Hans Böhm (1458-1476) – auf Betreiben des Würzburger Bischofs entführt und hingerichtet

Der "Pfeifer von Niklashausen", ein ermordeter Prophet

Das Ausmerzungsprinzip der Papstkirche: Unterwerfung oder Scheiterhaufen, heute ersatzweise Rufmord

Der Theologe Nr. 107, aktualisiert am 23.12.2023


Hans Böhm wurde wahrscheinlich im Jahr 1458 in Helmstadt westlich von Würzburg geboren und lebte im Taubertal in Niklashausen bei Wertheim als Waisenkind und Hirte in ärmlichen Verhältnissen. Er konnte weder lesen noch schreiben oder das Glaubensbekenntnis der Kirche aufsagen, hatte als Kind und Jugendlicher allerdings immer den kirchlichen Vorgaben zufolge seine Sünden gebeichtet. In dieser Zeit trug er, wie er als ca. 18-jähriger junger Mann sagte, Wahrheiten über Gott "in sich", die nicht mit der Kirchenlehre übereinstimmen. Niklashausen in der Nähe von Tauberbischofsheim war zu diesem Zeitpunkt ein kleineres Pilgerziel für Gläubige. Und Papst Innozenz VI. hatte eine so genannte "Wallfahrt" zur Kirche in Niklashausen bereits im Jahr 1354 mit einem angeblich 40-tägigen "Ablass" von Sündenstrafen im Fegefeuer versehen (dem Katholiken sollten also nach seinem Tod 40 Tage Leidenszeit im angeblich jenseitigen Fegefeuer vor seinem angeblichen Himmelseintritt erlassen werden) – und zwar wegen eines dort aufbewahrten Bildnisses von Maria, das angeblich "Wunder" habe vollbringen können.
An diese katholische Lehre und Volksfrömmigkeit anknüpfend berichtete Hans Böhm, dass ihm Maria im Traum erschienen sei und das Strafgericht über die unersättliche Gier und Gewaltherrschaft der Fürsten und "hohen Geistlichkeit" angekündigt habe.
Damit begab er sich in größte Lebensgefahr. Denn in den Jahren zuvor waren benachbarten Würzburg bereits mehrere dem Namen nach nicht mehr bekannte Gottesboten aufgrund ihrer prophetischen Botschaften gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.


Hans Böhm, wie der Bildhauer und Holzschnitzer Albrecht Dürer ihn ca. 40 Jahre später sah
richard-york.co.uk/, past/bagpipicsold.html, gemeinfrei, commons.wikimedia.org/, w/index.php?, curid=2465871)

Mit Leidenschaft für eine bessere Weltordnung und das kommende Friedensreich

Der junge Musiker gab den Wallfahrten nach Niklashausen nun eine neue Bedeutung. Als Alternative zum Schaugepränge nach den Vorschriften der Mächtigen rief Hans Böhm nun im Alter von 17 oder 18 Jahre im Frühjahr 1476 eine friedliche Wallfahrt nach Niklashausen aus für eine gottgefällige bessere Weltordnung, ein Signal gegen die ausbeuterische Allianz von Fürsten und Kirche. Das Reich Gottes werde auf der Erde entstehen, in dem alle Menschen gleich sind und miteinander im Gemeinwohl leben. Die weltlichen Obrigkeiten sind in Wirklichkeit "arme Teufel" und werden bald nur für einen Taglohn arbeiten müssen wie andere Tagelöhner auch. Und die in ihren Pfründen schwelgenden reichen Priester und Bischöfe gehören verprügelt. Sie werden eines Tages ihre Tonsur verstecken müssen, um in der Bevölkerung nicht als Priester erkannt zu werden. Die prophetische Botschaft, die der junge Mann von Maria empfangen haben will, begeisterte immer mehr Menschen, die innerhalb kurzer Zeit auch von der Ferne zu Tausenden auf die Höhe über dem Taubertal strömten.

Böhm hielt auch nur wenig von der kirchlichen Fegefeuer-Lehre und erklärte, falls eine Seele tatsächlich in der Hölle wäre, würde er sie dort eigenhändig herausführen
, und er sorgte damit für eine kaum für möglich gehaltene Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung, wo von Mund zu Mund weitergesagt wurde, was in Niklashausen gerade geschieht. Und seine Botschaft beinhaltete auch Folgen für das ganze gesellschaftliche Leben.
Jeder Bürger sollte seinen Lebensunterhalt mit eigener Hände Arbeit verdienen und brüderlich mit den Bedürftigen teilen
. Standesunterschiede, Frondienste und Abgaben z. B. an die so genannte "Geistlichkeit" sind abzuschaffen, und der "hoheitliche" Besitz an Feldern, Wiesen, Weiden, Wäldern und Gewässern ist ins Gemeinwohl zu überführen. Als Voraussetzung sollten zuerst die Pilger, also die einfachen Menschen, die auf die prophetische Botschaft hören, mit dem Sündigen aufhören, damit die Grundlage dafür gelegt ist, dass die bessere Welt auch bald entstehen kann. Es sollte also klein beginnen mit den Menschen, die dem Ruf zu folgen bereit waren, um dann zum Reich Gottes auf Erden zu wachsen.

Hans Böhms damaliger Aufruf zum "Gemeinwohl" in Wald und Flur (damals "Allmende" genannt) wird von der Geschichtsschreibung meist auch als Erlaubnis zum Jagen und Fischen für alle gedeutet, während das Gottesgebot "Du sollst nicht töten" immer auch gegenüber Tieren gemeint ist, wozu Propheten im Namen des Reiches Gottes – z. B. der Prophet Jesaja – bis heute mehrfach mahnten und mahnen.
Das Lebensumfeld der verarmten Leute damals, die oft nur von der Hand in den Mund lebten, kann allerdings nicht auf eine Stufe mit den heutigen Überflussgesellschaften gestellt werden, in denen das grausame Tierleid ins Apokalyptische und Grässlichste eskalierte und gleichzeitig eine Beendigung des Fleischkonsums zum Wohl der Tiere so einfach wäre wie nie zuvor. Die Situation Ende des 15. Jahrhunderts in Deutschland lässt sich allerdings vergleichen mit der Situation der armen Menschen zur Zeit von Jesus von Nazareth, in der dieser mit viel Einfühlungsvermögen eine Abkehr vom Fischfang eingeleitet hatte. So ist der genaue Inhalt der durch Hans Böhm gegebenen Botschaft und das damit verbundene Bewusstsein hier nicht sicher zu rekonstruieren.

Als sichtbares Zeichen für die Umkehr der Menschen und das Herbeisehnen des Friedensreiches wurde allerlei "eitler Tand", so weit vorhanden, verbrannt (was der Prophet Girolamo Savonarola auch 20 Jahre später in Florenz praktizierte), und Hans Böhm selbst verbrannte als Zeichen seiner eigenen Umkehr seine Pauke, mit der er bisher bei Festen zum Tanz getrommelt hatte, und offenbar auch seine "Pfeife", also seine Flöte, die ihm in der Überlieferung den Namen "Pfeifer" einbrachte.
Stattdessen wurde eine Art "Opferschatz" gesammelt für das Gemeinwohl, soweit die Menschen von ihrem Hab und Gut etwas erübrigen könnten, auch wenn es nur sehr wenig ist. Der junge Prophet aus dem Taubertal machte den Menschen Mut. Die "Gnade" hier in Niklashausen sei größer als die in Rom. Angeblich soll er – vergleichbar den päpstlichen Versprechen bei einer Pilgerfahrt nach Rom – auch einen "vollständigen Ablass" aller vermeintlichen jenseitigen "Sündenstrafen" für das Kommen nach Niklashausen angekündigt haben, was aber sehr zweifelhaft ist. Denn die Machtkirche hatte längst Spione unter die Wallfahrer eingeschleust, und Spitzel-Berichten zufolge hielt er eben nichts vom Fegefeuer- und Höllenglauben, womit dann aber auch der "Ablass" zur bloßen Makulatur geworden ist und die Menschen ihn als reine Erfindung der Kirche erkennen könnten.

Bis zu 70.000 Menschen unter freiem Himmel hören die Botschaft / Hilfe durch einen Bruder des Freien Geistes

Der junge Hans Böhm löste, wie gesagt, mehr und mehr einen Sturm der Begeisterung in der Bevölkerung aus, die sich der Gewaltherrschaft von Fürsten, Bischöfe und deren Gefolge hilflos ausgesetzt sahen und die um deren Lasterleben wussten. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde von der neuen Bewegung. Und in nur wenigen Wochen kamen 40.000 bis 70.000 Menschen auf den Feldern bei Niklashausen zusammen, um den Beginn einer neuen Zeit einzuleiten. Ein riesiges Feldlager für die Übernachtungen wurde eingerichtet, und ein Mönch und einige weitere Mitstreiter hatten Hans Böhm geholfen, dies alles aufzubauen und zu organisieren.
Dazu gehörte auch ein so genannter "Begarde", der einer Bewegung der Nächstenliebe außerhalb der Kirchenmauern angehörte, die von den Kirchenführern zeitweise zähneknirschend geduldet, vielfach aber grausam verfolgt wurde – wie alle Menschen, denen von der Priesterkaste der Stempel "Ketzer" oder "Häretiker" aufgedrückt wurde. So genannte (weibliche) Beginen oder (männliche) Begarden waren Teil einer Bewegung von Brüdern und Schwestern des Freien Geistes in Mitteleuropa, deren Existenz von der Kirchengeschichtsschreibung bis heute weitgehend unterdrückt wird. Und auf dem Mühlberg bei Niklashausen lebte in einer heute noch zu besichtigenden "Begardhenhöhle" oder "Begardenhöhle" einer dieser Männer offenbar als Einsiedler und konnte den "Pfeifer" ebenfalls beraten und unterstützen.

Die Bischöfe von Würzburg und Mainz waren aufgeschreckt. Niklashausen lag zwischen den beiden Bischofssitzen und zwar von der Entfernung näher bei Würzburg, aber knapp auf Mainzer so genanntem "Hoheitsgebiet". Und der benachbarte Wilhelm Graf von Wertheim war gleichzeitig Domherr in Mainz und ab 1477 dann sogar Generalvikar in Köln. Die Herren der mörderischen Allianz von Staat und Kirche reagierten, und der Bischof von Würzburg nahm es in die Hand. Er sandte zunächst nicht nur Spione, sondern als Provokateure auch bibelkundige Theologen nach Niklashausen ins Feldlager der Wallfahrer. Die Gelehrten des Würzburger Bischofs konnten den vollmächtigen Ansprachen Böhms jedoch nichts Überzeugendes entgegen setzen und sind deshalb nach einiger Zeit unter dem Spott vieler Menschen wieder zurück in die Bischofsresidenz nach Würzburg zurück gekehrt. Doch es war nur eine kurze Ruhe vor dem grausamen Sturm.

Die dunkle Vorahnung der baldigen Hinrichtung / Es begann mit einer infamen Lüge der Kirche

Von Hans Böhm sind in dunkler Vorahnung des nun Kommenden folgende Worte überliefert: "Vor Gott gibt es keinen Bann." Und: "Die Priester sagen, ich sei ein Ketzer, und wollen mich verbrennen. Wüssten sie, was ein Ketzer ist, würden sie erkennen, dass sie selbst Ketzer sind und ich keiner. Verbrennen sie mich aber als Ketzer, werden sie bemerken, dass sie große Schuld auf sich laden, die auf sie zurückfallen wird."
Doch die Warnungen vor dem Gesetz von Saat und Ernte wurde von den Kirchenoberen wie immer in den Wind geschlagen. Da die Theologen des Bischofs die Bewegung in Niklashausen nicht in kirchliche Bahnen lenken konnten, schlug das System Baal nun tatsächlich grausam und gnadenlos zu. Dies alles geschah im Frühjahr und im Sommer 1476 innerhalb nur weniger Wochen.
Es begann mit der infamen Lüge des Würzburger Domherren Georg von Giech, der auch als ranghoher Vertreter von Bischof Rudolf II. beim Kultgepränge im Würzburger Dom fungierte. Er verbreitete folgende Lüge: Ein Kriegsheer aus Schweizer Bauern wäre angeblich auf dem Weg aus der Schweiz nach Niklashausen, um sich dort mit den Pilgern in Niklashausen zum Krieg gegen die Obrigkeiten zu verbünden.
Aufgrund dieser Lüge erließ Würzburger Bischof Rudolf II. von Scherenberg nun nicht nur ein Verbot der Teilnahme seiner eigenen "Untertanen" an der Wallfahrt, sondern er  erzwang ein Verbot für alle "Untertanen" auch bei allen benachbarten Landesherren und Fürsten, die anfangs mit ihrer Verurteilung der Wallfahrt und dem Verbot noch gezögert hatten. Doch Bischof Rudolf II. von Scherenberg wollte seine dunklen und auf gnadenlose neue Unterjochung abzielenden Pläne absichern und schmiedete dafür diese Allianz aller Mächtigen in Kirche und Staat, die aufgrund der von Scherenberg beschworenen "Gefahr" eines Aufstands mit Schweizerischer Hilfe nun dem Verbot zustimmten.

Der Überfall der bischöflichen Reiter und die Entführung von Hans Böhm

Doch nur wenige Menschen hielten sich offenbar an das Verbot, der innere und äußeren Aufbruch war nicht aufzuhalten. Daraufhin kam man wieder in den Würzburger Mauern zusammen und beschloss nun, Hans Böhm als nächsten Schritt gefangen zu nehmen und zu ermorden, wenn er seine Visionen und deren Inhalt nicht widerruft. Mit diesem Auftrag  schickte der Bischof von Würzburg in der Nacht vom 12.7. auf den 13.7.1476, von Freitag auf Samstag, insgesamt 34 bischöfliche Reiter aus Würzburg in das Feldlager bei Wertheim, um Hans Böhm gefangen zu nehmen und nach Würzburg zu überführen. Bischöfliche Spione im Lager erwarteten die Reiter in einiger Entfernung von dem Lager. Sie kannten den Schlafplatz des Gotteskünders und schlichen sich nun zusammen mit den bischöflichen Soldaten an. Es ging wohl alles relativ schnell. Der unbewaffnete und wehrlose junge Mann wurde aus dem Schlaf gerissen und in einer Blitzaktion zusammen mit dem ihn unterstützenden Mönch gefesselt und geknebelt, um mögliche Schreie zu unterbinden. Schnell ritt das Bischofskommando mit den beiden nach Würzburg und warf den jungen Propheten dort ins Verlies.

Der friedliche Marsch für die Befreiung Böhms endet im Kanonenfeuer des Bischofs / Massaker in einem Kirchhof

Doch der Überfall und die Entführung des "Pfeifers" blieb natürlich nicht unbemerkt und sorge für große Unruhe im Lager. Noch am Abend des gleichen Tages nach seiner Entführung, am Samstagabend, den 13.7.1476, machten sich nun auch 16.000 Menschen, Männer, Frauen und Kinder, zu Fuß und unbewaffnet von Niklashausen auf den Weg nach Würzburg, um sich für die Befreiung des entführten prophetischen Künders einzusetzen. Es war der Überlieferung zufolge ein gewaltiger Zug mit mehr als dreimal so viel Menschen wie die Einwohnerzahl Würzburgs. In Würzburg lebten damals ca. 5000 Einwohner unter der Knute der Kirchenherren. Am nächsten Morgen, am Sonntag, den 14.7., zur sonstigen kirchlichen Versammlungszeit, kamen sie dort auch an. Sie sangen Lieder, und viele hatten eine Kerze in der Hand.
Doch die bewaffneten Truppen des Bischofs stellten sich ihnen entgegen und ließen sie nicht über den Main in die Stadt ziehen. Stattdessen setzten sie eine weitere hinterhältige Lüge ein, um die Menschen zu beschwichtigen. Sie argumentierten, dass der Bischof doch nur selbst einmal eine Predigt des jungen Propheten hören wolle und ihn deshalb habe nach Würzburg bringen lassen. Offenbar noch während die Büttel der Kirche mit den Sprechern aus dem Pilgerzug verhandelten und sie aufgrund der Lüge überzeugten, den Rückweg anzutreten, wurden auf der Würzburger Burg, der Feste Marienberg, schon die Kanonen in Bereitschaft gebracht, die seit dem 14. Jahrhundert in Kriegen verwendeten grausamen Feuerwaffen.
Als dann die vom voraus gegangenen Nachtmarsch erschöpften Menschen im Glauben an die Zusicherungen der bischöflichen Boten bereits friedlich den Rückweg vorbereiteten und teilweise schon unterwegs waren, ließ der Bischof der römisch-katholischen Kirchen aus den Kanonen das Feuer auf die wehrlosen Menschen eröffnen. Die Freunde von Hans Böhm, die ein aufrichtiges christliches Leben anstrebten, gerieten nun in Panik, Ermordete und Schwerletzte lagen auf den Wegen. Die Reiter der Exzellenz Bischof Rudolf II. von Scherenberg hatten es vor allem auf die Sprecher abgesehen. Sie setzen ihnen nach und erstachen unter anderem zwölf Männer, die sie für Anführer des Zuges hielten. Eine große Zahl von Männern, Frauen und Kindern floh derweil nach Büttelbrunn, heute Waldbüttelbrunn, um im dortigen Kirchhof Schutz vor den anrückenden Truppen des Bischofs zu suchen. Doch dort war kein Schutz, und sie wurden von den Angreifern auf dem Kirchengelände massakriert. Eine nicht bekannte Anzahl der Menschen, die für die Freilassung des "Pfeifers" von Niklashausen nach Würzburg zogen, hat die Gewaltorgie auf Befehl der Kirchenoberen nicht überlebt.

Das Ausmerzungsprinzip der Papstkirche zu allen Zeiten: Tod allen "Ketzern" /
Der "Pfeifer" verbrennt bei lebendigem Leib

Damit war aber auch klar, was auf den jungen Hans Böhm zu kam. Alles sollte natürlich seine "Ordnung" haben. Und da die Marien-Offenbarungen auf dem Gebiet des Bischofs von Mainz stattfanden, wurde Böhm als nächstes in Aschaffenburg unter der Gerichtsbarkeit des Bischofs von Mainz, Diether von Isenburg, verhört. Von Isenburg war gleichzeitig deutscher Kurfürst und Erzkanzler für Deutschland. Am Ende stand das Hinrichtungsurteil gegenüber dem prophetischen Künder, und heutige Lexika schreiben dazu lapidar: Er "bemühte sich fortan um die Durchführung strenger Kirchenzucht. So veranlasste er u. a. die Beendigung der Niklashäuser Wallfahrt von 1476" (z. B. lt. Wikipedia). Da seine spätere Leiche nach seinem Tod 1482 im Dom zu Mainz bestattet wurde, können die katholisch Gläubigen bis heute dort vor seinem Ehrenmal im Gebet ihrer Konfessionen und dem entsprechenden "Gott" huldigen.

Hans Böhm wurde damals dann nach Würzburg zurückgebracht, um dort schnellstmöglich hingerichtet zu werden. Zuvor dann noch die meist "übliche" Folter: Fürstbischof Rudolf II. von Scherenberg wollte von ihm noch Namen von Verbündeten und Mitkämpfern herauspressen und ihn zu einer Beichte zwingen, dass er angeblich gewalttätige Ziele gehabt hätte. Doch Böhm hielt in den Torturen wahrscheinlich stand und ließ sich nicht erpressen.

Dann stand seine eigene Hinrichtung fest. Dies war dann am Freitag, den 19.7.1476, soweit, fünf Tage nach dem Massaker an seinen Freunden. Auf dem Schottenanger in Würzburg unmittelbar vor der heutigen evangelisch-lutherischen Deutschhauskirche wurde der Scheiterhaufen für ihn errichtet, um ihn wegen "Ketzerei" zu ermorden. Er sei des "Teufels Diener" und er habe mithilfe des Teufels die Erscheinung Marias nur vorgetäuscht und die Menschen auf diese Weise "verhext", so das Urteil der kirchlichen bzw. staatlichen Obrigkeit.
Die Kirchemacht dachte sich dazu noch eine Spezialität aus: Zur Abschreckung für die Gläubigen und um Böhm die Folgen seines Wirkens vor Augen zu führen, ließ man zunächst zwei Bauern, die man offenbar willkürlich zusammen mit ihm gefangen setzte, vor den Augen des entsetzten jungen Gotteskünders den Kopf abschlagen. Dann war der Pfeifer von Niklashausen selbst an der Reihe. Er wurde zunächst an einen Pfahl über dem Scheiterhaufen gefesselt, bevor man das Holz unter seinen Füßen in Brand setzte. Er hat, solange es noch möglich war, gebetet und gesungen, bis seine Stimme schließlich in den Flammen und im Rauch erstickte.

Im Namen der Kirche und zum Ruhm ihrer Bischöfe – In der Chronik der Würzburger Bischöfe aus dem 16. Jahrhundert, hier der Echter-Chronik, wird der Triumph ihres dämonischen Wütens auch mit der Verbrennung des Gottesboten Hans Böhm illustriert. Zwei Bauern, die an das durch Ihn gegebene Wort glaubten, hieben die Vasallen des Bischofs die Köpfe ab. Niemand sollte er mehr wagen, die Kirche und ihre "hohe Geistlichkeit" zu kritisieren und von ihrem mörderischen Religionszwang abzuweichen. (Gemeinfrei nach Wikimedia Commons, fries.informatik.uni-wuerzburg.de/, login/020dpi_jpeg_display/, folio_2_0511r.html, uploaded by Hoss 2006)

Raubmord an den "Ketzern" und Erpressungsgelder – so wurde die Kirche reich

Um jedes Andenken an Hans Böhm auszurotten, wurde die Asche anschließend in den Main verstreut. Gegen die Kirche in Niklashausen wurde der Kirchenbann verhängt. Alles den Klerikern als brauchbar Erscheinende wurde von ihnen zuvor geraubt und in den Mainzer Dom verfrachtet. Die von den Pilgern für das Gemeinwohl gesammelten Wertsachen wurden ebenfalls geraubt, und die Beute wurde zwischen dem Bischof von Mainz und dem Grafen von Wertheim aufgeteilt. Die ärmeren Menschen hatten, da sie so viele waren, in Niklashausen so viel zusammengelegt, dass mit diesem Raubgut bedeutende Baumaßnahmen an der Bischofsresidenz in Mainz vorgenommen werden konnten. Die an diesen Verbrechen beteiligte Grafschaft Wertheim samt der Kirche im nahe gelegenen Michelrieth schloss sich ca. 50 Jahre später der lutherischen Reformation an. Als Unterstützer von Hans Böhm und Mitanführer wurde damals noch der Ritter Kunz von Thunfeld aus dem nahen Steigerwald und sein Sohn Michael ausgemacht, die zunächst vor den Häschern des Bischofs fliehen konnten, bevor man sie festnehmen konnte. Auf Bitten ihrer Verwandten ließ sie die bischöfliche Gerichtsbarkeit in Würzburg am Leben – allerdings nur unter der Bedingung, keine Rache zu üben, sich komplett zu unterwerfen und - und das war die Vernichtung ihrer materiellen Existenz - alle ihre Besitzungen dem Würzburg Hochstift im fürstbischöflichen katholischen Bistum zu übereignen. So also und so ähnlich entstand also der Reichtum der Kirche. Es ist ein Reichtum, erworben durch Blutbäder ohnegleichen, für den sie sich noch im 21. Jahrhundert jährlich mit Milliarden an Euro vom Staat angeblich "entschädigen" lässt, womit allergrößtes Unrecht in allen seinen kirchlichen Variationen bis in unsere Zeit hinein weiter praktiziert wird. Tatsächlich wurden den katholischen Fürstbischöfen Anfang des 19. Jahrhunderts nur die Reichslehen entzogen, was aber ein eigenes Thema darstellt.

Die Rufmordkampagne seiner Exzellenz Bischof Rudolf II. von Scherenberg, Fürstbischof von Würzburg und der spätere Bauernkrieg

Um die Bevölkerung wieder in den kirchlichen Würgegriff zu bekommen und die Hinrichtung des prophetischen Künders im Nachhinein zu rechtfertigen, startete die Exzellenz Fürstbischof Rudolf II. von Scherenberg nach der Hinrichtung des "Pfeifers" eine systematische Desinformations- und Rufmordkampagne gegen das Mordopfer, den im Nachhinein vor allem als "Narren" hingestellten jungen Mann, mit dem Ziel, ihn der Lächerlichkeit preiszugeben und die riesige Bewegung aus dem Volk als von ihm verführt und aufständisch zu verleumden. Die spätere Geschichtsschreibung hatte Böhm deshalb gelegentlich auch als einen Vorläufer der 49 Jahre später einsetzenden und auf das Verlangen Martin Luthers hin nach wenigen Wochen im Jahr 1525 grausam niedergeschlagenen Bauernaufstände betrachtet (70.000 bis 100.000 ermordete Bauern, deren Familienangehörige und Unbeteiligte), obwohl Hans Böhm sich offenbar immer für einen friedlichen Wandel eingesetzt hatte.

Die offiziellen Denkmäler für die Mörder und das private Denkmal für ihr Opfer und immerhin ein erstes kommunales

Erst im Jahr 2001 setzte ihm der ehemalige Würzburger Oberbürgermeister Klaus Zeitler, der 1984 auch der Ansiedlung von Betrieben mit urchristlichen Zielen im Stadtteil Heuchelhof positiv gegenüberstand, am Hinrichtungsort auf dem Würzburger Schottenanger ein kleines privates Denkmal, das aber bei den offiziellen Stadtführungen zu den Denkmälern der Kirchenheiligen ignoriert wird und wohin sich außer den Anliegern normalerweise niemand hin verirrt. Ein offizielles Denkmal bekam er in Würzburg nie, lediglich dieses private und nur Insidern bekannte genehmigte man. Ein Denkmal für Hans Böhm wurde schließlich auch in Helmstadt gestiftet, das ihn mit Flöte zeigt und ihn als "Pfeifer von Niklashausen, geboren in Helmstadt" bezeichnet (siehe Foto links), allerdings auch erst im Jahr 2007, mehr als 500 Jahre nach seiner Ermordung, aber immerhin an einem zentralen Platz der Ortschaft.

Denkmal für Hans Böhm vor dem alten Rathaus seiner Geburtsstadt Helmstadt mit der neutral gehaltenen Inschrift "Der Pfeifer von Niklashausen – Geboren als Hans Böhm in Helmstadt"

Ein lebensgroßes Ehren-Denkmal aus Stein jedoch erhielt der Mörderbischof Rudolf II. von Scherenberg in seinem Geburtstort Frankenwinheim bei Gerolzhofen, dazu neben vielen anderen von seinesgleichen ein Grabmal im Würzburger Dom (Ausschnitt siehe rechts) von dem bekannten Bildhauer Tilman Riemenschneider gestaltet. Und im benachbarten Dettelbach ist sogar eine Grundschule für die Jüngsten nach ihm benannt, die Rudolf-von-Scherenberg Grundschule. Das Scherenberg-Grabmal ist im Dom ist auch eines der Ziele bei heutigen Stadtführungen in Würzburg. Und bis heute ist das Haupttor zum Eingang auf die Feste Marienberg in Würzburg das Scherenbergtor.
Auch der Lügen-Domherr und Bischofs-Stellvertreter Georg von Giech, der den Krieg der Staatsmacht gegen die prophetische Bewegung mit seiner Lüge in Gang brachte, ist im Würzburger Dom begraben, und ihm wird dort ebenfalls mit einer monumentalen Grabplatte gehuldigt, die ihn mit katholischem Eucharistiekelch in der Hand zeigt.

Kopf des Grabmals des Mörder-Bischofs Rudolf von Scherenberg im Dom zu Würzburg, wo ihm bzw. seinem Leichnam bis heute gehuldigt wird. In Dettelbach ist sogar eine Grundschule nach ihm benannt, so dass schon die Jüngsten mit dem Milieu, für das dieser Name steht, indoktriniert werden. (gemeinfrei nach Wikimedia Commons, CSvBibra, 2011)

Wie man den prophetischen Mahner zum "Sackpfeifer" und "Narren" machte und die Erinnerung ins Folkloristische zog

Nicht als Gottesmahner oder Prophet sollte er, wenn überhaupt, bis heute in Erinnerung bleiben, sondern so, wie er vor seinem öffentlichen Wirken mit Flöte und Pauke zum Tanze gespielt hatte, obwohl er zumindest die Pauke selbst verbrannt hatte, weil er sein Leben geändert hatte. So ging er auch als "Pauker" bzw. "Pfeifer von Niklashausen" in die Geschichte ein oder als "Pfeiferhannes" oder noch abwertender im Hinblick auf seine vielleicht noch kindliche Jugend als "Pfeiferhänslein" oder "Pfeiferhänsle".
Im Ort Niklashausen, heute zusammen mit dem benachbarten Gambach in Werbach eingemeindet, gibt es immerhin eine kleine "Pfeiferstube" bzw. ein "Pfeifermuseum" mit einigen Dokumenten, Gegenständen und Accessoires aus der damaligen Zeit. Allerdings sind nur Schriftstücke erhalten, die "ausschließlich von fürstlichen und geistlichen Amtsträgern mit grundsätzlich feindlichen Vorbehalten gegenüber Hans Böhm verfasst worden" (Wikipedia). Gegen ein geringes Eintrittsgeld kann sich der Interessierte in einem Nachbarhaus den Schlüssel für den Besuch des "Pfeifermuseums" ausleihen. Auch eine Pfeiferhalle gibt es im Ort und eine Pfeiferstraße, allerdings direkt neben einer Martin-Luther-Straße, und die Dorfkirche von Niklashausen, das damalige Pilgerziel, ist seit der Reformation evangelisch. Die Gaststätte "Pfeiferhannes" in Wertheim trug eine Zeitlang ebenfalls diesen überlieferten ablenkenden Namen von Hans Böhm, womit man an ihn als "Pfeifer" statt als "Propheten" oder prophetischen Mahner gedenkt oder statt als einen mutigen jungen Mann mit einer Bedeutung, die weit über Niklashausen, Wertheim und Franken hinaus reicht. Die Gaststätte in Wertheim wurde dann auch in den letzten Jahren umbenannt.
Gemäß den vorläufigen "Siegern" der Geschichte aufgrund von Raub, Mord und Kriegen wurde von der gottlosen Allianz von Kirche und Staat stattdessen das 8 km von Niklashausen entfernte Kloster Bronnbach zu einem Publikumsmagneten ausgebaut, mit einem Bernhardssaal zu Ehren des heilig gesprochenen Kreuzzugspredigers und Massenmörders Bernhard von Clairvaux (1090-1153), Vorläufer der päpstlichen Inquisition und in gewisser Weise auch der islamistischen Attentäter, der einst den Bau des Klosters angeregt hatte und der offenbar auch die grausamen Mörder von Hans Böhm inspiriert hatte, z. B. mit seinem Christus verhöhnenden Aufruf:
"Der Christ rühmt sich, wenn er einen Ungläubigen tötet."

Hans Böhm jedoch ist in der von der Kirche geprägten oder gesteuerten Überlieferung bis heute mit dem Makel eines musizierenden Narren behaftet und wird oft auch als so genannter "Schwärmer" verleumdet. Bereits 18 Jahre nach seiner Ermordung wurde er in dem bekannten Buch Das Narrenschiff von Sebastian Brant aus dem Jahr 1494 im Hinblick auf den zur Flöte zugehörigen Flötensack verspottet als "Sackpfeifer"; und so auch in einem Holzschnitt von Albrecht Dürer aus dem Jahr 1514 (siehe oben). Das zeigt aber auch, wie gegenwärtig damals die prophetische Bewegung auch 20 bzw. 40 Jahre später noch war. Ihr Opfer, Hans Böhm, der davon sprach, dass Maria ihm eingeben und aufgetragen hat, was er weitergab, ist jedoch mit der Zeit weitgehend in Vergessenheit geraten, ganz wie es die Vatikankirche wollte und will und nach ihr auch die Lutherkirche. Diese kleine Untersuchung kann vielleicht mithelfen, ihm seinen gebührenden Platz zuzuweisen in der Geschichte der Befreiung der Völker von der Knechtschaft des dämonischen Systems und seiner irdischen Statthalter in Kirche und Staat.  
 

Der Text kann wie folgt zitiert werden:
Zeitschrift "Der Theologe", Herausgeber Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 107, Der "Pfeifer von Niklashausen", ein ermordeter Prophet, Wertheim 2019, zit. nach theologe.de/hans-boehm-pfeifer-von-niklashausen.htm, Fassung vom 23.12.2023,
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