden sich die Grenzen der
Einflusssphäre des sogenannten westlichen Abendlandes genau dort wieder,
wo sie zur Zeit Karls des Großen, also mehr als tausend Jahre zuvor,
auch schon waren – nämlich an der Elbe.
"Was verdient ein Papst", fragt Karlheinz Deschner in seinem Buch
Kirche und Faschismus, "der nicht nur mit Pavelić im Bunde war,
sondern auch mit Mussolini, Franco und Hitler? Und mit ihrer Hilfe, über
55 Millionen Tote hinweg, die Russen bis an die Grenzen Bayerns
brachte?" (S. 90)
Das alles brachte die Kirche aber nicht zum Nachdenken, im Gegenteil:
Mit um so größerem Eifer stürzten sich Papst und Kirche nun mit in den
Kalten Krieg. So wie Pius XII. die Atombombenabwürfe auf
Hiroshima und Nagasaki nie verurteilt hat, so unterstütze er auch Konrad
Adenauer bei seinen Plänen, auch Deutschland atomar zu bewaffnen. Führende
kirchliche Theologen wie der Jesuit Gustav Gundlach wurden nicht müde,
auch den atomaren Krieg theologisch zu rechtfertigen. Auch wenn es dann
mit den deutschen Atomwaffen entgegen dem Wunsch der Vatikan nichts
wurde, so unterstützte der Vatikan – so wie übrigens auch die
Lutherkirche – über viele Jahrzehnte gegen alle Bedenken aus dem Volk
"erfolgreich" die Energieerzeugung durch Atomkraftwerke. Noch 2007 lobte
der jetzige Papst Joseph Ratzinger ausdrücklich, so wörtlich, "den
Beitrag der Atomenergie zum Frieden, zur Gesundheit und zum Wohlstand."
PS: Wenn Kirchenvertreter, gleich ob katholisch oder lutherisch,
heute nach der Atomkatastrophe von Fukushima behaupten, immer schon
Bedenken gegen die Atomkraft gehabt zu haben, so ist das einmal mehr Lug
und Trug gegenüber dem Volk (siehe dazu auch
Der Theologe Nr. 53).
Aber die Kirche glaubte schon immer, das Denken der Menschen unter
Kontrolle zu haben und bis in die Einzelheiten hinein bestimmen zu
können. Papst Pius XII., der jetzt selig gesprochen werden soll, steht
auch für den Index verbotener Bücher, auf den während seiner
Amtszeit, nämlich zur Zeit des beginnenden Kalten Krieges, die Werke so
bekannter Schriftsteller und Philosophen wie André Gide, Jean-Paul
Sartre, Alberto Moravia oder Simone de Beauvoir gesetzt wurden (Iosif
Grigulevic, Ketzer-Hexen-Inquisitoren, S. 469). Adolf Hitlers
Hauptwerk Mein Kampf hingegen landete nicht auf dem Index, obwohl
Pacelli es schon in den 20er Jahren von vorne bis hinten gelesen hatte.
Mit Sartre oder Beauvoir sollte das Volk sich also nicht befassen. Es
sollte statt dessen aufblicken zum so genannten "Heiligen Vater" und zu
den Menschen, die ihm von der Kirche als Vorbilder, als angebliche
"Heilige", präsentiert wurden. Und da lag Pius (dem)
XII.
besonders einer seiner Vorgänger am Herzen, den er 1954 heilig sprach,
nämlich Pius X., in dessen Amtszeit von 1903 an er seine Karriere in der
römischen Kurie begonnen hatte. Ausgerechnet Pius X., auf den sich
übrigens auch die fanatische Pius-Bruderschaft in ihrem Namen bezieht.
Wir haben zu Beginn dieser Studie nachgewiesen, wofür dieser Papst steht: Für
einen innerkirchlichen Geheimdienst, eine regelrechte Schnüffel- und
Denunziantenzentrale in Rom, die mit den Mitteln der modernen
Inquisition alle Theologen rigoros abstrafte, die noch ihren eigenen
Verstand zu gebrauchen versuchten.
Solche Theologen, die ihren Verstand selbstständig einsetzten, konnte
auch Pius XII. nicht gebrauchen – vor allem dann nicht, als er im Jahr
1950 das auch unter Theologen äußerst umstrittene Dogma der
leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel verkündete. Schon der
gesunde Menschenverstand könnte hier einwenden, was denn Maria mit ihrem
irdischen Körper in einem "Himmel" anfangen soll, in dem ansonsten nur
"feinstoffliche Wesen" existieren. Für Pacelli jedoch war dieses Dogma "das
größte religiöse Ereignis des Jahrhunderts", wie es ein vom Vatikan
verbreiteter Werbetext verkündete. "Eviva la Madonna! Evviva il Papa!"
schrie die Menge auf dem Petersplatz. "Gott war offenbar vergessen
worden", schreibt dazu Hans Erich Lampl in dem von Karlheinz Deschner
herausgegebenen Buch Der gefälschte Glaube (S. 262). Nicht
vergessen hat aber Papst Pacelli, seinem Dogma noch einen Nachsatz
hinzuzufügen, zu dem Lampl schreibt: "Potenzieller Scheiterhaufengeruch
schlägt aus diesem sanftheitsheuchelnden ´Credo` entgegen." (S.
266)
Und dieser Nachsatz lautet: "Wenn daher, was Gott verhüte, jemand diese
Wahrheit, die von Uns definiert worden ist, zu leugnen oder bewusst in
Zweifel zu ziehen wagt, so soll er wissen, dass er vollständig vom
göttlichen und katholischen Glauben abgefallen ist."
Man muss sich das einmal vorstellen: Schon das bloße Zweifeln an diesem
Dogma führt zum Ausschluss aus der Kirche und damit geradewegs in die
Hölle! "Ist dies auch Tollheit, so hat es doch Methode", steht bei
Shakespeare im Hamlet, und das kann man geradewegs auf die
Dogmen der Kirche übertragen. Denn es ist in der Tat so: Wer auch nur
einen der vielen angeblich unfehlbaren Lehrsätze der Kirche nicht
annimmt, gleich welchen, der unterliegt automatisch der Exkommunikation.
Die wenigsten Katholiken wissen das, aber es steht, ebenso wie Pacellis
Mariendogma – das hat die Randnummer 487 – in der offiziell
autorisierten Lehrsatzsammlung der
Vatikankirche, herausgegeben von Neuner und Roos. Unter
Randnummer 85 lesen wir da nämlich: "Wer nicht die ganze kirchliche
Überlieferung annimmt, die geschriebene wie die ungeschriebene, der sei
ausgeschlossen."
Und wo sind nun die Katholiken, die wirklich ausnahmslos alles
glauben, was die Amtskirche den Gläubigen in eineinhalbtausend Jahren so
alles vorgesetzt hat, von der Jungfrauengeburt über die
Reliquienverehrung bis hin zur leiblichen Aufnahme Mariens in den
Himmel. Wenn aber die meisten Katholiken ohne es zu ahnen längst
automatisch ausgeschlossen sind, wozu zahlen sie dann eigentlich noch
Kirchensteuer?
Auf jeden Fall zeigt dieser Nachsatz des Mariendogmas von 1950, wes
Geistes Kind hier am Werk ist. Der Gottesgeist, der freie Geist, der für
alle Menschen gleichermaßen da ist, der ist es sicher nicht, der einem
Menschen eingibt, alle zu verdammen, die nicht seine Ansichten teilen.
Weshalb ausgerechnet Eugenio Pacelli, der ansonsten so kühle und
zurückhaltende, wenig Emotionen zeigende Chefdiplomat an der Spitze der
Kurie, sich plötzlich mit derartiger Begeisterung in ein schwärmerisches
Mariendogma förmlich hineinsteigerte, wäre eigentlich eher ein Fall für
die Psychoanalyse. Vielleicht spielt dabei, wenige Jahre nach dem
Krieg, auch das schlechte Gewissen eine gewisse Rolle, das der Papst
mit diesem medienwirksamen Event, so würden wir heute sagen, zu
kompensieren versuchte.
Pacelli gab sich ja ständig den Anstrich eines vollkommenen Asketen; man
bezeichnete ihn auch als "pastor angelicus", als "engelgleichen Hirten".
Doch so ganz durchgeistigt, wie seine Bewunderer ihn gerne sahen, war er
offenbar doch nicht. Er scheint durchaus noch Sinn für gewisse
materielle Dinge gehabt zu haben, zum Beispiel Geld. Wie anders wäre es
zu erklären, dass dieser Papst, als er starb, seinen Erben ein
Privatvermögen von 80 Millionen Mark in Gold und Valuten hinterließ.
Dies entnehmen wir dem Buch Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert
von Karlheinz Deschner (Teil 2, S. 292). Er schrieb dies bereits
1982, also vor drei Jahrzehnten, und widersprochen hat ihm in diesem
Punkt bisher niemand. Auch nicht der Aussage, dass Pacellis drei Neffen
allesamt führende Posten sowohl beim Vatikan als auch bei dem Vatikan
eng verbundenen Wirtschaftsunternehmen bekleideten und während seiner
Amtszeit Einnahmen von umgerechnet 120 Millionen Mark erzielten. Die
durch verschiedene Fernsehfilme bekannt gewordenen Begünstigungen von Verwandten durch
Rodrigo Borgia alias Papst Alexander VI. lassen grüßen, auch wenn
man natürlich nicht weiß, ob Pius XII. seine Neffen begünstigt hat oder
ob sie unabhängig von ihrem Onkel kirchliche Karriere machten (PS:
"Neffen" sind im katholischen Sprachgebrauch oft auch die leiblichen
Söhne der Priester).
Aber auch das scheint einer Seligsprechung nicht im Wege zu stehen.
Bleibt die Frage: Welchen Narren haben die Päpste, die nach ihm kamen,
an diesem Vorgänger nur gefressen? Denn selig sprechen wollten ihn fast
alle. Um der Antwort auf diese Frage auf die Spur zu kommen, lassen wir
einmal einen Zeitzeugen zu Wort kommen, der in zweierlei Hinsicht
unverdächtig ist: Zum einen ist er Katholik, zum anderen sprach er seine
Ansicht bereits 1935 aus, als Pacelli noch gar nicht Papst war. Dieser
Zeitzeuge ist der ehemalige Reichskanzler Heinrich Brüning, ein
Politiker der katholischen Zentrumspartei, und er kam zu dem Schluss: "Hinter
der Verständigung mit Hitler stehe die vatikanische Bürokratie und ihr
Augure Pacelli. Ihnen schwebe ein autoritärer Statt und eine
autoritär von der vatikanischen Bürokratie geleitete Kirche vor, die
miteinander einen ewigen Bund schlössen." (zit. nach Cornwell, S. 185)
Dies bestätigte sich immer wieder auch nach dem 2. Weltkrieg, zuletzt
zum Beispiel in Lateinamerika beim Bündnis der Kirche mit dem
katholischen Diktator Pinochet in Chile oder dem
Bündnis des Vatikan mit der
faschistischen Militärdiktatur in Argentinien zwischen 1975 und 1983.
"... ein autoritärer Statt und eine autoritär von der vatikanischen
Bürokratie geleitete Kirche ..." Könnte es nicht sein, dass genau das
auch dem heutigen Papst Ratzinger vorschwebt, so wie es auch seinem
Vorgänger Wojtyla vorgeschwebt ist? Dann sollte Joseph Ratzinger
alias Benedikt XVI. aber auch so ehrlich sein, das zu sagen, statt
ausgerechnet diesem Papst, der kein Wort gegen den Holocaust über die
Lippen brachte, einen, so wörtlich "heroischen Tugendgrad" zuzuerkennen,
wie im Dezember 2009 geschehen, oder sogar zu behaupten, wie im April
2010, Pius sei "in dieser schweren Zeit ein Vater für alle" gewesen, ja
sogar "ein barmherziger Papst", der mit seiner Weisheit der Kirche die
Richtung in das dritte Jahrtausend gezeigt" habe (Radio Vatikan,
10.4.2010). Im November 2008 verstieg sich Joseph Ratzinger sogar zu
der Aussage, Papst Pius XII. sei ein Geschenk Gottes gewesen. Wörtlich
sagte er: "Mit der Persönlichkeit von Pius XII. hat der Herr seiner
Kirche ein außerordentliches Geschenk gemacht, für das wir ihm dankbar
sein müssen" (Südtirol online, 8.11.2008).
Ist diese Lobhudelei nicht ein Hohn auf alle Opfer des Krieges und des
Faschismus? Denn in welche Richtung dieser Kirchenmann die Kirche
geführt und wie er den Verlauf der Geschichte in höchst unheilvoller
Weise mit beeinflusst hat, das haben wir in dieser Studie heraus
gearbeitet. Was führt Joseph Ratzinger eigentlich im Schilde, wenn er
ausgerechnet die Richtung Pacellis durch eine Seligsprechung für das
dritte Jahrtausend vorgeben will? Will er etwa das Rad der Geschichte
zurückdrehen, träumt er am Ende von einer katholischen Weltdiktatur mit
faschistoiden Zügen, in der seine mittelalterlichen Fantasien
Wirklichkeit werden sollen? Und ist es nicht auch eine Verhöhnung
Gottes, diesen Mann als ein "Geschenk des Herrn" zu bezeichnen? Ist
es nicht eine Schande für alle aufrechten Bürger, dass der Filz von
Staat und Kirche nicht einmal vor den Gräueln des Nationalsozialismus
halt macht und maßgebliche Wegbereiter des Faschismus wie Pacelli in
aller Öffentlichkeit ohne bedeutende politische Konsequenzen
verherrlicht werden dürfen, als Gipfel des Zynismus noch dazu von einem
deutschen Papst Ratzinger?
Und ein "Vater für alle", das war Papst
Pacelli sicherlich auch nicht: weder für die zu Millionen
ermordeten Juden noch für die zu Hunderttausenden ermordeten orthodoxen
Serben, weder für die Soldaten, die auf beiden Seiten der Fronten mit
dem Segen seiner Feldkapläne in Elend und Tod geschickt wurden noch für
die Völker, die jahrelang unter den faschistischen Diktaturen zu leiden
hatten, die mit seiner Hilfe an die Macht kamen. Ein
barmherziger Vater – das war er allenfalls für die Tausende von
Kriegsverbrechern, denen nach dem Krieg auf der vom Vatikan
installierten "Rattenlinie"
die Flucht ins Ausland gelang.
Liebe Leserinnen, liebe Leser! Wir können Ihnen an dieser Stelle nur
raten: Bleiben Sie wachsam! Der Vatikan, auch das haben wir in dieser
Studie aufgezeigt, hat einen sehr langen Atem. Wo Politiker in
Wahlperioden von vier oder fünf Jahren denken, da denken Päpste in
Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. Bleiben Sie also wachsam, sobald das
Thema Seligsprechung wieder auftaucht, und insbesondere dann, wenn es
Papst Pius XII. betrifft. Und denken Sie daran: Wir benötigen weder
Selige noch Heilige, und schon gar keinen autoritären Staat, wie z. B.
der Vatikan einer ist. Denn der freie Geist, den wir auch Gott nennen,
der ist überall lebendig und steht jedem von uns als Kraftquelle in
seinem Inneren zur Verfügung, der sich Ihm zuwendet. Und dieser freie
Geist braucht keine Religion und keine Kirche.
Zum Abschluss dieser Ausgabe noch einmal ein Blick auf die
Konkordate des Vatikan mit den faschistischen Staaten, eines der größten
"Verdienste" des späteren Papstes Pius XII.: Wussten Sie schon, dass Österreich
und Deutschland im Jahr 2013 ein gemeinsames Jubiläum miteinander verbunden hat?
Ob es allerdings ein Grund zum Feiern ist, das ist eine andere Frage. Im Jahr
1933 schlossen nämlich beide Staaten mit dem Vatikan so genannte Konkordate ab,
also Verträge auf höchster Ebene, die der Kirche bis zum heutigen Tag erhebliche
machtpolitische und finanzielle Privilegien sichern. Denn beide Konkordate sind
bis heute fast unverändert in Kraft. Und das, obwohl sie beide von
faschistischen Regierungen abgeschlossen wurden – ebenso übrigens, wie zuvor das
Konkordat des Vatikans mit Mussolini, der 1929 den Vatikanstaat
wiederherstellte.
Wenn man nach acht Jahrzehnten, also nach fast drei Generationen, auf
historische Ereignisse zurückblickt, so tut man das meist mit einem gewissen
inneren Abstand und überlässt die Debatte eher den historisch Interessierten.
Hitlers Machtergreifung, seine Gesetze und Verträge sind nach so langer Zeit
vielfach ausgeleuchtet und weitgehend aufgearbeitet.
Ähnliches gilt für Österreich, auch wenn dort die damalige klerikalfaschistische
Ära des Bundeskanzlers und Mussolini-Fans Engelbert Dollfuß nicht bei allen so
kritisch gesehen wird wie die Ära Hitler in Deutschland. Doch man hat aus der
Geschichte etwas gelernt. Doch die Frage sei erlaubt: Haben wir das wirklich?
Die beiden Konkordate sind,
wie gesagt, jedenfalls noch immer in Kraft. Am 5. Juni 1933
unterzeichnete die österreichische Regierung unter Dollfuß das Konkordat mit dem
Heiligen Stuhl.
Dabei gab es einen kleinen Zwischenfall: Der Verhandlungsführer des Vatikans,
der Spitzendiplomat Kardinal Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII.,
war entsetzt, als er feststellen musste, dass auf dem offiziellen Dokument seine
Unterschrift auf gleicher Höhe mit derjenigen des Bundeskanzlers zu lesen sein
sollte – "dem Heiligen Stuhl komme immer der Primat zu", so seine empörte
Aussage. Doch er konnte dennoch zufrieden sein. Österreich garantierte unter
anderem die Ausbildung der Theologen auf Staatskosten an staatlichen
Universitäten, die Finanzierung des Religionsunterrichts an staatlichen Schulen
und die vollständige Finanzierung der kirchlich geführten Schulen sowie – ganz
wichtig: das Recht der Kirche, aufgrund der staatlichen Steuerlisten
Kirchenbeiträge zu erheben. All das gilt bis heute unverändert.
Zur selben Zeit, im Sommer
1933, verhandelte Kardinal Pacelli bereits fieberhaft mit dem Deutschen Reich.
Das heiß ersehnte Ziel, das Pacelli schon seit mehr als zehn Jahren, als
langjähriger Vatikanbotschafter in München und Berlin, angestrebt hatte, schien
endlich Wirklichkeit zu werden: ein Konkordat mit Deutschland. Adolf Hitler
andererseits war es wichtig, sicherzustellen, dass die katholische Kirche in
Deutschland sich ihm bei der faschistischen Gleichschaltung des Staates nicht in
den Weg stellen würde. Dieses Ziel erreichte er auch: In dem am 20.
Juli 1933 unterzeichneten Reichskonkordat wurden den katholischen Priestern ab sofort
jegliche politische Betätigung untersagt. Im Gegenzug sicherte das Reich der
Kirche ihren Besitzstand an Gebäuden zu und ihren rechtlichen Staus als
"Körperschaft öffentlichen Rechts". Die theologischen Fakultäten an staatlichen
Universitäten blieben ebenso erhalten wie der staatsfinanzierte
Religionsunterricht an staatlichen Schulen. Auch katholische Schulen durfte es
weiterhin geben, und vor allem: Die so genannten Staatsleistungen, die
astronomischen Subventionen an die Kirchen sollten erhalten bleiben, ebenso wie
deren Recht, Kirchensteuer einzuziehen.
Man sieht schon an der
Ähnlichkeit der Bestimmungen, dass in den beiden Nachbarstaaten Deutschland und
Österreich mit Kardinal Pacelli derselbe Verhandlungsführer auf vatikanischer
Seite am Werk war. Es ging – wie fast immer in der Geschichte der Kirche –
hauptsächlich um Macht, um Geld und um die möglichst ungehinderte Erziehung, man
könnte auch sagen: Indoktrinierung der Kinder.
Wobei es beim Geld in einem Punkt einen kleinen, aber bedeutsamen Unterschied
gibt, und zwar den zwischen Kirchensteuer und Kirchenbeitrag: In
Deutschland gelang es der Kirche, die Wirtschaftsunternehmen verpflichten zu
lassen, die Kirchensteuer gleich vom Lohn abzuziehen.
In Österreich hingegen bekommt die Kirche die Meldedaten der jeweiligen
Religionsangehörigen vom Staat zur Verfügung gestellt, um den Kirchenbeitrag
selber zu erheben. Doch wenn der Gläubige nicht zahlen will, muss die Kirche
gegen ihn prozessieren, wenn sie an das Geld kommen will. In Deutschland treibt
es der Staat ein. Dieser Unterschied besteht bis heute unverändert.
Es ging also ums Geld –
gleichzeitig aber auch um große Politik. Denn gerade das Reichskonkordat
verschaffte Adolf Hitler, der gerade erst am Beginn seiner Diktatur stand, ein
ungeheures internationales Renommee.
Der Münchner Kardinal Michael Faulhaber gab dies selber zu. In einer Predigt
bestätigte er 1936, dass der damalige Papst Pius XI., so wörtlich, "der beste
Freund, am Anfang sogar der einzige Freund des neuen Reiches gewesen war."
Der Vatikan verbündete sich in der damaligen Zeit in der Tat mit allen
faschistischen Diktatoren Europas, von Italien über Deutschland, Österreich,
Spanien, der Slowakei bis hin zum grausamen katholisch-faschistischen Regime und
Kroatien zwischen 1941 und 1943.
Vor diesem Hintergrund
sollte man eigentlich erwarten, dass die Kirche dieser Ereignisse von 1933 mit
Scham gedenkt: Bündnisse mit den Faschisten, die wenig später ganz Europa ins
Unglück gestürzt haben, für das Linsengericht der Erhaltung von Privilegien und
Geld.
Man sollte erwarten, dass diese unselige Vergangenheit längst aufgearbeitet
wurde und auch die Verträge inzwischen Vergangenheit sind. Doch das
Gegenteil ist der Fall: sie gelten bis heute! Nach dem Krieg brachten kirchlich
geprägte Politiker nicht nur das Kunststück fertig, die Konkordate in den
demokratischen Rechtsstaat hinüber zu retten. Wohlgemerkt: Verträge, die in
beiden Fällen unter undemokratischen Bedingen entstanden waren und von einem
diktatorisch manipulierten Rumpfparlament verabschiedet wurden.
Die Kirchenlobbyisten sorgten sogar dafür, dass in Deutschland nach der
Wiedervereinigung 1989 noch weitere Konkordate mit den neuen Bundesländern im
Osten Deutschlands abgeschlossen wurden. Das bedeutet: weitere Privilegien,
weitere Geldzahlungen, und das in Gegenden, in denen gerade die Katholiken nur
eine verschwindende Minderheit sind. Gleichzeitig wurden die Privilegien und
Zahlungen auch auf die Lutherkirche ausgedehnt. Was das Kassieren staatlicher
Gelder angeht – auf diesem Gebiet besteht längst einvernehmliche Ökumene.
Bringt man dies alles
allerdings in Verbindung mit Christus, auf dessen Namen sich die Kirchen
berufen, so stellt sich die Frage, was das alles mit Jesus von Nazareth zu tun
haben soll. Gerade diese Staatsleistungen sind ein Skandal für sich. Der Staat
subventioniert beide Großkirchen in Deutschland beispielsweise mit etwa 17
Milliarden Euro pro Jahr, darunter auch erhebliche Steuerbefreiungen. Die
Gehälter von Bischöfen und Kardinälen, um nur en Beispiel zu nennen, werden nach
wie vor vom Staat bezahlt. Mehr dazu siehe in
Der Theologe Nr. 46
Wohlgemerkt: Dies alles erfolgt zusätzlich zur staatlich erhobenen Kirchensteuer
und auch zusätzlich zu den umfangreichen Zuschüssen zu kirchlichen
Sozialleistungen.
Kirchliche Schulen, Kindergärten, Altenheime und Krankenhäuser bezahlt zu fast
100 Prozent ebenfalls die Allgemeinheit und nicht die Kirche.
Die staatlichen Subventionen werden zudem mit einem historischen Schwindel
begründet: Es seien Entschädigungen für angebliche Enteignungen von
Kirchenbesitz zu napoleonischer Zeit, so wird behauptet. In Wirklichkeit wurden
damals nur uralte Reichslehen wieder eingezogen, die das Heilige Römische Reich
Deutscher Nation zuvor auf Zeit an die Kirchen vergeben hatte.
Zudem wäre der deutsche Staat eigentlich schon seit 1919 verpflichtet, diese Zahlungen zu beenden. Was er aber nicht tut; es kamen statt dessen immer neue hinzu. Und von Kindesbeinen an kirchlich geprägte Politiker ändern nichts daran. Haben sie etwa Angst vor der Drohbotschaft der ewigen Hölle, die die Kirchen noch immer verbreiten? Ich persönlich bin überzeugt, dass das alles jedenfalls mit Jesus von Nazareth, der von Seiner Hände Arbeit lebte und niemandem zur Last fiel, kaum etwas zu tun haben kann.
Haben wir wirklich aus der Geschichte etwas gelernt? 80 Jahre Konkordate, 1933-2013, wären ein Anlass, darüber einmal ehrlich nachzudenken. Die Zahl der Kirchenmitglieder schrumpft immer mehr, in den Staatskassen ist ebenfalls Ebbe, und doch gehen die Privilegien und Zahlungen immer weiter, als wäre nichts gewesen. Gleichen die Kirchen nicht noch immer einem Reiter, der das Ross Staat in seinem Sinne zu lenken versucht? (Matthias Holzbauer)
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Anmerkungen:
Tipps zum Weiterlesen:
Die katholische Kirche und der
Holocaust
Die evangelische Kirche und
der Holocaust
Der Tod des Papstes
Er wurde von vielen verehrt fast wie ein Gott und
ihm wurde auch nach dem Tod gehuldigt fast wie einem Gott. Entsprechend spektakulär
gestalteten sich sein Sterben und seine Beerdigung. Nachdem Papst Pius XII.
auf seiner Sommerresidenz Castelgandolfo am frühen Morgen des 9.10.1958
starb, folgte am späten Abend dann ein Triumphzug für seine Leiche auf den
Straßen bis nach Rom.
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