Erst "selig", dann "heilig", dann arme Seele

Karol Wojtyla, genannt Johannes Paul II. –
Der unheilige Papst

Der Theologe Nr. 76, aktualisiert am 3.12.2022
 


Einleitung

Mehrere Wunder und viele Leichen

Wunder auf Gegenseitigkeit

Warum so wenige Heilungen?

Ein drittes Wunder?

Der "Duft der Heiligkeit"

Ein Politiker voller Widersprüche

Gutes Einvernehmen unter Diktatoren

Vertuschung von Sexualverbrechen

Papst ließ Vatikanbank in der Unterwelt agieren

Karol Wojtyla – Superstar aus dem Reich der Schatten

"Erbarmungslose Heuchelei"

Lateinamerika: "Ein Papst reist zum Tatort"

Scheinheilige Vergebungsbitte

Opus Dei: Eine Hand wäscht die andere

Papst Johannes Paul II., das Opus Dei und General Pinochet

Höllenfurcht und Drohbotschaft

"Totale Diktatur"

Jesus contra Heiligsprechung: Gott allein ist "heilig"


Quellenangaben und Literatur

Nachrichten



Am 1. Mai 2010 wurde Karol Wojtyła von Joseph Ratzinger erst einmal "selig" gesprochen. Als Papst Johannes Paul II. stand er bis zu seinem Tod im Jahr 2005 26 Jahre lang an der Spitze der römisch-katholischen Kirche, Joseph Ratzinger wurde sein Nachfolger. "Da geht es doch in Rom zu wie zu den Zeiten der Cäsaren, die den jeweils vorangegangenen Kaiser zum Gott erhoben!“ ... Vermutlich denkt ein Papst, wenn er seinen Vorgänger seligspricht, gerät all das Schlimme in Vergessenheit, was dieser Mann angerichtet hat," so der katholische Theologieprofessor Dr. Hans Küng. 1)
Am 27. April 2014 erfolgte dann die schon vorher gesehene Steigerung, die Betitelung von Karol Wojtyla mit den Namen Gottes, des einzig "Heiligen", aber eben nicht für die Vatikankirche: Diese vollzog die kircheninterne Heiligsprechung von Karol Wojtyla zusammen mit Angelo Guiseppe Roncalli alias Papst Johannes XXIII. durch Papst Jorge Bergoglio, Im Fall von Johannes Paul II. entspricht diese Entwicklung tatsächlich einer zunehmenden Vergöttlichung des Papstes, die schon zu Lebzeiten Karol Wojtylas eingesetzt hat, und die im Kern eine massivste Verhöhnung von Gott, dem Ewigen, der allein heilig ist, darstellt. 45)
Dazu ein Bericht vom katholischen Weltjugendtag 1993 aus Denver/USA:

"In seiner weißen Tracht besteigt Johannes Paul II. die Stufen zu seinem Stuhl, einem thronartigen Gebilde aus Eichenholz. Noch einmal winkt er den stehenden Pilgern zu, dann steigt er hinauf und setzt sich ... Die Musik spielt sanft weiter, als ein Jugendlicher vom Internationalen Jugendforum von der Vorbühne verliest: ´Ich sah eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen vor dem Thron und vor dem Lamm stehen, bekleidet mit weißen Gewändern und Palmen in ihren Händen. Und sie rufen mit lauter Stimme und sagen: Das Heil unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!`" (Hayes, Trumpet, 1993; zit. nach Dave Hunt, Die Frau und das Tier, Bielefeld 1995).

Doch während von "Gott", der laut dieser Überlieferung aus der Offenbarung des Johannes in der Bibel auf dem Thron sitzt, vorgelesen wurde, saß gleichzeitig der Papst auf dem Thron. Sicher kein Zufall, sondern zumindest eine klare Botschaft an das Unterbewusstsein der Gläubigen, die auch die innere Verbindung zwischen antiker Vielgötterei und moderner katholischer Heiligsprechung aufzeigt.

Abbildung rechts: BuchcoverHubertus Mynarek, Der polnische Papst, Ahriman-Verlag, Freiburg 2005; das Buch ist für 19,80 € erhältlich

Ca. 7000 Menschen wurden von der Romkirche bisher "heilig" oder "selig" gesprochen, darunter viele Päpste. Sie alle
sind die Abkömmlinge von Abkömmlingen von Abkömmlingen derer, die den Namen Christus von Anfang an missbrauchten. Denn mit Christus hat solches nichts zu tun.
Jesus von Nazareth lehrte keine Heiligsprechungen und schon gar keine "heiligen Väter", sondern Er sagte: "Ihr sollt niemanden auf Erden Vater nennen, denn Einer ist euer Vater, der im Himmel ist" (Matthäus 23, 9). Die Institution Kirche widerspricht also ihrer eigenen Bibel, wenn sie Menschen den geistigen Titel "Vater" verleiht, denn genau das sollen Nachfolger von Jesus nicht tun. Und auch eine Heiligsprechung widerspricht den Stellen in der kirchlichen Bibel, in denen es heißt: Gott allein ist "heilig".
Wer ist nun der – vom Todesdatum 2.4.2005 betrachtet – "jüngste" Heilige der römisch-katholischen Kirche? Der Religionswissenschaftler Prof. Hubertus Mynarek schreibt über Karol Wojtyla und seinen zunächst geplanten Seligsprecher Josef Ratzinger: "Wojtyła war, was die katholische Doktrin betrifft, ein total konservativer, reaktionärer Papst. Und genau das ist auch Ratzinger. Als Kirchenoberhaupt hat er den demokratie-, frauen- und sexualfeindlichen Kurs seines Vorgängers unbeirrbar verfolgt. Auch der Geheimbund Opus Dei, den Johannes Paul II. im Vatikan erst hoffähig gemacht hat, erfreut sich Benedikts höchsten Wohlwollens." 2)
Nun sitzt seit 2013 jedoch der Jesuit Jorge Bergoglio auf dem "Heiligen Stuhl" und demonstriert Einvernehmen mit seinen Vorgängern und nahm nun die Heiligsprechung seines Vorvorgängers vor. Mit dem unmittelbaren Vorgänger, einem der nächsten Kandidaten für die kirchliche "Seligkeit" bzw. "Heiligkeit", geht er jedoch noch in den Gärten des Vatikan spazieren.
 


"Als wollte man pädophilen Priestern möglichst rasch zu einem eigenen Schutzheiligen verhelfen, hat der Vatikan die Seligsprechung Johannes Pauls II. vorangetrieben, die schließlich zur Ostern 2011 in Rom stattfand. Er war der Papst, der nicht nur die Augen verschloss vor der Vergewaltigung Zehntausender katholischer Kinder, sondern der auch noch einige der schlimmsten Vergewaltiger wie z. B. Kardinal Groer und Pfarrer Maciel auszeichnete und diejenigen entlastete, die ihre Verbrechen vertuschten, nämlich Kardinal Law und Bischof Pican. Der Sarg des angehenden Heiligen wurde aus dem Grab geholt und im Petersdom öffentlich unter einem Altar ausgestellt, auf dem eine Ampulle mit seinem geheiligten Blut stand (das bereits auf dem Totenbett in Erwartung dieses Ereignisses entnommen und durch Gerinnungshemmer flüssig gehalten worden war). Es wurde zur Anbetung durch die Gläubigen zur ´offiziellen Reliquie` erklärt."

(Der britische Kronanwalt Geoffrey Robertson in seinen Buch Angeklagt – der Papst, zit. nach Gert Hetzel, Über den Lügen-Moloch, 2018, S. 30 f.; gratis erhältlich über info@theologe.de)
 


Mehrere Wunder und viele Leichen


Die ursprünglich geplante Doppel-Selig- bzw. Heiligsprechung – Papst
Eugenio Maria Giuseppe Giovanni Pacelli alias Pius XII. ("selig") und Karol Wojtyła ("heilig") sollten gemeinsam entsprechend gefeiert werden – hatte Joseph Ratzinger 2010 aufgegeben. Dafür erfolgte unter seinem Nachfolger Jorge Bergoglio die Doppel-Heiligsprechung Karol Wojtyla – Angelo Guiseppe Roncalli alias Johannes XXIII., wobei im Vorfeld kaum jemand über Roncalli sprach. Nahezu die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf Wojtyla.
Als jedoch das Johannes Paul II. gewidmete Papstkreuz von Cevo in Norditalien am 24.4.2014 abgebrochen ist und der 600 kg schwere und 6 m hohe in Stein gehauene sterbende Jesusleib auf den Boden fiel einen Gläubigen zerschmetterte, standen plötzlich beide "Heiligsprechungen" unter einem unguten "Omen", wie vor allem die italienische Presse berichtete. Denn das Opfer dieser Tragödie stammt aus dem Herkunftsort von Papst Roncalli, aus Bergamo, und er wohnte dort gar in der Johannes-XXIII-Straße (mehr dazu siehe hier).

Zwei Wunder habe Karol Wojtyla als Seele aus dem Jenseits der Erde vollbracht. Das erste war notwendig für seine katholische Seligsprechung, das zweite, als Ergänzung zum ersten Wunder, notwendig für die Heiligsprechung. Papst Guiseppe Roncalli hatte kein angebliches Wunder vollbracht. Doch Papst Jorge Bergoglio erteilte ihm eine Ausnahmegenehmigung, dass er trotzdem "heilig" gesprochen werden könne. Manche Gläubige betrachten jedoch den außergewöhnlich gut erhaltenen Zustand seiner Leiche als eine Art "Wunder". "Johannes XXIII. war nach 37 Jahren noch erhalten wie am ersten Tag", freute sich der Präparator Massimo Signoracci bei einer Nachprüfung im Jahr 2005 (spiegel.de, 5.4.2005). Für den Bestatter war allerdings klar, dass er einfach nur sehr gut gearbeitet hatte.

"Noch erhalten wie am ersten Tag" Der Präparator freute sich über den Zustand der im Petersdom zur Schau gestellten Leiche des neuen kirchenheiligen ehemaligen Papstes Johannes XXIII. (Wikimedia Commons, Dnalor 01, aufgenommen am 26.7.2007)

Betrachten wir an dieser Stelle das erste dem verstorbenen Papst Johannes Paul II. im Jenseits zugeschriebene Wunder. Darüber wird folgendes berichtet:
Die Nonne Marie Simon-Pierre Normand vom "Orden der kleinen Schwestern der katholischen Mutterschaft" litt an der Parkinson-Krankheit, genau wie ihr großes Vorbild Karol Wojtyl
a. Die glühende Verehrerin des Papstes geriet nun nach oder gar durch dessen Tod in eine noch schlimmere gesundheitliche Krise. Und ihre Nonnen-Kolleginnen flehten die Seele von Karol Wojtyla deshalb täglich um "Fürsprache auf Heilung" ihrer Kollegin an. Als neutraler Beobachter würde man diesen Vorgang als Totenbeschwörung deuten. Offenbar sollte der verstorbene Papst Gott dazu bewegen, etwas für die Nonne Marie zu tun, was Gott angeblich sonst nicht tun würde. "Johannes Paul II. hat vielleicht sein letztes Wort noch nicht gesprochen", so sagte deshalb die Oberin der Schwestern der katholischen Mutterschaft, obwohl der Papst doch bereits tot war (focus.de, 28.11.2011). Und was passierte? Nach einiger Zeit seien die Parkinson-Symptome bei Schwester Marie verschwunden. Und die Nonnen schlussfolgerten: Der verstorbene Papst habe die Parkinson-Krankheit weg genommen. Das erste Wunder, sozusagen das notwendige Basis-Wunder für die spätere Seligsprechung, war geschehen.

Fünf Jahre später kam es dann zur Seligsprechung, am besagten 1. Mai 2010. Dazu hatte man die Leiche Karol Wojtylas eigens aus den vatikanischen Keller-Grotten in das zentrale Kirchenschiff des Petersdoms verlegt. Dieses Kirchengebäude ist praktisch auch das größte begehbare Leichenhaus der Welt, denn es liegen dort neben den Körpern der beiden "Heiliggesprochenen" auch noch die toten Körper vieler weiterer Päpste, die nicht auf Friedhöfen bestattet sind, sondern eben in dieser Kirche.
Bei der Seligkeits-Feier 2010 kamen auch viele führende Politiker nach Rom, darunter die  laut Dogma ewig verdammte deutschen evangelische Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Diktator von Zimbabwe, Robert Mugabe. Zur Erinnerung: Bei dieser Feier küsste Papst Joseph Ratzinger ein silbernes Gefäß, das flüssiges Blut des soeben Seliggesprochenen enthält. Zuvor hatte ein Jesuitenpater aus dem katholischen Polen vergeblich gegen die Verwendung des Blutes als katholische Reliquie protestiert, weil sie an "mittelalterliche Praktiken" erinnere. 3)

Viele Gläubige verfolgten das Ereignis im Fernsehen. Zu ihnen gehörte Floribeth Mora Diaz aus Costa Rica, die an einer lebensgefährlichen Gefäßerkrankung im Gehirn erkrankt gewesen sein soll. Parallel zur Fernsehübertragung vollzog sie in ihrer Wohnung eine flehentliche Anrufung vor dem Bildnis von Karol Wojtyla. Neutrale Beobachter könnten auch hier Totenbeschwörung dazu sagen, was dazu führte, dass sie nach geraumer Zeit glaubte, die Stimme des angerufenen Papstes tatsächlich aus dem Jenseits zu hören. Sie solle keine Angst haben und aufstehen, so dessen vermeintliche Worte – ein Satz, den Karol Wojtyla sinngemäß bereits bei seinem Costa-Rica-Besuch einige Jahre zuvor gesagt habe.
Nun habe sich also die Seele des Ex-Papstes bei ihr gemeldet – ein schier unfassbares Erlebnis für eine einfache Gläubige in Costa Rica. Sie erhielt womöglich einen Privatbesuch aus dem Jenseits von dem Mann, bei dem sie zu dessen Lebzeiten keine Chance auf eine Privataudienz hatte.
Danach sollen die Symptome ihrer Gefäßerkrankung weg gewesen sein; unter Umständen aufgrund des Hochgefühls aufgrund des für sie vermeintlich höchsten Besuches aus dem Totenreich; oder aufgrund von suggestiven oder entfesselten astral-okkulten Kräften; eventuell einschließlich der Seelenkräfte des verstorbenen Papstes. "Am 1. Mai hat mich Johannes Paul II. geheilt", so ihre feste Überzeugung
(n24.de, 6.7.2013). Er sei bei dazu ihr gewesen.
Damit war bereits am Tag der Seligsprechung von Karol Wojtyla die Bedingung für die spätere Heiligsprechung erfüllt. Die römisch-katholische Kirche verlangt nämlich dafür ein zweites von ihr anerkanntes Wunder, während die Verehrer der "Heiligen" meist noch an weitere "Wunder" glauben.
 

Wunder auf Gegenseitigkeit


In diesem Sinne sind die beiden für Außenstehende dubios wirkenden vermeintlichen Wunder Ereignisse von in höchstem Maße gegenseitigem Vorteil. Zunächst für die Gläubigen – beim zweiten Wunder eine unbekannte Hausfrau und Mutter irgendwo in Lateinamerika.
Eine unbekannte Frau wird plötzlich zum Zentrum der Kirchengeschichte und ihr Name geht ein in die weltweiten Annalen des Katholizismus. Man stelle sich demgegenüber vor, die Frau wäre stattdessen mithilfe eines schlichten Gebets zu Gott, dem Ewigen, dem Allerhöchsten, äußerlich gesund geworden und aufgrund einer guten Behandlung durch ihren Arzt in Costa Rica. Niemand würde sich dann für die Geschichte interessieren. Ähnlich verhält es sich bei der Nonne aus Frankreich.
Und hier zeigt sich nun der Vorteil für den Papst. Er brauchte für seine "Seligkeit" ein Wunder und für seine "Heiligkeit" ein weiteres Wunder. Egal wie. Und nichts ist leichter für seine Anhänger als anstelle von fehlenden Wundern zu dessen Lebzeiten nun einfach an Wunder aus dem Jenseits zu glauben. Es ist ein bestimmtes Energiefeld, in das von der Erde immer wieder hinein gesendet wurde von wo der Sendende dann auch empfängt. Denn es fließen immer irgendwelche Energien. Ob es dann das ist, was man glaubt oder etwas völlig anderes, sei vorerst dahin gestellt.
Tatsache ist aber, dass Zig-Tausende von Katholiken, die Karol Wojtyla seither ebenfalls um Heilungswunder anflehten, krank blieben bzw. an ihren Krankheiten oft unter großen Qualen verstorben sind.
 

Warum so wenige "Heilungen"?


Hierzu möchten wir aber eine kritische Frage stellen: Wenn die Seele des verstorbenen Papstes tatsächlich habe Wunder vollbringen können, warum vollbringt sie dann seit dem Jahr 2010 keine mehr, oder nur noch wenige, wie Anhänger behaupten, obwohl die Not seiner Gläubigen immer größer wird? Ging es ihm, so könnten Kritiker fragen, vielleicht nur darum, selig und heilig zu werden, wofür zwei Wunder ausreichten?
Und welchen Sinn macht es angesichts des weltweit immer größeren Chaos, wenn die entsprechenden Politiker zu einer Seligsprechung oder Heiligsprechung eigens nach Rom reisen? Was haben die zigtausend von Hungernden davon, die Flüchtlinge oder die an ihren Krankheiten dahinsiechenden unzähligen Menschen? Was haben sie von einer Selig- oder Heiligsprechung von Päpsten, wenn Politik und Kirche sich immer wieder gegenseitig feiern, während beide Parteien, Politik und Kirche, ihre Reichtümer horten und ihnen, den Elenden, nicht einmal das täglich Brot gereicht wird? Was also ist beispielsweise mit den vielen Katholiken, die verhungern, obwohl sie ebenfalls den selig und heilig gesprochenen Papst um Hilfe angerufen haben? Und was ist mit den unzähligen kranken Menschen katholischer Konfession, die an ihren Krankheitsqualen gestorben sind, obwohl auch sie den Papst um Hilfe angerufen hatten?


Auf jeden Fall ist es sehr dubios, wenn der Papst gerade nur so viele von der Kirche anerkannte Wunder getan habe, wie er für seine spätere
"Heiligsprechung" brauchte und man sonst nicht viel in diese Richtung hört.
Kritiker könnten hier gar einwenden, dies sei sozusagen eine Art "Dienst nach Vorschrift der Heiligsprechungskommission“ gewesen.
Und trotz dieser mageren "Erfolgsbilanz" und trotz Tausender von Katholiken, die täglich trotz Papstanrufung verhungern, wird dieser Religionsführer heilig gesprochen.

Müsste man dann nicht erst recht den katholischen Exorzisten Jean-Baptiste Bashobora aus Uganda zum "Heiligen" machen? Der Exorzist aus Uganda soll im Auftrag des römisch-katholischen Bischofs von Warschau im Juli 2013 im Warschauer Nationalstadion unzählige Krankheitssymptome aus den Gläubigen ausgetrieben haben. Nach kirchlichem Verständnis hat er damit wohl an einem einzigen Tag mehr Kranke geheilt als alle Päpste aller Zeiten zusammen. (spiegel.de, 7.7.2013)
Und hier könnte sich auch so mancher Rom-Pilger aus Polen einmal fragen: Warum hat "ihr" Papst zwar eine Nonne aus Frankreich und eine Hausfrau aus Costa Rica geheilt, aber nicht einen einzigen aufopferungsvoll betenden Polen – so dass der Bischof von Warschau zur Linderung der Not eigens einen Exorzisten aus Uganda einfliegen lassen musste?
Zum Vergleich:
"Die Zeitung ´Dziennik` schätzt, dass sich die polnischen Pilger die Seligsprechung rund eine Milliarde Zloty, umgerechnet 250 Millionen Euro, kosten lassen", hieß es 2011. (krone.at, 1.2.2011)

Gläubige verdecken ihr Gesicht vor dem Marmortrog mit der Leiche von Papst Wojtyla im Petersdom im Rom, dem größten Leichenhaus der Welt. Das Blut der Leiche wurde durch Konservierungsflüssigkeit ersetzt und das Gesicht mit einer Wachsmaske überzogen. (Foto: Wojciech Pawlik, 3.5.2011, Wikimedia Commons lt. Wikimedia OTRS systems, Nr.ticket #2011051310004218)

Eine Selig- und Heiligsprechung ist in jedem Fall auch sonst immer auch eine Frage des Geldes. Ab ca. 100.000,00 € (im Durchschnitt ca. 250.000,00 €) sollen Heiligsprechungen summa summarum kosten. Nur wohlhabende Familien oder Ordensgemeinschaften können sich einen derart teuren Prozess leisten (Horst Herrmann, Die Kirche und unser Geld, Hamburg 1990, S. 299). Hinzu kommen die ganzen Kosten darum herum. Auch darüber einmal in Ruhe nachzudenken, ist sicher lohnenswert, aber nicht bei allen erwünscht. So betete Papst Bergoglio im Jahr 2013 unter anderem: "Herr, bewahre uns vor der Versuchung des gesunden Menschenverstands!"
Dazu nur am Rande bemerkt: Es wäre auch einmal interessant zu erfahren, was aus den vermeintlichen Wundern von katholisch selig oder Heiliggesprochenen jeweils geworden ist. Sind die vermeintlich Geheilten beispielsweise gesund geblieben oder kam die Krankheit zurück?

In gewisser Weise ist es kein Zufall, dass sich gerade um den polnischen Papst sofort ein solcher Selig- und Heiligsprechungskult entwickelte. Denn Johannes Paul II. selbst hatte in seiner Amtszeit 1338 Seligsprechungen und 482 Heiligsprechungen durchgeführt und damit ca. doppelt so viele wie alle anderen Päpste in den letzten 400 Jahren zusammen. Beinahe jedoch wäre es anders gekommen und dass es nicht so kam, hängt mit einer schicksalhaften Entwicklung zusammen. Und man könnte fragen, ob es sich hierbei gar um eine Art drittes "Wunder" handelt?
 

Ein drittes "Wunder"?


Was war geschehen? Papst Johannes Paul II. hatte massiv auch den Sturz des Kommunismus in Polen unterstützt. Dazu flossen auch Gelder der Vatikanbank IOR (= Istituto per le Opere di Religione = Institut für religiöse Werke) an die damalige polnische Opposition. In diesem Zeitraum gab eine andere Bank, die Banco Ambrosiano, mehreren Institutionen, die unter der Kontrolle der Vatikanbank standen, Kredite in Höhe von ca. 1,3 Milliarden Dollar. Die Vatikanbank ihrerseits finanzierte mit einem Betrag in dieser Größenordnung die polnische Gewerkschaft Solidarnosc und andere polnischen Oppositionsgruppen. Am Ende zahlten die Partner bzw. Unterorganisationen der Vatikanbank ihre Schulden bei der Banco Ambrosiano nicht zurück. Diese ging deswegen bankrott und ihr Direktor wurde ermordet.
Kurz bevor am 17.6.1982 die Leiche Calvis unter der Brücke der Barmherzigen Brüder in London in die Themse hing, sagte der Bankdirektor noch zu seiner Frau Clara Canetti: "Wenn mir etwas zustößt, muss der Papst zurücktreten" (Die Zeit Nr. 45/2001). "Wenn ich auspacke, dann werden die Priester den Petersdom verkaufen müssen." Kein Stein werde dann mehr auf dem anderen bleiben, so Roberto Calvi zuvor auch an seine Tochter Anna (Spiegel special Nr. 3/2005). Dieses Wissen wollte Roberto Calvi, der seit Jahren für den Vatikan Geschäfte machte und deshalb auch "Bankier Gottes" genannt wurde, aber für eine Erpressung nützen. Doch stattdessen wurde er an der besagten Brücke in London erhängt. Die Taschen seines Anzugs waren voll schwerer Steine. "Kein Stein des Petersdoms werde mehr auf dem anderen bleiben", hatte er zuvor angedroht. Waren es – symbolisch gesprochen – "Steine des Petersdoms"? "Es waren mit Sicherheit die Priester des Vatikans", sagte seine Witwe später über die Mörder. (ARD-Dokumentation "Im Namen des Papstes", 8.12.1991)

Roberto Calvi hatte sein Wissen bis dahin nicht preis gegeben und zum Rücktritt von Papst Johannes Paul II., den er für den Fall der Aufdeckung angekündigt hatte, ist es folglich auch nicht gekommen.
Und die Tatverdächtigen des Mordes an Calvi aus dem Umfeld der Mafia kamen kurz darauf ebenfalls ums Leben. Sie waren es, die als erste die Aktentasche Calvis mit den geheimen Fakten in Besitz nahmen, die bis heute verschwunden ist. Einer davon war Sergio Vaccari. Er wurde drei Monate später mit gespaltenem Schädel in seiner Wohnung liegend aufgefunden. Der andere war Vincenzo Casillo. Er wurde kurz darauf von einer Autobombe zerfetzt. Blieb als möglicherweise letzter Mitwisser noch der Bankier Michele Sindona, der wie Calvi seit vielen Jahren für den Vatikan arbeitete. Er ließ sich im Gefängnis einen Espresso schmecken, und die bis heute unbeantwortete Frage ist: Wer hatte zuvor das Zyankali-Pulver in den Espresso gekippt?
Vergleicht nun jemand diese Todesfälle mit der Ankündigung von Roberto Calvi, dass der Papst werde zurücktreten müssen, so könnte er auf die Idee kommen, hier von schicksalhaften Fügungen zu sprechen. Kritiker könnten gar von einem dritten "Wunder" sprechen, dass ausgerechnet diese Personen auf diese Weise ihr "Schicksal" ereilte.
Denn der ermordete Roberto Calvi sagte kurz vor seinem Tod: "Wenn mir etwas zustößt, muss der Papst zurück treten." Doch dazu ist es bekanntlich nie gekommen.
 

Der "Duft der Heiligkeit"


Schon bei der Trauerfeier für Karol Wojtyla im April 2005 sei der "Duft der Heiligkeit" zu spüren gewesen, schwärmte Papst Josef Ratzinger. Schon damals waren Rufe laut geworden, seinen Vorgänger möglichst rasch heiligzusprechen. 4) Professor Dr. Hans Küng sieht das allerdings etwas nüchterner: "Dieses ´Santo subito!` (´Heilig, sofort`) war doch von vorne bis hinten gesteuert. Ich habe die ´spontanen` Transparente auf dem Petersplatz gesehen: alle fein säuberlich gedruckt. Das Ganze war eine Inszenierung konservativer bis reaktionärer katholischer Gruppierungen." 5)

Foto: Karol Wojtyla mit einem "Kreuzstab", an dem der furchtbar gekrümmte Leib des getöteten Jesus hängt (José Cruz/Abr, Agencia Brasil, 1997, Wikimedia-Commons-Lizenz)

Diese Inszenierung hatte bereits in den letzten Wochen und Monaten begonnen, in denen der polnische Papst noch lebte. Dem katholischen Journalisten und Buchautor Hanspeter Oschwald treibt dies noch Jahre später die Zornesröte ins Gesicht: "Ich habe erlebt, wie aufrechte Katholiken die Medien kritisierten, weil sie beispielsweise die Leiden des Papstes Johannes Paul II. angeblich ausschlachteten. Aber die Medien haben nichts aufgebauscht. Die unwürdige Zurschaustellung des kaum noch artikulierfähigen Papstes am Fenster seines Palastes war kalte Berechnung der Kurie. Ich habe noch nie eine schlimmere Missachtung der Würde eines alten Menschen erlebt. Doch dies hat der Vatikan zu verantworten, denn den Wojtyła-Effekt wollte die Kurie bis zuletzt nutzen." 6)

An diesem "Effekt" ist Karol Wojtyła, der schon als Student begeistert Theater spielte – stets die Hauptrolle 7) – keineswegs unschuldig. Auf die Frage, weshalb er nicht wegen seiner Krankheit zurücktrete, antwortete er: "Jesus ist ja auch nicht vom Kreuz gestiegen." 8) Doch ist ein solcher Vergleich nicht päpstliche Arroganz? Denn der Oberpriester der heutigen Priesterkaste vergleicht sich auf diese Weise mit dem mutigen jungen Mann aus Nazareth, den – im übertragenen Sinne – seine Vorgänger, die "Würdenträger" der damaligen Priesterkaste, an Kreuz nageln ließen. Wegen dieser Nägel konnte Jesus gar nicht "vom Kreuz steigen". Karol Wojtyła hingegen konnte sich in einer Klinik bestmöglichst behandeln lassen.

Das Szenario für die Seligsprechung war auf jeden Fall gut vorbereitet. Und für den Vatikan sind solche Ereignisse immer auch ein willkommener Anlass, die Kassen aufzufüllen. "Allein der Verkauf von Souvenirs soll einige Millionen Euro in die Tresore des Vatikan spülen", schrieb damals das österreichische Wirtschaftsblatt. "Der Heilige Stuhl lockt aber nicht nur Pilger, sondern auch prestigereiche Sponsoren an, die mit dem Event gute Geschäfte oder gute Werbung machen wollen." 9) Andere zahlen zu lassen, gehört im Vatikan zur unveränderlichen Tradition – und das gilt nicht nur für die bis zu einer Million Pilger, die an der Seligsprechung teilnahmen. "Dem ... Bürgermeister Gianni Alemanno wird wohl ein Stein vom Herzen gefallen sein, dass ... so viele Pilger gekommen sind. 3,5 Millionen Euro hat die chronisch defizitäre italienische Hauptstadt für die Seligsprechung bereitgestellt." 10)
 
 

Ein Politiker voller Widersprüche


Doch w
as ist mit den positiven Seiten des Papstes? "Ein Handwerker, der kürzlich meine Heizung reparierte", erzählt der Religionswissenschaftler Hubertus Mynarek, "sagte zu mir, den Wojtyła-Papst dürfe man nicht kritisieren. Er habe schließlich den Kommunismus besiegt." Und Mynarek weist darauf hin: "Es ging ihm (Wojtyła) dabei nicht um christliche Erbauung, sondern um den Sturz von Regierungen." 11) Dazu hat der Papst ohne Zweifel einen großen Teil beigetragen – wobei man relativierend bedenken kann, dass die Mauer um die maroden Regimes des Ostblocks bereits brüchig war und früher oder später wohl ohnehin zusammengebrochen wäre. Eine weitere Frage dazu ist jedoch, und Hubertus Mynarek stellt sie zurecht: Was kann die rhetorische und vor allem auch finanzielle Unterstützung eines politischen Aufstands mit einer Seligsprechung zu tun haben? 

Gerade die politische Ausrichtung und Betätigung von Papst Wojtyła steckt voller Widersprüche. Während er selbst aktiv in den Kampf gegen das kommunistische Regime Polens eingriff und auch den polnischen Klerus dazu ermutigte, untersagte er andererseits den Befreiungstheologen Lateinamerikas, die sich für mehr Gerechtigkeit und bessere Lebensbedingen für die Armen einsetzten, jegliche politische Betätigung. Er überzog sie stattdessen mit menschenverachtenden Unterwerfungsforderungen und demütigenden Lehrverboten.
Diesbezüglich waren Papst Wojtyła und sein "Glaubenswächter" Joseph Ratzinger ein Herz und eine Seele. Und der bekannteste der solchermaßen Abgestraften, Pater Leonardo Boff, hatte sicher beide im Blick, als er schrieb: "Die subjektive Erfahrung, die ich in diesem 20jährigen Ringen mit der Lehrautorität gemacht habe, ist diese: Sie ist grausam und unbarmherzig. Sie vergisst nichts, sie verlangt alles. Jede erforderliche Zeit und alle nötigen Mittel werden eingesetzt, um das Ziel zu erreichen: nämlich die Gleichschaltung der theologischen Intelligenz."
12)
 

Gutes Einvernehmen unter Diktatoren
 

In einem ökumenischen Aufruf wiesen 350 Theologen, Politiker und andere Prominente kurz vor der Seligsprechung Karol Wojtyłas darauf hin, dass ein Befreiungstheologe, der wegen seiner Überzeugungen ermordet wurde, seit nunmehr 31 Jahren auf eine Seligsprechung warte: Oscar Romero, Erzbischof von San Salvador. Er wurde 1980, während er die Messe hielt, von einem rechtsgerichteten Killerkommando erschossen. Und nicht nur das: Papst Wojtyła, so der Vorwurf der Unterzeichner, hätte ihn davor bewahren können. Doch 1979 habe Romero bei einer Audienz in Rom kein Gehör gefunden. Danach sei jedermann klar gewesen, dass der Papst keinen Finger für ihn krumm machen würde. 

Papst Johannes Paul II. habe die Armen in Lateinamerika "regelrecht verraten", so der CDU-Politiker und Katholik Heiner Geißler. 13) Doch El Salvador ist nicht das einzige Land, in dem brutale Militärdiktaturen durch den Vatikan unter Wojtyłas Pontifikat unterstützt wurden. Das Haiti der Duvaliers (1957-1986) etwa konnte sich des Wohlwollens des Papstes ebenso sicher sein wie das Chile General Pinochets (1973-90) oder das Argentinien General Videlas (1976-83), zu dem auch der damals noch wenig bekannte Jesuitenführer Jorge Mario Bergoglio gehörte. Katholische Priester dienten in Folterkellern als "Beichtväter" und spendeten argentinischen Soldaten "Trost", nachdem diese zuvor betäubte Regimegegner über dem Meer aus dem Flugzeug geworfen hatten. Auf diesen Todesflügen wurden – mit dem Segen der der Kirche – bis zu 2000 Regimegegner ermordet; insgesamt brachte das Regime bis zu 30.000 Menschen um. 14) (siehe auch hier)

Wesentlich mehr Menschen starben 1994 in Ruanda, als fanatisierte Hutus einen Völkermord an 800.000 Tutsis verübten. Die katholische Kirche, der die überwiegende Mehrheit der Ruander angehört, wäre die einzige Institution gewesen, die das Blutbad hätte verhindern können. Doch: "Die meisten ihrer Priester und Nonnen hatten 1994 bei dem Blutbad teilnahmslos zugesehen oder gar den Mördern geholfen" berichtet Der Spiegel. "Zeugen beschuldigen heute Priester und Nonnen der katholischen Kirche, den Völkermord an den Tutsi unterstützt zu haben. ... Zwischen dem 7. April und dem 4. Juli wurden in 160 Kirchen Tutsi niedergemetzelt, die in die vermeintlichen sicheren Sanktuarien geflohen waren. ... Heute leben die Beschuldigten hinter Klostermauern in Belgien, leiten Ordenshäuser in Frankreich, studieren Theologie an päpstlichen Universitäten oder predigen Nächstenliebe und Vergebung in italienischen Kirchen." 15) 

Selbst wenn der Papst nichts davon gewusst haben sollte, was sich da in einem der katholischsten Länder Afrikas zusammenbraute – weshalb hat er nicht wenigstens danach für eine schonungslose Aufklärung der Mittäterschaft seiner Kleriker gesorgt? Doch die Frage stellen heißt sie beantworten: Vertuschung und Omertà (= ansonsten ein Wort für die Schweigepflicht innerhalb der Mafia und ähnlicher Organisationen in Italien) gehörten zu den Grundzügen dieses Pontifikats – so wie sie seit alters her zu den festen Traditionen des Vatikans gehören.

Doch im Hinblick auf die "Seligkeit" und "Heiligkeit" waren dies keine "Minderungen". Es war auch 2014 wie immer, wenn einem "Fürsten dieser Welt" entsprechende Ehrungen zuteil wurden: "Mehr als 90 Delegationen von Regierungen und internationalen Organisationen waren für den feierlichen Akt nach Rom gekommen, darunter allein 24 Staatsoberhäupter. Regierungschefs sowie Vertreter von Königshäusern" (spiegel.de, 27.4.2014), und sie ließen sich für die weltweiten Filmaufnahmen ablichten.
 

Vertuschung von Sexualverbrechen
 

Es war Papst Johannes Paul II., der die Umtriebe des mutmaßlichen Kinderschänders und Hochstaplers Pater Marcial Maciel Degollado deckte und der nähere Untersuchungen und geeignete Maßnahmen gegen ihn verhinderte. "An die 30 Fälle von Minderjährigen sind bekannt, die er missbraucht und vergewaltigt haben soll, unter ihnen auch seinen eigenen Sohn", so der Stern. 16) Der mexikanische Pater trat unter unterschiedlichen falschen Namen als Geschäftsmann auf und zeugte mit zwei verschiedenen Frauen mindestens drei Kinder. Während die Mitarbeiter des von ihm gegründeten Ordens der "Legionäre Christi" zum strengen Sparen angehalten wurden, ließ sich der aus begütertem Hause stammende Ordensobere regelmäßig größere Bargeldbeträge aushändigen, "ohne Quittung", wie sein ehemaliger Finanzchef berichtet. 17)  

Doch Papst Wojtyła schätzte den Pater sehr, obwohl die Kunde von seinen Umtrieben längst den Vatikan erreicht hatte. Der Mexikaner hatte immerhin eine der zahlreichen katholischen "Erweckungsbewegungen" ins Leben gerufen, die Tausende von Menschen in ihren Bann ziehen – und er verstand es, Geld zu scheffeln. "Die Legionäre stiegen ... neben dem Opus Dei zu einer der potentesten Organisationen und Geldgeber im Kurienapparat auf", schreibt Hanspeter Oschwald. 18) Noch kurz vor seinem Tod im Jahr 2005, im November 2004, lud Karol Wojtyła den obersten "Legionär" samt 4000 seiner Anhänger zu einer feierlichen Sonderaudienz in den Vatikan ein, bei der er Maciel anlässlich des 60. Jahrestags seiner Priesterweihe sogar speziell päpstlich segnete. 

Maciel ist kein Einzelfall. Der Wiener Kardinal Hans Hermann Groer etwa musste wegen der ihm zur Last gelegten Kinderschänderverbrechen zwar 1995 zurücktreten, wurde aber nie belangt. Der Theologe Hans Küng ist überzeugt, dass der damalige Papst dafür verantwortlich war – und Groers Nachfolger in Wien, Kardinal Christoph Schönborn, ging immerhin soweit, Wojtyłas damalige rechte Hand, Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, zu bezichtigen, weitere Ermittlungen gegen Groer verhindert zu haben. 19) 

Doch die Liste der von Papst Wojtyła gedeckten Kinderschänder und Vertuscher von Sexualverbrechen ist noch länger. Der Kardinal von Boston, Bernard Francis Law etwa, der 2004 zurückgetreten war, weil er zahlreiche Missbrauchsfälle in seiner Diözese vertuscht hatte, wurde anschließend in allen Ehren zum Erzpriester der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom berufen. Oder nehmen wir den Erzbischof von Posen, Juliusz Paetz, der 2002 zurücktreten musste, weil er Seminaristen belästigt hatte – er wurde seinerseits von seiner Kirche nicht weiter belästigt. Auch das kirchenrechtliche Verfahren gegen den US-amerikanischen Priester Lawrence Murphy, der nach eigener Aussage 200 Kinder missbraucht hatte, unter anderem in einer Gehörloseneinrichtung, wurde vom Vatikan 1998 einfach eingestellt. 

Besonders entlarvend ist der Fall des französischen Bischofs Pierre Pican aus Bayeux. Dieser wurde 2001 zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt, weil er den sexuellen Missbrauch an Kindern durch den Diözesanpriester René Bissey nicht angezeigt hatte. Daraufhin dankte der Präfekt der vatikanischen Kongregation für den Klerus, Kardinal Darío Castrillón Hoyos, dem verurteilten Bischof in einem Brief, dass er "das Gefängnis dem Verrat an einem Priesterbruder vorgezogen" habe. Als dieser Brief im Jahr 2010 bekannt wurde, erklärte Hoyos: "Der Heilige Vater [Johannes Paul II.] gestattete mir, diesen Brief an alle Bischöfe weltweit zu versenden und ihn auch im Internet zu veröffentlichen." 20) 
Hier wird also die Vertuschung ausdrücklich zur vatikanischen Verhaltensmaxime geadelt. Und das betrifft auch den damaligen Kardinal Ratzinger, der, wie bereits erwähnt, als zuständiger Leiter der Glaubenskongregation im Jahr 2001 das "päpstliche Geheimnis" für alle klerikalen Kinderschänderverbrechen ausdrücklich erneuerte – und der so faktisch zum Schirmherrn der pädokriminellen Priester wurde.  
 
 

Papst ließ die Vatikanbank in der Unterwelt agieren 
 

Unter die von Karol Wojtyła so sorgfältig geübte päpstliche Omertà fielen auch die skandalösen Vorgänge um die Vatikanbank. Johannes Paul II. war es, der dem Leibwächter Pauls VI., einem gewissen Paul Marcinkus, eine einzigartige Karriere als "Bankier Gottes" ermöglichte – und der dann, als die dunklen Geschäfte, in die er verwickelt war, teilweise aufflogen, dafür sorgte, dass sein Schützling im Vatikan vor der Strafverfolgung italienischer Behörden sicher war. So  wurde er nicht ausgeliefert, als er mit italienischem Haftbefehl gesucht wurde.
Zuvor hatte Papst Wojtyla den Geschäftsführer der – 1942 von Pius XII. gegründeten – Vatikanbank IOR gewähren lassen, als dieser im großen Stil Geldwäsche betrieb, unter anderem von Mafiageldern, und sich dabei mit dem Mafia-Banker Michele Sindona verbündete. Später, als "geschäftliche Probleme" auftraten, ließen Marcinkus und sein päpstlicher Chef den zum "Problemfall" gewordenen Sindona ebenso fallen wie später den Bankier Roberto Calvi. Beide, die für die dunklen Geschäfte des Vatikan unermüdlich tätig gewesen waren, wurden daraufhin ermordet. Statt den Machenschaften und Verbrechen von Erzbischof Marcinkus auf den Grund zu kommen, wollte Wojtyła Marcinkus sogar noch zum Kardinal ernennen. 21)  (siehe auch hier)

Später, im Sommer 1996, ließ Papst Wojtyla dann die vatikanische Hauszeitung, den Osservatore Romano, scharfe Attacken gegen Italiens erfolgreichsten Antikorruptionsstaatsanwalt führen: Antonio di Pietro. Und das, so schreibt Mynarek, gerade weil er so erfolgreich war: "Da mussten es der Papst und sein oberstes Finanz- und Verwaltungsgremium doch mit der Angst zu tun bekommen. Denn wo die Mafia und Geldfreunde sind, da ist auch der Vatikan nicht weit. ... Dem Papst war klar: Wer im öffentlichen Dienst Italiens gegen die Korruption auf allen Ebenen vorgeht, stößt unvermeidlich auch auf schmutzige Geschäfte des Vatikans." 22)
Der ehemalige Unterhändler des Vatikan Leopold Ledl schreibt über dessen Vorgänger Papst Johannes Paul I.: "Als er schließlich den festen Vorsatz fasste, den Finanzdschungel des Vatikan zu lichten, sprach er damit, ohne es zu ahnen, sein eigenes Todesurteil aus."
(Leopold Ledl, Im Auftrag des Vatikans, Wien 1989, S. 239)
Und der Sachbuchautor Robert Hutchison schreibt: "[Der Bankier] Calvi ... betrachtete ... Johannes Paul I. als einen der wenigen Menschen, die das dringend nötige Großreinemachen in der Vatikanbank durchsetzen würden." (Robert Hutchison, Die heilige Mafia des Papstes, München 1998, S. 333)
Doch beide lebten bald nicht mehr. Papst Johannes Paul II. wusste von daher, was er auf keinen Fall tun dürfte. Und welche Rolle er selbst bei der Ermordung Calvis spielte, ist bis heute nicht geklärt. In der Vatikanbank IOR gingen derweil die Skandale weiter – mit Wissen und Zustimmung oder ohne Wissen des Papstes. Manche Antworten darauf waren in der Tasche Roberto Calvis zu finden, welche der slowakischen Bischof Pavel Hnilica in seine Hände brachte, den Ermittlungsbehörden vorenthielt und für immer verschwinden ließ. Dafür musste der Bischof auch ins Gefängnis, aber das hat er wohl gerne für den Papst und für die Kurie gemacht. Im Jahr 2006 ist er dann eines vermutlich natürlichen Todes gestorben, im Alter von 85 Jahren in einem tschechischen Kloster, und sein Wissen nahm auch er mit ins Grab.
 


Karol Wojtyla – der "Superstar" aus dem Reich der Schatten

Leopold Ledl, "Insider" des Vatikan, schreibt:
"Kaum ein halbes Jahr, nachdem Wojtyla den päpstlichen Thron bestiegen hatte, starb einer der wichtigsten Kronzeugen unserer [verbrecherischen] Geschäfte, Jean Kardinal Villot. Als er Mitte März 1979 zu Grabe getragen wurde, nahm er sein Geheimnis mit. Wojtyla wurde binnen kürzester Zeit weltweit zum gefeierten Superstar. Seine Theaterstücke, Schriften und Schallplatten fanden riesige Verbreitung. Er, der einst Schauspieler werden wollte, konnte nun endlich seinen Jugendtraum verwirklichen: die Welt wurde buchstäblich zu seiner ´Bühne`. Sein ausgeprägtes missionarisches Bewusstsein lieferte dazu die vordergründige Rechtfertigung ... Während der arme Calvi seinen Irrweg mit unausweichlicher Konsequenz bis zum bitteren Ende ging, sonnte sich [Erzbischof und Vatikanbank-Chef] Marcinkus unangefochten in der Gunst des Papstes. Das Gerücht ging um, Marcinkus sollte den Kardinalshut empfangen ... Eine Erklärung dafür lautet, dass sich Wojtyla Marcinkus gegenüber zu Dank verpflichtet fühlte, da dieser die polnische Gewerkschaft Solidarnosc mit 100 Millionen Dollar ... unterstützt hatte. Andere meinten, er könnte seinen Finanzmann schon deshalb nicht fallen lassen, weil dieser zuviel wisse. Ich halte beide Erklärungen für zutreffend ...
Freitagnachmittag, am 29. Oktober [1982] wurde [der plötzlich mit 61 Jahren vermeintlich an einem Herzinfarkt verstorbene Kardinal und Konkurrent Wojtylas bei der Papstwahl] Benelli im Dom von Florenz feierlich verabschiedet ... der Papst hob als Beispiel für Benellis Großzügigkeit unter anderem eine Wohltätigkeitsaktion für Kambodscha-Flüchtlinge hervor, für die Benelli einige Stücke aus seinem Privatbesitz gespendet hatte. Dabei fielen mir seine Pläne mit den gefälschten Pässen für reiche Kambodschaner ein; Kardinal Benelli war eben vielseitig. Auch bei der Gelegenheit fällt auf: Weder der Papst noch der Kardinalstaatssekretär Casaroli erwähnten den Luciani-Papst [Johannes Paul I.] in ihren Ansprachen auch nur am Rande, und sei es nur in einem Nebensatz ... Der Luciani-Papst, den Benelli laut eigener Aussage nicht weniger verehrte als Wojtyla, allerdings in jener Zeit, bevor er Papst wurde und sich für die Finanzen des Vatikan zu interessieren begann, kommt einfach nicht mehr vor. Das Schweigen für Johannes Paul I. dürfte, zumindest bei den prominenten Leichenrednern, noch ein weiteres Motiv gehabt haben. Man wusste sehr wohl um das Gerücht, Benelli sei bei der vermutlichen Vergiftung des Papstes zumindest Mittäter gewesen ... Tisserant, Papst Johannes Paul I., Calvi, Benelli, Sindona: Sie alle starben eines geheimnisvollen Todes. Wer trägt die Schuld dafür? Werden wir je die volle, ungeschminkte Wahrheit erfahren? Die Täter, ihre Opfer und ihre Komplizen sind tot oder schweigen."


(Der Vatikan-Unterhändler Leopold Ledl, Im Auftrag des Vatikans, Wien 1989, S. 261 f. 279.288 f.294; Ledl saß für seine kriminellen Taten im Auftrag des Vatikans mehrere Jahre im Gefängnis und lebt heute unter anderem Namen in Österreich.)
 


"Erbarmungslose Heuchelei" 
 

Antikorruptionsanwalt Antonio di Pietro kam auch gar nicht dazu, den Vatikan und seine korrupte Bank IOR ("Institut für gute Werke") genauer unter die Lupe zu nehmen – er hatte sich in aufreibenden Kämpfen mit Regierungschef Silvio Berlusconi verschlissen. Doch auch so wurden genügend Skandalgeschichten bekannt, die ein bezeichnendes Licht auf das Verhältnis des Wojtyła-Papstes zu Reichtum und Macht werfen. So ließ er etwa den Erzbischof von Chicago, John Patrick Cody, gewähren, obwohl dieser bekanntermaßen eine "kreative Buchführung" praktizierte, die es ihm erlaubte, "Millionen für sich selbst und seine Geliebte abzuzweigen. Dieser hatte Grund und Boden in Florida und eine lebenslange Rente aus Diözesangeldern beschafft. ... So gebot Erzbischof Cody nach sicheren Schätzungen mindestens über Einkünfte von mehr als 250 Millionen Dollar im Jahr und über ein Gesamtvermögen von über einer Milliarde Dollar. Beides sah er als seine persönliche Habe an, und deshalb konnte er auch, wie gesagt, Beträge in Millionenhöhe für sich und seine Lebensgefährtin abzweigen." 23) 

Der Papst hielt seine Hand also über einen Bischof, der sogar die Frechheit besaß, seine Lebensgefährtin mit zur Kardinalsernennung zu bringen. Er deckte ihn – offenbar, weil dieser Kirchenfürst vom Ertrag seiner Machenschaften genügend große Teilbeträge auch in den Vatikan abzweigte. Und derselbe Papst fand auch nichts dabei, im September 1990 in die Elfenbeinküste zu reisen und dort in Yamoussoukro eine extra für ihn erbaute überdimensionierte Prunkbasilika, größer als der Petersdom und mit dreimal so viel Glasfensterfläche wie die Kathedrale von Chartres, als "Geschenk" (!) des Diktators Félix Houphouët-Boigny anzunehmen. Die weltgrößte (!) Kirche rottet inzwischen vor sich hin – als Denkmal für einen Papst, der wenige Monate vor diesem denkwürdigen Staatsbesuch noch verkündet hatte: "´Die Welt muss wissen, dass Afrika in Armut versinkt.` Wer unsensibel für diese Not und unsolidarisch mit ihr sei, mache sich der ´brudermörderischen Verelendung` schuldig. Kann die erbarmungslose Heuchelei", fragt Hubertus Mynarek, "die Diskrepanz zwischen Wort und Praxis eines Oberhirten überhaupt noch größer sein"? 24)
 

Lateinamerika: "Ein Papst reist zum Tatort" 
 

Die Diskrepanz zwischen schönen Worten und der weniger schönen Realität der historischen Tatsachen zeigte sich in besonders drastischer Weise, als der polnische Papst im Jahr 1992 Lateinamerika besuchte – 500 Jahre nach Kolumbus. Er erwähnte zwar die "gewaltsamen Züge" der Eroberung eines ganzen Kontinents, die zu verurteilen seien, sprach jedoch im selben Atemzug von einer "bewundernswerten Evangelisierung", die zu einer "Ausweitung der Heilsgeschichte" beigetragen habe, weshalb es sich letztlich um eine "glückliche Schuld" handle. 25)

Zur Erinnerung: Bei dieser "Heilsgeschichte" kamen bis zu 100 Millionen Indianer und Indios ums Leben, oft auf grausamste Weise. 

Das hinderte das Oberhaupt der Vatikankirche jedoch nicht, bereits bei seiner ersten Lateinamerikareise im Januar 1979, seiner ersten Auslandsreise überhaupt, vom "Werk" der "ersten Glaubensboten" auf diesem Kontinent zu sprechen, das "wir ... heute nur mit Bewunderung und Dankbarkeit betrachten" könnten – denn sie kamen, so der Papst, "um die Würde der Eingeborenen zu verteidigen, für ihre unantastbaren Rechte einzutreten" sowie "das Reich Gottes ... bei euren Vorfahren präsent zu machen". 26) 

In Wahrheit waren es nur vereinzelte Stimmen, die sich gegen den "größten Völkermord aller Zeiten" (so der Theologe Leonardo Boff 27)) erhoben. Und sie konnten nichts daran ändern, dass die katholischen Eroberer die nach katholischer Lehre "Ungläubigen" erschlugen, zerstückelten, langsam zu Tode rösteten oder von eigens abgerichteten Hunden zerreißen ließen, um nur einige der gängigen Todesarten zu nennen.
Und was sagte dazu der Papst? "Hier wurde unter Schwierigkeiten und Opfern Schönes erreicht." 28)
In seinem Buch Memento hat Karlheinz Deschner diese und weitere Aussagen des Papstes den Augenzeugenberichten der damaligen Schlächtereien direkt gegenübergestellt. Ein Papst reist zum Tatort – so hieß der erste Abdruck dieser eindrücklichen Lektüre. (1981)
 
 

Scheinheilige Vergebungsbitte 
 

Aber hat Johannes Paul II. später nicht umgedacht und zur Jahrtausendwende für die Fehler der Kirche um Vergebung gebeten?
Es gehörte zur durchaus erfolgreichen PR-Strategie des "großen Kommunikators" Wojtyła, genau diesen Eindruck zu erwecken – jedoch ohne es tatsächlich getan zu haben. Denn was geschah genau am Aschermittwoch des Jahres 2000? Wer genauer hinsieht, stellt ernüchtert fest: Der Papst und seine Kardinäle haben lediglich "bedauert", dass z. B. "die Christen bisweilen Methoden der Intoleranz zugelassen haben". Oder dass "Menschen der Kirche ... mitunter auf Methoden zurückgegriffen haben, die dem Evangelium nicht entsprechen". 29)  

"Menschen der Kirche"?! In Wahrheit waren es doch die Päpste selbst, die Inquisition, Hexenverbrennung, Kreuzzüge und vieles mehr zu verantworten haben . Und ihre unmittelbaren Vertreter haben das Unrecht nicht "zugelassen", sondern in den meisten Fällen selbst angeordnet und ausgeführt. Davon ist in dem angeblichen "Schuldbekenntnis zur Jahrtausendwende" jedoch keine Rede. Echte Reue sieht anders aus – von Wiedergutmachung ganz zu schweigen. 

Der Jurist und Schriftsteller Herbert Rosendorfer kommt in seiner Deutschen Geschichte ebenfalls auf das Aschermittwochs-Schauspiel im Jahr 2000 zu sprechen: "Wen aber bat der Papst um Entschuldigung? Die gemarterten ´Ketzer`? Den lebendig verbrannten Giordano Bruno etwa? Nein, der Papst, gehüllt in einen bestechend schönen Designer-Umhang, kniete sich hin und küsste einen kreuzförmigen Holzfetisch und bat Gott um Entschuldigung ... Was er mit seiner ´Entschuldigung` gemacht hat, war eine billige Schmierenkomödie, an Lächerlichkeit nicht zu überbieten" 30) – drastische Worte von einem kritischen Zeitgenossen, der in der kirchlichen Handlung weder Reue spürte noch Mitgefühl oder Ehrlichkeit.

Nur am Rande sei erwähnt, dass der schlaue Pontifex auch den Astronomen Galileo Galilei nicht, wie immer angenommen wird, im November 1979 "rehabilitiert" hat – also 346 Jahre nach dessen Verurteilung durch die römisch-katholische Inquisition. Nein: Er hat lediglich angekündigt, man werde "die Überprüfung des Falles Galilei vertiefen" (was auch immer das bedeuten soll), und zwar "in aufrechter Anerkennung des Unrechtes, von welcher Seite es auch immer gekommen sein mag ..." 31)  
Wie lange diese "vertiefte Überprüfung" dauern soll, sagte der Papst nicht. Vielleicht noch mal 346 Jahre? Und: "... von welcher Seite auch immer ..." Gerade in solchen Nebensätzen zeigt sich die ganze Gerissenheit eines Schauspieler-Theologen, der fast die gesamte Weltöffentlichkeit über den Tisch zog wie ein Versicherungsvertreter, der seine Versprechungen gegenüber den Kunden mit dem Kleingedruckten wieder ins Leere laufen lässt. "... Von welcher Seite auch immer ..." – etwa von Seiten Galileis?!
 
 

Opus Dei: Eine Hand wäscht die andere 
 

Wen Papst Wojtyła jedoch nicht ins Leere laufen ließ, das war der einflussreiche und wegen seiner reaktionären Ansichten berüchtigte katholische Geheimbund Opus Dei ("Werk Gottes"). Bereits als Erzbischof von Krakau hatte Wojtyła "enge Kontakte" zu ihm unterhalten – und "der Zuwachs an innerkirchlicher Macht für Opus Dei, das Johannes Paul II. systematisch förderte, beweist, dass auch die Opus-Dei-Mitglieder und -Sympathisanten unter den den Papst wählenden Kardinälen für Wojtyła gestimmt haben müssen", so Hubertus Mynarek. 32)
1928 in Spanien gegründet, kollaborierte diese Organisation nach dem Spanischen Bürgerkrieg "auf die denkbar effektivste Weise mit dem faschistischen Franco-Regime". 33) Mitglieder des 1928 in Spanien gegründeten Ordens nahmen nach dem Bürgerkrieg sogleich politische Schlüsselpositionen in der Franco-Diktatur ein.
Papst Pius XII. erkannte 1950 das Opus als "Säkularinstitut" an – und Johannes Paul II. erhob es 1982 sogar zur "Personalprälatur". Dies bedeutet, dass der gesamte Orden (kirchenintern auch als "Oktopus Dei" bekannt) der Kontrolle der jeweiligen Diözesanbischöfe weitgehend entzogen ist und im Grunde nur dem Papst untersteht. Und der sprach dann zehn Jahre später, im Mai 1992, den Gründer des "Opus", Josemaria Escrivà de Balaguer (1902-1975) selig und 2002 sogar heilig.

Zu den katholischen "Heiligen" gehört also dank Wojtyła auch ein Mann, der als Maxime seines Geheimbunds "heilige Unnachgiebigkeit, heiligen Zwang, heilige Unverschämtheit" propagierte und von seinen Untergebenen absoluten Gehorsam mit den Worten einforderte: "Vergiss nicht, was du bist ..., ein Kehrichteimer ... Weißt du nicht, dass du ein Eimer für Abfälle bist ... Du bist schmutziger, herab gefallener Staub." 34) Womit er tatsächlich ohne Zweifel sehr gut in den katholischen "Himmel" hineinpasst. So wie auch Karol Wojtyła selbst, der in einer von ihm selbst unterzeichneten Neufassung des kirchlichen Gesetzbuches Codex Iuris Canonici im Jahr 1983 den absoluten Gehorsam gegenüber der Kirche noch einmal ausdrücklich zur ersten Katholikenpflicht erhob: "Was die geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens erklären oder als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen ... in christlichem Gehorsam zu befolgen" (Can. 212, §1). Was für die Priester noch einmal gesteigert wird: "Die Kleriker sind in besonderer Weise verpflichtet, dem Papst und ihrem Ordinarius Ehrfurcht und Gehorsam zu erweisen." (Can. 273) 35)  

Mit Christus, der als Jesus von Nazareth den freien Willen jedes Menschen achtete, hat das allerdings nicht das Geringste zu tun. "Wer es fassen kann, der fasse es", sagte der Nazarener (Mt 19, 12). Und man kann ergänzen: "Wer es lassen will, der lasse es!"  
 

Papst Johannes Paul II. das Opus Dei und General Pinochet


Was den Opus Dei betrifft, noch ein Blick auf den Papst und die Diktatur in Chile.
"Ich habe für den Senator gebetet und bete für ihn, weil es eine Person ist, die leidet." Kardinal Jorge Medina Estévez, Präfekt der päpstlichen Kongregation für Gottesdienst und Sakramente, meinte im Jahr 1999 damit den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet. Von 1998-2000 wurde er in London in einer Villa festgehalten. Die englische Justiz hatte zwar schließlich entschieden, ihn nach Spanien auszuliefern, wo er per Haftbefehl gesucht wurde. Doch der Vatikan unter Johannes Paul II. setzte sich für die Freilassung des "Katholiken Pinochet" ein, was schließlich gelangt. Der Diktator kehrte nach Chile zurück und wurde dort von seinen Anhängern gefeiert und bis zu seinem Tod (nach erfolgter "Letzter Ölung) in Obhut genommen.
Einer seiner Fürsprecher war dabei Kardinal Medina, der ebenfalls aus Chile stammt und dort bis 1996 Bischof von Valparaiso war. Während der Militärdiktatur in Chile zwischen 1973 und 1990 wurden mehr als 3000 Menschen ermordet oder verschwanden spurlos. Doch kein Bischof, kein Vertreter des Vatikans, trat damals für die Menschen ein, die wohl mehr zu leiden hatten als der im hohen Alter gesundheitlich angeschlagene General. Die Zurückhaltung des Vatikans in jenen Jahren lag aber nicht daran, dass Chile dem Vatikan gleichgültig gewesen wäre – im Gegenteil: Der Putsch von General Pinochet gegen die rechtmäßig gewählte Regierung Salvador Allendes wäre ohne die Hilfe des katholischen Geheimbundes Opus Dei gar nicht denkbar gewesen.


Seit etwa 1950 rekrutierte der katholische Geheimbund auch in Chile Tausende von Anhängern und sicherte sich wichtige Stellen im Medien- und Bildungsbereich, so Robert Hutchison in seinem Buch Die heilige Mafia des Papstes. Den Vertretern des Opus war die Politik des Christdemokraten Frei in Chile zu armenfreundlich. In den Räumen des Opus-Dei-nahen und vom amerikanischen Geheimdienst CIA finanzierten "Instituts für Allgemeine Studien", so Hutchison weiter, wurde der Sturz Allendes geplant. Der Pressesprecher des durch den blutigen Putsch an die Macht gekommenen Pinochet war ebenso ein Opus-Dei-Mann wie sein Außenminister und drei aufeinander folgende Bildungsminister.

Papst Johannes Paul II
. besuchte Chile im Jahr 1988. Er spendete dem Diktator eigenhändig die Kommunion, besuchte ihn in seinem Palast und ließ sich mit ihm und zahlreichen Generälen und Bischöfen auf dem Balkon fotografieren. Mit von der Partie war damals auch der Nuntius des Vatikans in Chile, Angelo Sodano. Der machte drei Jahre später einen riesigen Karriere-Sprung. Von 1991 bis 2006 war er Kardinalstaatssekretär und damit sozusagen Außenminister des Vatikans und zweiter Mann in der vatikanischen Hierarchie nach dem Papst. Auch Sodano steht dem Opus Dei nahe. Und Sodano war es gewesen, so die spanische Zeitung El país, der 1999 am Sitz des Opus Dei in Rom, in der Villa Tèvere, den Brief des Vatikans an die englische Regierung vorbereitete. In diesem Schreiben ersuchte der Vatikan darum, den Ex-Diktator freizulassen, dem in Spanien eine Anklage wegen seiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit droht. "Alte Freundschaft rostet nicht", kommentierte damals das Main-Echo.                              
Laut Robert Hutchison war das Opus Dei, das Johannes Paul II. kräftig förderte, auch 1966 in den Putsch des Generals Onganía in Argentinien verwickelt und später an der Rückkehr des populistischen Diktators Perón beteiligt. Auch in der Zeit der wechselnden argentinischen Militärdiktaturen in den 70er Jahren verschwanden Zehntausende von Menschen. In der Armee war Gottesdienstbesuch Pflicht. "Die Militärkapläne wurden von den Offizieren um Rat gefragt, wie denn die Gefolterten möglichst ‘sündenfrei` zu beseitigen seien", berichtet die linkskatholische Zeitung Publik-Forum. "Nicht zuletzt auf priesterlichen Rat kam die Praxis auf, die zu Tötenden betäubt ins Meer zu werfen. Denn so litten die Opfer am wenigsten." (Mehr dazu hier)

"Alte Freundschaft rostet nicht" – Papst und Diktator Pinochet

Auch damals war ein Opus-Dei-Mann Nuntius in Argentinien: Pio Laghi. Er verfügte über beste Kontakte zu den Militärregierungen. Und auch Pio Laghi machte unter Johannes Paul II. Karriere: Er wurde Kurienkardinal in Rom und stellvertretender Präfekt der Kongregation für die katholische Erziehung. Als "Spitzendiplomat" war auch er einer der einflussreichsten Männer im Vatikan. Während des Irak-Krieges der USA im Jahr 2003 war er beispielsweise im Auftrag von Papst Wojtyla der vatikanische Gesprächspartner von US-Präsident George W. Bush. 
 

Höllenfurcht und Drohbotschaft 
 

Papst Wojtyła, so analysiert Hubertus Mynarek, "attestiert dem Menschen Verstandes- und Willensschwäche als Folge der Erbsünde. Somit sei die eigenständige ethische Tat aus sich heraus von vornherein zum Scheitern verurteilt." 36) Folgerichtig wertet der polnische Papst auch das Gewissen ab: "Die Auffassung vom sittlichen Gewissen als ´schöpferische Instanz ... entfernt sich von der überlieferten Position der Kirche und ihres Lehramtes`. ... ´Das Gewissen ist keine autonome und ausschließliche Instanz, um zu entscheiden, was gut und was böse ist ...`" 37)

Um diesen absoluten Gehorsam des Menschen gegenüber der Kirche zu erzwingen, hat es sich der Papst "nicht nehmen lassen, die Lehre von der Hölle in seinem Pontifikat zu erneuern und wieder kraftvoll ins Bewusstsein der Gläubigen zu rücken." 38) In dem von ihm 1992 herausgegebenen (und hauptsächlich von Kardinal Ratzinger verfassten) Katechismus der Vatikankirche besteht er darauf, "dass es eine Hölle gibt und dass sie ewig dauert. Die Seelen derer, die im Stand der Todsünde sterben, kommen sogleich nach dem Tod in die Unterwelt, wo sie die Qualen der Hölle erleiden, ´das ewige Feuer`" (Randnr. 1035). Die Steigerung des Bösen, das "noch ursprünglichere Böse", so der Pontifex, bestehe darin, "dass sich Gott dem Menschen verweigert, dass er ihn auf Ewigkeit verdammt als Folge davon, dass der Mensch sich Gott verweigert hat." 39)

Damit verbreitet dieser Papst erneut das schreckliche Gottesbild eines angeblich strafenden und zornigen Gottes, das mit dem Gott der Liebe, den Jesus "Vater" nannte, nichts zu tun hat. Die "Kultur des Todes", die dieser Papst in theatralischer Weise anzuprangern pflegte – er propagierte sie in Wahrheit selbst. Dazu gehört auch, dass er in seinem Weltkatechismus Tiere und Pflanzen, die gerade heute unter der Tyrannei und Unbarmherzigkeit des Menschen unsäglich zu leiden haben, äußerst abfällig behandelt: "Tiere, Pflanzen und leblose Wesen sind von Natur aus zum gemeinsamen Wohl der Menschheit von gestern, heute und morgen bestimmt." (Randnr. 2415)
Und: "Gott hat die Tiere unter die Herrschaft des Menschen gestellt ... Somit darf man sich der Tiere zu Ernährung und zur Herstellung von Kleidern bedienen. ... Medizinische und wissenschaftliche Tierversuche sind in vernünftigen Grenzen sittlich zulässig ..." (2417) 

Kein Wort davon, dass der Geist Gottes die gesamte Natur beatmet – diese Auffassung hat die Kirche ja auch über Jahrhunderte als "pantheistische Ketzerei" verdammt und nicht selten mit dem Tode bestraft. Die ganze Arroganz einer verknöcherten und kaltherzigen Priesterkaste gegenüber Gottes Schöpfung verdichtet sich jedoch in dem Satz: "Man darf Tiere gern haben, soll ihnen aber nicht die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt." (2418) 

Wenn sie dann wenigstens gegenüber ihren Mitmenschen "die Liebe" zeigen würden – vor allem gegenüber jenen, die ihren Glauben nicht teilen und sich ihnen nicht bedingungslos unterwerfen wollen! Oder gegenüber den Opfern klerikaler Sexualverbrechen. Oder auch "nur" denen gegenüber, die ein anderes Geschlecht haben. Es blieb Papst Johannes Paul II. vorbehalten, "den Ausschluss der Frauen vom Priesteramt zu einem unfehlbaren Bestandteil des ´Depositum Fidei`, des Offenbarungsschatzes der Kirche gemacht zu haben, so ´dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.`" 40)  

Jesus von Nazareth hat nie Priester eingesetzt. Er hat die Frauen als gleichberechtigt angesehen und behandelt. Folgerichtig wurden im Urchristentum Frauen zu Leiterinnen von Hausgemeinden und Prophetinnen. Die Kirche hat auch in diesem Punkt das Urchristentum in sein Gegenteil verkehrt und die Frauen ausgegrenzt, unterdrückt und ausgebeutet.  
 

"Totale Diktatur" 
 

Doch immer weniger Frauen lassen sich das heute noch gefallen. Uta Ranke-Heinemann etwa, katholische Theologieprofessorin im "Unruhestand", sagt über den seligen und ab dem 27. April 2014 auch "heiligen" Ex-Papst: "´Der Totalitätsrausch der Päpste hat sich bei Johannes Paul II. zum geistigen Delirium gesteigert.` Der Papst halte ´sich für derartig unfehlbar, dass man auch seine nicht-unfehlbaren Sätze akzeptieren muss`. Seit 1983, seit der Neufassung des kirchlichen Gesetzbuches, seien die Katholiken verpflichtet, auch die gesamte päpstliche Zölibats-, Pillen- und Kondomtheologie mit ´Verstandes- und Willensgehorsam` zu akzeptieren.`" 41)  Zum Hintergrund: Die umstrittene "Pillenenzyklika" Papst Pauls VI. aus dem Jahr 1968 wurde mit großer Wahrscheinlichkeit bereits vom damaligen Krakauer Erzbischof Kardinal Wojtyła verfasst. 42)  

Noch einmal Uta Ranke-Heinemann: "In einer normalen Diktatur darf man nicht sagen, was man denkt und was man will, aber hier muss man denken und wollen, was man nicht denkt und nicht will. ... Und das Ganze unter Androhung einer ´gerechten` Strafe. Das ist die totale Diktatur. Das ist nicht Gehirnwäsche, das ist Gehirnamputation." 43)  
Und der oberste Repräsentant dieser
"totalen Diktatur" gilt seit dem 1. Mai 2011 als "selig" und ab dem 27. April 2014 als "heilig". Man ahnt jetzt vielleicht, weshalb. Aus demselben Grund, weswegen auch sein Vorgänger Pius XII. unbedingt "selig" werden soll: Sie haben den absoluten Machtanspruch der Vatikankirche, jeder auf seine Weise, weiter ausgebaut.  
Seligsprechungen und Heiligsprechungen haben aber nicht nur die Funktion, die auf diese Weise Gelobten zu "Vorbildern" für alle Katholiken zu ernennen. Sie haben gleichzeitig den "Vorteil", dass alle kritischen historischen Tatsachen postwendend unter den Teppich gekehrt werden sollen – unter den Teppich eines neuen "Heiligen-Mythos", wie es sie in der Kirche zu Tausenden gibt.
 
"Über die Sünden von Heiligen spricht man nicht in der katholischen Kirche. Selig, heilig, Deckel drauf", schreibt der Journalist Hanspeter Oschwald. 44) Doch er fügt hinzu: "Das funktionierte in vergangenen Jahrhunderten, heute aber nicht mehr. Im Gegenteil."
 

Heute hinterfragen immer mehr Menschen die Behauptungen und Beschönigungen, die ihnen von der Kirche vorgesetzt werden. Und sie recherchieren selbst. Die Konstruktion neuer "Heiligen"-Legenden wird immer schwieriger. Und das ist auch gut so. 
Wer kann uns z.B. beweisen, ob Karol Wojtyla alias Papst Johannes Paul II. "selig" und "heilig" ist oder nicht? Vielleicht jeder von uns selbst – wenn wir als Seele dereinst nach dem Leibestod in die jenseitige Welt gelangen und dort eine arme Seele sehen, die schwer daran zu tragen hat, was sie anderen zugefügt hat. Das könnte er dann sein. 


Jesus contra Heiligsprechung – Gott allein ist "heilig"

Jesus von Nazareth, der große Menschheitslehrer, hat keine "Heiligsprechungen" und "Seligsprechungen" vorgenommen. Er hat statt dessen in Seiner Bergpredigt Seligpreisungen ausgesprochen, die an alle Menschen gerichtet sind, die Gottes Willen tun, gleich welcher Religion oder Konfession.
Und Jesus lehrte auch keine Heiligsprechungen und schon gar keine "heiligen Väter", sondern Er sagte: "Ihr sollt niemanden auf Erden Vater nennen, denn Einer ist euer Vater, der im Himmel ist" (Matthäus 23, 9). Die Institution Kirche widerspricht also ihrer eigenen Bibel, wenn sie Menschen den geistigen Titel "Vater" verleiht, denn genau das sollen Nachfolger von Jesus nicht tun. Und auch eine Heiligsprechung widerspricht den Stellen in der kirchlichen Bibel, in denen es heißt: Gott allein ist "heilig". (z. B. 1. Samuel 2, 2; Offenbarung 4, 8; 15, 3-4; vgl. auch Jesaja 6, 3)
Außerdem ist ein weiterer Sachverhalt merkwürdig: Zu Lebzeiten nennt man alle Päpste im Widerspruch zu Jesus und zur Bibel bereits "Heiliger Vater". Wieso müssen dann aber nach katholischer Lehre auch solche Männer noch einmal extra "heilig" gesprochen werden, wenn sie doch schon vorher als "Heiliger Vater" bezeichnet wurden? Muss die Ehrung vielleicht deshalb noch einmal neu ausgesprochen werden, weil zwischenzeitlich immer mehr Menschen so manches aus der Amtszeit erfahren haben, was deutlich aufzeigt, dass auch ein Papst ein genauso unheiliger Sünder ist wie andere Menschen auch? Bzw. sich noch um einiges mehr hat zuschulden kommen lassen wie die meisten anderen Menschen?
Zum Abschluss noch ein weiterer Hinweis auf Jesus von Nazareth:
Im Johannesevangelium der Bibel wird berichtet, wie Er zum "Heiligen Vater" betete (17, 11). Aber mit der Anrede "Heiliger Vater" meinte Jesus Gott, den Ewigen, den Allerhöchsten, keinen Papst. Und Jesus warnte eindringlich, keinem Menschen auf Erden den Titel "Vater" zu verleihen, denn, so wörtlich: Einer ist euer Vater, der im Himmel ist, "ihr aber seid alle Brüder" und Schwestern. 
 



Quellenangaben und Literatur: Die unten mit Zahlen markierten Quellen und Literaturangaben entstammen dem Kapitel über Papst Johannes Paul II. in dem Buch Der unselige Papst über Papst Pius XII. Alle weiteren Quellen- und Literaturangaben wurden von der Redaktion von theologe.de ergänzt.
 

1)      „Johannes Paul ist kein Vorbild“, Frankfurter Rundschau, 29.4.2011

2)      „War Wojtyla der Antichrist?“, Neues Deutschland, 29.4.2011

3)      „Polen: Streit um Blut des Papstes als Reliquie“, Die Presse (Wien),  14.1.2011

4)      „Der Duft der Heiligkeit“, Berliner Zeitung, 2.5.2011

5)      „Johannes Paul ist kein Vorbild“, Frankfurter Rundschau, 29.4.2011

6)      Hanspeter Oschwald, Auf der Flucht vor dem Kaplan, S. 189

7)      Hubertus Mynarek, Der polnische Papst, S. 14

8)      Wer sitzt auf dem Stuhl Petri?, Band 2, S. 72 f.

9)      „Vatikan bereitet lukrative Seligsprechung vor“, wirtschaftsblatt.at, 14.4.2011

10)    „Der Duft der Heiligkeit“, Berliner Zeitung, 2.5.2011

11)    „War Wojtyla der Antichrist?“, Neues Deutschland, 29.4.2011

12)    zit. nach Hubertus Mynarek, Der polnische Papst, S. 100

13)    „Kritik an Papst-Seligsprechung – Diktatoren stützen, die Armen verraten“, Spiegel online, 27.4.2011

14)    Näheres hierzu: Wer sitzt auf dem Stuhl Petri?, Band 2, S. 96 ff.

15)    Der Spiegel, Nr. 1/2000

16)    „Gottes schmutziger Legionär“, Stern Nr. 15/2010

17)    ebenda

18)    Hanspeter Oschwald, Auf der Flucht vor dem Kaplan, S. 169

19)    „Unselige Freundschaft“, Frankfurter Rundschau, 16.10.2010

20)    „Wie selig ist Johannes Paul II., vormals Papst und Schutzpatron der Kinderschänder?“, profil.at, 24.4.2010

21)    Mynarek, Der polnische Papst, S. 149

22)    ebenda, S. 159

23)    ebenda, S. 155

24)    ebenda, S. 150

25)    Spiegel Spezial 3/2005, S. 91

26)    Karlheinz Deschner, Memento, S. 177 f.

27)    Publik-Forum, 31.5.1991

28)    Deschner, Memento, S. 181

29)    Näheres hierzu in: Der Schattenwelt neue Kleider, S. 38 ff.

30)    Herbert Rosendorfer, Deutsche Geschichte, dtv, Band 2, 3. Auflage, S. 104 f.

31)    Der Schattenwelt neue Kleider, S. 36 f.

32)    Mynarek, Der polnische Papst, S. 39

33)    ebenda, S. 87

34)    ebenda, S. 93, 91

35)    ebenda, S. 63

36)    ebenda, S. 64

37)    ebenda, S. 67

38)    ebenda, S. 65

39)    Johannes Paul II., Die Schwelle der Hoffnung überschreiten, S. 98

40)    Mynarek, Der polnische Papst, S. 112

41)    ebenda, S. 116

42)    ebenda, S. 30

43)    ebenda, S. 116

44)    Hanspeter Oschwald, Auf der Flucht vor dem Kaplan, S. 169

45)   Diese unmerkliche Vergöttlichung setzte sich auch unter Papst Joseph Ratzinger fort, der als "Christus" bezeichnet wurde

Lesen Sie auch: 2005 – Das langsame Sterben des Papstes und die Folgen
Die Chronologie des Totenkults um Karol Wojtyla und was sich dahinter verbirgt

Im  Vorfeld der Feierlichkeiten 2014:
Cevo/Italien – Ein junger katholischer Pilger wurde am 24.4.2014 von einem Papst-Kreuz erschlagen – Das Kreuz war Johannes Paul II. gewidmet, das Opfer wohnte in einer Johannes-XXIII.-Straße. Italienische Medien sahen darin ein "böses Omen" für die dann am 27.4.2014 erfolgten Heiligsprechungen. Die Heiligsprechungs-Feierlichkeiten in Cevo wurden abgesagt –
theologe6.htm#Mann_von_Kreuz_erschlagen

Finanzierung:
Großkonzerne finanzierten Heiligsprechungs-Zeremonie im Vatikan –

Nacharbeit:
Petersplatz im Müll versunken – Aufräumarbeiten in Rom nach den "Heiligsprechungen" (repubblica.it, 27.4.2014) Es waren nur ca. 80.000 Menschen da, immerhin so viel wie bei einem Heimspiel der deutschen Fußballmannschaft Borussia Dortmund; aber nicht die offenbar erwarteten 800.000 oder gar mehreren Millionen.
 



Nachrichten:
15.2. / 31.7.2016 – Politische Hintergründe und neue brisante Details aus dem Privatleben des ehemaligen Bischofs von Krakau und späteren Papstes Johannes Paul II. Führte er ein Doppelleben? – Als es Juli 2016 der katholische Weltjugendtag in Krakau stattfand, stand automatisch auch der frühere Bischof von Krakau, Karol Wojtyla mit im Mittelpunkt. Er darf seit dem 24.4.2014 als Kirchenheiliger von allen Gläubigen weltweit im Gebet angerufen werden, damit er angeblich an "Gott" entsprechende Wünsche weiterleitet, was sicher gerade in Krakau vielfach praktiziert wird – es hat aber nichts mit Christus zu tun, sondern ist eine moderne Variante der antiken Vielgötterei. Denn für Jesus, den Christus, und die wahren Gottespropheten, ist allein Gott heilig und man kann sich im Gebet immer gleich direkt an Ihn wenden, z. B. im Vaterunser-Gebet, ohne selbsternannte kirchliche Mittelsmänner, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.

Papst Johannes Paul II. und Krakau standen zuletzt 1978 im Zentrum weltgeschichtlicher Weichenstellungen. Der evangelische US-amerikanische Präsidentenberater Billy Graham, der seit Jahrzehnten mit den US-Präsidenten betet, auch vor Kriegen, plante damals seinen Polen-"Kreuzzug". Doch die römisch-katholische Kirche sperrte sich im Jahr 1977 gegen diese geplante "Großevangelisation" von Billy Graham im Land. Einer der polnischen Kardinäle jedoch bewertete die Lage grundsätzlich anders und erteilt dem evangelischen US-Prediger die dafür notwendige offizielle Einladung für seinen "Kreuzzug": Karol Wojtyla aus Krakau. Ein Jahr später überschlagen sich dann die Ereignisse. Und wer darin mehr als den "Zufall" am Werk sehen möchte, kann manches bedenken, eventuell im Hinblick auf eine Achse Rom-Washington:

Während der Vorbereitungen zu Billy Grahams Polen-Kreuzzug wird Papst Johannes Paul I. in Rom tot in seinem Bett gefunden, eventuell vergiftet durch eine Überdosis des Herzmittels Digitalis
(z. B. Stern, 4.5.2006). Der Vatikan verweigert eine Obduktion der Leiche, so dass dem dringenden Verdacht eines Verbrechens nicht nachgegangen werden kann. Zu diesem Zeitpunkt will sich der Kardinal von Krakau, Karol Wojtyla, eigentlich mit Billy Graham in Polen treffen. Doch jetzt reist er stattdessen nach Rom und wird dort "überraschend" zum neuen "Lenker des Erdkreises" gewählt. Und die beiden Kirchenführer arrangieren die Tages-Ereignisse nun etwas anders: Während sich Karol Wojtyla am 16.10.1978 in Rom zum ersten Mal der jubelnden Menge als neuer Papst Johannes Paul II. präsentiert, steht am selben Tag auf seiner Heimatkanzel in der Bischofskirche von Krakau Billy Graham ...

Doch ausgerechnet kurz vor dem Weltjugendtag in Krakau werden nun neue Details aus dem Leben des "Heiligen" bekannt.
Bereits im Jahr 2002 enthüllte die polnische Zeitung Fakty i Mity Nr. 37 vom 19.9.2002, dass der Papst als Bischof wohl eine Geliebte hatte. Irena K. soll zur Trinkerin geworden sein, nachdem Weihbischof Wojtyla befördert worden war, schließlich sogar zum Kardinal ernannt wurde und ihre Treffen mit ihm immer seltener wurden. Nach seiner Papstwahl sei sie in tiefe Depressionen gefallen und kurze Zeit später gestorben. Der für die Aufzeichnungen damals zuständige Geheimdienstgeneral, der dies als Wahrheit bezeugte, habe Mitte der 80er-Jahre ein Giftattentat nur knapp überlebt (und ist womöglich mittlerweile verstorben), sein Nachfolger sei kurz nach seinem Amtsantritt plötzlich an Herzversagen gestorben. Übrig blieb nur der damalige Agent "M.", der Weihbischof Wojtyla beschattete und die Informationen über den späteren Papst an Fakty i Mity weitergab. Weitere Details hier.
Aktuell: Am 15. Februar 2016 wurde
unter der Regierung der neuen nationalkatholischen Regierung in Polender Herausgeber von Fakty i Mity , Roman Kotlinski verhaftet und sein PC beschlagnahmt (wyborcza.pl/51,75478,19633193.html?i=1). Fürchtet man neue Fakten aus dem Leben des "Heiligen", die nichts ins Verehrungsmuster passen?

Denn nun stellte sich auch heraus, dass sich der damaligen Kardinal und heutige "Heilige" (1920-2005) Karol Wojtyla ganz offensichtlich auf eine andere Frau hin orientierte, die US-amerikanisch(Zufall?)-polnische Philosophin Anna-Teresa Tymieniecka (1923-2014). Sie tauschten ca. 300 Briefe miteinander aus, die bis heute unter Verschluss gehalten werden. Zeitzeugen berichten, es "könnten auch Liebesgefühle im Spiel gewesen sein" (ntv.de, 15.2.2016), was nicht weiter aufregend sein müsste. Doch das Zölibat hat zwar nichts mit Jesus von Nazareth zu tun, ist aber Bestandteil einer römisch-katholischen "Heiligen"-Biographie oder -Legende.
"Es soll gemeinsame Spaziergänge, Skiferien und Campingausflüge [zwischen Wojtyla und Tymieniecka] gegeben haben. Ein Foto zeigt die beiden vor einem Zelt stehen, der spätere Papst in kurzer Hose und T-Shirt" (spiegel.de, 15.2.2016). Im Normalfall denkt sich jeder völlig unaufgeregt, was dann nachts im gemeinsamen Hotel oder im kleinen Zelt passiert. Doch im Kontext Kirche führt dies zur Frage: Führte der "Heilige" ein Doppelleben, und würden Veröffentlichung der Briefe seinen Status als Kirchenheiliger und eiserner Verfechter des Zölibats gefährden? Ist vielleicht einmal mehr nur der "Schein" "kirchenheilig"? Die Briefe werden natürlich unter Verschluss gehalten.

"Als Karol Wojtyla zum Papst gewählt wurde, gehörte Tymieniecka zu den wenigen Menschen, die im Vatikan stets Zugang zu ihm hatten – bis zum Schluss. Sie sah ihn noch einmal kurz vor seinem Tod." "Den Kirchenmännern im Vatikan, so berichten Freunde Tymienieckas in der Dokumentation, soll die langjährige Freundschaft zwischen dem Pontifex und der Philosophin ... ein Dorn im Auge gewesen zu sein." (ntv.de)
Dies wird verständlich, wenn man es mit den Aussagen der katholische Theologieprofessorin Dr. Uta Ranke-Heineman in einem Interview im Jahr 2002 über das Zölibat vergleicht:
"Die Homosexuellen im Vatikan würden mit Abschaffung des Zölibats ihr ideales Biotop verlieren, darum halten sie mit Zähnen und Klauen an ihm fest. Wenn nämlich jetzt plötzlich die First Lady des Papstes den Kardinälen die Schau stehlen würde, dann käme dieses frauenlose, monosexuelle Terrarium durcheinander. Bisher ist es doch so: Alle Hirten sind Männer, alle Frauen sind Schafe. Dieses klare Oben und Unten wäre gefährdet."

 


Der Text  kann wie folgt zitiert werden
:
Zeitschrift "Der Theologe", Herausgeber Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 76; Matthias Holzbauer / Dieter Potzel, Erst "selig", dann "heilig", dann "arme Seele": Karol Wojtyla, genannt Johannes Paul II. – Der unheilige Papst, Wertheim 2013, zit. nach theologe.de/unheiliger-papst-johannes-paul-II.htm, Fassung vom 3.12.2022,
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