Hintergrundinformation Nr.
7 vom
24.2.2009:
"Neue Heiligsprechungen im Vatikan"
Was man sieht:
Papst verkündet dem
Kardinals-Konsistorium im Clementinersaal des Apostolischen Palastes im Vatikan
die Heiligsprechung von Damian de Veuster,
Francisco Coll y Guitart,
Zygmunt Szczesny Felinski, Rafael Arnaiz Baron, Marie de
la Croix Jugan, Nuno die Santa Maria Alvares
Pereira,
Arcangelo Tadini, Bernhard Tolomei,
Gertrude Caterina Comensoli und Catherina Volpicelli.
youtube.com
Was man zum Beispiel nicht sieht:
Ein Heiligsprechungsverfahren kostet im
Durchschnitt 250.000,00 €, die vom Antragsteller für die Heiligsprechung eines
bestimmten Katholiken aufzubringen sind, wobei die meisten Kosten bis zur
unter Umständen voraus gehenden Seligsprechung – die im Unterschied zur Heiligsprechung nur eine lokal begrenzte
Verehrung erlaubt – anfallen. Die Einnahmen aus diesen neuen zehn
Heiligsprechungen könnten sich demzufolge auf ca. aufgelaufene 2,5 Millionen Euro
betragen.
Allein Papst Johannes Paul II. hatte 483 Katholiken heilig und 1.338 neue
Katholiken selig gesprochen und hätte durch seine Entscheidungen damit in der Summe für die Erwirtschaftung von über 455 Millionen Euro gesorgt.
Dies dient dazu, um
den aufwändigen Heiligsprechungs-"Apparat" mit 23 Exzellenzen und Eminenzen, 71
Beratern und 83 Gutachtern (Tagesspiegel, 25.12.2006)
am Leben zu erhalten und zu erweitern und nebenbei einige andere Vatikankassen
zu füllen. Und seit Papst Benedikt XVI. steigen die Selig- und
Heiligsprechungen erneut sprunghaft an. Allein bis Februar 2008 in noch nicht
einmal drei Amtsjahren gab es bereits 577 neue Selige oder Heilige.
(fuenf.scm-digital.net)
Hintergrund:
Es gibt sicher viele Menschen, die hier und da viel Gutes getan haben. Ob es
dann wirklich Gutes war, sei einmal dahin gestellt. Für eine katholische Selig-
bzw. Heiligsprechung muss es nur aus katholischer Sicht "gut" gewesen
sein. Zudem bedarf es dafür auch der römisch-katholischen Konfession
und von mindestens zwei "Wundern". Außerdem darf sich der "Selige"
bzw. "Heilige"
niemals ´gegen den Glauben und die guten Sitten` geäußert haben.
Der nach diesen Kriterien "Seliggesprochene" darf dann nur an bestimmten Orten verehrt werden, der "Heiliggesprochene"
weltweit.
"Heiliger"
und "Seliger"
seien die einzigen Titel, die nach dem Glauben der römisch-katholischen Kirche
über den Tod hinaus angeblich bleibenden Wert haben sollen
(im Unterschied z. B. zu "Doktor" oder "Professor"). Ja, sie werden auch erst
nach dem Tod verliehen (mit Ausnahme des Titels "Heiliger Vater" für
den Papst, der jedoch nicht gleichbedeutend ist mit einer "Heiligsprechung".
Einem "Heiligen Vater" kann durchaus nach seinem Tod die zusätzliche "Heiligsprechung"
vorenthalten werden, aber "Heiliger" Vater bleibt er trotzdem). Entsprechend
begehrt sind die Auszeichnungen bei den Anhängern der Toten. Weit über
2.000 Verfahren sind derzeit in Prüfung. Ein Drittel aller Anträge sollen im
Durchschnitt offenbar abgelehnt werden, wobei das den Antragsteller nicht von den bis
dahin aufgelaufenen Kosten befreit.
Papst Johannes Paul II. hat in seinen knapp über 26 Amtsjahren mit 483
Katholiken weit mehr Katholiken heilig gesprochen als alle anderen Päpste
zusammen in den 300 Jahren zuvor, wo es im Durchschnitt pro Jahr eine
Heiligsprechung gab. Des weiteren hat Papst Johannes Paul II. eine Rekordzahl von 1.338
Katholiken "selig" gesprochen (Süddeutsche Zeitung, 18.2.2008)
– eine
Anzahl, die von
Papst Benedikt XVI. in sehr kurzer Zeit noch übertroffen werden könnte, wenn er
in diesem Tempo und in diesem Ausmaß weitermacht.
"Bei einer Heiligenverehrung werden nicht nur Haare und
Knöchelchen des Heiligen
verehrt, sondern
überhaupt alles, womit der Heilige
jemals in Berührung gekommen ist",
schreibt der Tagesspiegel (25.12.2006). Die
Heiligsprechungen treiben auf diese Weise auch automatisch die Verehrung und den
Handel mit Reliquien in Schwindel erregende Höhen. Im konkreten Fall:
Alles, was Damian de Veuster, Francisco Coll y Guitart,
Zygmunt Szczesny Felinski, Rafael Arnaiz Baron, Marie de la Croix Jugan, Nuno
die Santa Maria Alvares Pereira, Arcangelo Tadini, Bernhard Tolomei, Gertrude
Caterina Comensoli und von Catherina Volpicelli im Laufe ihres Leben berührt
haben oder berührt haben sollen – alles das sind jetzt neue Kontaktreliquien.
Vor allem die Leichenteile sind jedoch für die Verehrung begehrt, weswegen man
meist auch einzelne (in der Regel kleinere) Teile der Leiche entfernt und zum
Zweck der Verehrung an einen bestimmten Ort bringt.
Verständlich, dass nur eine vom Staat erheblich mitfinanzierte gigantische
Bürokratie dieses Brimborium annähernd bewältigen kann.
Nach dem Martyrologium Romanum gab es im Jahr 2004 bereits
insgesamt 6.650 Heilige und Selige (im Jahr 2009 bereits über 7.000) und weitere 7.400 Märtyrer
(bei denen für eine eventuelle Seligsprechung keine zwei Wunder nötig sind) also
schon im Jahr 2004 14.050
Personen. Doch der Vatikan hat den
Überblick nicht, da das "Heiligenwesen" in seiner heutigen Form erst im Jahr
1588 durch Papst Sixtus V. überschaubar gemacht worden war.
Die oben zuletzt genannten fünf neuen "Heiligen" werden demnach zum Abschluss
der Verfahren am 26.4.2009 "heilig" gesprochen, die zuerst genannten fünf am
11.10.2009.
Dies alles steht in krassem Gegensatz zu Jesus von
Nazareth, für den es nur einen Heiligen gab, Gott, seinen himmlischen Vater.
So wie es u. a. in der Offenbarung des Johannes
heißt: "Denn du allein bist heilig" (15,
4). Und so steht es auch im Alten
Testament: "Es
ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist keiner; und ist kein Hort, wie
unser Gott ist." (1. Samuel 2, 2)
Und um Ihm näher zu kommen, braucht man ein ehrlich suchendes Herz, aber
keinen Mittler. Deshalb die Frage: Stellen sich die katholischen Würdenträger nicht
über Gott? Und: Wenn ich zum Schöpfergott "Vater" sagen kann und
mit allem, was mich beschäftigt, zu Ihm kommen kann, wozu brauche ich
dann noch eine Eminenz? Oder wozu brauche ich dann noch einen "Heiligen" oder
"Seligen", der bei Gott für mich als "Fürbitter" eintreten soll?
Ich darf mich doch direkt an Gott wenden, der nur das Beste für jeden will.
Zudem halten die Auszeichnungen
"Heiliger" oder "Seliger" nicht, was sie versprechen. Im Jenseits wird auch der
"Heiliggesprochene" oder der "Seliggesprochene" schlicht "Seele" genannt
und unterliegt dem Gesetz von Saat und Ernte – gleich dem Doktor, dem
Professor, dem Direktor oder dem Papst. Und die Anhänger des "Heiligen" hätten sich die
250.000,00 € sparen können und den Betrag lieber zur Linderung von Not
eingesetzt.
PS:
Geht man von der Möglichkeit der Reinkarnation aus (siehe
Der Theologe Nr. 2), könnte eine Seele im Prinzip
auch zwei Mal oder öfters als Mensch "heilig" gesprochen worden sein und
z. B. noch einmal "selig" dazu. Denn eine Seele knüpft bei einer weiteren
Inkarnation immer an ihren vergangenen Inkarnationen an. Und es ist auch
möglich, dass sie z. B. in einer ihrer Inkarnationen Papst war und sich in
dieser Funktion womöglich selbst – nämlich als Mensch in einer ihrer früheren
Einverleibungen – heilig gesprochen hat. Demnach wäre es wahrscheinlich,
dass es gar nicht 264 Seelen waren, die jeweils das Papstamt innehatten
(Benedikt XVI. gilt als 265. Papst), sondern weniger. Denn bestimmte Seelen
hätten danach von Inkarnation zu Inkarnation immer wieder den "Stuhl Petri"
angestrebt und ihn womöglich auch mehrfach erreicht.
Weiterführende oder vertiefende Links:
Preisliste des Vatikan für Segen und Titel von 1990
Heilig gesprochene Päpste und andere
"Heilige"
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