Kirchliche Religion und Islam

Der Theologe Nr. 36, aktualisiert am 24.8.2025



Die Päpste des Mittelalters und der Neuzeit sahen im Islam vor allem eine Bedrohung der weltweiten kirchlichen Macht, die man durch Krieg bekämpfen müsse. So rief Papst Urban II. am 27. November 1095 zum ersten Kreuzzug auf, um das angebliche "Christentum" im Nahen Osten von der Herrschaft der Moslems zu befreien. Papst Urban II. wurde dann im Jahr 1881 von Papst Leo XIII. "selig" gesprochen. Bedeutsam für die Kirche ist auch Papst Innozenz III., der im Jahr 1198 zum vierten Kreuzzug und im Jahr 1215 zum fünften Kreuzzug gegen die Muslime aufrief. Die Kreuzzüge fanden dann von 1202-1204 bzw. von 1217-1221 statt.
Papst Innozenz III. forderte auch dazu auf, alle christlichen Abweichler vom Katholizismus zu ermorden, und er rief deshalb auch zum Kreuzzug gegen die urchristlichen Katharer bzw. Albigenser in Südfrankreich (1209-1229), die auf päpstliches Geheiß im Laufe der Jahrzehnte allesamt umgebracht wurden. Die Leiche dieses Mordbrenner-Papstes, welcher der Überlieferung zufolge eines "natürlichen" Todes starb, wird seit dem Jahr 1891 in der Kirche San Giovanni in Laterano in Rom von den Gläubigen verehrt, der heute "ranghöchsten" der vier Papst-Basiliken in Rom. Wenn heute also Islamisten z. B. in Pakistan die Hinrichtung von friedfertigen Andersgläubigen fordern oder gar von Menschen, die diesen helfen oder mit ihnen sympathisieren und wenn über entsprechende Anschläge berichtet wird, dann erscheint damit ein mörderisches Gewalt-System im islamischen Gewand
ein Gewaltssystem, das jedoch über Jahrhunderte überwiegend ein kirchliches Gewand trug.

Auch Martin Luther sah
gleich den Gewalt-Päpsten in Rom im Islam der türkischen Osmanen die große Bedrohung für das kirchliche Abendland und für den mörderischen Herrschaftsanspruch der Institution Kirche in Europa. Der "große Deutsche" rief deshalb die angeblichen "Christen" im Jahr 1529 dazu auf:
"Weil die Christen ... ein jeglicher von seiner Obrigkeit, zum Streit wider die Türken gefordert und berufen werden, sollen sie tun als die treuen und gehorsamen Untertanen (wie sie denn gewisslich tun, so sie rechte Christen sind) und mit Freuden die Faust regen und getrost dreinschlagen, morden, rauben und Schaden tun so viel sie immer mögen, weil [= solange] sie eine Ader regen können ... werden sie darüber erschlagen, wohlan, so sind sie nicht allein Christen, sondern auch gehorsame, treue Untertanen gewesen, die Leib und Gut in Gottes Gehorsam bei ihren Oberherrn zugesetzt haben. Selig und heilig sind sie ewiglich."
(Eine Heerpredigt wider den Türken, D. Mar. Luther. Anno 1529; Tomos 4, S. 494 b-496)
Damit lag der Katholik Martin Luther (der er ja damals noch war) hier ganz auf der Linie der Päpste. Der damalige Papst Clemens VII. nützte die Belagerung Wiens durch die Osmanen im Jahr 1529 dann dazu, einen Schulterschluss mit dem Kaiser (Karl V.) gegenüber dem gemeinsamen islamischen "Feind" zu vollziehen. Die Verhandlungen führten zu einem erheblichen Machtzuwachs für die Kirche, indem der Papst von nun an z. B. wieder uneingeschränkt über den Kirchenstaat in Rom herrschen konnte.

Kirche ließ Christen foltern und ermorden, die nicht gegen Muslime Krieg führen wollten

Wer den Konflikt mit den Türken anders beurteilte, wie z. B. der urchristliche Lehrer Michael Sattler, dem drohte die Kirche mit dem Foltertod. Michael Sattler lehrte laut der gegen ihn verfassten Klageschrift unter Punkt 9, "dass Christen nicht gegen die Türken kämpfen sollen; wenn er die Wahl hätte und ein Krieg überhaupt recht wäre, dann würde er lieber auf Seiten der Türken kämpfen". Und weiter: "Christen dürfen niemandem das Leben nehmen, sie können nur Gott um ihren Schutz anrufen. Wenn die Türken gegen Christen in den Krieg ziehen, so liegt es daran, dass sie es als Muslime nicht besser wissen. Menschen, die sich Christen nennen und Türken töten, sind ´türcken nach dem geist`."
Auch wollte Michael Sattler mit Berufung auf Jesus von Nazareth laut Punkt 3 der gegen ihn gerichteten Klageschrift keine Säuglinge taufen. Wegen dieser und weiterer Glaubensgründe und seiner Haltung gegenüber dem Islam wird ihm im Jahr 1527 in Rottenburg am Neckar zuerst die Zunge heraus gerissen. Dann werden mit glühenden Schmiedeisen Löcher in seinen Leib gebrannt, danach wird er ganz "zu Pulver" verbrannt. Drei Tage später wird seine Frau, die seine Überzeugungen teilt, solange in den Neckar getaucht, bis sie ertrunken ist (Quelle). Dies nur einmal zur Information über "unsere" Tradition und Kultur und ihre Wurzeln. Der Theologe Thomas Kaufmann weist in seinem Buch Geschichte der Reformation, Frankfurt am Main, Leipzig 2009 darauf hin, "dass die Angst vor den Türken entscheidend zum Erfolg der Reformation beigetragen habe", so Die Zeit. (Nr. 1, 30.12.2009)

Doch der Konflikt war lange nicht entschieden. Papst Innozenz XI. schmiedete im 17. Jahrhundert eine "Heilige Liga" gegen die Türken, und er stellte aus der Kirchenkasse 1,5 Millionen Gulden für den Krieg zur Verfügung. Dieser wurde dann am 12.9.1683 in der Nähe von Wien bei der Schlacht am Kahlenberg gewonnen, und der Papst gilt seither als "Verteidiger" des angeblich christlichen Abendlandes. Im Jahr 1956 wurde er deshalb, wie der Kreuzzugs-Papst Urban II., von Papst Pius XII. "selig" gesprochen, und seine Knochen werden in einem Glassarg im Petersdom den Gläubigen zur entsprechenden Verehrung präsentiert.

Die Scheinheiligkeit des Papstes

Wie ist es heute? Scheinheilig in hohem Maß ist dabei die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2006, in der er sich ein Zitat faktisch zu eigen machte, wonach Mohammed nur "Schlechtes und Inhumanes" als Neuerungen gebracht habe, "wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten".
Zwar stehen Aufrufe Mohammeds, Gewalt anzuwenden, im Koran.* Dass es aber die eigene Kirche des Papstes war, die ihren Glauben unter unüberbietbarem Missbrauch des Namens "Christus" auf grässlichste Weise und vielfach ohne jede Ethik und Moral mit dem Schwert verbreitet hat und dass viele der Täter heute als "Heilige" oder "Selige" gelten, erwähnte der Papst bewusst nicht. Auch nicht, dass in seiner eigenen Bibel sogar zum erbarmungslosen Völkermord aufgerufen wird, ohne dass man zuvor angegriffen wurde. 


* Zum Beispiel: "Und kämpft auf Allahs Weg gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht! Allah liebt nicht die Übertreter. Und tötet sie, wo immer ihr auf sie trefft, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben, denn Verfolgung ist schlimmer als Töten! Und kämpft gegen sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt und die Religion (allein) Allahs ist. Wenn sie jedoch aufhören, dann darf es kein feindseliges Vorgehen geben außer gegen die Ungerechten." (Sure 2, 190.191.193, zit. nach islam.de)
Oder:
"Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und nicht an den Jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Allah und Sein Gesandter verboten haben, und nicht die Religion der Wahrheit befolgen ... O die ihr glaubt, kämpft gegen diejenigen, die in eurer Nähe sind von den Ungläubigen! Sie sollen in euch Härte vorfinden. Und wisset, dass Allah mit den Gottesfürchtigen ist!" (Sure 9, 29.123, zit. nach islam.de)

Wohin führt die Angst vor dem Islam?

So gab es auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer wieder einzelne Theologen von Pfarrer, die gegen den Islam predigten wie der evangelische Pfarrer Roland Weißelberg (+ 2006 durch Selbstmord), während sich der überwiegende Teil mit Stellungnahmen zurück hielt, bis hin zu Toleranzbekundungen. Im Jahr 2015 änderte sich dann das gesellschaftliche Klima in Deutschland aufgrund von ca. einer Million von muslimischen Flüchtlingen und unkontrolliert Zuwandernden und zum Beispiel aufgrund von Gewalt bzw. sexueller Belästigung gegenüber Frauen, wo bei einigen Ereignissen muslimische Männer im Vordergrund standen wie vor allem in der Silvesternacht in Köln 2015/2016, was auch von den unzähligen Sexualverbrechen von katholischen Priestern gegenüber Kindern und Frauen ablenkte. Vor allem aber wurden einzelne Terroranschläge in Europa im Namen des Islam durchgeführt, die unter anderem mit "Vergeltung" für die bis heute ungesühnten Kreuzzüge der Kirche begründet werden. Wer an das Urwissen von der möglichen Reinkarnation glaubt, für den ist vorstellbar oder gar naheliegend, dass einstige Opfer sich auch nach Jahrhunderten an einstigen Tätern rächen wollen. Das geistige Ziel von Reinkarnationen ist jedoch Versöhnung, was tiefe Reue für alles voraus setzt, was man selbst oder "seinesgleichen" an Negativem getan hat, und es beinhaltet auch eine Wiedergutmachung, was von den Institutionen Kirche nie getan wurde. Die Selbsterkenntnis und gegenseitige Vergebung entspricht der Lehre von Jesus von Nazareth, des Freien Geistes, der jeden Menschen ermahnte, zunächst den "Balken" im eigenen Auge zu entfernen im Vergleich zum "Splitter" im Auge des Gegners oder Kontrahenten. Dies gilt in erster Linie denen, die vorgeben, Ihm nachzufolgen, und darüber hinaus ist es ein praktisches Friedensangebot an die ganze Menschheit.

Die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen nahmen ab ca. 2015 sogar immer mehr Züge von aufkeimenden "Religionskriegen" an, während Papst Franziskus in Rom dabei öffentlichkeitswirksam als Religionsführer tätig wurde, der mit oberflächlich sanften Worten alle anderen Religionen unter seine Fittiche zu bringen versuchte (während deren Anhänger aber weiterhin per katholischem Dogma angeblich ewig verdammt werden). Protestantische Kirchenführer hofierten sogar vermehrt den Islam und erwägen sogar Privilegien. Dahinter steckt zu einem großen Teil die Angst der Institutionen Kirche vor Verlust der eigenen Privilegien, sobald ein wirklich weltanschaulich neutraler Staat sich nicht länger zum Spielball und Büttel von äußeren Religionen machen ließe gleich von welchen Religionen , und wenn in Zukunft tatsächlich nach den Werten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland regiert würde. Dieses sieht die Religionsfreiheit für alle gesetzestreuen Religionen und Religionsgemeinschaften vor, welche das Grundgesetz als oberste Richtschnur anerkennen, nicht jedoch die massive Privilegierung von Religionen wie in Deutschland der beiden deutschen Großkirchen und ihrer totalitären Ansprüche sowie die Verharmlosung und Ausübung von Gewalt im Namen einer Religion.

Die teilweise Hofierung des Islam durch die Großkirchen kann aber auch vor folgendem Hintergrund betrachtet werden: Seit dem 19. Jahrhundert schürten die Kirchen die Kriege, und die im Krieg entstandene Not in der Bevölkerung nützte wiederum vor allem den Kirchen. Verunsicherte und leidende Menschen, die zuvor zu Hunderttausenden den geistig toten Kirchen den Rücken gekehrt hatten, strömten nun in der Not vielfach zurück.
Aufgrund der Religionsauseinandersetzungen ab 2015 ist nun in Deutschland zu beobachten: Seit Jahren hatten die Menschen die Institutionen Kirche verlassen oder hatten sich als ersten Schritt zumindest schon innerlich davon distanziert. Nun aber, aufgrund von einzelnen Terroranschlägen oder Gewalttaten mit islamistischem Hintergrund, starken Zuwanderungen von Muslimen und Angst vor dem Islam wandten sich manche wieder einer angeblich "christlichen" "Leitkultur" zu. Plötzlich wird vermehrt gefordert, den Neubau von Minaretten zu verbieten, aber entsprechend hohe Kirchtürme mit lautem Glockengeläut weiterhin zu erlauben. Die Konflikte mit gewaltbereiten Ausprägungen des Islam nützen insofern also den Kirchen, und es ist Wachsamkeit geboten, wie im Schatten dieser Auseinandersetzungen andere religiöse Minderheiten behandelt werden.
Steckt hinter so manchem Geschehen nicht vielleicht sogar ein Kalkül von bestimmten Kräften? Seit Jahrhunderten ist es zumindest so: Die Not, die von den Kirchen entscheidend mit verursacht wurde, trieb viele Leute wieder dort hinein. Deshalb ist große Wachsamkeit geboten.
Doch eines ist anders als beispielsweise in den letzten 200 Jahren: Wir leben in einer mächtigen Zeitenwende, und dieses Mal wird es keinen Aufschwung für die Institutionen Kirche geben. Das Misstrauen gegen alle äußeren Religionen, gleich wie sie sich nennen, wächst weltweit, und immer mehr Menschen merken, dass die beiden Ego-Parteien Politik und Kirche die Verhältnisse und vor allem ihre eigene Geschichte und ihr Verhalten bis in die Gegenwart nur schönreden, aber keine wirklichen Lösungen anbieten.
 


In eigener Sache:
Wir sind keine Christen der katholischen Kirche Roms.
Unser Glaube basiert auf der Lehre des Jesus von Nazareth und nicht auf der Lehre der römischen Kirche.
Jesus wollte keine Kreuzzüge. Doch die römisch-katholische Kirche und ihre evangelischen Tochterkirchen missbrauchen seit Jahrhundert Seinen guten Namen.
Wir distanzieren uns von den so genannten "christlichen" Lehre der römischen Vatikan-Kirche und der lutherischen und reformierten Kirchen und folgen nur der reinen Lehre des Jesus von Nazareth.
Wir sind gegen äußere Religionen und ihre Machtansprüche, Rechthabereien und Rechtfertigungen von Kriegen und Gewalt.
Denn Jesus, der Christus, lehrte den Weg der Friedfertigkeit.
Und Er sprach: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt."

 


 


Unser Anliegen
:
Wir bewerten den Islam nicht
. Auch nicht seinen Stifter Mohammed oder weitere Lehrer dieser Religion. Das mögen diejenigen tun, die dies als ihre Aufgabe betrachten.
Wir wenden uns jedoch dagegen, dass ein verfälschtes Christentum den Namen von Jesus, dem Christus, missbraucht, um einen Kulturkampf gegen den Islam zu führen oder gar Kriege gegen islamisch geprägte Länder zu befürworten
.
Jesus von Nazareth hat nie einen Krieg befürwortet oder gerechtfertigt. Und der Gott, an den Er glaubte und mit dem Er eins war und ist, ist nicht mit den Armeen des so genannten "Westens" im Bunde.
Anstatt die Botschaft des Christus vorzuleben, wird Sein guter Name durch die so genannte Christenheit und ihre Kirchenführer auf vielfältige Weise missbraucht und Seine Lehre dabei mit Füßen getreten. Dadurch entstanden und entstehen in islamischen Ländern weiterhin falsche Vorstellungen von Jesus, dem Christus.
Wir helfen deshalb mit, aufzuklären, dass diese Art von äußerem Christentum mit dem mutigen jungen Mann aus Nazareth und Seiner Bergpredigt nichts zu tun hat.
Wir befürworten allerdings auch nicht, wenn Jesus von Nazareth, der Christus Gottes, so dargestellt wird, als würde Er sich den Lehren Mohammeds im Koran oder anderen Religionen und deren Zielen unterordnen oder diesen zuarbeiten.
Denn Christus ist der Freie Geist, ohne Religion und Dogma, und Seine Botschaft gilt Menschen aller Kulturen weltweit. Und Er spricht heute wieder durch das Prophetische Wort der Gegenwart.

 

 

Die Kreuzzüge sind noch lebendig – Was sind die wesentlichen Ursachen der Aggressionen, die sich vielfach in der islamischen Welt gegen den Westen aufgebaut haben?
"Dieser Kreuzzug wird einige Zeit dauern", verkündete der evangelische US-amerikanische Präsident George W. Bush nach dem Beginn der Eroberung Afghanistans im Oktober 2001. Wenige Tage später korrigierte er sich: Er habe dabei nicht an einen "Kreuzzug" im Sinne eines "Religionskrieges" gedacht. Hatten ihn seine Berater darüber aufgeklärt, wie lebendig im Orient die Erinnerung an die 900 Jahre zurückliegenden Schreckenstaten der so genannten "christlichen" Kreuzritter ist? Besonnene Kommentatoren mahnten schon sehr bald nach den Terroranschlägen in New York, dass eine militärische Vergeltung nur weitere unschuldige Opfer fordern und weitere Terrorakte nach sich ziehen werde. Man müsse vielmehr nach den Ursachen des Hasses und der Aggressionen forschen, die sich in weiten Teilen der islamischen Welt gegen den Westen, insbesondere gegen die Vereinigten Staaten, zusammengebraut hätten.
Diese Haltung entspricht zugleich der Bergpredigt des Jesus von Nazareth: Nicht zurückschlagen, sondern zunächst den eigenen Anteil suchen: "Ziehe zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge!" In einer Zeit der gezielt angefachten Emotionen haben es die besonnenen Stimmen schwer, Gehör zu finden.
In Deutschland herrsche eine "Sozialarbeitermentalität", war in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abfällig zu lesen: Man müsse die Terroristen nur verstehen, um den Konflikt zu lösen. Eine solche Meinung zeigt, wie gering in unserer angeblich christlich geprägten Zivilisation das Wissen um die ursprüngliche Lehre des Nazareners ist. Denn Verständnis allein reicht nicht aus, um einen Konflikt zu lösen. Der Suche nach den Ursachen muss die Erkenntnis des eigenen Anteils und dessen Bereinigung folgen: durch Reue, Bitte um Vergebung, Vergebung, Wiedergutmachung und Nicht-mehr-Tun. Darin liegt die einzige Chance, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Doch dieses schlichte Gebot des Nazareners passt kaum in eine markige Politikerrede, mit der Stimmen gewonnen werden sollen. Und das Gebot von Jesus, dem Christus, beinhaltet auch eine echte Reue über die Kreuzzüge vergangener Jahrhunderte und um eine Sühne und Wiedergutmachung gegenüber Nachkommen der damaligen Opfer.

Was wäre denn die Aufgabe der Christen in den letzten beiden Jahrtausenden gewesen? Die Lehre des Jesus von Nazareth hinauszutragen, und zwar durch das eigene Vorbild. Stattdessen ließen sie es zu, dass eine äußere Institution Kirche das freie Urchristentum in sein Gegenteil verkehrte: in eine Staatsreligion mit heidnischen Kulten und verwirrenden und absurden Dogmen, die Kriege rechtfertigte und anzettelte und Andersgläubige blutig verfolgte. Als der Islam im siebten und achten Jahrhundert binnen hundert Jahren ein Weltreich von Spanien bis Persien eroberte, ließen sich die meisten Christen freiwillig zu dieser neuen Religion bekehren. Ihr eigener bisheriger Glaube hatte den Rest seiner spirituellen Kraft längst verloren. Die Päpste steuerten auf der Basis antichristlicher kirchlicher Dogmen von Rom aus ein grausames Machtimperium.


Warum sich die urchristlichen "Paulikianer" mit den muslimischen Arabern gegen die Terrorherrschaft der Kirche verbündeten

Die Paulikianer, die als Christen vom 7. Jahrhundert an in der Kaukasus-Region lebten, unterwarfen sich nicht der Gewaltherrschaft der Kirchenfürsten mit ihrer Sklaverei. Kirchendogmen, Bilder-, Heiligen- und Reliquienkult lehnten sie ab. Darum wurden sie grausam verfolgt: ausgeplündert, vertrieben, gefoltert, geköpft, gesteinigt oder auf einen Pfahl gespießt. Sie erkannten die Gegensätze zwischen Kirchenglauben und der christlichen Botschaft. Und wie die ersten Christen verehrten sie nicht die Hinrichtung von Jesus von Nazareth am Kreuz, welches für sie vor allem ein Folter- und Mordwerkzeug war. Für die "Paulikianer" war Gott ein Gott der Liebe, und für ihr christliches Leben orientierten sie sich teilweise an Paulusbriefen, woraus sich der überlieferte Name "Paulikianer" ableiten könnte, oder eben ein Urchrist Namens "Paul" habe vielleicht Pate gestanden. Als "Begleiter des Volkes" bildeten sie freie Gemeinschaften ohne Priester.
Im Jahr 843 ließ die als "Kirchenheilige" verehrte byzantinische Kaiserin in einem grausamen Massaker 100.000 "Begleiter des Volkes" ermorden. Im schwersten Leid hielten nun viele "Paulikianer" ihr urchristliches Prinzip der Gewaltlosigkeit nicht durch, und sie verbündeten sich zur Gegenwehr mit den muslimischen Arabern. Die "Paulikianer" wurden auf Betreiben der Machtkirche nun ganz ausgerottet, und wer nicht hingerichtet wurde, musste seinem Glauben abschwören.
Wie so viele Verbrechen der Kirche ist auch dieses nie gesühnt worden und wirkt heute weiter nach. So mancher Täter und so manches Opfer sind durch die Reinkarnation wieder in einem anderen Menschenkörper auf der Erde. Doch in der Seele ist alles gespeichert, was diese einst in einem anderen Menschenkörper verursacht oder erlitten hat.
 

Als die katholischen Kreuzritter 1099 Jerusalem eroberten, ermordeten sie in einem Blutrausch ohnegleichen sämtliche etwa 70.000 Einwohner, unter ihnen auch etliche Christen, und sie wateten der Überlieferung nach bis zu den Knöcheln im Blut. Der islamische Heerführer Saladin lässt hingegen nach der Rückeroberung der Stadt (1187) viele Tausend Christen gegen Bezahlung (Arme sogar ohne Bezahlung) abziehen. Er ist fassungslos, als sich herausstellt, dass reiche Europäer (darunter auch die "Geistlichkeit") ihr Vermögen nicht dazu verwenden, ihre Glaubensgenossen freizukaufen, sondern dass sie alle ihre Schätze für sich selbst behalten wollten. Dennoch blieb die Grausamkeit der "fränkischen" Ritter (die ihren Gegnern zum Teil die Köpfe abschnitten und die Köpfe mit Katapulten über die Mauern belagerter Städte schleuderten) nicht ohne Folgen für den Islam. Die Kreuzzüge der vom Papst mit dem Versprechen des vollständigen Sündenablasses fanatisierten Katholiken bildeten die Geburtsstunde auch eines islamisch geprägten religiösen Fanatismus.
Besonders gefürchtet waren hier die "Haschischin" oder "Assassinen", die, möglicherweise durch Drogen ("Haschisch") aufgeputscht, Selbstmordattentate verübten – nicht nur auf Katholiken, sondern auch auf muslimische Herrscher, die nach ihrer Ansicht vom "rechten Weg" der Religion abgewichen waren. Ihr Anführer war der "Alte vom Berge", der im zwölften Jahrhundert in Syrien und Persien junge Fanatiker um sich scharte. So wie in unseren Tagen die überwältigende Mehrheit der Muslime die Terroranschläge der heutigen Selbstmordattentäter entschieden verurteilt, so stießen auch die Assassinen seinerzeit bei ihren Glaubensbrüdern auf Ablehnung.
Wer, wie die ersten Christen und auch die Urchristen von heute, um die Tatsache wiederholter Erdenleben weiß, die Möglichkeit der Reinkarnation, wird sich über solch frappierende historische Parallelen zur heutigen Zeit aber nicht wundern. Er wird auch vermuten müssen, dass sich die Schrecken der Kreuzzüge nicht nur in das kollektive historische Gedächtnis der Muslime eingegraben haben, sondern auch in die Seelen vieler Menschen, die damals als Sarazenen von angeblichen "Christen" – in Wirklichkeit von nichtchristlichen Katholiken – im Namen "Gottes" umgebracht wurden. Denn wer hat sie darüber aufgeklärt, dass diese Grausamkeiten in Wirklichkeit das Gegenteil des Willens Gottes waren? Den Hass auf alles Westliche und Christliche hat so manche Seele dann wieder in ihre jetzige Einverleibung mitgebracht. Sind die Ermordeten von damals womöglich heute wieder inkarniert und rächen sie sich am so genannten Christentum und an den von den Institutionen Kirche geprägten westlichen Staaten?


Gerade die Kreuzzüge "haben auch mit einem Abstand von fast tausend Jahren ein nachhaltiges Trauma im kollektiven Gedächtnis der muslimischen Welt hinterlassen", so lesen wir in dem Buch des Libanesen Amin Maalouf Der Heilige Krieg der Barbaren: Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber. Und weiter: "Die Fassungslosigkeit und das Entsetzen einer hochzivilisierten Gesellschaft angesichts der ´barbarischen Invasoren` aus dem Abendland, die auch vor kannibalistischen Exzessen nicht zurückschreckten, spiegelt sich in nahezu allen arabischen Berichten aus der Zeit zwischen 1096 und 1291 wieder." Solche kannibalistischen Exzesse fanden zum Beispiel in der nordsyrischen Stadt Maarat an-Numan statt, die die Kreuzritter im Dezember 1098 eroberten. Sie erschlugen dort den Quellen zufolge 22.000 Bewohner – und, weil sie Hunger litten, begannen sie anschließend damit, die Ermordeten zu verzehren: "Die Unseren kochten die erwachsenen Heiden in Töpfen und steckten die Kinder auf Spieße, um sie gegrillt zu verschlingen", heißt es in einer zeitgenossischen Chronik. Diese und viele andere schreckliche Ereignisse sind also noch immer im kollektiven Bewusstsein der Muslime gespeichert. Haben die Päpste als Urheber der Kreuzzüge also den islamistischen Terror des 21. Jahrhunderts selbst mit gezüchtet? Auf jeden Fall züchtete das baalistische Religionskonglomerat von Staat und Kirche, das den Namen "christlich" schändlich missbraucht, jegliche Form von Gewalt – und verkehrte dabei die göttlichen Prinzipien immer in ihr genaues Gegenteil.

Anlässe für feindselige Gefühle ihnen gegenüber lieferten die so genannten "Christen" aber auch im 20. Jahrhundert zur Genüge. Der politische Islamismus (der vom Islam als äußere Religion zu unterscheiden ist) entstand um 1928 in Ägypten als Kampf gegen die Kolonialherrschaft der Briten, die man schon damals als "moderne Kreuzfahrer" ansah. Auch das Eingreifen französischer (ab 1920) und israelisch-amerikanischer Truppen (1982) im Libanon wurde von den muslimischen Arabern als "Feldzug der Kreuzritter" angesehen. "Die USA betrachten die islamische Welt als Hinterhof, in dem ihr Erdöl sprudelt", so Oliver Fahrni in der Zeitung Die Woche. "Sie haben den Irak gegen den Iran in einen Krieg gehetzt, der eine Million Tote forderte, und danach den Irak ‘in die Steinzeit gebombt`". "Wir diktieren, was andere Länder für Regierungen haben, wie sie ihre Wirtschaft organisieren, ob sie einen Kredit von der Weltbank bekommen", so der US-Politikwissenschaftler Ronald Steel. Und der Religionswissenschaftler Prof. Norbert Klaes aus Würzburg stellt zur Kolonialgeschichte fest: "Die Araber fanden weder Brüderlichkeit noch Gleichheit und auch keine Nächstenliebe. Stattdessen wurden sie unterdrückt, sie verarmten."

Weder die von den Kolonialmächten vielen Ländern aufgezwungene kapitalistische noch die aus der Sowjetunion importierte sozialistische Gesellschaftsordnung konnten die drängenden Probleme der islamisch geprägten Länder lösen. Der Westen hat als Vorbild versagt. Nun wenden sich viele in ihrer Verzweiflung der Vision eines islamischen Gottesstaates zu und sehen den westlichen Lebensstil und seine Entartungen Pornographie, Gewaltverherrlichung, Drogensucht, Auflösung traditioneller Familienverbindungen, Abtreibungen und Geschlechtsumwandlungen als das Böse schlechthin an.
Umgekehrt bezeichnete der damalige amerikanische Präsident George W. Bush die Bekämpfung des Terrors als einen "Kampf des Guten gegen das Böse". Doch was ist das "Gute" im Sinne der Bergpredigt? Zurückschlagen? Erneut zuschlagen wie in früheren Jahrhunderten? Die alleinige Schuld beim anderen suchen? Was würde geschehen, wenn die Mächtigen der westlichen Welt samt ihrer Kirchenführer eingestehen würden, dass sie die friedfertige Lehre des Nazareners bis heute in ihr Gegenteil verkehrt haben? Wenn sie die Völker der armen Länder um Vergebung bitten würden für all das, was im Namen Gottes durch Ihresgleichen an Bösem geschah? Vielleicht hätte so mancher Versuch der Versöhnung dann noch eine Chance, bevor die negativen Wirkungen durch neue Kriege und Zerstörungen über die Beteiligten hereinbrechen. Werden in diesem Sinne die Bombardements der westlichen Länder im Namen des kirchlichen Gottes fortgesetzt, muss auch mit einer weiteren Radikalisierung des Islamismus und entsprechenden Anschlägen gerechnet werden.


"Den Kreuzfahrern hatten die Päpste in der Tat die Erlaubnis gegeben, Ungläubige zu töten, die wie man formulierte Gott erzürnten, weil sie mit ihren unreinen Riten jene heiligen Stätten besudelten, über die der Herr Jesus Christus gewandelt war. Solchen Gottesfrevel hatten die Ungläubigen mit ihrem Blut zu sühnen. Schon Papst Urban II. (1088 bis 1099) hatte in seinen Kreuzzugspredigten den Rachepsalm 79* in den Vordergrund gestellt ("Vor unseren Augen sollen die Heiden die Rache erfahren für das vergossene Blut deiner Frommen"). Und in der Logik dieser Sühne durch Blut hatten die Kreuzfahrer 1099 die wehrlose nichtchristliche Bevölkerung Jerusalems geradezu abgeschlachtet."
(Der Historiker Gerd Althoff über Papst Urban II., dem großen Vorbild auch des norwegischen Massenmörders Anders Breivig, zit. nach .fr-online.de)

Der
"selige" Papst Urban II. gab den Befehle zum Massenmord an den "Ungläubigen". Bis heute wird er im Katholizismus hochverehrt. Hier sein Denkmal in Clermont-Ferrand in Frankreich auf dem "Siegesplatz" über die "Ungläubigen". In dieser Stadt rief der selig gesprochene absolutistische Führer der römisch-katholischen Kirche im Jahr 1095 den ersten Kreuzzug aus. Auch der Massenmörder Anders Breivig aus Norwegen huldigt ihn als "größten Kreuzfahrer-Helden aller Zeiten". (Foto: GNU-Lizenz für freie Dokumentation)

* Bibel, Psalm 79: "Gott, es sind Heiden in dein Erbe eingefallen; die haben deinen heiligen Tempel entweiht und aus Jerusalem einen Steinhaufen gemacht ... Herr, ... schütte deinen Grimm auf die Völker, die dich nicht kennen, und auf die Königreiche, die deinen Namen nicht anrufen ... Warum lässt du die Heiden sagen: ´Wo ist nun ihr Gott?` Lass unter den Heiden vor unseren Augen kundwerden, die Vergeltung für das Blut deiner Knechte, das vergossen ist ... und vergilt unseren Nachbarn siebenfach auf ihr Haupt ihr Schmähen, mit dem sie dich, Herr, geschmäht haben. Wir aber sind dein Volk."

Auch dieser Psalm ist für die römisch-katholische Kirche bis heute
"wahres" und "verbindliches" "Wort Gottes". Und ihr Anführer durfte im Jahr 2011 im Deutschen Bundestag sprechen und sehr wenige mutige Abgeordnete, die der Rede fern blieben, wurden von Abgeordneten von CDU und CSU und von Bischöfen heftig kritisiert.
 


EXKURS: Ein evangelisch-lutherischer Pfarrer als fanatischer Bekämpfer des Islam
1.11. / 16.11.2006 / 4.1.2020 – Protest gegen Islam: Evangelisch-lutherischer Pfarrer verbrennt sich bei lebendigem Leibe Pfarrer Roland Weißelberg (73) aus Windischholzhausen bei Erfurt gingen die bisherigen Warnungen der Kirche vor dem Islam nicht weit genug. Deshalb fährt er am Reformationstag, den 31.10.2006, in das legendäre Augustinerkloster nach Erfurt (Martin Luther lebte dort sechs Jahre als Mönch und wurde an diesem Ort auch 1507 zum Priester geweiht), wo an diesem Morgen der so genannte Kantaten-Gottesdienst stattfindet. Als in der Kirche gerade das Abendmahl vorbereitet wird, übergießt sich der Pfarrer in der Baugrube unmittelbar neben der Kirche mit Benzin und zündet sich an. Der Tagesspiegel schreibt dazu: "Da der Mann zuvor im Kreuzgang des Klosters gesehen worden war, habe er möglicherweise eine Selbstverbrennung während des Gottesdienstes geplant. Er sei vielleicht nur deshalb auf die Baustelle ausgewichen, weil das Westportal der Augustinerkirche ausnahmsweise verschlossen war" (1.11.2006). Dort steht nämlich um 10.43 Uhr gerade der Kirchenchor und singt "Ave verum corpus" (= "Gegrüßt seiest du, wahrer Leib") von Wolfgang Amadeus Mozart, als den Sängern beißender Geruch brennenden Fleisches in die Nase steigt. Erste Kirchenbesucher laufen nach draußen und sehen mit Entsetzen die Katastrophe.
Mit seinem Selbstmord habe er "seine große Sorge über die Ausbreitung des Islams zum Ausdruck bringen wollen", so die Pröpstin Elfriede Begrich (Spiegel online, 1.11.2006) über Pfarrer Roland Weißelberg, den sie "als sehr belesenen und aktiven Christen" beschrieb, der noch vor 14 Tagen selbst einen evangelisch-lutherischen Gottesdienst zelebriert habe. Immer wieder hatte der evangelisch-lutherische Pfarrer vor den "Nachfolgern Mohammeds" gewarnt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt dazu: "Wie kann ein so eloquenter, gottesfürchtiger, vernünftiger und bis zuletzt agiler und vitaler Mann ein Fanal setzen gegen eine Bedrohung, die zumindest in Erfurt bis heute weitgehend abstrakt geblieben ist?" (FAZ, 3.11.2006) Verhältnismäßig wenige Moslems lebten in Thüringen in Frieden mit ihren Nachbarn und ihrer Umgebung (was sich neun und mehr Jahre später allerdings durch die neue Einwanderungspolitik von Angela Merkel zunehmend geändert hatte). Ironie des Schicksals: In der Spezialklinik in Halle/Saale rang ein muslimischer Arzt vergeblich um das Leben des evangelischen Theologen (idea-spektrum Nr. 45/2006). Die Frau des Pfarrers, Ingelore Weißelberg, hat sich bei dem Arzt inzwischen entschuldigt.

PS: Bereits in der DDR war Pfarrer Weißelberg öffentlich bekannt. So hatte er z. B. am 21.4.1988 eine Veranstaltung unter dem Titel Christlicher Glaube und marxistische Weltanschauung im Gespräch moderiert. (Utopie kreativ, H. 129/139 (Juli/August 2001), S. 709-721)

Welches sind mögliche Hintergründe des Selbstmords? Pfarrer Uwe Edom, sein Nachfolger im Pfarramt in Windischholzhausen, erinnert sich an ein Gespräch, in dem Pfarrer Roland Weißelberg "bedauert habe, dass der Islam zu stark werde, dass das Christentum zu wenig Profil habe und deshalb untergehe" (FAZ, 3.11.2006*). Bei Martin Luther, dessen geistige Nähe Pfarrer Weißelberg im Erfurter Augustinerkloster vor seinem Tod suchte, war das noch anders. Martin Luther wollte die Ausbreitung des Islam in Europa mit aller Gewalt verhindern, und er ging deshalb rigoros vor. Um einen moslemischen Einfluss in Europa zu unterbinden, rief er zum gnadenlosen Krieg gegen die Türken, deren Heer vor Wien stand. In dieser Situation predigte Martin Luther: Die "Christen" sollen "mit Freuden die Faust regen und getrost dreinschlagen, morden, rauben und Schaden tun so viel sie immer mögen ... werden sie darüber erschlagen, wohlan ... selig und heilig sind sie ewiglich" (Eine Heerpredigt wider den Türken, Anno 1529; Tomos 4, S. 494b-496). Wer also im Krieg gegen den Islam ums Leben kommt, wurde von Luther selig bzw. heilig gesprochen, was vielleicht auch die Hemmschwelle des Thüringer Pfarrers zum Selbstmord senkte. "Der 73-Jährige habe bereits seit Jahren die Haltung der Kirche kritisiert und bei Treffen und Versammlungen mehr Aufmerksamkeit für die Auseinandersetzung mit dem Islam gefordert, sagte die Erfurter Pröpstin Elfriede Begrich unter Verweis auf die Ehefrau des Mannes" (Tagesspiegel). Pfarrer Weißelberg beschwor immer wieder die Bedrohung des kirchlichen Christentum durch den Islam und wollte mit seiner geistig toten Kirche nicht kampflos untergehen, sondern forderte, "dass die Christen ihr Europa verteidigen müssten" (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 5.11.2006). "Der Islam ist dran", so Weißelberg in den letzten zwei, drei Jahren im Pfarrer-Ruheständler-Konvent, der ihm als Plattform diente. Solches erinnert allerdings auch in gewisser Weise an frühere mörderische Kreuzzüge der Kirche gegenüber den Muslimen.

Der lutherische Pfarrer muss extrem verzweifelt über seine Kirche gewesen sein. Eine erste Reaktion in der von ihm gewünschten Richtung kam vom Magdeburger Bischof Axel Noack, der sich im Zusammenhang des Selbstmords neben dem Entsetzen über die Tat auch für "ein klares Bekenntnis der Moslems zur Gewaltfreiheit" aussprach (Tagesspiegel). Auch brachte der Bischof die Haltung Martin Luthers gegenüber den "Türken vor Wien" von sich aus ins Gespräch und erklärte im Interview: "Er [Luther] meinte, dass wir von den Türken neu lernen könnten, was Glaube ist." (Spiegel online, 3.11.2006)
Die evangelische Kirche stellt Martin Luther bis heute immer wieder als beispielhaft hin und untergräbt damit eine Orientierung an ethisch wertvollen, christlichen und demokratischen Werten. Denn was Martin Luther u. a. gemeint hat, als er der Christenheit die kriegerischen Osmanen aus dem 16. Jahrhundert als Glaubensvorbild hinstellt, wird ja aus seiner Heerpredigt deutlich (siehe oben).

Ruth Meili, Pfarrerin, Mitglied der Kirchenleitung der Kirchenprovinz Sachsen und Leiterin der evangelischen Communität Casteller Ring (CCR), die das Augustinerkloster betreuen, hat übrigens mit Pfarrer Weißelberg am Tatort noch gebetet. Sie hat dabei gesagt, "dass er sich mit dieser Tat nicht von Gott getrennt habe" (FAZ, 3.11.2006) bzw. "dass Gott mit ihm sei" (idea-spektrum Nr. 45/2006). Auch wenn nicht klar wird, wie die Theologin ihre Worte genau gemeint hat, so ist für die Protestanten Gott auf jeden Fall Gott auch ein "grausamer Gott" (siehe z. B. Der Theologe Nr. 1). Das Verhalten der Theologin Meili kommentierte der Kurator Lothar Schmelz von der Klosterleitung mit den Worten: "Es hat sich gezeigt, dass wir hier im Kloster eine Art Familie sind" (Tagesspiegel). Pfarrer Uwe Edom, Nachfolger Weißelbergs im Pfarramt in Windischholzhausen, "glaubt, dass Weißelberg sich bewusst am Reformationstag verbrannt habe. Das sei schließlich der Tag der kirchlichen Erneuerung." (idea-spektrum Nr. 46/2006)

Doch wehe, Ähnliches wäre im Umfeld einer religiösen Minderheit passiert! Oder man hätte einer Minderheit etwas Ähnliches zu Unrecht anhängen können! Dann hätte niemand von einer "Familie" gesprochen. Stattdessen hätten die Berichte wohl gelautet: "Sektenführerin verspricht Horror-Jüngern das Paradies" / "Kirche warnt: Reißt der nächste Sekten-Selbstmörder auch andere mit den Tod?" / "Nach Selbstmord jetzt Angst um die Sekten-Kinder" / "Kirche fordert: Der Staat darf nicht zuschauen" / "Todessekte: Gründer erklärt Terror-Soldaten zu Märtyrern" / "Sektenbeauftragter warnt vor falsch verstandener Toleranz" usw. 

* Solche und ähnliche Vorahnungen zur Zukunft der Kirche häufen sich. Die Kirche wird überwiegend noch von staatlichen Milliarden-Subventionen am Leben gehalten (vgl. https://stop-kirchensubventionen.de).
 


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Eine Ausgabe mit teilweise ähnlichen Inhalten ist
Der Theologe Nr. 90 – Warum sind die Kreuzzüge noch nicht beendet?
 


Der Text kann wie folgt zitiert werden
:
Zeitschrift "Der Theologe", Hrsg. Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 36, Kirchliche Religion und Islam, zitiert nach theologe.de/kirche_islam.htm, Fassung vom 24.8.2025,
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