"Tretet aus von ihr, Mein Volk" (Bibel,
Offenbarung des Johannes)
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Vorwort von Moris Hoblaj,
konfessionsloser katholischer Theologe:
"Pfarrer von St.
Stephan-Bamberg aus der Kirche ausgetreten", so eine Schlagzeile aus dem
Jahr 1992. Gemeint ist der Ex-Pfarrer Dieter Potzel, der wenige Tage nach
Ende seiner Dienstzeit in der evangelischen Stephanskirchengemeinde in
Bamberg auch der
lutherischen Kirche aufs Ganze den Rücken gekehrt hatte.
28 Jahre später, im Jahr 2020, feierte die
Bamberger Stephanskirche ihr 1000-jähriges Jubiläum, was auch für einen
Rückblick genutzt wurde. Im Jahr 1020 wurde die
Kirche von Papst Benedikt VIII. als einzige Kirche in Deutschland von einem
Papst geweiht. Kurz zuvor, im Jahr 1007, hatten König Heinrich II. und
Königin Kunigunde (seit 1014 Kaiser und Kaiserin) das Bistum Bamberg
gegründet, um von
dort die Slawen im Osten des Reiches mit Gewalt zu katholisieren. St.
Stephan war nun neben dem Bamberger Dom der zweite Monumentalbau der Stadt, und
er wurde 1807 der
protestantischen Minderheit übereignet – im Gegenzug dafür, dass im
benachbarten Bayreuth der dort katholischen Minderheit eine bis dahin
lutherische Kirche übereignet wurde.
Von 1988 bis 1992 war Dieter Potzel
(* 1959 in Hof an der Saale) einer der evangelischen Pfarrer der Bamberger Stephanskirche. Über seinen
Kirchenaustritt am 7.2.1992 berichtete zeitnah zunächst die Zeitung Fränkischer
Tag, obwohl er selbst darüber mit niemandem gesprochen hatte. Für den 4.3.1992, den
Aschermittwoch jenes Jahres, kündigte die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Bamberg-St.-Stephan daraufhin eine öffentliche Veranstaltung an, in der über die
"Gründe" für den
Kirchenaustritt von Ex-Pfarrer Dieter Potzel informiert werden sollte.
Potzel
war überwiegend in der zur St. Stephan gehörenden Philippuskirche neben dem
Bamberger Klinikum im Stadtteil "Am Bruderwald" tätig, allerdings auch in der Hauptkirche, der Stephanskirche, und er war
Stadtjugendpfarrer für die Evangelische
Jugend der Stadt Bamberg. Der also kurz zuvor noch in diesen Funktionen
tätige Theologe wollte an diesem öffentlichen Abend in der Philippuskirche selbst dabei sein und Rede und Antwort stehen, doch er wurde
im Vorfeld von seinem
damaligen Kollegen
Hartmut Böhme in einem Telefongespräch zur "nicht erwünschten" Person
bei dieser Veranstaltung erklärt.
Aus diesem Grund lud er dann selbst zeitgleich in die
Gaststätte Buger Hof im Bamberger Stadtteil Bug ein, den er als Pfarrer
ebenfalls mit betreut hatte, um dort aus
erster Hand
über seine "Gründe"
informieren zu können. In der Philippuskirche sprach demgegenüber im Auftrag
der Kirche der Theologe
Matthias Pöhlmann, der dann über 20 Jahre später, im Jahr 2014, zum evangelischen "Weltanschauungsbeauftragten"
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ernannt wurde.
Die Rede von Dieter Potzel im Buger Hof wurde
damals vom Vortragenden frei gehalten. Der ehemalige Pfarrer betonte in diesem
Zusammenhang seine Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber während seiner
Dienstzeit von 1988 bis 1992, und er erklärte seine Gründe für die neue
Weichenstellung samt dem dazu gehörigen Kirchenaustritt.
Die hier nachlesbare schriftliche Fassung wurde auf der Grundlage eines
Tonbandmitschnitts vom Vortragenden geringfügig überarbeitet und um einige
weitere inhaltliche Aspekte, die den damaligen zeitlichen Rahmen
überschritten hätten, da ja anschließend noch ein Gespräch stattgefunden
hatte, erweitert.
Der Ex-Pfarrer von Bamberg-St. Stephan und Philippus
erklärte darin, wie er versucht hatte, das Gute in den lutherischen Lehren zu finden und
mitzuhelfen, entsprechende Impulse im Sinne eines gelebten Urchristentums zu setzen, da die lutherische Kirche doch
gemäß ihrer eigenen Vorgaben "christlich" und für Erneuerung offen sein
wolle, im lateinischen Fachjargon "ecclesia semper reformanda" ("die sich
stets erneuernde Kirche") genannt. Nach einiger Zeit wurde ihm jedoch bewusst, dass diese Ansätze zum
Scheitern verurteilt sind, da "evangelisch-lutherisch" und "christlich"
letztlich weder deckungsgleich noch vereinbar seien, da man
aufs Ganze gesehen entweder nur dem einen oder dem anderen "treu" sein könne.
Daraus zog er dann die entsprechenden Konsequenzen.
Dieser Gegensatz zeigte sich später zum Beispiel auch an dem aufwändig inszenierten Geschichts-Jubiläum "1000 Jahre Stephanskirche" im Jahr 2020,
mit dem man sich das Geschehen in den zurückliegenden 1000 Jahren noch einmal feierlich
zu eigen machte. Doch was hätte denn ein angemessener Rückblick auf diese vergangenen 1000 Jahre
seit der Einweihung dieser Kirche durch Papst Benedikt VIII. sein können? Hinter der
Feier-Fassade verbergen sich nun einmal
die tatsächlich nichtchristlichen Inhalte der katholischen wie auch der lutherischen Kirche als
auch deren blutige Geschichte – im Protestantismus angefangen mit den
Mordaufrufen Martin Luthers und ihrer
Durchführung, zum Beispiel der
Ermordung der urchristlichen "Täufer" ab dem Jahr 1529.
Die Kirchengeschichte beinhaltet auch eine maßgebliche
Verantwortung für die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert und den
Holocaust an den jüdischen Mitbürgern. Von
daher war eine solche Jubiläumsfeier in Bamberg-St.-Stephan allein schon aus Gründen des Anstands
und des minimalen Respekts vor den Opfern ein
Zeichen fehlender Einsicht und Reue;
anders als es zum Beispiel ein mögliches Opfer-Gedenken gewesen wäre, was es aber nicht gab.
Nachfolgend nun die Rede von Ex-Pfarrer Dieter Potzel vom 4.3.1992,
in dieser
Schriftform bzw. schriftlichen Stellungnahme noch um einige inhaltliche Aspekte erweitert,
die damals aus Zeitgründen nur angedeutet wurden. Wer einen
nicht so ausführlichen Text zu diesem Thema lesen möchte, siehe ebenfalls einige Gedanken des Autors unter
kirchenaussteiger.htm
(Moris Hoblaj)
Hier in einzelnen jeweils kurzen Abschnitten die
Inhalte des Textes:
An den Lagerfeuern der Evangelischen Jugend
Christ sein
Die Herausforderung des Neuen Testaments
Was möchte Christus heute?
Die Widersprüchlichkeit der
Kirche
Christus und Kirche passen nicht zusammen
Leiser Abschied
Kirchenaustritt stand in der Zeitung
Nicht mehr erwünscht
Jesus
von Nazareth wollte keine Pfarrer und
Priester
Was heißt eigentlich
"evangelisch sein"?
Welchem Christus folgen wir?
Martin Luther, ein Mann des Krieges
Kirchliche Blutspur und
evangelisch "gesegneter"
Bombenregen
Was hat die Bibel seit ca. 1700 Jahren gebracht?
Gutes Gewissen
für tötende Soldaten?
Gegen
Christus gerichtete Inhalte in der Bibel
Martin Luthers psychische Probleme mit
seinem Gott
Kirchliche Gottesvergiftung
Wie der wahre Sinn der Taufe verschleiert oder umgangen
wird
Säuglingstaufen
waren Dienstauftrag
Die Eltern wünschen Gottes Segen und bekommen einen
Kircheneintritt
Konfirmation: Das zweischneidige Konfirmandenversprechen
und
die Manipulation an den Kindern
Kann Heuchelei vermieden werden?
Sich selbst erneuern
Unbequem
Erfahrungen
Früchte
"Innerer Weg" und Liebe zur Schöpfung
Die verbleibende Zeit
Sehr
geehrte Damen und Herren, liebe Gemeindeglieder von St. Stephan und
Philippus!
Ich begrüße Sie ganz herzlich zum heutigen Abend, und ich freue mich, dass
ich heute ohne Talar hier stehen darf, sozusagen als "Bruder unter
Geschwistern", so, wie ich es mir immer gewünscht habe.
Worauf kam es mir an? Als ich angefangen hatte, Theologie zu studieren, war meine Motivation ganz klar. Bei einigen Dingen, wo ich Not und Ungerechtigkeit spürte, sagte ich: "Ich möchte hier etwas tun, was Jesus Christus will." Mit den Sonntags-Gottesdiensten der Kirchengemeinden tat ich mich eher schwer, ich hab’ da lieber ausgeschlafen. Für mich als Jugendlicher lebte die Kirche an den Lagerfeuern und bei den Aktivitäten in der Evangelischen Jugend bzw. beim CVJM [Christlicher Verein Junger Menschen]. Und die Mitarbeiterstunde beim CVJM Hof war damals das, was mir ein Gefühl von Zugehörigkeit und teilweise geistigem Zuhause gegeben hatte. Es gab dort auch verschiedene Aktionen, die ich als "gelebte Nachfolge" verstand. Wir haben sogar einmal vor einer Disco Handzettel verteilt für eine christliche Jugendveranstaltung. Sicher, es war damals das Jugendalter, der Sturm und Drang, und manches war dabei auch altersgemäß.
"Ich will Christ sein", das war mir wichtig. Ich war schließlich mit Überzeugung
evangelischer Pfarrer, und ich habe mich in diesem Sinne bemüht, das, was ich im Herzen glaubte,
auch als "evangelisch" zu betrachten. Also das, was ich glaubte und von Jesus wusste,
wollte ich so auch als "evangelischer Glauben" verstehen. Aber ich merkte
mit der Zeit, dass das
oft sehr schwer war.
So wie ich Jesus verstand, und wie ich den Glauben an ihn erlebt habe, und wie ich ihm
nachfolgen wollte, war es etwas anderes als das, was die Institution Kirche
repräsentierte. Und es waren seit dem Beginn des Theologiestudiums [1978]
über dreizehn Jahre Mühe und Anstrengung [1992], in dieser
Spannung zu
leben. Doch seitdem war ich auch immer bestrebt, evangelisch
bleiben zu können und Christ-Sein und Kirche irgendwie zusammen zu bringen.
In der Verfassung für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern heißt es: Es
gehe darum, "Gottes Heil in Jesus Christus in der Welt zu bezeugen". Das
klingt gut und ist
genau das, worum es mir damals ging. Bei meiner Ordination [= Einsetzung]
zum Pfarrer habe ich deshalb auch versprochen, das Amt "nach Gottes Willen
in Treue zu führen und das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der
Heiligen Schrift gegeben ist, lauter und rein zu predigen". Nach Gottes Willen zu leben, das war für mich immer die größte
Herausforderung im Leben. Die Erzählungen von Jesus aus dem Neuen Testament,
die sind mir dabei innerlich sehr nahe gegangen. Doch als ich dann in der evangelischen Kirche
meinen Dienst tat, war ich oft auch zu bequem, um
einiges von dem wirklich umzusetzen, was ich von Jesus, von Christus, wusste.
Diese Herausforderung, die da war, die vom Neuen Testament her kam, von Jesus von Nazareth, hat mich privat schließlich zu mehreren Treffen der Gemeinschaft, die sich "Universelles Leben" nennt, geführt. Es hieß, es ginge dort darum, so ähnlich zu leben, wie Christus vielleicht heute leben würde, der sich dort selbst im Prophetischen Wort offenbare. Ich habe das einmal für mich geprüft, bin als einfacher Besucher privat dahin gegangen, inkognito. Dieser private Prüfungsprozess mit gelegentlichen Besuchen dauerte schließlich ca. vier Jahre, bis ich zu dem Ergebnis kam, dass das Geschehen dort wirklich im Sinne von Jesus ist und dass ich dabei am liebsten privat mithelfen möchte. Bis dahin hatte ich versucht, alles, was ich dort gelernt hatte, in den evangelischen Glauben und in die evangelische Kirche zu integrieren. Denn ich wollte ja evangelischer Christ sein, evangelischer Pfarrer, und ich hatte mir immer wieder gesagt: "Die Evangelische Kirche ist ja die Kirche der Reformation und folglich auch eine Kirche, die sich selbst reformieren sollte." Ich habe lange an diese Erneuerung der Kirche geglaubt. Jetzt nicht mehr, dazu aber später noch etwas mehr.
"Allein Christus", wie es im evangelischen Bekenntnis heißt, das wurde mir
in den letzten Jahren immer wesentlicher, und darauf kommt es
heute für mich auch weiter an. Ich will Christ sein, und ich möchte nicht
mehr fragen: "Was muss
ich tun, damit die Institution Kirche Mitglieder behält?" Sondern meine Frage
ist: "Was
möchte Jesus Christus heute mit denen tun, die so leben möchten wie er?" So
gesehen geht es überhaupt nicht um mich. Ich bin durch verschiedene
Umstände heute in den Mittelpunkt gekommen, aber es geht um Christus.
Einer der wichtigen Sätze steht für mich im Neuen Testament, wenn Johannes der
Täufer sagt: "Ich muss abnehmen, Christus muss zunehmen". Von daher ist mir
das
gar nicht so lieb, heute Abend so viel persönlich zu sagen. Aber ich denke,
das ist heute in dieser Situation einmal angebracht. Doch grundsätzlich ist mir wichtig, dass es um
Christus gehen soll.
Soweit vorab als Zusammenfassung.
Jetzt einige Worte dazu, wie es überhaupt zu diesem Abend kam:
Im Herbst vergangenen Jahres ist für mich der Entschluss gereift, das
Pfarramt niederzulegen. Vorher habe ich einiges versucht, um diesen
Schritt zu umgehen. Eine gute Lösung schien zu
sein: Eine Journalistik-Zusatzausbildung in der Kirche zu machen.
Das wurde mir dann tatsächlich genehmigt. Als ich also dieses Angebot bekommen hatte, habe ich mir
aber gedacht: "Ich kann diese Ausbildung nicht mehr machen. Ich kann das von
meinem Gewissen her nicht mehr verantworten." Denn ich ahnte schon: Ein
ehrlicher Weg der Nachfolge Jesu
führt früher oder später aus der Kirche hinaus.
Das war zuerst nicht leicht, dieses attraktive berufliche Angebot fallen zu lassen.
Doch die Entwicklung hat sich ja seither auch sehr in eine andere
Richtung beschleunigt. In der Pfarrer-Dienstbesprechung der Gemeinde habe
ich dann die Kollegen informiert
[Anmerkung: Es waren insgesamt fünf Pfarrer in Bamberg-St. Stephan
beschäftigt].
Ich halte mich, und Sie kennen mich ja, für einen "normalen"
Menschen, und, auf den Punkt gebracht, sage ich heute: "Das Problem
... war die
Widersprüchlichkeit der Kirche, an der ich auch als Einzelner gelitten habe." Für mich war die Diskrepanz einfach sehr groß: Immer das Neue
Testament zu lesen und zu merken, wir machen das doch meistens
anders.
Dazu noch ein paar weitere Gedanken: "Salz der Erde, Licht der Welt" sollen die Christen sein. Ich denke dabei z. B. an die Feindesliebe Jesu, die Gewaltlosigkeit und die Umkehr, wenn man etwas Falsches getan hat. ... Aus einer Umkehr heraus ist im Urchristentum auch vielfach eine Vollmacht gewachsen, und es kam sogar zu körperlichen Heilungen. Und Jesus von Nazareth sagte ja zu den von ihm Geheilten: "Sündigt in Zukunft nicht mehr". Also diese Radikalität, die im Neuen Testament in den Evangelien auf jeder Seite zu spüren ist, davon sind wir meistens weit entfernt, und ich beziehe mich hier ausdrücklich mit ein, und da hat auch jeder seine menschlichen Schwächen. Klar: Wir sind vermutlich alle überwiegend freundliche und gut gewillte Menschen. Für gefährlich halte ich jedoch eine gewisse Selbstzufriedenheit. Doch ich will hier niemandem zu nahe treten. Doch hinzu kommt: Was Menschen dann innerhalb dieser Kirche glauben und für richtig halten, entspricht oft gar nicht der Lehre dieser Kirche. Christus und Kirche sind nämlich zweierlei. Da sage ich später noch ein paar Sätze dazu. Und wenn man noch manches mehr einbezieht, wofür Kirche in der Gesellschaft steht, dann bestehen sogar Gegensätze zwischen Christus und Kirche; wenn ich z. B. an den vergangenen Golfkrieg denke [1991], den die Kirche abgesegnet hat oder an die kirchlichen so genannten Sektenbeauftragten, die über Andersgläubige mit Unwahrheiten und Verleumdungen herziehen; oder noch ein Bereich: Da wird z. B. jedes Jahr am Erntedankfest auch für Fleisch und Wurst gedankt. Doch was ist mit dem, was täglich in unseren Schlachthöfen passiert, die Todeskämpfe der Tiere, die dort sehr leiden? Die grausame Massentierhaltung wird von den Kirchen gesegnet, weil sie den Tieren die unsterbliche Seele und teilweise auch die Leidensfähigkeit abgesprochen hat. Doch was passiert, ist nicht im Sinne von Christus. Und ich könnte hier noch vieles aufzählen und begründen, will es aber bei diesen Stichworten belassen.
Wie ging es nun in der Gemeinde weiter? Es kam die offizielle und sehr freundliche Verabschiedung in der Philippuskirche im Januar, und mir war klar, bis zum 31. Januar [1992] bin ich noch Pfarrer in Bamberg-St.-Stephan und stehe auch zu dieser Verantwortung. Vom 1. Februar an konnte ich dann meinem Leben eine neue Deutung geben, doch mir war nicht daran gelegen, das öffentlich bekanntzumachen. Auch mit dem Kirchenaustritt ging das so, ich habe das weitgehend für mich behalten. Ich habe mir gesagt, das sind ja Glaubensgründe, weswegen ich nicht mehr Pfarrer sein wollte, und wenn schon so konsequent mit dem Beruf, dann mache ich jetzt keine Kompromisse mehr. Dann ganz raus. Ich habe in all´ den Jahren viele Kompromisse machen müssen. Jetzt wollte ich das nicht mehr.
Dann kam ein Anruf eines Journalisten vom Evangelischen Pressedienst epd ... und ich habe ihm auch gesagt, das sei ein privates Gespräch, ich möchte nichts in der Presse haben! ... Dennoch ist schließlich ein Artikel erschienen, und dadurch kam ein Stein ins Rollen, der das Klima sehr verändert hat in den letzten Bamberg-Tagen ... Was mich am meisten verwundert hat, war, dass der Kirchenaustritt samt Datum in der Zeitung stand, denn ich hatte mich hier bei den Behörden auf den Datenschutz verlassen. Ich weiß bis heute nicht, wer das an den Evangelischen Pressedienst verraten hat ... Das nächste war, dass in der Zeitung Fränkischer Tag [Tageszeitung für Bamberg und die Region] dann wenig später zu lesen war, dass eine Gemeindeversammlung in Bamberg-St.-Stephan stattfindet, wo über die Beweggründe für meinen Kirchenaustritt informiert würde, wie es hieß.
Und wenn über mich und meine Beweggründe gesprochen
wird, habe ich mir gedacht: "Gut, ich habe nichts zu
verbergen, ich stelle mich dieser Diskussion, ich gehe da hin." Und dann
hat mir mein Pfarrer-Kollege Hartmut Böhme gesagt: Ja, ich wäre unerwünscht, und man hätte mit mir nichts
mehr zu tun. Ich könnte oder sollte zu dieser Veranstaltung also nicht hinkommen.
Daraufhin habe ich mich entschlossen, als Alternative diesen Abend
anzubieten.
Ich möchte sagen, dass die Entscheidung für den Kirchenaustritt eine Entscheidung
ist, um den
Weg für etwas Neues frei zu machen, und so war ich auch sehr froh und
erleichtert, als ich es getan hatte.
Für mich
gilt dabei: "Ich will
Christ sein". Und ich kann das Christ-Sein mit
dem Evangelischsein nicht mehr vereinbaren. Das ist für mich das Ergebnis der
Entwicklung in den letzten Jahren und Monaten. Es ist das Ergebnis eines
Prozesses, über den ich jetzt noch etwas ausführlicher sprechen möchte.
Ich war ja in der ganzen Zeit nicht nur evangelisches Kirchenmitglied, ich war
evangelischer Pfarrer und mit meiner ganzen beruflichen Existenz an die
Kirche gebunden. Und bereits an diesem Amt kann ich einiges deutlich
machen: Ich glaube
nämlich nicht, dass Jesus Priester und Pfarrer wollte. Er wollte nicht, dass
Theologen und Schriftgelehrte eine Gemeinschaft führen, die seinen Namen trägt. Der Talar war für mich
immer ein Symbol
der Abgrenzung. Der Pfarrer im Talar grenzt sich dabei von den anderen Leuten ab.
Doch es hieß ja in der Reformation "Priestertum aller Gläubigen". Die Abgrenzung
war also nicht evangelisch für mich und schon gar nicht christlich. Oder
auch die Abgrenzung des Altars: Der Pfarrer steht dahinter und sagt "Friede sei mit euch",
"Der Herr
segne euch". Er schließt sich immer aus mit diesen ganzen Formulierungen. "Ihr alle seid Brüder und Schwestern", hat Jesus Christus
gesagt, es gibt da keine mit einer besonderen und andere mit einer weniger besonderen
Stellung.
Das mit dem Pfarramt ist aber nur ein Detail. Grundsätzlich ging es darum: Kann ich evangelisch sein? Kann ich mein Christ-Sein, so wie ich es verstehe, mit dem Evangelisch-Sein verbinden?
Laut evangelischer Lehre ist
es so, dass mir aus der vermeintlichen Freude über die "Rechtfertigung des Sünders allein
aus Gnaden", wie es im lutherischen Glaubensbekenntnis heißt, die Kraft zur Nächstenliebe zufallen
soll. Bloß das funktioniert
meistens nicht. Und was dann? Was ist, wenn es so nicht geht?
Wenn ich die Predigt eines evangelischen Pfarrers höre, dann ist es
ziemliche Glückssache, was ich an diesem Tag zu hören bekomme. Es ist das,
was sich eben der einzelne Pfarrer gerade zuvor ausgedacht hat. Die evangelischen Bekenntnisschriften, das ist die bis heute verbindliche Lehrgrundlage der
Evangelischen Kirche. Es ist so ein dickes Buch aus dem 16. Jahrhundert. Doch es ist eigentlich kein Pfarrer und kein
evangelisches Kirchenmitglied so richtig damit im Reinen, falls man überhaupt weiß,
was da alles drin steht. Aber genau das ist es. Nicht das, was wir vielleicht gerne
hätten, dass es evangelisch wäre, ist evangelisch. Sondern das, was
da ´drin steht. Und so habe ich mich als Pfarrer lieber auf diejenigen Lehraussagen
konzentriert, die ich für die wesentlichen hielt.
"Allein Christus" – das war für mich die Basis, auf der ich den
Gemeindeaufbau hier in der Stephanskirche und in der Philippuskirche gemacht
habe mit anderen zusammen. Und dann frage ich mich natürlich auch: "Welchem Christus folgen wir?"
So hat der
Christus der Evangelien z. B.
nicht von der "Rechtfertigung des Sünders allein durch Glauben allein aus
Gnaden" gesprochen, sondern er hat gesagt: "Wer diese Meine Rede hört und tut, der ist ein weiser Mann" und:
"Nicht wer
´Herr, Herr` sagt, wird ins Himmelreich kommen, sondern der den Willen tut des
Vaters im Himmel". Also genau auf dieses Tun und nicht auf das
Glauben und Reden
käme es demnach an.
Eine meiner Lieblingsstellen in der Bibel ist diejenige im Matthäusevangelium von den falschen
Propheten, wo
Christus, wo Jesus von Nazareth, den einzigen Maßstab gibt, den wir anwenden können
an Propheten, durch die Gott sprechen soll, um abzuwägen, ob dies wirklich
stimmt. Wie war das denn früher? Viele sind auf den Scheiterhaufen der Kirche verbrannt,
aber es gibt jetzt wieder
welche. Aber da muss man gut unterscheiden, welches diejenigen sind, die
ihre Botschaft von Christus bekommen, und
welches diejenigen, die ihre Botschaft aus anderen Quellen empfangen. Den Maßstab, den Jesus uns
dazu gibt, ist:
"An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen".
Das heißt: "Wer redet nur von Christus, aber tut nicht, was er sagt?" Und
umgekehrt: "Wer redet von Christus und tut
auch das, was er sagt?" Das war der Maßstab, den ich auch an die Prophetin angewendet
habe, die im Universellen Leben spricht, eine Frau mit Namen
Gabriele, mit
bürgerlichem Namen Gabriele Wittek. Es
ist aber für mich auch der Maßstab für die eigene Kirche gewesen.
Ein Beispiel: Im Alten Testament
heißt es: "Auge um Auge, Zahn um Zahn" – ich vereinfache jetzt bewusst, ich
kann das alles jetzt nicht ausführlich erklären. "Du sollst nicht töten"
heißt aber das fünfte Gebot. Das ist ein Widerspruch dazu, wenn man "Auge um
Auge, Zahn um Zahn" z. B. als Rechtfertigung zur Vergeltung deutet, bis hin
zur Tötung, was ja
seit Jahrtausenden getan wird. Christus hat das noch weiter radikalisiert: Er
hat sinngemäß gesagt: "Wer schon mit seinem Bruder zürnt, der verstößt gegen
das fünfte Gebot, der wird schuldig. Und wer zu seinem Bruder sagt ´Du Narr!`, verstößt schon gegen den Sinn
dieses fünften Gebotes." Das Töten fängt also schon mit Gedanken an.
Martin Luther hat das aber ganz anders gesehen. Er hat nicht auf der Linie von
Jesus dieses Gebot radikalisiert, sondern er war noch viel brutaler als das
Alte Testament. Bei der Auseinandersetzung mit den rebellischen Bauern hat er selbst über
die Bauern, die nicht getötet haben, Todesurteile gesprochen. Also, man
könnte sagen: Es gab den Bauernaufstand 1525: "Auge um Auge, Zahn um Zahn"
–
wenn die Regierenden danach gegangen wären, hätte es bedeutet, dass ein aufständischer Bauer, der getötet hatte, von der Obrigkeit
getötet würde. Aber Luther sagt sinngemäß: "Auch wer nicht getötet hat, hat ein zehnfaches
Todesurteil verdient", und das ist auch vielfach so geschehen. Das ist tatsächlich auch
von den Fürsten so brutal vollstreckt worden.
Ich habe mich sehr intensiv damit auseinandergesetzt und habe auch gesagt:
"Geschichte ist für mich wichtig, denn ich verstehe mein Leben und meinen
Glauben auch aus der Geschichte." Und meine Sympathie war bei den Bauern
gewesen, und ich könnte mich gut mit einem Bauern identifizieren, der davongelaufen wäre vor den
Luther-Anhängern,
die ihn hinrichten wollten. Also, das mal als ein kleines Beispiel. Und es gibt noch weit mehr, wo ich gesagt habe: "Meine Güte, du
bist ein Vertreter der ´lutherischen` Konfession und sollst diesen Mann
Luther irgendwie als Vorbild betrachten und trägst seinen Namen sogar als eigene
Konfessionszugehörigkeit. Wie kriege ich das bloß hin?"
Und es ist tatsächlich so, in den evangelischen Bekenntnisschriften, da
gehört auch ein "gerechter Krieg" dazu. Er gehört zum evangelischen Bekenntnis dazu,
bis heute.
Und die Rache
der Obrigkeit sei nicht nur nicht verboten, sondern sogar geboten. Christus sagte aber schlicht
"Du sollst nicht töten". Natürlich kann man
sagen, heute ist in der Kirche vieles ganz anders als früher. Aber ist es wirklich so anders?
Die Kirche war immer wieder aktiv am Töten beteiligt. Von der Blutspur in der
Geschichte der Kirchen wissen Sie, es wird grob von 60 Millionen Ermordungen
gesprochen, alles in allem zusammen genommen, obwohl es die Bibel gab und sich die Kirchen
immer darauf berufen haben. Wie ist es heute? Für mich gehört diese Gewaltlosigkeit Jesu zur
Substanz des christlichen Bekenntnisses dazu.
Und was ich jetzt sagen kann, darf ich sagen, weil es auch in der Zeitung stand:
Als der Golfkrieg ausgebrochen ist, haben wir im Kirchenvorstand von St.
Stephan eine Resolution verfasst. Aber diese Resolution hat offen gelassen,
ob jetzt der von der UNO befürwortete Krieg gegen den Irak von christlicher Seite her gerechtfertigt ist oder
nicht. Es ging um Frieden allgemein, aber ich habe gesagt damals: "Die
christliche Position ist ´Du sollst nicht töten`, und es ist nicht der Wille
von Jesus Christus, wenn die Alliierten und ihre Militärpfarrer segnend Bomben auf den Irak
und die Soldaten und Menschen dort werfen, so groß das Unrecht dort auch von der Regierung gewesen sein mag."
Ich habe das gesagt, und Dekan Johannes Seiß antwortete: "Schreiben’s einen Leserbrief".
Damit war die Sache intern eigentlich entschärft, denn ich wollte aus den
unterschiedlichen Überzeugungen keinen Konflikt entstehen lassen. Aber das Leiden in der
Kriegsregion
ging für viele Opfer erst so richtig los. Und es waren ja fast
ausschließlich Moslems, die z. B. in ihren Schützengräben von wohl
überwiegend kirchlichen
Soldaten einfach mit Sand zugeschüttet wurden. Erstickt und aus. Oder es gab
Zivilisten, die
bei lebendigem Leib in ihren Häusern verbrannten. Da braucht man sich dann
nicht zu wundern über manchen Hass in der islamischen Welt über das
Christentum.
Mir ging es oft so, das bedauere ich heute, dass ich im Laufe der Jahre
einiges geschluckt habe oder dass ich mich manchmal auf ein bestimmtes Denken
und Reden eingelassen habe ... Dann habe ich
aber gesagt: "Gut, wie sagte Jesus? ´Seid klug wie die Schlangen, aber ohne Falsch wie die Tauben`".
Ob ich es dann immer
richtig ausgelegt habe, sei dahingestellt.
Allein Christus! Darum geht es, und ich frage deshalb: Welchem Christus folgen wir?
Ist der Christus des evangelischen Bekenntnisses auch der Christus, der
als Jesus von
Nazareth auf dieser Erde lebte und von dem im Neuen Testament berichtet wird?
Als Pfarrer war mir aufgetragen, hier eine Verbindung herzustellen, worum ich
mich bemühte. Jetzt, nach meinem
Kirchenaustritt, sage ich aber "Nein", es ist ein anderer Christus, und
ich könnte viele weitere Beispiele anführen.
Ein zweiter Punkt, die Bibel: "Allein die Schrift", die zweite
Säule der Reformation. Auch da muss ich fragen: "Welche Stellen
der Schrift glauben wir?" Denn es gibt zahllose Widersprüche und
Ungereimtheiten [siehe dazu jetzt Der Theologe
Nr. 8 – Wie der Teufel in der Bibel hauste]. Ein Beispiel: Da habe
ich im Studium gelernt, dass der Reformator Philipp Melanchthon um 1531 ein Gutachten
für die Universität Wittenberg geschrieben hat, in dem die Hinrichtungen
von Andersgläubigen gefordert wurden, und Luther stimmte dem zu. Da wurden
dann also später friedfertige
Leute enthauptet, und
zwar waren das Leute, die gesagt haben: "Wir lassen nicht die
Säuglinge taufen, sondern machen es so, wie es Jesus auch gemäß der Bibel gesagt hat: ´Gehet hin und
erst lehret und dann taufet`". Aber diese so genannten "Täufer" wurden von den Evangelischen verdammt. Und
auch in
den evangelischen Bekenntnisschriften wurde diese Lehre verdammt, obwohl sie von Jesus
stammt. Doch die Leute, die sich daran hielten, wurden auf Veranlassung der Kirche getötet.
Und mit welchem Recht? Luther hat nun diese Todesurteile mit der Bibel
begründet, mit dem Alten Testament,
z. B. mit
dem Propheten Elia, wo wir ja auch eine Kinder-Bibelwoche darüber gehalten haben.
Und Elia
soll ja auch
selbst Todesurteile vollstreckt haben [was aber nur eine Erfindung der
damaligen Priester war. Elia ließ niemanden ermorden]. Und vermutlich hatte Luther auch noch
die Stelle bei Paulus im Römerbrief im Kopf, wo es heißt, die Obrigkeit
vollzieht mit dem Schwert das Strafgericht im Namen Gottes, was auch nicht
mit Christus übereinstimmt. Dazu muss man
sagen:
Andersgläubige galten für Luther generell als Unruhestifter, die das
tödliche Strafgericht verdienen würden. Und ich habe
innerlich gemerkt, es waren innerliche Konflikte, um trotzdem sagen zu
können, "Ja, ich bin lutherischer Pfarrer". Mancher beschwichtigt dann und sagt,
Luther war halt ein "Kind seiner Zeit". Doch das ist in diesem
Zusammenhang Unsinn. Denn seine Opfer waren genauso "Kinder ihrer Zeit".
Gut, der "Geist der Bibel", wie es heißt, der soll ja maßgeblich sein. Nicht unbedingt
der Buchstabe. So wurde in der Kirche immer wieder auf diesen
"Geist der Bibel"
hingewiesen oder auf die "geistige Mitte" der Bibel, und trotzdem steht die von
den Kirchen
geprägte Welt am Abgrund. Wir haben die Bibel und trotzdem ist Orientierungslosigkeit
in der Gesellschaft und unter den Christen überall. Wir haben die Bibel und von
den Theologen – zu denen ich selber gehöre – wurde sie auseinander genommen
bis aufs Komma. Doch was hat die Bibel gebracht? "Salz der Erde, Licht der Welt", heißt es, sollen die Christen eigentlich sein.
Doch unendliches Grauen haben die Menschen, die sich so nennen, in die Welt
gebracht.
Und heute? Also: Das Salz der Erde und das Licht der Welt habe ich eher an ganz anderen Stellen in der Gesellschaft wahr genommen, und ja auch beim Golfkrieg war es so: Da wurde denen, die töten, auch noch ein gutes Gewissen verschafft. Und ich sehe demgegenüber nun einmal das Neue Testament: Jesus war ein Revolutionär. Und er hat mich beeindruckt und bewegt. Doch jetzt repräsentierte ich die evangelische Institution und musste möglichst so arbeiten, dass niemand austritt. Das habe ich schon so empfunden. Ich habe mich auch immer daran gehalten. Aber der Preis, den ich dafür bezahlt habe, war sehr, sehr hoch.
Wenn ich heute höre, wie der evangelische Sektenbeauftragte Wolfgang Behnk sagt: "Das Universelle Leben will die Bibel aus dem Verkehr ziehen", dann kann ich nur antworten: "Dieser Satz ist aus dem Zusammenhang gerissen." Der Zusammenhang ist nämlich folgender: In einem Extrablatt von Urchristen hieß es einmal sinngemäß: "Diese blutige Bibel, die soll aus dem Verkehr gezogen werden." Im Namen der Bibel wurden Menschen getötet, wurden hingerichtet, darum ging es. Mit dieser blutigen Bibel möchte man nichts zu tun haben, indem man sich da in vieles wieder hineinziehen oder vereinnahmen lässt. Und natürlich ist es so, dass man Teile der Lehre von Christus in der Bibel schon noch erkennen kann. Aber leider ist die Bibel widersprüchlich, und es stehen auch schlimme gegen Christus gerichtete Dinge drin wie Aufforderung zum Völkermord und grausame Tieropfer. Deshalb geht es für mich in erster Linie darum: "Was will Christus?" Und er sagt: "Wer diese meine Rede hört und tut sie, der wird ins Reich Gottes kommen, der ist ein weiser Mann." So möchte ich gerne in Zukunft daran mitarbeiten, Christus zu rehabilitieren!
"Die Rechtfertigung des Sünders allein durch Glauben, allein aus Gnaden",
das wäre der letzte Punkt zum Evangelischsein, worüber ich sprechen möchte.
Martin
Luthers Frage war gewesen: "Wie kriege ich einen gnädigen Gott?"
Martin Luther war getrieben von Zweifeln, von Angst vor einem zornigen Gott.
Er hat sich kasteit und gequält mit seiner Frage: "Wie kriege
ich einen gnädigen Gott?" Ich kannte eine solche Problematik bei
mir jedoch nicht, und die meisten, die ich kenne, haben dieses Problem auch nicht.
Im Neuen Testament, bei Jesus von Nazareth, in den Evangelien, ist es
eigentlich sehr einfach. Ich denke an das Gleichnis vom verlorenen
Sohn bzw. an das Gleichnis vom barmherzigen Vater, so könnte man es auch
nennen:
Gott ist die Liebe. Gott ist barmherzig. Ich brauche Ihn gar nicht gnädig
und barmherzig zu kriegen.
Da braucht es keine Religion, kein System, das der Mensch irgendwie entwickeln muss, woran er
sich irgendwie hängen muss, um Gott "gnädig zu kriegen". Sondern Gott ist
von vorneherein die Liebe. Und Gottes Liebe ist
in jedem Menschen gegenwärtig. Gott lebt in Seiner Schöpfung, und Er möchte jedem helfen. Ich muss
Ihn nicht
durch meinen Glauben oder mein Verhalten "gnädig kriegen". Kinder können das verstehen,
aber die Theologen haben später eine komplizierte
Sühnopfer-Theorie
konstruiert,
dass Gottes angeblicher Zorn am Kreuz von Golgatha angeblich "versöhnt" werden musste.
Und wenn ich diese Kirchenlehre jetzt annehmen könne, wenn ich daran glaube, was immer das
heißt, dann sei ich gerettet. So die kirchliche Lehre, aber nicht das was
Christus selbst gelehrt hatte.
Bei Jesus gibt es keine vermeintliche Rechtfertigung alleine aus
Glauben. Dazu ein Beispiel: Es ist ein Unglück passiert, die Leute sind
entsetzt, und Jesus sagt: "Wenn ihr nicht umkehrt, werdet ihr genauso
umkommen." Da ist nichts von einer Rechtfertigung allein aus Glauben. Und
Jesus sagt auch: "Wer diese Meine Rede hört und tut, der ist ein weiser
Mann" und vieles mehr dieser Art. "Tue das, dann wirst du leben", sagt er z.
B. in einem Gespräch über die Zehn Gebote. Also, Jesus ging es immer um das
Tun.
Im evangelischen Bekenntnis, in einem Kernpunkt, heißt es auch: "Die Andersgläubigen werden verdammt." Und was Verdammung
bedeutet, wird auch klar in den Bekenntnisschriften gesagt: Es soll eine
ewige Verdammnis sein. Und da bin ich auch hellhörig geworden. Es gibt in unserem
Land Nervenkliniken ... Leute steigern sich
da rein, haben Angst vor einer solchen ewigen Verdammnis, die im evangelischen und
katholischen Glauben
gelehrt wird, und kommen in die Irre.
Also diese Gottesvergiftung – so möchte ich das einmal sagen – wird durch
den evangelischen Glauben nicht wirklich aufgehoben, sondern sie bleibt
unterschwellig immer da. Denn wenn ich dieses angebliche Erlösungsgeschenk nicht annehmen kann,
dann gelte ich als ewig verdammt. Das steht einfach so drin im verbindlichen
evangelischen Bekenntnis. Ich habe es zuerst nicht wahrhaben
wollen. Ich habe immer gesagt, ich schaue auf das Verbindende, ich
interpretiere manches anders, ich helfe mit, die Kirche auch vom Spirituellen
und von manchen Lehrüberlieferungen her
mit zu
erneuern. Denn diese Kirche will ja erneuert werden, das dürfe man ja, oder nicht? Ich sage da
manches Grausame einfach nicht, sondern ich sagte einfach und glaubte das
viele Jahre auch: "Was da steht, man kann dies auch anders deuten." Aber dadurch
trug ich ja nur zur Begriffsverwirrung bei. Denn es ist einfach
anders. Und Martin Luther hat es
auf jeden Fall anders gemeint als ich es dann zuletzt gedeutet habe. Und
heute kann ich endlich sagen: "Schluss jetzt damit!"
Deshalb nun zum Thema Kirchenaustritt.
Kirchenaustritt hat damit zu tun: Wie werde ich Mitglied? Mitglied wird man
in der Kirche durch die Taufe, in der Regel durch die Säuglingstaufe.
Da geht es – wenn man das evangelische Bekenntnis wörtlich nimmt – darum, dass dem
Säugling die Sünden vergeben werden. Dann heißt es weiter: Der Heilige Geist würde ihm vermittelt,
eine Erbsünde würde ihm vergeben, vom Teufel würde er befreit, die ewige
Seligkeit würde er bekommen. Ja, Gott selbst sei der Täufer. Also, es soll
gar
keine menschliche Handlung sein, sondern wir ziehen Gott praktisch da mit rein
...
Und es kommt noch etwas hinzu: Der Säugling kann ja noch gar nicht Buße tun und umkehren. Also wird der ursprüngliche Sinn der Taufe, wie sie in den Bibeln beschrieben ist, bei der Taufe von Säuglingen völlig verfehlt. Aber grundsätzlich gab es natürlich kein Wenn und Aber: Die Säuglingstaufen mussten sein, da hat niemand nach Hintergründen gefragt, ich musste es tun, es war Dienstauftrag, und ich habe es gemacht. Früher hätte man mich hingerichtet, wenn ich es nicht getan hätte. Aber das geht jetzt bei mir nicht mehr.
Die Eltern wollten ja nicht, dass das Kind jetzt Kirchenmitglied wird, dass es dadurch automatisch zum späteren Kirchensteuerzahler wird. Oder dass ihm eine so genannte Erbsünde vergeben wird oder eine Art Exorzismus an ihm durchgeführt wird. Und sie glaubten auch meistens nicht, dass die Taufe angeblich "heilsnotwendig" für das Seelenheil des Kindes sei, wie es die Kirche lehrt. Sondern sie wollten einfach Gottes Segen für das Kind haben, verstanden als eine Art Schutz vor Unglück oder Leiden. Und sie wollten selber in die Pflicht genommen werden in ihrer Verantwortung als Eltern und als Paten natürlich genauso. Darauf bin ich eingegangen und hatte, wenn man das so sehen will, einfach einmal hier und da auch ein wenig mit dem Reformieren angefangen. Dabei bin ich nicht der einzige. Doch es gibt in der Kirche keine einheitliche Richtung, und es hängt eben für die Eltern davon ab, mit welchem Pfarrer sie gerade zu tun haben. Und wirklich Entscheidendes bewegt sich dadurch auch nicht. Deshalb muss ich es hier auch so deutlich sagen: Es ist nicht verbindlich, was einzelne Pfarrer in der Kirche für Ideen haben. Sondern es gilt, was in den Bekenntnisschriften aus dem 16. Jahrhundert steht. Und deshalb haben diese ganzen Reformversuche auch so keine Zukunft. Letztlich streut man damit leider auch den Menschen Sand in die Augen, was die wahren Inhalte der kirchlichen Lehre betrifft, wenn man sie dann nicht zur Sprache bringt.
[Aktualisierung: Aus diesem Grund erschien in der Zeitung Fränkischer Tag am 19.12.2009 unter der Rubrik Familienanzeigen dann auch die Anzeige: "Ex-Pfarrer bittet um Vergebung für Taufen"; der Text ist auch hier einsehbar].
Gut, diese spätere freie eigene Entscheidung des Kindes werde dann bei der Konfirmation
getroffen, das ist die nächste heikle Geschichte: "Wollt ihr unter Jesus Christus, eurem Herrn,
leben, im Glauben an ihn wachsen und als evangelisch-lutherischer Christ in
seiner Kirche bleiben, so sagt ´Ja, mit Gottes Hilfe`". So die
zweischneidige Frage an die Konfirmanden. Denn ich hatte vorhin ja schon
erklärt: "Glauben an
Christus" einerseits und "evangelisch-lutherisch
bleiben"
andererseits ist zweierlei.
Also: Mit den ersten beiden Punkten, dem Leben unter Christus und dem
Glauben an ihn, hatte ich für mich keine Schwierigkeiten. Aber was machen wir mit den vielen Konfirmanden? Kann man wirklich
guten Gewissens von allen sagen, sie wollen alle nun von Herzen "unter Christus", "ihrem Herren"
leben? Was jedoch sicher war: Die
Gastwirtschaft ist schon bestellt, der Festtag schon lange organisiert, die
Verwandten schon eingeladen, usw.
Ich muss dazu noch einen
Gedanken einschieben: Als ich gerade aus der Kirche ausgetreten war und es ein Kollege
durch die Mitteilung des Standesamtes an die Kirchengemeinde St. Stephan erfahren
hatte, war seine Reaktion: "Dieter, was ist mit deinem
Konfirmationsversprechen?" Nun, wie kommt er auf diese Frage? Ich kann mich
nämlich überhaupt nicht mehr an den Moment erinnern, als ich als Dreizehnjähriger dieses Versprechen gegeben
habe. Man
hatte überhaupt keine faire Chance, "Nein" zu sagen. Das war ja alles
vorab geklärt, und heute ist es immer noch so. Das ganze Umfeld war für die Feier vorbereitet, und der ganze Konfirmandenunterricht
war überhaupt nicht darauf ausgerichtet, eventuell "Nein" sagen zu können.
Das war wie vorprogrammiert, dass man damals "Ja"
gesagt hat. Außerdem hatten sich die Eltern wirklich alle erdenkliche Mühe
gegeben, ein schönes Fest für einen auszurichten. Ich kann mich erinnern,
das war sehr liebevoll. Außerdem ist für einen Dreizehnjährigen ein Rückzieher auch
damit verbunden, dass er dann auf die vielen
Geschenke und auch das Geld verzichten müsste. Damit kann er z. B. für
später für etwas sparen, was alles völlig verständlich ist. Auch ich habe mich später
sehr gefreut, als ich mir dann ein Mofa kaufen durfte. Doch das alles
zusammen sollte nicht als die eigene freie Entscheidung für Christus und die
Bestätigung des Taufversprechens dargestellt werden. Und umgekehrt
ist es auch nicht redlich, den Kindern den eigentlichen Gehalt der
Konfirmation sozusagen unterzuschieben oder aufzudrängen ... Und außerdem sind sie
alle noch in den
Entwicklungsjahren, wo man sich schon mal für etwas begeistert, was man dann
aber später wieder ablegt ...
... Ich habe es versucht, aber ich kann das nicht mehr verantworten, vor allem, wenn ein Treueversprechen zu Christus mit einem Treueversprechen zur Kirche vermischt wird, wie das bei der Konfirmation geschieht. Denn das eine ist etwas völlig anderes als das andere.
Und hier kam mir dann natürlich auch meine ursprüngliche Absicht wieder in den Sinn, warum ich einmal angefangen hatte, Theologie zu studieren. Diese Liebe zu Christus, die wollte ich wieder erwecken. Und ich habe für mich dann auch einen Weg gefunden, den ich gehen kann und der mich von innen her auch zufriedener und glücklicher gemacht hat. Das waren ganz einfache Sachen. Also, als ich da einmal privat hingegangen bin, zu den Inneren Geist=Christus-Kirchen im Universellen Leben, da haben Leute anhand von konkreten Beispielen darüber gesprochen: "Was mache ich, wenn ich Schwierigkeiten habe, mit dem Partner oder dem Kind oder Streit habe mit dem Nachbarn? Oder wie ist es jetzt, nachdem da ein Schicksalsschlag gekommen ist?" Es waren ganz einfache Fragen, wo miteinander versucht wurde, den nächsten Schritt für den Betroffenen zu finden – er hat ihn dann in der Regel selber gefunden. Also, es ging systematisch darum, in diesem Glauben an Jesus Christus zu wachsen – darum ging es mir als Pfarrer ja auch. Und es war schließlich so, dass ich von diesen Treffen auch im Positiven sehr gezehrt habe für meinen Dienst als Pfarrer, solange ich eben noch geglaubt hatte, Pfarrer bleiben zu können.
Es wird gesagt, da wäre ein Ausschließlichkeitsanspruch im Universellen
Leben. Das ist nicht so – ganz im Unterschied
zur Kirche. Christus ist
ja nach dem Glauben der Urchristen auch in uns, im Inneren unserer Seele, und Christus möchte jeden von uns führen.
Das Universelle Leben ist keine Institution oder Religion.
Es kann sogar sein, dass für jemanden dieser Weg derzeit nicht passt,
weil er sich für sein Leben etwas anderes vorgenommen hat. Es wird
deshalb auch gar nicht gesagt, jeder könne diesen Weg jetzt so gehen. Es
wird allenfalls vorsichtig gefragt.
Es heißt auch im Neuen Testament bei Jesus von Nazareth: "Der Weg ist eng
und die Pforte schmal, die zum Leben führt", und da kann man runterfallen,
das ist nichts Bequemes. Aber man muss sich halt entscheiden, was man will.
Stichwort "selbstlose Liebe". Will ich das überhaupt so erlernen? Daran hat
es ja auch bei mir immer gekrankt. Doch die Frage ist eben: "Will ich auf
diese Weise glücklich werden und andere glücklich machen, oder hoffe ich, es
auf andere Weise zu werden?" Für
mich ist das Bild von dieser sprudelnden Quelle in einem selbst wichtig, von
Christus, von Gott, als der innerste Kern auch in mir, so wie ja auch Jesus
sagte "Das Reich Gottes ist in euch" oder wie auch Paulus sagte "Ihr seid
der Tempel des Heiligen Geistes." Diese Quelle ist einfach da. Weil ich aber erst am Anfang bin, diese innere Quelle
frei zu legen, deshalb ist das jetzt alles mehr theoretisch. Doch es ist das
Ziel, und ich weiß dann, wohin ich gehen möchte. Und so stelle ich mir eigentlich das Leben als Christ vor: Diesen Christus in mir
auf dem Weg der Gottes- und Nächstenliebe allmählich zu finden und alles, was dem im
Wege steht, anzupacken und wegzuräumen, damit die Quelle freigelegt wird.
Und so wird das im Universellen Leben auch gelehrt. Im Grunde genommen
einfach und klar und ganz anders als bei Martin Luther, der lehrt, dass das
Innerste des Menschen von Natur aus böse ist. Aber das wäre ein nächster
Punkt, das kann ich jetzt nicht mehr vertiefen.
Was ist mit Frau Gabriele Wittek? Sie ist kein Guru, wo die Leute sagen "Was die Frau da sagt, da folgen wir einfach blind", das ist nicht so, ganz im Gegenteil. Sondern sie ist eine "Schwester unter Geschwistern", und jeder kann für sich diesen Weg gehen, den auch sie als Mensch schon gegangen ist. Allerdings trägt nur sie die Aufgabe als Lehrprophetin in ihrer Seele. Aber als einfacher Mensch geht es wirklich darum, dass jeder das erlernen kann, was diese Frau eben schon gelernt hat, nach den Gottesgeboten und der Lehre von Jesus von Nazareth zu leben. Sie ist halt den anderen voraus, und auch das ist kein Glaubensbekenntnis, sondern eine sehr praktische Erfahrung für einen, der sie erlebt hat. Und wenn ich weiter die Erfahrung mache, ich lasse mich auf diesen Weg ein, ich lasse mich auf Christus ein, so wie von ihm dort gesprochen wird, und ich gehe den Schritt, dann wird eines nach dem anderen eben zu meiner eigenen Erfahrung. Nur so funktioniert das. Dann stimmt das auch für mich. Dann kann ich sagen: "Ich weiß es, weil ich selbst die Erfahrung gemacht habe. Ich kann es keinem beweisen, doch ich habe es mir selbst bewiesen." Und es gibt auch keine Hierarchien im Zusammenleben, wie von Gegnern behauptet wird, sondern es wird nach einer gemeinsamen Lösung gesucht.
Als ich anfangs hörte, "Da ist
eine Prophetin, durch die spricht Christus", sagte ich zunächst auch. "Ich bin nicht leichtgläubig,
jetzt höre ich erst einmal zu, worum es da geht". Und ich hätte da
auch keinen Blankoscheck
unterschrieben. Aber das hat auch gar niemand verlangt. Für mich waren es einfach
die einzelnen praktischen Antworten dieser Frau auf die vielen
Fragen, die mich überzeugt haben.
So ähnlich steht es auch in der Bergpredigt im Neuen Testament. Christus
sagt nicht: "Hört, hier spricht Jesus Christus, der Sohn Gottes, folglich
ist alles, was jetzt kommt ´göttliche Offenbarung`". Sondern er hat einfach
gesprochen. Und am Ende "entsetzten" sich die Leute, wie es heißt. Das ist
wichtig: Als Jesus sprach, entsetzten sich die Leute. Da kommt innerer
Aufruhr, da werden sinnlose und schädliche Traditionen endlich in Frage
gestellt oder über Bord geworfen. Das ist nichts Bequemes, aber
letztlich doch etwas ganz in der Tiefe Befreiendes. Und so habe ich auch
Gabriele kennen gelernt.
Also von daher ist es müßig, hier darüber zu diskutieren "Spricht Gott
oder Christus jetzt
durch diesen Propheten oder spricht er nicht durch ihn?" Der eine sagt so, der andere sagt
so, und ich habe eine längere Zeit gebraucht für ein eindeutiges Ja. Doch es
geht nach dem Maßstab von Jesus letztlich um die Früchte, also um die
Taten, die aus diesem Glauben folgen.
Und es geht auch darum, ob Christus seine Nachfolger heute im Stich lässt und sie
ständig weiter um die Fragen kreisen lässt, welche die Leute vielleicht damals vor
2000
Jahren beschäftigt haben oder vor 500 Jahren, aber die sie heute weniger interessieren.
Oder ob Christus nicht auch bei
aktuellen Dingen von heute führt, etwa, um nur einmal ein Beispiel zu
nennen, zu Fragen der Gentechnologie oder der Atomkraft.
Ja, natürlich: Christus hat eine Position dazu.
Der Maßstab der Früchte gilt
für alle, die sich Christen nennen. Und was ich bei den Treffen im
Universellen Leben auch gelernt habe, z. B., was Jesus in der Bergpredigt sagt: "Erst den
Balken aus dem eigenen Auge ziehen und dann den Splitter aus dem Auge des
Nächsten."
Ich habe dort gelernt, diese Inhalte des Glaubens "gesetzmäßig" anzuwenden, wie man dort sagt. Das heißt praktisch: Mich stört
irgendwas an einem anderen. Jetzt könnte ich hergehen und dem anderen sagen: "Mich
stört das" und ich denke mir: "Der andere macht das falsch, der andere ist schuld, dass es
mir so ergangen ist" oder so was
Ähnliches. Doch stattdessen
sage ich mir zuerst: "Wenn mich am anderen etwas erregt, dann habe ich das auch in mir." Das
heißt, es ist ein Balken im eigenen Auge da. Erst muss ich den erkennen, das
ist die erste Aufgabe. Und wenn ich ihn erkannt habe und bereinigt habe,
dann kann ich auch dem Nächsten helfen, seinen Splitter zu erkennen.
Der Innere Weg im Universellen Leben
– so heißt es dort, weil Gott im
eigenen Inneren wohnt und auch in allen anderen Lebewesen, weil der Atem
Gottes die ganze Schöpfung durchdringt. Das Reich Gottes
ist in euch, sagte Jesus, und so hat es in der Geschichte immer wieder so genannte
Mystiker gegeben, die das so erlebten und die die Christenheit aufrütteln
wollten und die oft in den Folterkellern der kirchlichen Inquisition gequält
bzw. hingerichtet wurden. Deshalb habe ich z. B. mit der Zeit auch immer weniger Fleisch und
Wurst gegessen, weil ich nicht mehr will, dass Tiere für mich leiden müssen
und geschlachtet werden. Denn auch sie haben denselben Atem wie ich, und von
Beginn der Schöpfung hatte Gott für Menschen und Tiere auch die Pflanzen als
Nahrung vorgesehen. So steht es auch im Alten Testament. Das ist aber nur
ein Detail. Grundsätzlich: Ich habe auf diesem Inneren Weg erlebt, dass ich
meine Fehler besser erkenne und vor allem ihren Ursachen auf den Grund
komme. Woher also kommen sie? Wenn ich die Wurzeln erkannt habe, geht es
dann z. B. darum, zu bereuen, zu vergeben und um Vergebung zu bitten. Das ist in einem
Satz das, worum es da geht: Fehler zu erkennen, und dann zu fragen, wo kommt
es her, also die Wurzeln zu erkennen. Und dann, falls nötig, vergeben und um
Vergebung zu bitten, eventuell etwas wieder gut zu machen und das erkannte
Negative nicht mehr zu tun.
Es wird behauptet: Es wird dort sehr aggressiv gegen die Kirchen argumentiert.
Ich habe es vor allem umgekehrt erlebt: Die Kirchen gehen sehr aggressiv
gegen alle vor, die sie als so genannte "Sekten" verleumden. Als Reaktion
wird den Kirchen von den Urchristen nun der Spiegel ihrer eigenen Untaten
und Scheinheiligkeiten vorgehalten. Es geht dabei
um notwendige Aufklärung und nicht um eine Feindschaft. Aber natürlich muss sich jeder,
der bei dieser Aufklärung mithilft, auch selbst in Frage stellen lassen. Das
ist klar.
Ich komme zum Schluss:
Ich frage mich: Wie viel Zeit hat jeder noch? Wie viel Zeit haben wir noch?
Zeit wofür? Ich denke, vielleicht könnten wir uns darauf einigen, dass wir
nur Gast auf Erden sind. Ja, worauf kommt es dann an, auf dieser Erde, auf
der wir eine Zeitlang als Gäste leben? Diese Erde ist eine Lebensschule, wo
wir einiges in Ordnung bringen können.
Doch es geht nicht nur um uns als Einzelne.
Es geht um das "Reich Gottes", so hat es Christus gesagt. Die Leute sind gesund
geworden durch Jesus von Nazareth, nachdem ihnen die Sünden
vergeben worden sind. Dieser Zusammenhang ist sehr interessant. Und
wenn dann doch der Tod kommt? Unsere unsterbliche
Seele, die würden wir ins Jenseits mitnehmen. Bei jeder Bestattung war mir das wichtig gewesen:
Nichts kann man nach drüben mitnehmen, gar nichts, nur die Seele, und das
sind wir selbst. Und wenn darin die
Liebe schon etwas entwickelt ist, die selbstlose Liebe, dann geht der Weg
auch im
Jenseits positiv weiter. Sonst
ist viel Zeit vergeudet worden hier auf dieser Erde, und alles Leid und alle
Krankheiten wären dann umsonst erlitten.
Natürlich gibt es überall menschliche Schwächen, und es gibt überall Fehler.
Aber die Frage "Sind Sie Christ? Bin ich Christ?"
entscheidet sich an dem, was Jesus von Nazareth gesagt hat und wollte.
Und es kommt darauf an, das zu tun und nicht wegzudiskutieren oder durch
andere Lehren zu ersetzen.
Und die evangelische und die katholische Lehre sind nun mal andere Lehren. Das kann
ich so seit dem 1. Februar sagen, dem ersten Tag, an dem ich kein
evangelischer Pfarrer mehr bin. Man
braucht sie bloß mit dem zu vergleichen, was in den Evangelien der Bibel steht.
Für mich sind also die katholische und die evangelische Lehre nicht das, was
Jesus von Nazareth wollte, sondern es sind eigene Systeme, die das
verwässern und vielfach ins Gegenteil verkehren, was ursprünglich gegeben
wurde. Ich habe lange
gebraucht, um das so zu sehen. Ich habe dreizehn Jahre an vielen Stellen in
der Kirche mitgearbeitet, weil ich glaubte, beides, Kirche und Christus
zusammenbringen zu können, was aber nicht geht. Deshalb habe ich das jetzt geändert.
Danke für Ihre, danke für Eure Aufmerksamkeit.
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theologe.de/bamberg_st_stephan.htm
PS: Die damalige Rede wurde vor Ort frei gehalten. Die hier
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